Michael Rauschendorfer ist tot. Wie erst gestern bekannt wurde, starb der weltbekannte Triathlonfotograf schon im Juli nach schwerer Krankheit in seiner Heimat bei München. Erinnerungen an einen ganz Großen.
Michael, es ist unbegreiflich. Wohl kaum ein Mensch hat das Bild des Triathlons in den vergangenen Jahren so geprägt wie du. Kein Fotograf hat mehr Cover geschossen, keiner die Action unseres Sports so detailverliebt festgehalten wie du. Und keiner von uns ging mit einer so großen Professionalität und Genauigkeit ins Rennen wie du. Es ist unvorstellbar, dass du nicht mehr bei uns sein kannst.
Um die Jahrtausendwende kamst du als Hobbyfotograf zum Triathlon. Du sagtest einmal, dass ich und meine Art der Triathlonfotografie dein Vorbild seien, dass du so viel von mir lernen könntest. Das war ganz am Anfang, denn schnell bist du an mir und allen anderen vorbeigezogen. Du warst es, der die Bilderwelten des Triathlons fortan bestimmen sollte, denn du warst schon sehr bald der Beste. Du liebtest und lebtest deine Passion, hast dich so akribisch wie niemand sonst auf die Rennen und Athleten vorbereitet, die du mit der Kamera festhalten wolltest.
Vor ein paar Jahren hast du dir schließlich deinen Traum erfüllt, hast deinen Schreibtischjob verlassen und wurdest hauptberuflicher Sportfotograf. Da sich das Jahr nicht mit den Einkünften aus dem kurzen Triathlonsommer bestreiten lässt, hast du den Wintersport als zweites Standbein entdeckt und dir vor allem bei den nordischen Disziplinen einen genauso großen Namen gemacht, wie du ihn im Triathlon längst hattest. Kollegen und Medien, Athleten und Veranstalter und auch die Sportindustrie schätzten dich gleichermaßen für die höchste Professionalität, mit der du ans Werk gegangen bist. Wir verdanken dir viele Cover und Impressionen in unseren Zeitschriften triathlon und SWIM, viele Aufmacher und Bildergalerien in unseren Onlinemedien und viele Produktionen für gemeinsame erfolgreiche Bücher, unter anderem deinen Bildband „TRI“, den wir veröffentlichen durften. Auf dich konnte man sich immer verlassen. Das Bild des Triathlons wäre ein anderes ohne die Fotos aus deinen Kameras. Der Name Michael Rauschendorfer war und ist in der internationalen Triathlonbranche ein Inbegriff für deutsche Wertarbeit.
Michael, du hast nicht nur zwischen Start und Ziel der Rennen einen kämpferischen Einsatz gezeigt, sondern auch abseits der Wettkampfstrecken. Du warst so etwas wie unser Vorkämpfer und ein stets kompetenter Mitstreiter, wenn es um die Arbeitsbedingungen der Fotografen, die Durchsetzung fairer Honorare und die Einhaltung unser aller Rechte als Urheber ging. Legendär bleibt die Szene, wie du einst in Buschhütten den VIP-Bereich „geräumt“ hast, damit wir alle Platz zum Fotografieren haben. Doch du warst auch für jeden Spaß zu haben. Wann immer wir uns „da draußen“ sahen, fotografierte der eine den anderen und schickte die Bilder später zu. Betreff der Mails war stets: „Alle Rechte erteilt!“
Mit Kollegen wie dir, Michael, machte es Spaß, immer. Unvergessen ist der „Best Butt Photo Contest“, den wir beiden zusammen mit einem französischen Kollegen ins Leben riefen und ein paar Jahre lang unter Auschluss der Öffentlichkeit zelebrierten. Wir drei waren Organisatoren, Teilnehmer und Jury in einem. Es ging um die Ehre, wer vom jährlichen Kona Underpants Run das beste Foto mitbrachte. Ich blieb jedes Jahr chancenlos, denn du machtest zwar die besten Fotos – doch der Franzose zuvor seine Hausaufgaben. Er schickte seine eigenen heimlich zuvor gecasteten Models auf die Strecke und ließ uns beide blass aussehen. Für Modelcastings hattest du keine Zeit, denn du warst zeitgleich gerade entweder unter Wasser (und unter Profis) im Kona Aquatics Center oder beim Streckencheck draußen unterwegs, auf dem Alii Drive, im Energy Lab oder zwischen Kawaihae und Hawi. Zum Ironman Hawaii bist du jedes Jahr als einer der Allerersten angereist, um in der Lavawüste neue Locations, neue Blickwinkel auf das Rennen zu finden. Einmal fuhr dabei zufällig ein Kameraauto von Google auf dem Queen Kaahumanu Highway vorbei und verewigte dich beim Streckencheck in Street View.
Du hast das wie einen Ritterschlag empfunden. Du warst längst der Big Kahuna unter den Triathlonfotografen, Hawaii deine zweite Heimat.
Als sich dein Zustand in den letzten Wochen verschlechterte, konnten wir nur noch per Messenger miteinander kommunizieren. Eine Stunde vor dem Start der Challenge Roth schrieb ich dir: „Michael, du fehlst hier – wir racen heute alle für dich!!!“ Du antwortetest sofort: „Frei nach Frodo: Hau rein!“ Es waren deine letzten Worte an mich, kurz darauf verstummte dein Facebook-Profil. Für immer. Erst gestern erfuhren wir alle, dass du am 18. Juli von uns gegangen bist. Du durftest nur 51 Jahre alt werden.
Michael, es ist unvorstellbar, dass du nicht bei uns sein kannst, wenn wir alle im Oktober nach Kailua-Kona reisen. Athleten sind gekommen und gegangen, Geschäfte haben eröffnet und geschlossen, du aber warst immer da. Vor dem jährlichen Fotografentreffen, das du mit organisiert hast, kam stets der Reminder von dir: „Aloha shirts are mandatory.“ Wir werden sie dir zu Ehren auch in diesem Oktober tragen. Und wir werden dich, dein Lachen, vermissen.
Der Triathlonfamilie bleibst du durch deine Bilderwelten, die du hinterlässt, unvergessen, deinen Kollegen durch deine Art. The Germans, das waren nicht nur Kienle, Frodeno, Lange & Co., das warst auch du. Mögest du in Frieden ruhen. E hoomaha me ka maluhia!
Mahalo, mein Freund!