Freitag, 19. April 2024

Etappenziel erreicht – Jonas Deichmann ist in Wladiwostok

Auch der Triathlon rund um die Welt hat seine schönen Seiten. „Ich liege hier gerade am Strand und genieße das schöne Wetter“, berichtet Jonas Deichmann. Nach 228 Tagen und dem herausfordernden Abschnitt durch Sibirien heißt es für ihn zunächst: ausruhen. Der 34-Jährige ist aus dem sibirischen Winter direkt in den pazifischen Sommer gefahren. 20 Grad und Sonne, ein willkommener Kontrast zu den zurückliegenden Wochen. Er ist in Wladiwostok angekommen, wird aber vermutlich mehr Zeit in der zweiten Wechselzone verbringen als gedacht. Immer noch ist er händeringend auf der Suche nach einer Möglichkeit, per Boot über den Pazifik nach Mexiko zu kommen, wo er die 5.000 Laufkilometer in Angriff nehmen wird. Die Optionen USA und Kanada sind aus dem Rennen. „Aus den Ländern habe ich definitive Absagen für die Einreise erhalten.“

Plötzlich Sommer

Im Schlussspurt Richtung Wladiwostok war Deichmann zunächst ab Chabarowsk nach Süden abgebogen und entlang der chinesischen Grenze gefahren. „Es gab noch einen Tag mit Dauerregen, an dem es kalt und ungemütlich war, dann war plötzlich innerhalb von zwei Tagen Sommer. Das ging so schnell, weil ich nach Süden gefahren bin und der Wechsel in dieser Region ohnehin recht schlagartig kommt. Die Landschaft hat sich verändert, die Vegetation, es ist auch wieder besiedelter“, so Deichmann, der kurz vor Wladiwostok auf der hügeligen Strecke noch einmal einen 220-Kilometer-Tag absolviert hat. „Ich wollte nicht zu spät dort sein.“

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Gefährliche Einfahrt in die Stadt

Bevor er es sich am Strand gemütlich machen konnte, war es noch einmal in die Vollen gegangen. Gewohnte russische Verkehrsverhältnisse. „Die Einfahrt nach Wladiwostok war extrem lang, mit viel Verkehr auf einer schmalen Straße ohne Seitenstreifen, dafür mit vielen Schlaglöchern. Das war teilweise schon sehr gefährlich und ging über rund 80 Kilometer so.“ Die Ankunft in der 600.000-Einwohner-Stadt entschädigte für die Strapazen. „Das Zentrum ist wunderschön, ein atemberaubendes Gefühl, wenn man das erste Mal den Pazifik sieht. Der Verkehr ist aber auch dort total verrückt, fast wie in Bangkok. Überall Stau.“ Am Stadtrand hatten zwei Radfahrer auf Deichmann gewartet, um ihn zu begleiten.

Markus Weinberg Auch die Begegnung mit Menschen macht den Triathlon rund um die Welt aus.

Spektakuläre Brückenüberfahrt

„Wir sind eine Stunde vor Sonnenuntergang angekommen und mussten über die Golden Horn Bay. Eine spektakuläre Brücke führt über die Bucht, man sieht unter sich den Industrie- und Militärhafen mit U-Booten, Frachtschiffen, Militärkreuzern. Ich bin auf der anderen Seite dort angekommen, wo ich auch vor vier Jahren angekommen bin. Mich haben bereits zehn Leute erwartet, die ich von damals kannte. Ich bin auch wieder vom selben Gastgeber eingeladen worden.“

„Froh, das hinter mir zu haben“

Als der Abenteurer aus dem Sattel stieg, kam die Erleichterung. „Ich bin froh, dass es geklappt hat. Russland im Winter und Frühjahr zu durchqueren, war ein Abenteuer, bei dem es einem ziemlich oft schlecht geht. Ich hatte nur wenige einfache Tage in Russland und bin froh, das hinter mir zu haben“, betont Deichmann, der seine Ankunft in kleiner Runde feierte – mit einem Abend in einem traditionellen russischen Dampfbad, einer Banja. „Da wirst du mit Zweigen ausgepeitscht, dann sind wir ins Meer gesprungen, der Pazifik hat derzeit 9,4 Grad. Aber ich wollte unbedingt noch baden gehen, das mache ich bei jedem Projekt: Wenn man ans Meer kommt, muss man reinspringen.“

