Donnerstag, 18. April 2024

Das „Air Relax Recovery System“ im Praxistest

Dass man für eine effektive Verarbeitung von Trainingsreizen stets die entsprechende Erholung braucht, um anschließend leistungsfähiger zu werden, ist für viele längst kein Geheimnis mehr. Speziell Ausdauerathleten, die im Training oft hohe Umfänge mit einer Vielzahl von intensiven Einheiten trainieren, sind stets auf der Suche nach Möglichkeiten, ihre Regeneration zu beschleunigen. Die Methoden dafür sind vielseitig, doch nicht jeder Athlet kommt in den Genuss eines eigenen Physiotherapeuten oder hat die Zeit für regelmäßige Massagen. Alternativen gibt es viele: Faszientraining mit einer Rolle oder einem Roller, Eigenmassage, Recovery-Tights oder Elektrostimulation. Was in Europa allerdings relativ neu auf dem Markt ist, sind sogenannte Recovery-Boots, die man zuvor – wenn überhaupt – nur aus den USA kannte. Dort gehören diese Geräte, bei denen man die Füße zunächst komplett in die beiden „Stiefel“ steckt und anschließend Kompression durch zu- und abnehmendes Druckverhältnis erzeugt wird, seit vielen Jahren zum Alltag bei Profisportlern und ambitionierten Athleten. Wer sich zu dieser Zeit schon mit den Recovery-Boots beschäftigt hat, musste vielleicht feststellen, dass amerikanische Hersteller nicht nach Europa lieferten und diese modernen Geräte außerdem einen stolzen Preis besitzen. 1.495 US-Dollar werden auf dem amerikanischen Markt für das Einsteigermodell verlangt, 2.545 US-Dollar für das Spitzenmodell.

Seit 2017 kommen nun auch Europäer in den Genuss, Recovery-Boots ausprobieren und kaufen zu können – und zwar zu einem deutlich niedrigeren Preis. Die Firma Air Relax hat es sich zur Aufgabe gemacht, Recovery-Boots für verhältnismäßig kleines Geld anzubieten. 649 Euro kostet die Standardvariante des Air Relax Recovery Systems, 969 Euro das Deluxe-Paket. Preise, die für derartige Geräte außergewöhnlich niedrig sind. Wir haben getestet, ob sich eine Investition lohnt. Denn auch wenn man die Kosten in Relation setzen muss, sind 649 Euro immer noch viel Geld. 

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Der Praxistest

Der Lieferumfang des Air Relax ist überschaubar: die beiden Stiefel, der Kompressor und die Verbindungskabel. Das Gerät ist quasi sofort startklar. Der Kompressor muss lediglich an die Steckdose angeschlossen werden und die Verbindungskabel kommen in die vorgesehenen Anschlüsse. Sofort kann man die Beine komplett in die Stiefel legen, den Reisverschluss hochziehen und mit einem beliebigen Programm starten.

Air Relax Recovery System
Hersteller Die beiden Stiefel und der Kompressor müssen nur durch einen mitgelieferten Anschluss verbunden werden und schon ist man startklar.

Im Anschluss stellt sich die Frage nach dem richtigen Programm. Das Gerät wurde so konzipiert, dass es vier verschiedene Abschnitte in den Stiefeln gibt, die mit Luft gefüllt werden können. Um den Druck zu regulieren, gibt es vier Stufen. Je nach Auswahl ist der Luftdruck während des ausgewählten Programms entsprechend stark oder schwach. Zur Auswahl stehen drei unterschiedliche Programme, jedes dauert 15 Minuten, kann aber jederzeit durch einen Knopfdruck beendet oder nach einem Durchgang neu gestartet werden. Der Unterschied bei der verschiedenen Programm liegt im Wechsel der Druckverhältnisse in den vier Abschnitten der Stiefel, die ständig wechseln. In den Programmen A und B wechseln die Abschnitte, bei Programm C werden alle vier Bereiche während der 15 Minuten gleichzetig immer wieder mit Luftdruck vollgepumpt und wieder entleert. Zusätzlich gibt es eine Auto-Funktion, bei der immer ein Durchgang (einmal mit Luft füllen und entleeren) der Programme A bis C im Wechsel stattfindet. Diesen Modus haben wir als angenehmsten empfunden, da während der „Belastung“ nicht immer wieder die gleiche Muskulatur stimuliert wird, sondern abwechselnd auch für kurze Zeit entspannen kann. So werden alle vier Bereiche von Füßen, Waden und Oberschenkel (zweigeteilt im Stiefel) abwechslungsreich und effektiv angesprochen.

