Donnerstag, 18. April 2024

Die Protagonisten im Männer-Rennen: 25 Favoriten im Check

Der Überschwimmer

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Josh Amberger (3. Hawaii-Start) könnte sich – wie bereits 2017 und 2018 – auch in diesem Jahr wieder viel TV-Zeit sichern. Der australische Überschwimmer kam in den vergangenen beiden Jahren als Erster aus dem Wasser, schwamm 2017 sogar der Spitzengruppe um Jan Frodeno alleine mehr als eine Minute davon. Wie 2018 könnte es auch in diesem Jahr zu einer relativ kleinen Spitzengruppe beim Schwimmen kommen, die von Amberger angeführt wird. Der 30-Jährige verriet im vergangenen Jahr in einem Interview, dass er kein Interesse daran habe, ganz alleine auf die Radstrecke zu gehen, aber die Spitzengruppe so klein wie möglich halten wolle. Diese Ausgangslage scheint sich allerdings wieder etwas geändert zu haben: Amberger kündigte an, den Schwimmstreckenrekord von Jan Sibbersen aus dem vergangenen Jahr unterbieten zu wollen. Dieser liegt bei 46:29 Minuten. Das scheint durchaus realistisch zu sein und könnte dazu führen, dass nur Hawaii-Rookie und Doppel-Olympiasieger Alistair Brownlee dem Tempo von Amberger folgen kann. Ob Jan Frodeno alles dafür tun wird, dieses Mal mit Amberger mitzuschwimmen, dürfte ebenfalls zur Diskussion stehen. Zumindest gab Frodeno 2018 offen zu, dass er im Vorfeld mit Amberger abgesprochen habe, gemeinsam wegzuschwimmen. Welche Auswirkungen ein äußerst aggressives Schwimmen von Amberger auf die gesamte Renndynamik hat, ist eine von vielen spannenden Fragen. Der Australier gilt ebenfalls als starker Radfahrer, hat erfahrungsgemäß aber beim Marathon so seine Probleme im direkten Vergleich zur starken Konkurrenz. Schafft er es allerdings auch beim Laufen in diesem Jahr sein Potenzial abzurufen und den Marathon im Bereich von 2:55 Stunden zu laufen, ist eine Top-10-Platzierung für ihn durchaus in Reichweite.

Der ausgeglichene Routinier

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Der 42-jährige Andy Potts ist ein echter Hawaii-Routinier: Von seinen zehn Starts auf Big Island brachte der US-Amerikaner alle ins Ziel. Der ehemalige Profi-Schwimmer, der auf Hawaii bereits mehrfach als Erster aus dem Wasser kam, kann eine äußerst solide Bilanz vorweisen: Siebenmal landete Potts in den Top 10 (2x Platz vier, 3x Platz sieben, 1x Platz acht, 1x Platz neun), zweimal davon sogar auf Platz vier. Den Sprung aufs Podium schaffte er bisher nicht. Im Vorjahr belegte Potts Rang acht und auch für das diesjährige Rennen sollte man den Olympiateilnehmer von 2004 wieder für eine Top-10-Platzierung auf der Rechnung haben. Potts ist in der Lage, in der ersten großen Gruppe mitzuschwimmen, die Gruppe auf dem Rad zu halten und am Ende noch einen soliden Marathon zu laufen. Dabei profitiert er seit vielen Jahren davon, dass er in allen Disziplinen ein hohes Niveau hat, allerdings weder ein Ausnahme-Radfahrer oder -Läufer ist. Aus diesem Grund hat es bisher auch nie für eine Podestplatzierung gereicht. Unwahrscheinlich scheint es für Potts, der diese Saison den Ironman Brasil in Florianópolis mit 8:02:58 Stunden für sich entscheiden konnte, dass es dieses Jahr erstmals für die Top 3 reicht. Je nach Rennverlauf ist es allerdings denkbar, dass der ausgeglichene Routinier am Ende unter den Top 5 landet, wenn andere Konkurrenten bereits zu einem frühen Zeitpunkt viel riskieren und in den letzten beiden Rennstunden dafür bestraft werden.

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Der Ironman-Rekordhalter

Ironman

Der 34-jährige US-Amerikaner (4. Hawaii-Start) hat mit dem Rennen auf Hawaii trotz seines enormen Potenzials so seine Probleme: Bisher kam der starke Läufer nicht über einen 33. Platz hinaus, obwohl er sonst im Jahr stets schnelle Rennen mit Top-Ergebnissen und sogar mehrfache Ironman-Siege hinlegte. Matt Hanson, der 2015, 2017 und 2018 die Kontinentalmeisterschaft beim Ironman Texas gewann und sich dieses Jahr beim Ironman Boulder mit einem Sieg und einem neuen Streckenrekord in 7:57:03 Stunden den Hawaii-Slot sicherte, wartet also noch auf seinen Durchbruch in Kona. 2018 erzielte Hanson beim kontrovers diskutierten Rennen in Texas die schnellste Ironman-Zeit der Historie in 7:39:25 Stunden und lief den Marathon in 2:34:39 Stunden – schneller als jeder andere Athlet zuvor. Auch insgesamt ist Hanson für seine Laufstärke bekannt und errreicht auf den abschließenden 42,195 Kilometern häufig Zeiten im Bereich von 2:40 bis 2:43 Stunden. Die beiden Hauptgründe für die durchwachsenen Hawaii-Resultate des Topläufers sind einmal seine Schwimmschwäche und die Bedingungen auf Hawaii. Hanson scheint mit der Hitze nicht so gut zurechtzukommen wie viele seiner Konkurrenten. Viel entscheidender ist jedoch, dass er es mit sechs bis sieben Minuten Rückstand zur Spitze nach dem Schwimmen schwer hat, auf dem Rad überhaupt die direkten Konkurrenten zu erreichen. Denn Hanson fährt zwar gut Rad, war aber bisher nicht in der Lage, die Lücke auf die erste große Gruppe auf dem Rad zu schließen. Das sorgt dafür, dass nicht nur sein Rückstand nach dem Radfahren größer als bei anderen Topathleten ist, sondern dass er für eine langsamere Zeit wahrscheinlich auch noch mehr Energie aufwenden muss. Erwischt Hanson beim Schwimmen allerdings einen guten Tag und kann zusammen mit Athleten wie Boris Stein oder Bart Aernouts Rad fahren, die wahrscheinlich zusammen mit ihm aus dem Wasser kommen werden, hat der 34-Jährige gute Chancen, sich auch schon bis zum Laufen gut zu positionieren. Kann der ehemalige Lehrer, der erst seit 2013 als Profi startet, beim Marathon auf Hawaii erstmals seine Laufstärke abrufen, ist eine Top-10-Platzierung absolut im Bereich des Möglichen.

