Donnerstag, 18. April 2024

Alles oder nichts – Das Rennen um die letzten beiden deutschen Olympia-Startplätze

Am kommenden Mittwoch ist es so weit: Beim internen Supersprint-Rennen der DTU werden in Kienbaum unter Ausschluss der Öffentlichkeit die letzten beiden deutschen Tickets für die Olympischen Spiele in Tokio Ende Juli vergeben. Laura Lindemann und Jonas Schomburg sicherten sich bereits 2019 beim Testevent auf dem olympischen Rennkurs in Japan durch eine Top-10-Platzierung ihr Startrecht – zu einem Zeitpunkt, als noch fest davon auszugehen war, dass die Olympischen Spiele 2020 stattfinden und nicht verschoben werden müssen. Da sich Deutschland im Laufe des Qualifikationsprozesses über die neue Team-Relay-Wertung qualifiziert hat, stehen dem deutschen Team jeweils zwei Startplätze bei den Frauen und Männern zu. Dieser Umstand und die Hoffnung darauf, als Staffel beim neuen und erstmals olympischen Mixed-Relay-Format (alle vier Athleten absolvieren je 300 m Schwimmen, ca. 7 km Radfahren, ca. 1,6 km Laufen) eine vordere Platzierung zu belegen, sind auch der Grund dafür, warum die beiden verbleibenden Olympia-Startplätze über einen Supersprint im Time-Trial-Format verteilt werden. Eine strategische Entscheidung des Verbands, um die Athleten zu finden, mit denen ein möglichst gutes Staffelergebnis möglich sein soll. Obwohl dabei ganz andere Qualitäten gefordert sind als bei den Einzelrennen über die olympische Distanz, werden die qualifizierten Athleten in Tokio auch die Einzelwettkämpfe bestreiten.

Kein Windschatten und Einzelstarts alle zwei Minuten

Der Startschuss zum Rennen in Kienbaum fällt am kommenden Mittwoch, den 26. Mai, um 10:30 Uhr. Die Strecken von 300 Metern Schwimmen, 6,7 Kilometern Radfahren und 1,9 Kilometern Schwimmen werden dabei alleine absolviert, alle zwei Minuten wird eine Athletin beziehungsweise ein Athlet auf die Strecke geschickt. Direkte Konkurrenz im Rennen gibt es damit nicht, auch das Windschattenfahren fällt als taktische Komponente weg – ein ungewöhnliches Format für alle Beteiligten. Auch die mangelnde Rennpraxis durch die Absage vieler Wettkämpfe könnte einen Einfluss auf die Leistungen haben, da bei rund 20 Minuten Renndauer am Ende jede Sekunde entscheidend sein könnte. Nur die Gewinner des Frauen- und Männerrennens bekommen letztendlich einen Startplatz für die Olympischen Spiele in Tokio, bei denen die Einzelrennen am 26. und 27. Juli stattfinden.

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Fünfkampf zwischen Breinlinger, Hellwig, Lührs, Nieschlag und Wernz

Bei den Männern gibt es einen Fünfkampf um das Olympia-Ticket: Am Start sind Jonas Breinlinger, Tim Hellwig, Lasse Lührs, Justus Nieschlag und Valentin Wernz. Drei der Starter haben am vergangenen Wochenende ein Rennen bestritten und somit doch noch kurzfristige Rennpraxis sowie einige Rangpunkte in diesem Jahr gesammelt. Jonas Breinlinger, bekannt als starker Schwimmer und Radfahrer, belegte Platz zehn beim Europa-Cup-Rennen in Italien, Valentin Wernz kam im gleichen Rennen auf Rang 55 ins Ziel. Tim Hellwig bestritt in Yokohama das erste WTCS-Rennen des Jahres und beendete das Rennen auf Platz 30. Den enormen Reisestress und großen Aufwand so kurz vor dem wichtigen Wettkampf in Kienbaum nahm Hellwig auf sich, um entscheidende Punkte für das Olympia-Ranking zu sammeln. Dort liegt er nach dem Resultat in Japan nun auf Rang 156, müsste im Falle eines Sieges in Kienbaum allerdings bis zum Ende des Qualifikationszeitraumes für Tokio in den Top 140 sein, um bei Olympia starten zu dürfen. Die anderen vier Kandidaten liegen bereits – zum Teil sehr deutlich – unter den ersten 140 Athleten: Lasse Lührs (40.), Justus Nieschlag (51.), Wernz (72.) und Breinlinger (101.).

NameJahrgang
Jonas Breinlinger1994
Tim Hellwig1999
Lasse Lührs1996
Justus Nieschlag1992
Valentin Wernz1995

Justus Nieschlag blieb vor Kienbaum lediglich ein Start beim Super-League-Rennen in London am 27. März. Einen ausführlicheren Artikel mit Details zu Nieschlags Vorbereitung, seinen beiden Trainingslager und einigen Gedanken und Einschätzungen zum Quali-Event gibt es hier. Auch Lasse Lührs bestritt 2021 noch keine größeren Rennen, bereitete sich aber – wie Justus Nieschlag auch – zuletzt mit seiner Trainingsgruppe mehrere Wochen im Höhentrainingslager in der Sierra Nevada auf die Saison und den Wettkampf in Kienbaum vor. Auch wenn Prognosen aufgrund des außengewöhnlichen Formats und der wenigen Vorergebnisse schwierig sind, scheint es aufgrund der Resultate aus vergangenen Jahren so, als wäre Justus Nieschlag des ausgeglichenste Athlet zwischen allen Disziplinen und gleichzeitig derjenige, der auch mit dem Supersprint-Format bisher am meisten Erfahrung besitzt. Insbesondere mit einer starken Radleistung könnte er einen entscheidenden Unterschied machen. Dass die zweite Disziplin ohne Windschattenfahren ausgetragen wird, dürfte ihm eher entgegenkommen.