Außerdem besteht die Möglichkeit, mit der Funktion „Point“ den Druck nur auf einen der vier Bereiche einzugrenzen, wenn man beispielsweise gezielt die Füße, Beine oder Oberschenkel stimulieren möchte. Die Bedienung des Gerätes ist einfach und sehr intuitiv. Den richtigen Druck zu finden, ist Gewöhnungssache. Sehr angenehm dabei: Sobald man merkt, dass der Druck eventuell zu niedrig oder zu hoch ist, kann man ihn beliebig anpassen, während das Programm läuft. Da es vier Stufen zur Auswahl gibt, sind auch minimale Korrekturen möglich und jeder sollte eine angenehme Einstellung finden. 

Air Relax Recovery System
Hersteller Die Bedienung mit fünf Knöpfen auf dem Kompressor ist ziemlich einfach.

Wir haben den Air Relax nach verschiedenen Belastungen getestet: lange Einheiten, intensive Einheiten mit Intervalltraining und Krafttraining. Deshalb hatten wir unterschiedlichen Formen der Ermüdungen und verschiedene Arten eines Muskelkaters und der Übersäuerung in den Beinen, als wir das Gerät getestet haben. Zum Gefühl bei der Benutzung lässt sich sagen, dass es am Anfang etwas ungewohnt ist. Es fühlt ich in etwa so an, als würde jemand mit einem Seil einen Knoten in die betreffende Stelle binden und langsam zuziehen, der Druck kommt von allen Seiten. Was keineswegs bedeutet, dass dies ein unangenehmes Gefühl ist – ganz im Gegenteil. Durch die gefüllten Luftpolster ist der Widerstand gegen die Muskulatur zwar stark, wenn man es denn will, tut aber zu keiner Zeit weh oder ruft Unbehagen hervor. Stattdessen merkt man bei der Benutzung direkt, wie durch diese Methode der Blutfluss angeregt wird. Insbesondere, wenn man das Gerät in einem sehr ermüdeten Zustand benutzt. Es ist deutlich spürbar, wie der Körper und die Muskulatur arbeiten, sobald man das Gerät benutzt. Sollte man abends etwas Zeit haben, kann man auch gerne zwei bis drei Durchgänge mit dem Gerät durchführen. Ein weiterer Pluspunkt ist die Lautstärke. Zwar hört man den Kompressor deutlich, das Geräusch ist jedoch nicht laut oder unangenehm. Normales Reden oder Telefonieren sind bei der Nutzung problemlos möglich, ohne lauter werden zu müssen. 

Zum vielleicht wichtigsten Punkt, der Effektivität, lässt sich sagen, dass uns das Gerät rein subjektiv absolut überzeugen konnte. Es ist immer etwas schade, dass man die Effektivität bei Geräten, welche die Regeneration fördern sollen, nicht in Zahlen messen kann. Deshalb bleibt dieser Eindruck immer etwas individuell und hat viel mit dem Körpergefühl zu tun. Natürlich können wir nicht genau sagen, ob und wie viele „Giftstoffe“ durch dieses Verfahren in welcher Zeit aus den stimulierten Stellen transportiert werden. Feststellen konnten wir allerdings mit Sicherheit, dass der Blutfluss unmittelbar bei der Benutzung angeregt wird, was auch das primäre Ziel des Air Relax sein soll. Unser Eindruck ist ebenfalls, dass die Regeneration durch die regelmäßige Nutzung nach den Einheiten deutlich verbessert werden kann. 

Als Fazit lässt sich sagen, dass wir das Air Relax Recovery System jedem ambitionierten Sportler empfehlen können. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist – gerade im Vergleich zu den ähnlichen Produkten auf dem Markt – hervorragend (wir haben die Standardvariante für 649 Euro getestet). Vieltrainierer und Perfektionisten, die an jeder Stellschraube drehen wollen, werden mit dem Gerät jede Menge Spaß haben.

Air Relax Recovery System
Hersteller Die Recovery-Boots gibt es in verschiedenen Größen: 158-174 cm, 175-185 cm und größer als 186 cm.
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Simon Müller
Simon Müller
Simon Müller ist selbst als ambitionierter Athlet unterwegs. 2022 wurde er Deutscher Meister auf der Kurzdistanz, 2019 qualifizierte sich bei seinem ersten Ironman in Mexiko mit einem AK-Sieg in 8:45 Stunden für den Ironman Hawaii. In seiner Brust schlägt neben dem Triathleten- auch ganz besonders ein Läuferherz. Simons Bestzeite über 10 Kilometer liegt bei unglaublichen 30:29 Minuten.

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