Der Ironman-Lake-Placid-Sieger

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Matt Russell (8. Hawaii-Start) sorgte 2018 gemeinsam mit Tim Don für das bewegendste Hawaii-Comeback im Profifeld. Der 36-jährige US-Amerikaner wurde beim Ironman Hawaii 2017 während des Rennens von einem Van angefahren, schwer verletzt und hatte Glück, dass er den Unfall überlebte. Nach kompletter mehrwöchiger Pause arbeitete sich Russell Stück für Stück zurück und setzte sich einen Hawaii-Start 2018 bereits im Winter als Fernziel. Mit etwas Glück löste der US-Amerikaner im vergangenen August am spätmöglichsten Quali-Wochenende beim Ironman Mont-Tremblant das letzte Profi-Ticket für Hawaii. Eine unglaubliche Geschichte, die ihr filmreifes Ende damit nahm, dass Russell entgegen seiner eigenen und allen anderen Erwartungen auf Hawaii ein nahezu perfektes Rennen ablieferte und schließlich auf Platz sechs landete – sein bisher mit Abstand bestes Hawaii-Resultat. Dementsprechend emotional war der Zieleinlauf des heute 36-Jährigen, der beim Überqueren der Ziellinie in Tränen ausbrach. Auch 2019 lieferte der enorm starke Radfahrer, der stets einen mehrminütigen Rückstand nach dem Schwimmen hinnehmen muss, solide und teilweise sogar enorm starke Resultate ab: Beim Ironman Frankfurt löste er mit Rang sechs seinen Hawaii-Slot, nur um sieben Tage später auch die Langdistanz bei der Challenge Roth zu absolvieren. Bei diesen beiden Starts beließ Russell es allerdings nicht: Nur drei Wochen später gewann er eindrucksvoll den Ironman Lake Placid und demonstrierte ein weiteres Mal seine Radstärke. Um dem Namen des Vielstarters alle Ehre zu machen, nahm Russell nur zwei Wochen vor der Ironman-WM auch noch beim Ironman Chattanooga teil und belegte Platz zwei hinter Youngster Sam Long. Die vielen Langdistanz-Starts und besonders das Chattanooga-Rennen könnten den US-Amerikaner auch nachhaltig Körner gekostet haben. Wenn Russell die Strapazen aber gut verkraftet und einen ähnlichen Tag erwischt wie im vergangenen Jahr, ist er mit seiner starken Rad-Lauf-Kombination definitiv wieder ein Kandidat für eine einstellige Platzierung.

„Captain America“

Talbot Coy

Timothy O’Donnell (9. Hawaii-Start) hatte sein bestes Hawaii-Rennen 2015, als er hinter Jan Frodeno und Andreas Raelert auf Rang drei landete. Der US-Amerikaner, der jahrelang neben seine starken Leistungen auch äußerlich mit seinem spektakulären Rad in USA-Farben auffiel, ist traditionell beim Schwimmen ganz vorn mit dabei. Auf dem Rad gehört der 38-Jährige zwar nicht zu den Überbikern, aber zu den stärkeren Radfahrern im Feld. Die Tatsache, dass er auch im Marathon zwar keine Ausnahmezeit um oder unter 2:45 Stunden, aber bereits mehrfach äußerst solide Splits zwischen 2:50 und 2:55 Stunden erzielt hat, macht ihn auch in diesem Jahr an einem guten Tag wieder zu einem Anwärter auf eine Top-5-Platzierung. Ein Platz unter den ersten Zehn sollte für den Ehemann der dreifachen Hawaii-Siegerin Mirinda Carfrae das Minimalziel sein. Für O’Donnell spricht außerdem seine Erfahrung und Konstanz auf Hawaii: Im Vorjahr belegte „T.O.“ Rang vier, 2016 wurde er Sechster, 2015 Dritter, 2013 Fünfter und 2012 landete er an Position acht. Die diesjährige Saison lief für O’Donnell bisher wechselhaft und insgesamt nur durchwachsen, hinzu kamen Verletzungsprobleme in der unmittelbaren Hawaii-Vorbereitung. Nach eigenen Aussagen ist er allerdings wieder vollständig gesund und hat eine Top-Platzierung weiterhin im Blick.

Der radstarke Rückkehrer

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Nach einer Hawaii-Pause im vergangenen Jahr, das für Boris Stein (5. Hawaii-Start) fast ausschließlich von Verletzungen geprägt war, ist der 34-Jährige dieses Mal wieder dabei. 2018 musste er trotz Hawaii-Qualifikation kurzfristig auf seinen Start verzichten und hatte auch über den Winter noch Verletzungssorgen, die es unklar machten, ob er überhaupt die Hawaii-Quali für dieses Jahr in Angriff nehmen könne. Das Ergebnis: Mit einem kontrollierten und behutsamen Aufbau fand Stein zurück ins Training und Renngeschehen, wurde Dritter bei der Challenge Walchsee, gewann die olympische Distanz beim Frankfurt-City-Triathlon und sorgte schließlich für großes Erstaunen mit seinem Sieg und einer neuen persönlichen Bestzeit in 7:49:14 Stunden beim Ironman Kalmar (Schweden), wo er sich am letztmöglichen Wochenende doch noch den Hawaii-Slot für dieses Jahr sicherte. Bei seinem Sieg in Schweden stellte Stein, der seither für seine enorme Radstärke bekannt ist, seine Radform ein weiteres Mal unter Beweis und absolvierte die 180 Kilometer in 4:03 Stunden. Steins Leistungsfähigkeit in der zweiten Disziplin war bisher auch immer der Grundstein für seine besten Hawaii-Ergebnisse: Platz sieben 2016 und Platz zehn 2015 und 2017. Zu kämpfen hat der dreifache Ironman-Sieger im Normalfall mit einem erheblichen Schwimmdefizit, das meistens bei vier bis sieben Minuten auf die Spitze liegt. Stein, der nach einem harten und schnellen Radfahren ebenfalls noch einen soliden Marathon laufen kann, ist auf Hawaii also darauf angewiesen, den Abstand im Wasser so klein wie möglich zu halten. Im Idealfall kommt er in einem engen Zeitfenster mit anderen starken Radfahrern wie Lionel Sanders, Andreas Dreitz oder Sebastian Kienle aus dem Wasser und kann davon profitieren, nicht alleine die Aufholjagd nach vorn antreten zu müssen. Schafft Stein es auf Hawaii möglichst weit vorn vom Rad zu steigen, ist es trotz seiner langen Verletzungszeit in den vergangenen anderthalb Jahren durchaus denkbar, dass er um eine einstellige Platzierung mitkämpfen kann. Die unmittelbare Hawaii-Vorbereitung absolvierte Stein – wie bereits mehrmals zuvor – gemeinsam mit Patrick Lange in den Woodlands in Texas.

„Franz Kipchoge“

Nils Flieshardt / spomedis

Für Franz Löschke, den U23-Kurzdistanz-Weltmeister von 2009, ist es der erste Hawaii-Start im zweiten Langdistanz-Jahr. Mit Platz drei beim Ironman Frankfurt sicherte sich der 30-Jährige seinen Slot im Juni, nachdem er die Qualifikation im vergangenen Oktober beim Ironman Barcelona mit seinem zweiten Platz nur um elf Sekunden verpasste. Mittlerweile kann der ehemalige Kurzdistanzler und heutige Trainingskollege von Sebastian Kienle, der ebenfalls von Philipp Seipp trainiert wird, seit seinem Umstieg auf die Langstrecken 2016 auf zwei Ironman-70.3-Siege zurückblicken. Ein Ironman-Sieg fehlt Löschke in seiner jungen Langdistanz-Laufbahn bisher noch. Löschke dürfte auf Hawaii in der Lage sein, in der ersten großen Gruppe mitzuschwimmen und wird auf dem Rad sicherlich versuchen, diese Gruppe zu halten. Ob er sich bei seiner Hawaii-Premiere auf dem Rad zutraut, die Attacken von starken Radfahrern mitzugehen, bleibt abzuwarten. Man kann davon ausgehen, dass Löschke einige Körner für den abschließenden Marathon sparen möchte, da er durchaus die Fähigkeiten mitbringt, trotz der typischen Hawaii-Bedingungen einen Marathon um oder sogar unter 2:50 Stunden zu laufen. Für den Ironman Frankfurt nahm sich „Franz Kipchoge“, wie er sich scherzeshalber selbst nennt und bei dem Rennen als Schriftzug auf dem Arm trug, sogar vor, den Marathon um die 2:40 Stunden zu laufen. Die enorme Hitze am Main machte ihm allerdings einen Strich durch die Rechnung. Gemeinsam mit seinem Coach Philipp Seipp, Laura Philipp und Sebastian Kienle reiste Löschke bereits vier Wochen vor dem Rennen nach Maui für die unmittelbare Wettkampfvorbereitung – an die klimatischen Bedingungen dürfte sich der deutsche Langdistanz-Meister von 2018 also bereits gewöhnt haben. Erwischt er bei seinem Kona-Debüt gleich einen guten Tag in allen Disziplinen, ist der Sprung in die Top 10 nicht ausgeschlossen.

