Nach dem Ironman Western Australia habe ich mir eine Pause gegönnt. Das Training unmittelbar nach einem Ironman macht bei mir ohnehin wenig Sinn, da mein Körper lange Zeit zum Regenerieren braucht. Besonders stark merke ich das beim Laufen, wenn ich bereits nach kürzeren Laufeinheiten starken Muskelkater spüre. Offenbar sind meine Muskeln in dieser Phase zu sehr beschädigt. Ich würde sogar sagen, dass der irgendwann ausbleibende Muskelkater ein Indikator dafür ist, wann ich das Training wieder aufnehmen kann.
Anfang/Mitte Januar habe ich dann langsam wieder mit dem Training begonnen. Der Plan war noch nicht sehr spezifisch vorgegeben. Im Prinzip stand nur eine Zeitvorgabe für die jeweilige Sportart auf dem Programm. Eine Stunde laufen, drei Stunden crossen oder Vereinstraining im Schwimmen waren die einzigen Vorgaben. Nach gut drei Wochen Eingewöhnung habe ich dann eine erste Leistungsdiagnostik gemacht. Die Auswertung übernimmt für mich die Firma Cycling Coach Lab, da ich persönlich keinen sportwissenschaftlichen Background habe. Im Prinzip war die Erwartungshaltung, dass meine VO2max im Vergleich zum Ende der letzten Saison etwas gesunken war. Auch würden sich sicherlich die Trainingsbereiche durch die Trainingspause verschoben haben. Dies sind jedoch lediglich Mutmaßungen, die es wissenschaftlich zu belegen galt.
Leistungsdiagnostik mit teilweise ernüchternden Werten
Der Test lief bei mir so ab, dass ich nach der Aufwärmphase und einer ersten Laktatmessung einen 15-Sekunden-Sprint fuhr, wobei ich nicht in den Wiegetritt ging, sondern im Sitzen alles gab. In Wattwerten ausgedrückt bedeutete das 1180 Watt in der Spitze und 771 Watt im Schnitt – wie gut, dass ich als Triathlet in diese Bereiche nicht allzu oft hinein muss. Nach diesem Sprint fuhr ich wieder locker weiter, bis mein Laktatspiegel wieder abgefallen war. Dann begann für mich der wirklich harte Teil. Beginnend bei 100 Watt fuhr ich eine Rampe hoch. Alle drei Sekunden erhöhte sich der Widerstand um drei Watt, bis ich nach circa zwölf Minuten die 500 Watt erreichte. In diesem Zeitraum wurde Laktat gemessen und eine Spiro durchgeführt, um meinen Stoffwechsel bewerten zu können.
Wer sich für meine Werte Interessiert, den will ich natürlich nicht auf die Folter spannen. Für meine Trainer sind folgende Daten entscheidend: Das Leistungsvermögen über 60 Minuten von 356 Watt bei einem gleichzeitigen Leistungsvermögen an der VO2max von 482 Watt. Dabei wurde die VO2max (maximale Sauerstoffaufnahme) mit knapp sechs Litern pro Minute gemessen. Eine maximale Laktataufbaurate von 0,80 mmol/l/s entspricht eher einer Baustelle als einem Traumwert für die Langdistanz, eine Laktatabbaurate von 1,22 mmol/l/min ist dagegen schon besser. Bei meinem aktuellen Körperfettanteil von knapp zwölf Prozent, an dem meine Off-Season deutlich abzulesen ist, bedeutet dies ein Fettstoffwechseltraining im Grundlagenbereich von 242 Watt.
Nach der Diagnostik kann ich sagen, dass mein Fokus seit diesem Zeitpunkt darauf gerichtet ist, meinen Fettstoffwechsel zu trainieren. Lag in der letzten Saison der Fokus anfangs eher auf der VO2max, konzentriere ich mich nun auf den GA1-Bereich. Das bedeutet, dass mein Training umfangreicher ist und ich auf die Zufuhr von Kohlenhydraten eher verzichte. In der Folgezeit legte ich also einen Trainingsblock ein, bei dem der Fokus auf dem Radfahren lag. Rolleneinheiten bis zu vier Stunden waren dabei und so verbrachte ich viel Zeit in meinem Keller. Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass die Laune darunter leiden kann.
Trainingslager auf Gran Canaria mit dem Weltmeister
Um einen Lichtblick zu erhalten, hielt ich immer Ausschau nach einer Begleitung in ein Trainingslager im Februar. Und spontan schrieb mir Patrick Lange, dass ich mich seiner Trainingsgruppe um Andi Dreitz, Jens Roth, Henry Beck und Hannes Wolpert anschließen kann. Die Jungs planten circa drei Wochen auf Gran Canaria und ich konnte es mir zeitlich einrichten, sie für zehn Tage zu begleiten. Gran Canaria ist wirklich speziell. Glücklicherweise ist mein GA1-Bereich recht weit ausgebildet, ansonsten hätte ich dort wahrscheinlich oftmals meinen Grenzbereich überschritten. Unzählige Höhenmeter muss man dort auch auf kurzen Ausfahrten überwinden.
Unser Tag begann dort üblicherweise gegen neun Uhr mit einer Ausfahrt um die vier Stunden, gefolgt von einem kurzen Koppellauf. Abends konnte man in Maspalomas in einem öffentlichen Schwimmbad auf einer 25-Meter-Bahn ohne Einschränkungen schwimmen. Die Gruppe war wirklich Weltklasse. Natürlich am Leistungsniveau gemessen, aber vor allem auch charakterlich. Besonders wird mir außerdem in Erinnerung bleiben, wie meine Begleiter auf den zwei Kochplatten in den Bungalows zu regelrechten Sterneköchen mutierten. Jedenfalls schmeckte mir nahezu alles nach einem Trainingstag mit sechs Stunden Belastung. Auch die Geschichten, die wir uns erzählten, und die Witze, die wir machten. Es war eine total freundschaftliche Stimmung, bei der die körperliche Erschöpfung leicht überwunden werden konnte. Im Übrigen hat Gran Canaria eine absolut sehenswerte Natur. Die Aussicht auf 2000 Metern Höhe ist gigantisch. Startet man anfangs in der kargen Landschaft auf Meereshöhe, klettert man in Waldgebiete mit traditionellen Dörfern auf. Die Landschaft kann man schwer beschreiben und ist vermutlich einzigartig.
Mit diesem Trainingslager endet für mich der erste Vorbereitungsblock. Was er mir gebracht hat wird sich nun in einer weiteren Leistungsdiagnostik zeigen.