Kurz vor der Ironman-WM der Frauen in Nizza werfen wir einen genauen Blick auf die Stärken, Erfolge und Chancen der Top-Favoritinnen.
Am Sonntag ist es so weit: Es kommt in Nizza zum großen Showdown. Um 7:15 Uhr fällt der Startschuss für Ironman-WM der Frauen, die dieses Jahr im Zuge des sich neu abwechselnden Wettkampfformats mit zwei WM-Standorten erstmals außerhalb von Hawaii ausgetragen wird. Nach den Siegen von Chelsea Sodaro 2022 und Lucy Charles-Barclay 2023 gibt es dieses Jahr erneut gute Chancen auf einen deutschen Titel. Sowohl Anne Haug als auch Laura Philipp bei entsprechender Tagesform der WM-Sieg zutrauen. Auch Katrina Matthews und Jackie Hering könnten auf dem anspruchsvollen Kurs um die Podiumsplatzierungen mitmischen. In unserem Favoritinnen-Check geben wir einen Überblick über die Stärken, den Saisonverlauf und die Chancen der jeweiligen Athletinnen.
Der Favoritinnencheck
Lucy Charles-Barclay (GBR)
Swim
Bike
Run
Stärken
Der beeindruckende Start-Ziel-Sieg auf Hawaii im vergangenen Jahr bewies, dass Lucy Charles-Barclay in Top-Form keine richtige Schwäche aufweist. Die herausragende Aufnahmefähigkeit im Schwimmen von Charles-Barclay als ehemaliger Spezialistin ist seit vielen Jahren bestens bekannt. Vier bis sechs Minuten schwamm sie in der Vergangenheit bei der Ironman-WM auf ihre direkte Konkurrenz heraus. Von diesem Vorsprung ist auch in Nizza auszugehen. Etwas überraschender war, dass die 30-Jährige bei ihrem Hawaii-Sieg auch die schnellste Radzeit des Tages aufstellte. Kann die Britin diese Leistung auch auf die profilierte Strecke übertragen, stehen die Chancen gut, dass sie erneut in Führung liegend den Marathon beginnt. Beim Ironman-Nizza-Sieg der amtierenden Weltmeisterin im Juni absolvierte sie den Marathon in 2:49 Stunden und stellte damit eine deutliche neue Bestzeit über die 42,2 Kilometer in einer Langdistanz auf. Mit diesem Split zählt Charles-Barclay nun zu den wenigen Athletinnen, welche die 2:50-Stunden-Marke unterboten haben.
Saisonverlauf
Die Saison von Charles-Barclay startete mit zwei zweiten Plätzen bei den PTO-T100-Rennen in Miami und Singapur. Es folgte der Sieg beim Ironman France in Nizza, mit dem sie ihren WM-Start validierte. Der Erfolg und gewonnenen Streckenkenntnisse sollten ihr zusätzlichen Rückenwind geben. In der unmittelbaren WM-Vorbereitung musste Charles-Barclay mit dem ersten DNF ihrer Karriere beim Heimrennen der T100 London jedoch einen großen Dämpfer hinnehmen. Die Weltmeisterin hatte bereits im Vorfeld mit leichten Achillessehnen-Problemen zu kämpfen und stieg beim Laufen aufgrund der sich anbahnenden Schmerzen frühzeitig aus.
Kurseinschätzung
Beim Nizza-Sieg war Charles-Barclay auf der harten Radstrecke nicht besonders schnell unterwegs und verlor drei Minuten auf die schnellste Radzeit des Tages. Es ist allerdings davon auszugehen, dass die 30-Jährige kein großes Risiko eingehen wollte und das Rennen mehr zur Streckenbesichtigung unter Wettkampfbedingungen genutzt hat. Hinzu kommt, dass sie beim Ironman France zu keinem Zeitpunkt im Kampf um den Gesamtsieg gefordert wurde und nicht unter Zugzwang stand. Mit ihrer Top-Form beim Radfahren sollte der Kurs Charles-Barclay sehr gut liegen. Dass die Britin mit derartig profilierten Strecken hervorragend zurechtkommt, zeigte sie bereits bei ihrem Ironman-70.3-WM-Sieg in St. George 2021. Die Marathonzeit von 2:49 Stunde im Juni deutet darauf hin, dass auch die besten Läuferinnen im Feld, ausgenommen von Anne Haug, nicht mehr als fünf Minuten auf Charles-Barclay im Marathon aufholen können, wenn sie diese Leistung repliziert.
Tipp
Kriegt Charles-Barclay das Gesamtpaket und ihr Potenzial am Renntag abgerufen, stehen die Zeichen auf Titelverteidigung. Liefert sie ihre gewohnte Radleistung ab und kann den Marathon unter 2:50 Stunden wiederholen, könnten ihr nur Anne Haug, Laura Philipp oder Katrina Matthews in absoluter Top-Form den Titel streitig machen. Bisher beendete Charles-Barclay noch keine Ironman-WM außerhalb des Podiums. Unsere Einschätzung: Das wird sich auch in Nizza nicht ändern.