Der Roth-Sieger

Nils Flieshardt / spomedis

Andreas Dreitz (2. Hawaii-Start) belegte 2018 bei seinem Hawaii-Debüt Platz 13 und erfüllte sich in diesem Jahr den Traum vom Heimsieg bei der Challenge Roth. Die 30-jährige Radrakete zeigte im Frankenland in allen Disziplinen eine starke Leistung und war der einzige Athlet in diesem Jahr, der mit einer Endzeit von 7:59:02 Stunden unter der 8-Stunden-Marke blieb. Auch die Tatsache, dass Dreitz an diesem Tag in einem sehr stark besetzten Feld Topathleten wie Bart Aernouts, David McNamee, Cameron Wurf und Andy Potts hinter sich ließ, spricht dafür, dass er auf sein Hawaii-Ergebnis aus dem Vorjahr aufbauen kann. Einen Dämpfer erhielt die Hawaii-Vorbereitung des Ironman-Italy-Siegers von 2017 allerdings durch einen Radsturz während des Rennens der Ironman-70.3-WM in Nizza. Glücklicherweise verletzte sich Dreitz nicht schwer und kam mit Schürf- und Schnittwunden davon. Trotzdem wurde das Training des Deutschen in den Folgewochen dadurch eingeschränkt. Seine unmittelbare Wettkampfvorbereitung absolvierte Dreitz auf Gran Canaria. Welche Auswirkungen der Sturz tatsächlich auf die Hawaii-Vorbereitung und das Rennen am 12. Oktober hat, wird sich wohl erst im Nachhinein beantworten lassen. Schafft es Dreitz topfit und gesund an den Start, dürfte die erste Top-10-Platzierung im Bereich des Möglichen liegen.

Der Krawallmacher

Chris Hitchcock / IRONMAN

Maurice Clavel (2. Hawaii-Start) landete im Vorjahr bei seinem Hawaii-Debüt auf Rang 19. Der selbsternannte „Krawallmacher“ belegte dieses Jahr beim Ironman Südafrika Rang fünf und sicherte sich damit seinen Slot für Kona. Der 31-Jährige gilt als starker Schwimmer und erwischte 2018 die achtköpfige Spitzengruppe im Wasser um Josh Amberger, Javier Gomez und Timothy O’Donnell. Auf dem Rad konnte sich Clavel in der ersten großen Gruppe behaupten und kam in guter Ausgangslage in die zweite Wechselzone. Beim Marathon musste Clavel allerdings viele seiner Konkurrenten ziehen lassen, die gemeinsam mit ihm in die Laufschuhe wechselten: 3:08:42 Stunden brauchte Clavel für die gut 42 Kilometer – was ihm am Ende Platz 19 einbrachte. Geht Clavel dieses Jahr in einer ähnlichen Position auf die Laufstrecke und kann dieses Mal einen Marathon von knapp unter drei Stunden auf den Asphalt bringen, scheint eine Top-10-Platzierung in Reichweite zu sein. Dass Clavel das Potenzial besitzt, zeigte er schon mehrfach. Sein Sieg bei der Challenge Walchsee dieses Jahr und der zweite Platz hinter Jan Frodeno beim Ironman 70.3 Gdynia in der Hawaii-Vorbereitung sind ein Indikator dafür, dass Clavel grundsätzlich in guter Verfassung zu sein scheint – auch wenn er bei der Ironman-70.3-WM in Nizza einen gebrauchten Tag erwischte und sich am Ende mit Rang 19 begnügen musste.

Die Wundertüte

Photo by Chris Hitchcock / IRONMAN

Top oder Flop: In diesem Zeichen standen die Rennen von Nils Frommhold (4. Hawaii-Start) bisher in dieser Saison. Entweder lieferte der Roth-Sieger von 2015 richtig ab oder er erwischte einen rabenschwarzen Tag. Das ist auch die Beziehung, die der Freiburger bisher mit Hawaii hat: Bei seinem Kona-Debüt 2014 landete Frommhold direkt auf Platz sechs, konnte danach allerdings nicht mehr an diese Leistung anknüpfen. Der Hauptgrund waren immer wieder Verletzungsprobleme, die den 33-Jährigen ausbremsten. 2017 und 2018 wurde Frommhold durch die Verletzungsmisere so stark und lang ausgebremst, dass er sich überlegte, ob er überhaupt als Profitriathlet weitermachen wolle, wie er später verriet. Umso größer war der Befreiungsschlag und das Ausrufezeichen, als Frommhold dieses Jahr im April mit einem Paukenschlag und Platz zwei beim Ironman Südafrika zurückkam. Der zweifache Ironman-Sieger bewies mit starken Leistungen in allen drei Disziplinen, dass er gesund und topfit auf jeden Fall zur Weltspitze gehört und musste nur Ben Hoffman an diesem Tag ziehen lassen. Außerdem entschied er in diesem Jahr den Ironman 70.3 Astana für sich. Andere Rennen wie der Ironman 70.3 Austria (Platz neun) oder Ironman 70.3 Switzerland (Platz fünf) liefen hingegen gar nicht nach Frommholds Vorstellungen. Dass Frommhold als sehr ausgeglichener Athlet auf hohem Niveau die Form und Erfahrung mitbringt, erneut auf Hawaii in den Top 10 landen zu können, scheint außer Frage zu stehen. In Clermont (USA) absolvierte er die unmittelbare Wettkampfvorbereitung für Hawaii. Sein letzter Härtetest zwei Wochen vor Hawaii beim Ironman 70.3 Augusta lief nur durchwachsen: Frommhold stieg nach gewohnt starkem Schwimmen und Radfahren als Erster gemeinsam mit Lionel Sanders und Bradley Weiss vom Rad, lief den Halbmarathon allerdings nur in 1:23 Stunden, über zehn Minuten langsamer als Sieger Sanders, und musste sich am Ende mit Platz fünf begnügen. Für Frommhold wird am 12. Oktober wohl viel von der Tagesform, der Renndynamik und der möglichen Laufleistung am Ende abhängen. Denn dass der Deutsche relativ weit vorn vom Rad steigen wird, scheint aber im Normalfall vorgezeichnet zu sein.

Der zweifache Ironman-Vizeeuropameister

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Andreas Böcherer (7. Hawaii-Start ) sicherte sich seine Hawaii-Quali bereits im vergangenen Jahr mit einem Sieg beim Ironman Italy. Dieses Jahr stellte der 36-Jährige seine Topform besonders auf der Mitteldistanz unter Beweis: Böcherer siegte sowohl beim Ironman 70.3 Pays d’Aix als auch beim Ironman 70.3 Switzerland – beide Male mit äußerst starken Radleistungen. Sein erstes geplantes Langdistanz-Highlight für 2019, die Challenge Roth, lief für Böcherer allerdings alles andere als erhofft. Bis zum Marathon konnte Böcherer zwar seine Leistung abrufen und sich an der Spitze des Rennens aufhalten, bekam nach einigen Laufkilometern allerdings massive Probleme und kam schließlich abgeschlagen nach 9:35 Stunden ins Ziel. Wie die Langdistanz-Form des zweifachen Ironman-Vizeeuropameisters ist, scheint deshalb schwierig einzuschätzen zu sein. Der elffache Ironman-70.3-Sieger hat bisher als bestes Hawaii-Ergebnis einen fünften Platz aus dem Jahr 2016 stehen. Böcherer, der keine Probleme haben sollte, beim Schwimmen und Radfahren in der ersten Gruppe mitzuhalten und in der zweiten Disziplin vielleicht sogar noch etwas nach vorn probieren kann, könnte mit einem soliden Marathon am Ende auf jeden Fall um eine einstellige Platzierung, vielleicht sogar erneut um die Top 5 mitkämpfen. Nur fünf Wochen vor Hawaii bestätigte Böcherer seine starke Form mit einem zweiten Platz beim Ironman 70.3 Santa Cruz, wo er mit einer Zeit von 2:01:33 Stunden mit Abstand den schnellsten Radsplit hinlegte. Lediglich beim Laufen musste der Deutsche seinem hohen Tempo auf dem Rad etwas Tribut zollen, lief 1:20 Stunden und wurde noch von Sieger Jason West überholt. Die Tatsache, dass er bereits vier Wochen vor der WM nach Hawaii reiste, um die unmittelbare Vorbereitung ausgiebig vor Ort und auf den Wettkampfstrecken durchzuführen, spricht dafür, dass er auch bestens auf die Besonderheiten des Rennen am 12. Oktober vorbereitet und eingestellt ist.

