„Shit happens.“ Achselzuckend nimmt Jonas Deichmann in Charkiw zur Kenntnis, dass er auf seinem Triathlon rund um die Welt immer noch nicht nach Russland einreisen kann. Seinen unerschütterlichen Optimismus hat er derweil nicht verloren, obwohl die Visumangelegenheit zur Hängepartie wird. Das liegt mittlerweile nicht mehr an den Behörden. Die Einreisegenehmigung ist bereits erteilt. Stattdessen stockt die Expresslieferung von der Schweiz – das Visum konnte nur im Schengenraum erteilt werden – in die Ukraine. Eine Verkettung unglücklicher Umstände. Oder eben: „Shit Happens.“

Pass liegt unter eingestürztem Dach
Die Sendungsverfolgung aktualisierte sich seit Beginn der vergangenen Woche nicht mehr. Drei Tage, fünf Tage, der Pass hätte längst da sein sollen. Eine Ursachenforschung schien zunächst aussichtslos, dann aber klärte sich gestern die Angelegenheit. „Das Dach des Logistikzentrums in den Niederlanden ist eingestürzt, während mein Paket dort war. Das hat zu einer Verspätung von mehreren Tage geführt. Dann wurde mein Pass nach Frankfurt transportiert, um von dort mit dem Flugzeug nach Kiew gebracht zu werden – aber ein Streik der zuständigen Flughafenmitarbeiter hat erneut für eine Verzögerung gesorgt. Jetzt ist er offensichtlich per Lkw auf dem Weg zu mir“, erklärt Deichmann, der nun darauf hofft, seinen Pass und damit auch das Visum Anfang kommender Woche in Händen zu halten.
Keine 250 Kilometer pro Tag durch Sibirien
„Verzweiflung bringt nichts“, betont der Abenteurer, der die aktuelle Situation akzeptieren muss. Die Verzögerung allerdings stellt ihn bei seinem Projekt vor gewaltige Probleme. Da das Russlandvisum bereits läuft und nur 90 Tage gewährt wurden, steht Deichmann unter Zeitdruck. Sobald er seinen Pass bekommt, wird er starten. 40 Kilometer sind es bis zur russischen Grenze, die ist das erste Etappenziel, bevor es über Sibirien an den Pazifik geht. „Es ist zeitlich verdammt knapp bemessen, und ich benötige in Wladiwostok ja noch ein Boot. Im Winter werde ich sicherlich auch keine 250 Kilometer pro Tag durch Sibirien fahren können, mit all dem Gepäck und den breiten Reifen“, betont Deichmann.
Es ist zeitlich verdammt knapp bemessen
Jonas Deichmann
Erneuter Rückschlag droht
Seinem Abenteuer, über das er mittels Crowdfunding-Kampagne einen Dokumentarfilm produzieren lassen möchte, droht derweil bereits ein erneuter Rückschlag. „Ich werde vermutlich in die Situation kommen, dass ich in Wladiwostok ankomme und mein Visum abläuft – oder das vielleicht schon vorher der Fall ist. Die Post bringt mich ganz schön in die Bredouille. Ich kann es nicht ändern, insgesamt ist es aber ganz schön nervig, was ich mit dem Visum durchmachen musste in den vergangenen Monaten. Eigentlich würde ich mich gern aufs Fahrradfahren konzentrieren.“
Die Winterausrüstung von Jonas Deichmann
Ausrüstung für Sibirien zusammengestellt
Das konnte Deichmann in der abgelaufenen Woche nur bedingt. Er unternahm mit dem heimischen Fahrradclub zwar kleine Ausfahrten auf zum Teil vereisten Straßen, um sich auf Sibirien vorzubereiten, musste sich ansonsten aber vor allem wieder um die Organisation bei seinem Triathlon rund um die Welt kümmern. „Ich habe die Ausrüstung für Sibirien zusammengestellt“, so der 33-Jährige, der sich im vergangenen Jahr unter anderem in der Kältekammer der Deutschen Bahn auf diesen Teil des Abenteuers vorbereitet hat. Um in den extremen Bedingungen bestehen zu können, hat sein Ausrüster Ryzon extra eine Jacke entwickelt, die dem russischen Winter standhält. Deichmann trägt einen Prototypen des Fabrikats, das es so nicht zu kaufen gibt.

Zur Organisation seiner nächsten Etappe gehörte auch die Ausarbeitung der genauen Route. „Vor allem hieß es aber mal wieder: warten, bevor es endlich weitergeht.“ Am Montag könnte es soweit sein.
Jonas Deichmann berichtet auf tri-mag.de regelmäßig in Tagebuchform von seinem Triathlon rund um die Welt. Weitere Informationen zu seinen bisherigen Abenteuern sowie ein Livetracker zu seinem Triathlon rund um die Welt finden sich auf seiner Website jonasdeichmann.com.