Mixed-Team-Relay-WM Hamburg 2019
Jörg Schüler Bei der Mixed-Relay-WM 2019 in Hamburg gingen Justus Nieschlag, Nina Eim, Valentin Wernz und Laura Lindemann an den Start und gewannen Silber für Deutschland. Lindemann ist bereits für Olympia qualifiziert – Nieschlag, Eim und Wernz kämpfen am kommenden Mittwoch um einen Startplatz.

Die vielleicht beste Schwimm-Rad-Kombination besitzt Jonas Breinlinger, für den es vermutlich darauf ankommen wird, auf den abschließenden 1,9 Laufkilometern eine möglicherweise gute Ausgangslage auch ins Ziel zu bringen. Insgesamt dürfte Lasse Lührs, der in allen Disziplinen auf einem hohen Niveau ist und bereits sehr gute Laufleistungen auf den kürzeren Strecken gezeigt hat, eine gute Chance auf den Sieg in Kienbaum haben. Auf dem Papier deutet vieles auf ein Duell zwischen Nieschlag und Lührs hin, durch das spezielle Format und die kurze Renndauer werden mögliche Fehler allerdings doppelt bestraft, wodurch der Ausgang wiederum deutlich offener sein könnte. Neben der vielleicht rennentscheidenden Rad-Lauf-Kombination, die am Ende wohl den Unterschied machen wird, kommt es daher wohl außerdem darauf an, mit dem großen Druck umzugehen, keine entscheidenden Fehler zu machen und sich das Rennen trotz der fehlenden direkten Konkurrenz im Wettkampf genau richtig einzuteilen, ohne dabei wichtige Sekunden liegen zu lassen.

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Acht Olympia-Kandidatinnen bei den Frauen

Bei den Frauen wird das Rennen um die Quali zwischen acht Athletinnen ausgefochten: Nina Eim, Marlene Gomez-Islinger, Anja Knapp, Anabel Knoll, Annika Koch, Lena Meißner, Caroline Pohle und Lisa Tertsch. Lena Meißner dürfte mit einer gehörigen Portion Rückenwind ins Quali-Rennen gehen, nachdem sie am vergangenen Wochenende das Europa-Cup-Rennen in Italien gewann. Anabel Knoll landete dabei auf Platz vier, Annika Koch wurde 19. Marlene Gomez-Islinger macht in diesem Jahr mit einigen starken Laufleistungen auf sich aufmerksam, absolvierte unter anderem die Deutschen Meisterschaften in der Halle über 3.000 Meter und erzielte eine neue Bestzeit von 9:21 Minuten.

NameJahrgang
Nina Eim1998
Marlene Gomez-Islinger1993
Anja Knapp1988
Anabel Knoll1999
Annika Koch1999
Lena Meißner1998
Caroline Pohle 1995
Lisa Tertsch1998

Als starke Läuferin ist auch Lisa Tertsch bestens bekannt, die dieses Jahr erstmals bei einem Super-League-Rennen teilnahm und den Wettkampf in Rotterdam Anfang April als einziges Vorbereitungsrennen vor Kienbaum bestritt. Tertsch dürfte in der dritten Disziplin nur schwer zu schlagen sein und für einen Sieg wird es bei ihr darauf ankommen, möglichst gut durch das Schwimmen und Radfahren zu kommen, wo sie nach eigener Aussage nach den Rennen im vergangenen Jahr noch einiges an Potenzial sieht. Wie viel sie sich seit den starken Ergebnissen aus dem Sommer 2020 bereits verbessern konnte, wird sich wohl erst am nächsten Mittwoch zeigen. Auch Nina Eim konnte in den vergangenen zwei Jahren mit einer starken Entwicklung auf sich aufmerksam machen und hat sich international bereits mehrfach gut präsentiert. Ihr Schlüssel zum Sieg könnte darin bestehen, ein möglichst ausgeglichenes Rennen auf einem hohen Niveau in allen drei Disziplinen hinzulegen. Vieles deutet aufgrund der Vorleistungen darauf hin, dass der Olympia-Startplatz insbesondere zwischen Tertsch, Gomez-Islinger, Meißner und Eim ausgefochten wird. Aber: Wenn Überraschungen möglich sind, dann definitiv bei diesem Format.

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Simon Müller
Simon Müller
Simon Müller ist selbst als ambitionierter Athlet unterwegs. 2022 wurde er Deutscher Meister auf der Kurzdistanz, 2019 qualifizierte sich bei seinem ersten Ironman in Mexiko mit einem AK-Sieg in 8:45 Stunden für den Ironman Hawaii. In seiner Brust schlägt neben dem Triathleten- auch ganz besonders ein Läuferherz. Simons Bestzeite über 10 Kilometer liegt bei unglaublichen 30:29 Minuten.

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