Der Underdog mit Überraschungspotenzial

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Ein Name, den wahrscheinlich nicht viele auf der Liste für eine Top-10-Platzierung haben. Dennoch kann Hawaii-Rookie Cody Beals etwas von sich behaupten, das außer ihm bisher kaum jemand in der Triathlonwelt sagen kann: Alle Ironman-Rennen, bei denen er bisher angetreten ist, hat der Kanadier nämlich gewonnen. 2018 siegte der 29-Jährige beim Ironman Mont-Tremblant und verzichtete auf seinen Hawaii-Slot für 2018, nur um wenige Wochen später beim Sieg des Ironman Chattanooga sein Startrecht für dieses Jahr anzunehmen. Diese Saison verteidigte er seinen Titel beim Ironman Mont-Tremblant eindrucksvoll mit einem neuen Streckenrekord (7:58:34 Stunden) und blieb auf der äußerst anspruchsvollen Strecke als erster und bisher einziger Athlet unter acht Stunden. Außerdem verdrängte er – wie bereits 2018 – Lionel Sanders bei seinem Comeback-Rennen auf Rang zwei. Beals lief den Marathon in 2:42:28 Stunden und zeigte damit, dass ihn die Achillessehnenverletzung, die seinen geplanten Roth-Start in diesem Jahr verhinderte, wohl in keiner Weise mehr einzuschränken scheint und auch langfristig keine negativen Auswirkungen auf seine Laufform hatte. Für Beals wird auf Hawaii entscheidend sein, wo er aus dem Wasser kommt. Schafft er den Sprung in die erste große Gruppe, ist es unwahrscheinlich, dass er sich als starker Radfahrer abschütteln lässt. Ein Überbiker ist er allerdings nicht, Attacken sind von ihm nicht unbedingt zu erwarten. Kann Beals seine Laufleistung auch auf Hawaii und unter den heißen Bedingungen abrufen, könnte er sogar bei der Premiere direkt ein Kandidat für die Top 5 sein. Obwohl viele Rookies erfahrungsgemäß vor der ersten Top-Platzierung mindestens einmal Lehrgeld auf der Insel zahlen müssen.

Der Ironman-Südafrika-Sieger

Chris Hitchcock / IRONMAN

Ben Hoffman (9. Hawaii-Start ) musste seinen Hawaii-Start im vergangenen Jahr verletzungsbedingt absagen. Die Rückkehr nach Kona steht für den Hawaii-Zweiten von 2014 allerdings unter einem guten Stern: Nach einer miserablen und pechbehafteten Saison im vergangenen Jahr meldete sich der 36-Jährige diesen April mit seinem insgesamt dritten Sieg beim Ironman Südafrika zurück, nachdem er das Event 2018 mit starken Rückenproblemen in über zwölf Stunden finishte und den kompletten Marathon ging. Bei seinem diesjährigen Sieg in Port Elizabeth lief Hoffman den Marathon in 2:39:18 Stunden – so schnell wie noch nie zuvor. Auch im Schwimmen und Radfahren ist der Hawaii-Vierte von 2016 im Normalfall sehr solide und sollte zwar im Wasser vielleicht nicht die Spitzengruppe, dennoch aber die erste große Gruppe mit vielen anderen direkten Konkurrenten und Favoriten erreichen. Kann der siebenfache Ironman-Sieger, der auf der Langdistanz traditionell stärker einzuschätzen ist als auf der Mitteldistanz, seine Laufstärke aus dem Frühjahr in Südafrika mit nach Hawaii bringen, sollte er ein erneuter Kandidat für die Top 5 sein. Eine kleine Verletzung, die Hoffman nach eigener Aussage nicht sehr lang beschäftigte, verhinderte im Sommer allerdings seinen geplanten Start bei der Challenge Roth. Spannend ist, ob der US-Amerikaner trotzdem ein ähnlich dominantes und starkes Rennen wie im April bei seinem Comeback-Sieg abliefern kann. Seine unmittelbare Hawaii-Vorbereitung absolvierte Hoffman in der Heimat in Arizona.

Der Hawaii-Siebte des Vorjahres

Joe Skipper
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Joe Skipper (4. Hawaii-Start ) erzielte 2018 mit einem siebten Platz sein bisher bestes Hawaii-Resultat. Der 31-jährige Brite hat eine leichte Schwimmschwäche, ist allerdings dafür beim Radfahren und Laufen besonders stark. Nur vier Wochen vor dem Ironman Hawaii in diesem Jahr absolvierte Skipper noch den anspruchsvollen Ironman Wales, bei dem er zwar disqualifiziert wurde, aber trotzdem finishte. Erwischt Skipper ein gutes Schwimmen und kann sich aus der zweiten Gruppe vielleicht mit anderen starken Radfahrern wie Boris Stein, Lionel Sanders oder auch Sebastian Kienle oder Andreas Dreitz nach vorn arbeiten, scheint es bei seinen Lauffähigkeiten durchaus im Bereich des Möglichen zu sein, dass er seinen siebten Platz aus dem Vorjahr wiederholen oder sogar verbessern kann. Seine unmittelbare Wettkampfvorbereitung absolvierte Skipper auf Maui, wo er viele Einheiten gemeinsam mit Sebastian Kienle und Franz Löschke trainierte. Ob der Ironman Wales auf Hawaii in den letzten Stunden für Skipper sowohl physisch als auch psychisch vielleicht doch noch zu spüren sein wird, kann sich wohl erst nach dem Rennen beantworten lassen.

Der laufstarke Schwede

Michael Rauschendorfer

Patrik Nilsson (3. Hawaii-Start) gewann in diesem Jahr mit beeindruckender Leistung die Kontinentalmeisterschaft beim Ironman Texas, nachdem er zuvor beim Ironman Südafrika einen gebrauchten Tag erwischte und sich nicht die gewünschte Kona-Quali sichern konnte. Im vergangenen Jahr brachte der Schwede, der weltweit zu den besten Läufern auf der Langdistanz gehört, den Ironman Hawaii nicht ins Ziel. 2017 landete der heute 28-Jährige auf Rang acht. Nilsson belegte in diesem Jahr außerdem Platz vier bei der Ironman-70.3-EM und wurde Zweiter beim Ironman 70.3 Jönköping. Der Schwede wird aller Voraussicht nach zur ersten großen Gruppe beim Schwimmen gehören. Für ihn wird es am 12. Oktober darum gehen, sich beim Radfahren möglichst weit vorn aufzuhalten und nicht zu viel Rückstand von den Überbikern aufgebrummt zu bekommen, ohne dabei die wichtigen Körner für einen schnellen Marathon zu verbrauchen. Geht diese Strategie auf und Nilsson erwischt einen guten Tag, an dem er seine gewohnten Marathonleistungen auch auf Hawaii zeigen kann, ist es realistisch, dass er seinen achten Platz aus 2017 in diesem Jahr verbessern kann. Der bereits fünffache Ironman-Sieger absolvierte seine Hawaii-Vorbereitung und Hitzeanpassung in den Woodlands in Texas, wo auch die eine oder andere Trainingseinheit mit dem amtierenden Weltmeister und Namensvettern Patrick Lange an der Tagesordnung war.