Noch keine Möglichkeit zur Pazifiküberquerung

Nach einer kurzen Pause ging es für Deichmann zurück an die Planung. Die Suche nach einer Möglichkeit zur Pazifiküberquerung geht weiter. „Der Bruder von einem Radkollegen arbeitet im größten Segelclub in Wladiwostok und hat mich dem Präsidenten des Clubs vorgestellt. Das war zunächst leider sehr ernüchternd“, verrät Deichmann. Der Yachthafen ist quasi leer. „Hier friert das Meer zu, daher gibt er im Winter keine Boote. Die werden alle nach Korea gebracht, sollten aber normalerweise wieder zurück sein – die Grenze ist aber zu, die Boote liegen dort und können nicht zurück“, verdeutlicht der Abenteurer das Dilemma. „Ausländische Segler gibt es auch nicht. Da kommt höchstens mal einer im Jahr vorbei – und der könnte gerade ohnehin nicht einreisen.“ Auch die Option, mit einem Frachtschiff überzusetzen, hat sich in Luft aufgelöst. „Es gibt keine Direktverbindungen nach Mexiko. Die dürften mich auch nicht mitnehmen.“

Ein kleines Fünkchen Hoffnung

Eine kleine Hoffnung bleibt. „Es ist zwar äußerst schwierig, aber der Präsident vom Yachtclub ist begeistert und hilft mir. Er ist in der Politik als Generalkonsul tätig und war am Donnerstag beim Sportminister. Ich habe Hoffnung, dass es doch noch ein Segelboot für mich gibt. In den nächsten zwei bis drei Tagen werde ich Bescheid wissen, ob noch etwas möglich ist. Irgendeine Lösung wird es sicherlich geben.“

Markus Weinberg Gewohntes Bild: Auch auf dem Weg nach Wladiwostok musste sich Jonas Deichmann an Schlaglöchern vorbeikämpfen.

Mexikos Pazifikküste möglichst meiden

Nebenbei plant der 34-Jährige bereits die Laufroute durch Mexiko. „In Tijuana wird es losgehen, an der amerikanischen Grenze, dann laufe ich Baja California runter, das wird heiß in der Wüste. Dann geht es rüber auf das Festland nach Mazatlan, anschließend durch die Berge im Hochland, an Mexiko-City vorbei, durch den Bundesstaat Chiapas bis nach Cancun, damit ich auch auf meine 5.000 Kilometer komme – und weil ich wenig Zeit an der mexikanischen Pazifikküste verbringen möchte. Dort sitzen die Drogenkartelle, es ist dort sehr gefährlich.“

Körper schaltet in den Ruhemodus

Bis es so weit ist, gönnt Deichmann seinem Körper ein wenig Ruhe. „Ich genieße es derzeit, nicht acht Stunden am Tag Sport machen zu müssen. Mir ging es zwar körperlich gut, aber jetzt nach zwei, drei Tagen Beine hochlegen ist der Körper im Ruhemodus angekommen und ich merke die Müdigkeit. Ich bin mir aber sicher, dass ich nach zwei bis drei Tagen einlaufen in meinem Marathonrhythmus sein werde. Das wird super.“

Jonas Deichmann berichtet auf tri-mag.de regelmäßig von seinem Triathlon rund um die Welt. Weitere Informationen zu seinen bisherigen Abenteuern sowie ein Livetracker zu seinem Triathlon rund um die Welt finden sich auf seiner Website jonasdeichmann.com.

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Bengt Lüdke
Bengt Lüdke
Bengt-Jendrik Lüdke ist Redakteur bei triathlon. Der Sportwissenschaftler volontierte nach seinem Studium bei einem der größten Verlage in Norddeutschland und arbeitete dort vor seinem Wechsel zu spomedis elf Jahre im Sportressort. In seiner Freizeit trifft man ihn in Laufschuhen an der Alster, auf dem Rad an der Elbe – oder sogar manchmal im Schwimmbecken.

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