Die kanadische Kampfmaschine

Kevin Mackinnon

Für Lionel Sanders (5. Hawaii-Start) lief die Saison alles andere als geplant. Ein Ermüdungsbruch in der Hüfte hinderte den Kanadier monatelang daran, Rennen zu bestreiten und hielt ihn für mehrere Wochen komplett vom Training ab. Der Ironman-Vizeweltmeister von 2017 ergatterte sich am letztmöglichen Qualifikationswochenende im August mit einem zweiten Platz beim Ironman Mont-Tremblant noch das Last-Minute-Ticket für den Ironman Hawaii in diesem Jahr. Nachdem der 31-Jährige bereits 2018 in Kona enorm Lehrgeld zahlen musste und lediglich auf Platz 28 finishte, nachdem er als einer der Topfavoriten angereist war, scheinen seine Siegchancen in diesem Jahr durch den verletzungsbedingten Trainingsrückstand auch nicht besonders hoch zu sein. Der Kanadier ist allerdings immer für Überraschungen gut. Besonders auf dem Rad, Sanders’ Paradedisziplin, ist damit zu rechnen, dass er versuchen wird, zu attackieren und möglichst weit nach vorn zu kommen. Ob es für eine Allianz mit Cameron Wurf, Andrew Starykowicz oder Sebastian Kienle reichen wird, hängt davon ab, mit welchem Rückstand Sanders aus dem Wasser kommt. Für eine möglichst gute Platzierung wird der 21-fache Ironman-70.3-Sieger allerdings ein Risiko auf dem Rad eingehen müssen. Denn obwohl Sanders ein starker Läufer ist, kann man davon ausgehen, dass nach seiner durchaus langen Laufpause ein halbes Dutzend Athleten dabei ist, die den Marathon mehrere Minuten schneller laufen werden als er. Je nach Rennszenario ist es allerdings durchaus denkbar, dass Sanders auf dem Rad zu einer Ausreißergruppe gehört und mit einer soliden Laufleistung im Anschluss Chancen auf eine Top-5-Platzierung oder vielleicht sogar das Podium hat. Der letzte Härtetest beim Ironman 70.3 Augusta nur zwei Wochen vor dem Ironman Hawaii bestätigt Sanders‘ starke Form, mit der er auch nach eigener Aussage äußerst zufrieden ist: Der Kanadier gewann die Mitteldistanz bei warmen Bedingungen mit der schnellsten Rad- (2:03:08 Stunden) und Laufzeit (1:12:30 Stunden) des Tages. Beim Schwimmen musste er zwei Minuten Rückstand auf die Spitze hinnehmen, was ebenfalls darauf hindeutet, dass sich der Rückstand nach der ersten Disziplin auf Hawaii in Grenzen halten könnte.

Der neuseeländische Alleskönner

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Terenzo Bozzone (6. Hawaii-Start ) erlitt im Sommer 2018 eine schwere Verletzung, als er während des Radtrainings von einem Auto angefahren wurde. An eine Teilnahme beim Ironman Hawaii 2018 war von diesem Moment an nicht mehr zu denken. Der Neuseeländer kämpfte sich allerdings beeindruckend zurück und gewann im Dezember 2018 den Ironman Western Australia, wo er sich gleichzeitig den Slot für die diesjährige Ironman-WM sicherte. Der Ironman-70.3-Weltmeister von 2008 bereitete sich zwischenzeitlich mit einem dreiwöchigen Trainingslager in Kona auf den Ironman Hawaii 2019 vor und hielt sich größtenteils aus dem Wettkampfgeschehen zurück. Deshalb steht ein kleines Fragezeichen hinter der Form vom Hawaii-Sechsten von 2017. Im Normalfall gilt der 34-Jährige allerdings als sehr starker Schwimmer und Radfahrer, der seine Probleme auf der Langdistanz am ehesten noch beim abschließenden Marathon hat, allerdings auch dort gut performt. Wenn er im Laufen noch einen kleinen Sprung im Vergleich zu seiner starken Leistung von vor zwei Jahren machen kann, ist es sogar denkbar, dass er seinen sechsten Platz von 2017 verbessert. Dass Bozzone auch schnell laufen kann, stellte er bereits diverse Male unter Beweis – sowohl bei anderen Langdistanzen als auch auf der Mitteldistanz. Jetzt muss es nur noch auf Hawaii klappen, doch auf die Bedingungen vor Ort müsste der „Flying Kiwi“ nach seinem Kona-Trainingslager ebenfalls bestens eingestellt sein.

Der Vorjahreszweite

Frank Wechsel / spomedis

Bart Aernouts (8. Hawaii-Start ) feierte im vergangenen Jahr seinen großen Durchbruch auf Hawaii, nachdem er den zweiten Platz belegte und als zweiter Athlet überhaupt hinter Sieger Patrick Lange die Acht-Stunden-Marke beim Ironman Hawaii unterbot. Der Belgier ist seither für seine starke Rad-Lauf-Kombination bekannt und kann den Marathon am Ende noch so schnell laufen wie kaum ein anderer Athlet im Feld. Der 35-Jährige besitzt allerdings eine Schwimmschwäche, die dafür sorgt, dass er meistens alleine oder nur mit wenig Unterstützung Radfahren muss. Für ihn ist es deshalb bereits von entscheidender Bedeutung, dass er im Wasser so wenig Zeit wie möglich verliert. Bei der Ironman-70.3-WM in Nizza belegte er ebenfalls nach dreiminütigem Schwimmrückstand und einem anschließend sehr starken Radfahren und Laufen, wovon er einen Großteil gemeinsam mit Sebastian Kienle absolvierte, noch Rang sechs. Eventuell kommt es auch auf Hawaii dazu, dass Kienle und Aernouts nach dem Schwimmen zusammenarbeiten können, wobei Kienles Schwimmform im Allgemeinen etwas stärker einzuschätzen ist als die von Aernouts. Der Roth-Sieger von 2017 und Ironman-Hamburg-Gewinner des vergangenen Jahres siegte dieses Jahr beim Ironman 70.3 Barcelona, belegte bei der Challenge Roth allerdings nur den vierten Platz. Die Tatsache, dass er auf Hawaii mit den Bedingungen sehr gut zurecht kommt und bereits viermal in den Top 10 war, lässt allerdings vermuten, dass er dieses Jahr erneut um eine Top-5-Platzierung oder sogar wieder um das Podium mitkämpfen kann. Für Aernouts wird entscheidend sein, dass er das Rennen nicht bereits im Wasser verliert.

Der angriffslustige Allrounder

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Braden Currie (3. Hawaii-Start) landete beim Ironman Hawaii 2018 auf Rang fünf. Der Neuseeländer gewann sowohl 2018 als auch in diesem Jahr den Ironman Cairns und bewies zuletzt mit seinem Sieg beim Ironman 70.3 Sunshine Coast in Australien, dass er in starker Verfassung zu sein scheint.  Currie ist in allen Disziplinen sehr ausgeglichen und auf einem hohen Niveau. Dazu kommt, dass er im Rennen bereit dazu ist, Risiken einzugehen und selbst für Attacken zu sorgen. Es ist davon auszugehen, dass sich Currie beim Schwimmen in der ersten großen Gruppe aufhalten wird und auch beim Radfahrern nicht viel an Boden verliert. Currie lief den Marathon im Ironman bereits unter 2:40 Stunden und wird gute Chancen auf eine erneute Top-5-Platzierung oder sogar den Sprung auf das Podium haben, wenn er vorn mit vom Rad steigt und sein volles Potenzial beim Laufen abrufen kann. Bei seiner teilweise sehr aggressiven Renntaktik besteht allerdings auch immer die Gefahr, dass er zu den Athleten gehört, denen spät im Rennen irgendwann komplett der Stecker gezogen wird.

Der Vorjahresdritte

Frank Wechsel / spomedis

David McNamee (5. Hawaii-Start) kann äußerst konstante und starke Ergebnisse auf Hawaii vorweisen: 2017 und 2018 landete der Brite jeweils auf dem Podium und belegte beide Male Platz drei. Der 31-Jährige gilt als besonders starker Schwimmer und Läufer und scheint auch mit der Hitze auf Hawaii hervorragend zurecht zu kommen. Der ehemalige Kurzdistanzler belegte dieses Jahr beim Ironman 70.3 Barcelona Rang zwei hinter Bart Aernouts und wurde Fünfter bei der Challenge Roth. Für McNamee geht es hauptsächlich darum, die besonders starken Radfahrer nicht zu weit wegfahren zu lassen, damit er beim abschließenden Marathon erneut seine Stärke ausspielen kann. Die gut 42 Kilometer beim Ironman Hawaii lief der Brite bereits in 2:45 Stunden. Eine Zeit, zu der in den vergangenen Jahren nur wenige Athleten in der Lage waren. Erwischt McNamee beim Radfahren einen guten Tag und kann in der ersten und dritten Disziplin seine gewohnt starken Leistungen abliefern, scheint das Hawaii-Podium auch im dritten Jahr in Folge wieder ein absolut realistisches Ziel zu sein. Je nachdem, wie sich das Rennen entwickelt, kann der 31-Jährige  auf dem Treppchen ja vielleicht sogar noch ein Stück weiter nach oben kommen.

Der Überbiker

Frank Wechsel / spomedis

Überbiker Cameron Wurf (3. Hawaii-Start) machte kein Geheimnis daraus, dass sein Ziel eine Podiumsplatzierung beim Ironman Hawaii 2019 ist. Der Ex-Radprofi belegte im Vorjahr Rang neun, führte das Rennen allerdings bis Kilometer 16 beim Laufen an und ging sowohl 2018 als auch schon 2017 als Führender auf die Laufstrecke. In den dreieinhalb Jahren, die Cameron Wurf mittlerweile als Triathlet aktiv ist, verbesserte er sich Stück für Stück beim Laufen und legte nach dem vielversprechenden Ergebnis aus 2018 mit seinem Coach Tim Kerrison, der ebenfalls Cheftrainer vom Radsport-Team Ineos ist, dieses Jahr einen großen Schwerpunkt in der dritten Disziplin. Mit Erfolg: Wurf, der nach eigener Aussage weder als Profi-Ruderer noch Profi-Radfarer jemals in seiner sportlichen Karriere so hart für etwas trainierte, wie für das Laufen in diesem Jahr, lief den Marathon beim Ironman Australia und der Challenge Roth in 2:50 Stunden. 2018 auf Hawaii brauchte Wurf auf Hawaii 3:06 Stunden – 2:50 Stunden hätten für ihn Platz zwei hinter Patrick Lange bedeutet. Dass eine solche Laufzeit auch auf Hawaii durchaus im Bereich des Möglichen liegen könnte, verdeutlichte Wurf, der ebenfalls extrem an seiner Radposition sowie dem Equipment arbeitete, bei seinem beeindruckenden Sieg des Ironman Italy nur drei Wochen vor Hawaii. Wurf siegte in 7:46:54 Stunden mit mehr als 16 Minuten Vorsprung, hielt die Spitzengruppe mit starken Schwimmern wie Tim Don im Wasser und lief am Ende den schnellsten Marathon des gesamten Feldes mit einer Zeit von 2:45 Stunden. Dass Wurf dieses Jahr in den meisten Trainingswochen mehr als 100 Kilometer gelaufen ist, scheint sich bezahlt gemacht zu haben. Kann der Australier – wie schon im Vorjahr – in der ersten großen Gruppe auf Hawaii mitschwimmen und sofort auf dem Rad angreifen, scheint es wahrscheinlich, dass er alleine und als Erster in die zweite Wechselzone kommen wird. Spannend wäre bei diesem Szenario, wie die anderen Favoriten reagieren, wenn Wurf bereits frühzeitig auf dem Rad attackiert. Denn mit der Laufleistung aus Italien dürfen auch Athleten wie Jan Frodeno oder Sebastian Kienle den 36-jährigen Australier nicht zu weit wegfahren lassen. Geht Wurfs Plan auf und er kann nach einem schnellen Schwimmen und ähnlichen Radfahren wie in den beiden vergangenen Jahren dieses Mal auch noch seine deutlich verbesserte Laufform auf Hawaii abrufen, ist sein Ziel einer Top-3-Platzierung absolut realistisch.

Der Edelrookie und Doppel-Olympiasieger

Getty Images for Ironman

Dieses Debüt dürfte von der Triathlonwelt mit besonderer Spannung erwartet werden: Doppel-Olympiasieger Alistair Brownlee entschied sich in diesem Jahr ohne spezifische Vorbereitung eher spontan dazu, beim Ironman in Irland zu starten. Obwohl das Schwimmen aufgrund des am Wettkampftag herrschenden Unwetters abgesagt werden musste, ergatterte sich Brownlee beim Bike&Run mit einer spektakulären Aufholjagd den Sieg und nahm daraufhin seinen Hawaii-Slot an. Der ältere der beiden Brownlee-Brüder, der sich aktuell noch in einer Findungsphase befindet, die klären soll, ob er nächstes Jahr noch einmal bei den Olympischen Spielen teilnimmt oder sich nun endgültig den Langstrecken widmet, sieht seine Hawaii-Premiere zunächst als einen Lernprozess. Gewohnt defensiv und zunächst ohne große Ambitionen geht er an seinen ersten Kona-Start – vielleicht auch, weil das Hawaii-Debüt von Kurzdistanz-Kollege Javier Gomez aus dem vergangenen Jahr (Platz 11) gezeigt hat, dass die größten Erfolge auf der Kurz- und Mitteldistanz keine Sicherheit für ein gutes Ergebnis auf Big Island sind. Hinzu kommt, dass Brownlee mit Hitzerennen in den vergangenen Jahren bereits häufiger seine Probleme hatte. Auch die nur sehr kurze spezifische Vorbereitung spricht eher gegen den 31-Jährigen, der sich vor der Saison die Ironman-70.3-WM in Nizza als Saisonhighlight aussuchte. Seinen Traum vom noch fehlenden WM-Titel auf der Ironman-70.3-Distanz konnte sich der Brite auch in diesem Jahr nicht erfüllen. Wie schon 2018 landete Brownlee wieder auf Platz zwei, zeigte allerdings starke Leistungen in allen Disziplinen und musste seinem aggressiven Pacing auf dem Rad und am Anfang des Laufens lediglich später im Halbmarathon Tribut zollen. Dass die Unterdistanz-Leistungen auf Hawaii nicht der einschränkende Faktor für Brownlee sein dürften, ist wohl selbsterklärend. Spannender wird, wie er auf Anhieb mit der besonderen Renndynamik, den Hawaii-Bedingungen und der Wettkampfdauer zurechtkommt. Wahrscheinlich ist, dass Brownlee bereits beim Schwimmen ganz vorn an der Spitze ist, vielleicht gemeinsam mit Josh Amberger und eventuell noch wenigen anderen Athleten. Ob Brownlee sich in diesem Fall auf dem Rad zurückhalten kann und nicht doch direkt etwas von vorn probiert, wird sich erst im Rennen beantworten lassen. Wenn die vergangenen zehn Jahre Triathlongeschichte aber eines gezeigt haben, dann, dass man Alistair Brownlee nie leichtfertig unterschätzen oder bereits vor dem Rennen abschreiben sollte.

Der Ironman-Vizeeuropameister und Hawaii-Sieger von 2014

Frank Wechsel / spomedis

Sebastian Kienle (8. Hawaii-Start ) kommt mit einer offenen Rechnung nach Kona zurück, nachdem er im vergangenen Jahr aufgrund von Achillessehnen-Schmerzen das erste DNF seiner Langdistanz-Karriere beim Ironman Hawaii hinnehmen musste. Was folgte, waren mehrere Monate Laufpause, ein Trainerwechsel von Lubos Bilek zu Philipp Seipp, der mit dem Ausgang des Rennens und der Verletzung allerdings nichts zu tun hatte und viele Wochen behutsamen Wiederaufbaus sowie neue Trainingsmethoden und Alltagsroutinen, um die Achillessehne dauerhaft zu entlasten, nachdem die Verletzung vollständig ausgeheilt war. Die neuen Trainingsreize und Ansätze haben sich trotz des Trainingsrückstands in der dritten Disziplin bereits früh im Jahr bemerkbar gemacht: Kienle gewann die Challenge Heilbronn mit Laufbestzeit im Profifeld, ergatterte sich im dritten Anlauf nach rasanter Aufholjagd mit der schnellsten Laufzeit seinen ersten Titel bei The Championship in Samorin und landete in einem hart umkämpften Rennen trotz Mini-OP in T2 und einem Schleicher auf dem Rad auf dem zweiten Platz beim Hitzerennen im Rahmen der Ironman-EM in Frankfurt. Der 35-Jährige untermauerte die vielleicht stärkste Laufform seiner bisherigen Karriere ebenfalls bei der Ironman-70.3-WM in Nizza, als er Gesamtfünfter wurde und mit einer Halbmarathonzeit von 1:09:31 Stunden den zweitschnellsten Laufsplit des Tages auf den Asphalt brachte. Im Gegensatz zum Ironman Hawaii 2018 und dem Ironman Frankfurt 2019 erwischte Kienle in Nizza allerdings ein miserablen Tag im Wasser und musste dreieinhalb Minuten Rückstand auf die Spitze hinnehmen. Ob Kienle auf Hawaii hauptsächlich mit einer Aufholjagd oder Ausreißversuchen beschäftigt ist, wird deshalb mit dem Ausgang des Schwimmens entschieden. Erwischt Kienle wie im Vorjahr die erste große Gruppe, stehen ihm alle Karten offen und er kann auf dem Rad die Initiative ergreifen, um mehrere Minuten auf seine direkte Konkurrenz herauszufahren. Im Falle eines schlechten Schwimmens wird es für Kienle im Kampf um eine Top-Platzierung wohl auf eine Laufentscheidung ankommen. Steigt Kienle mit seinen direkten Konkurrenten vom Rad, scheint es auch nicht ausgeschlossen zu sein, dass er einen der schnellsten Marathons läuft. Doch darauf wird es der zweifache Ironman-70.3-Weltmeister wohl nicht unbedingt ankommen lassen wollen. Durch seine Verletzungspause kann Kienle dieses Jahr mit weniger Druck als sonst an den Start gehen, trotzdem sind die Erwartungen aufgrund seiner starken Resultate wohl immer noch relativ hoch. Je nach Rennszenario scheint nichts ausgeschlossen zu sein. Das Podium dürfte der 35-Jährige, der zusammen mit seinem Trainer und seiner Trainingsgruppe die unmittelbare Wettkampfvorbereitung auf Maui absolviert, aber fest im Blick haben. An einem nahezu perfekten Tag ist es allerdings auch nicht ausgeschlossen, dass Kienle fünf Jahre nach seinem bisher ersten und einzigen Hawaii-Sieg zum Wiederholungstäter wird.

Der Doppelweltmeister und Streckenrekordhalter

Frank Wechsel / spomedis

Patrick Lange (4. Hawaii-Start) geht als Vorjahressieger, Titelverteidiger und Streckenrekordinhaber in sein viertes Rennen bei der Ironman-WM. Der 32-Jährige, der bisher auf Hawaii noch nie ein schlechtes Rennen hatte, blickt bisher auf eine ernüchternde Saison zurück: Abgesehen von seinem Sieg beim Ironman 70.3 Vietnam in der ersten Saisonhälfte liefen seine beiden Saisonhighlights vor dem großen Rennen in Kona alles andere als erhofft. Sowohl beim Ironman Frankfurt, den Lange nach einem Platten auf der Radstrecke und anschließenden Magenproblemen auf Platz elf finishte als auch bei der Ironman-70.3-WM in Nizza, die Lange sich bewusst als Hawaii-Generalprobe mit starker Konkurrenz aussuchte, erwischte er einen rabenschwarzen Tag. Beim Schwimmen in Frankfurt dieses Jahr und auf Hawaii im vergangenen Jahr kam Lange außerdem in der ersten großen Gruppe gemeinsam mit Sebastian Kienle aus dem Wasser – eine Situation, die der mittlerweile in Österreich lebende Weltmeister mit Sicherheit vermeiden möchte. Denn Langes Radform in Nizza offenbarte bei seinem enttäuschenden 22. Platz enorme Schwächen. Ob dies lediglich der Tagesform geschuldet war und Lange auf Hawaii bessere Beine in der zweiten Disziplin erwischt, wird sich erst im Rennen beantworten lassen. Sebastian Kienle bewies 2014 jedoch bereits, dass man nach einer verkorksten Ironman-70.3-WM auf Hawaii stärker zurückkommen und Weltmeister werden kann. Zu viel sollte man in das Ergebnis aus Frankreich also nicht interpretieren. Denn die letzten drei Jahre haben gezeigt: Patrick Lange scheint mit der Hitze und den Hawaii-Bedingungen besser zurechtzukommen als jeder andere Profi. Außerdem lief er bei allen drei Hawaii-Starts bisher immer die mit Abstand schnellsten Laufzeit (2:39:45 Stunden, 2:39:59 Stunden, 2:41:31 Stunden). Ein Vorteil, der gleichzeitig auch zum Nachteil werden könnte. Denn Lange ist in seiner Renngestaltung nicht so flexibel wie anderen Konkurrenten. Auf dem Rad sind keine Akzente von ihm zu erwarten. Es wird darum gehen, den Vorsprung beim Schwimmen und vor allem beim Radfahren so gering wie möglich zu halten, um am Ende mit der schnellsten Laufzeit des Tages noch zum Sieg laufen zu können. Ein Plan, der ein offenes Geheimnis ist und auf den sich die direkte Konkurrenz natürlich einstellen wird. Dementsprechend werden andere Konkurrenten wie Jan Frodeno, Sebastian Kienle, Cameron Wurf, Lionel Sanders und Terenzo Bozzone wohl versuchen, möglichst viel Vorsprung in der zweiten Disziplin herauszufahren. Außerdem könnte es dazu kommen, dass in Langes Radgruppe nicht mehr viele Athleten das Tempo für ihn machen wollen, weil sie wissen, dass sie sonst nach dem zweiten Wechsel direkt überlaufen und abgehängt werden. Fest steht, dass Lange auf dem Rad wohl so viel leisten muss wie nie zuvor, wenn er den WM-Titel zum dritten Mal in Folge gewinnen will. Das Ende ist bei diesem vorgezeichneten Rennverlauf allerdings in beide Richtungen offen: Erwischt Lange, der sich wie schon in den Vorjahren in Texas auf den Hawaii-Start vorbereitete, ein starkes Schwimmen und kann die erste große Gruppe halten, ohne alle Körner zu verschießen, könnte ein Marathon unter oder um die 2:40 Stunden für den dritten Hawaii-Sieg hintereinander reichen. Schwimmt die radstarke Konkurrenz allerdings auch schnell und Lange zeigt auf dem Rad eine ähnliche Leistung wie in Nizza, kann ihm wohl auch eine Tagesbestzeit beim Laufen keine Podiumsplatzierung mehr in Aussicht bringen.

Der zweifache Hawaii-Sieger und favorisierte Herausforderer

Frank Wechsel / spomedis

Jan Frodeno (5. Hawaii-Start) dürfte besonders hungrig auf seinen dritten Hawaii-Sieg sein. Der Ironman-Weltmeister von 2015 und 2016 verpasste 2018 erstmals seit seinem Kona-Debüt 2014 einen Start, da er sich nur wenige Wochen vor dem großen Rennen und kurz nach seinem dominanten und historischen Sieg bei der Ironman-70.3-WM in Südafrika einen Ermüdungsbruch in der Hüfte zuzog. Obwohl der heute 38-Jährige verletzungsbedingt passen musste, zeigt die Tatsache, dass er sonst kein Rennen im vergangenen Jahr verlor, wie dominant der Olympiasieger von 2008 unter normalen Umständen ist. Diese Statistik setzte Frodeno auch in diesem Jahr fort, als die Verletzung auskuriert war und der zweifache Ironman-70.3-Weltmeister wieder ins Renngeschehen einstieg. Frodeno verschob seinen ursprünglich angedachten Saisonstart beim Ironman 70.3 Oceanside auf das Rennen beim Triathlon in Buschhütten und siegte dort bereits früh im Jahr über die mittlerweile ungewohnt Kurzdistanz. Es folgten dominante Siege beim Ironman 70.3 Kraichgau und der Ironman-EM in Frankfurt, wo Frodeno allerdings zwischenzeitlich von Sebastian Kienle gehörig unter Druck gesetzt wurde. In der zweiten Saisonhälfte folgten der Sieg beim Ironman 70.3 Gdynia in Polen und eine Woche später bei der Kurzdistanz des Allgäu-Triathlons. Kurzum: Seit seinen Rückenproblemen beim Ironman Hawaii 2017, die ihn zum Gehen im Marathon zwangen, hat Jan Frodeno kein Rennen mehr verloren. Und lässt man diese Probleme außen vor, wurde Jan Frodeno seit seinem zweiten Platz beim Ironman Lanzarote 2016 (Platz 1: Jesse Thomas) nicht mehr geschlagen. Welchen Stellenwert der Ironman Hawaii 2019 und ein potenzieller dritter WM-Titel für den 38-Jährigen hat, merkt man unter anderem an seiner Entscheidung, dieses Jahr die Ironman-70.3-WM in Nizza nach ausgiebiger Streckenbesichtigung vor Ort ausfallen zu lassen. Der komplette Fokus des Jahres ist auf Kona ausgerichtet, um sich nach zwei Jahren den wichtigsten Titel im Langstrecken-Triathlon zurückzuholen. Dabei scheint Jan Frodeno in seiner Rennstrategie so flexibel zu sein wie kein anderer Athlet. Er muss weder auf das Radfahren noch auf das Laufen setzen, da er in keiner Disziplin eine wirkliche Schwäche hat. Sicher ist, dass „Frodo“ beim Schwimmen ganz vorn mit dabei ist. Neben Josh Amberger und Alistair Brownlee dürfte er als stärkster Schwimmer im Feld gelten. Spannend wird es, wenn sich im Wasser eine kleine Gruppe von drei bis vier Athleten mit Jan Frodeno ergibt, die sich von allen anderen Athleten und den „Überbikern“ absetzt. Ob Jan Frodeno alles darauf anlegen wird, keinen von ihnen vorbeizulassen und deshalb härter Rad fährt als sonst oder sich auf seine Laufstärke verlässt, ist eine der spannenden Fragen, die den Rennverlauf wohl maßgeblich beeinflussen werden. Wie weit könnte Frodeno Athleten wie Wurf, Sanders oder Kienle fahren lassen, um sie beim Marathon noch einholen zu können? Und wie viel Vorsprung braucht er nach dem Radfahren vor Patrick Lange? Braucht er überhaupt einen Vorsprung? Frodenos beste Laufzeit auf Hawaii liegt bisher bei 2:45:34 Stunden (2016) – allerdings war er seit seinem dritten Platz beim Debüt 2014 auch nicht mehr dazu gezwungen, bis zum Ende alles zu geben. Und auch im direkten Laufduell gäbe es nur wenige Athleten, die eine Chance haben könnten. Es scheint so, als hätte Jan Frodeno, der sich zuletzt auf Maui für den 12. Oktober vorbereitete, im Normalfall alle Karten in der Hand und die Möglichkeit, das Rennen aus jeder Lage heraus zu gewinnen. Lediglich wenn einer der Überbiker einen enorm großen Vorsprung herausfährt, könnte es beim Laufen eng für ihn werden. Abgesehen von allen Eventualitäten und unvorhersehbaren Problemen (wie 2017), die eine Langdistanz mit sich bringt, lässt sich sagen, dass Jan Frodeno grundsätzlich derjenige ist, den es für alle anderen zu schlagen gilt, wenn sie König von Kona werden oder bleiben wollen. Schon damit schafft Jan Frodeno etwas Besonderes und Kurioses: Top-Favorit und Siegesanwärter Nummer eins zu sein, ohne das Rennen zwei Jahre lang gewonnen zu haben.

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7 Kommentare

  1. Danke Simon – gute Übersicht mit einem kleinen Schönheitsfehler. Du hast (aus Schweizer Sicht) ganz klar jemanden vergessen: JAN VAN BERKEL. Wetten dass er es dieses Jahr in die Top Ten schafft? Wenn nicht, werde ich dir einen leckeren Appenzeller Käse nach Hamburg zukommen lassen. 😉

  2. Vielen Dank für Deine super Analyse. Diese hat mich noch mehr in die Vorfreude auf den Wettkampf eingestimmt. Kona Kaffee ist in der Mühle ab heute (leider in der kalten Heimat) und ich warte ab heut immer auf 21:00 Uhr … als kleines Update würde ich mich über eine Material-Analyse beim Laufen freuen … wer wird mit welchem Schuh auf die 42km gehen 😉
    Euch viel Spaß vor Ort und macht weiter so!

  3. Fand die Zusammenstellung ebenfalls super.

    Und ich bin mir sicher, dass Patrick Lange den Hattrick schafft.

    Er schont (blufft) im Sommer und kommt als erster auf Hawaii ins Ziel. Haben Mark Allen, Norman Stadler und auch Wolfgang Dittrich -sehr lange her- etc. auch so gemacht. Und Zäck, Leder etc, haben den Rennen im Sommer, des öfteren eine gute Platzierung auf Hawaii geopfert.

    Und er hat mit Faris einen Top-Berater!!!

    Im Sommer nicht kaputt machen und frisch, auf dem Punkt vorbereitet nach Hawaii fliegen. Das ist der Schlüssel.

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Simon Müller
Simon Müller
Simon Müller ist selbst als ambitionierter Athlet unterwegs. 2022 wurde er Deutscher Meister auf der Kurzdistanz, 2019 qualifizierte sich bei seinem ersten Ironman in Mexiko mit einem AK-Sieg in 8:45 Stunden für den Ironman Hawaii. In seiner Brust schlägt neben dem Triathleten- auch ganz besonders ein Läuferherz. Simons Bestzeite über 10 Kilometer liegt bei unglaublichen 30:29 Minuten.

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