Direkt nach meinem DNF in Cagnes Sul Mer bin ich ins Trainingslager nach Morzine (Frankreich) gefahren. Für mich war das genau das Richtige und ich konnte meine Enttäuschung in gute Trainingseinheiten ummünzen. Imo Simmonds und ich waren sofort von Morzine und der Umgebung begeistert. Auch wenn es viel rauf und runter geht, ist es wunderschön zum Radfahren, bietet nahe Schwimmmöglichkeiten und die Ruhe, die die Gegend ausstrahlt, tat uns beiden gut. Perfekte Bedingungen, um zu trainieren und dazwischen auszuruhen. Nach 13 guten Trainingstagen ging es dann nach Hause und mehr oder weniger direkt ins Tapering für die Challenge Walchsee.
Dass ich in Walchsee starte, hatte ich erst nach dem Rennen in Cagnes Sul Mer entschieden und da man für die Anmeldung einer Europameisterschaft noch ein paar mehr Dinge erledigen muss (z.B. Anzug bedrucken, Freigabe vom Arzt usw.) als für ein “gewöhnliches” Rennen, begleitete mich während der gesamten Rennwoche die Sorge, doch noch irgendein Formular übersehen oder eine Kleinigkeit vergessen zu haben. Vor dem Rennen hatte ich gemischte Gefühle. Mein Jahr war eigentlich bislang gut gelaufen, ich habe mich über die letzten Monate im Training stetig verbessern können, hatte bei den meisten Trainingseinheiten Spaß und fühlte mich auch allgemein wohl. Aber als Profiathlet wird man an seinen Wettkampfresultaten gemessen und die waren in 2021 alles andere als gut: 10. Platz in Dubai, DNS in St. Pölten, DNF in Cagnes Sur Mer. Ich wollte dieses Mal unbedingt zeigen, dass ich es besser kann und die Anspannung war entsprechend hoch. Sie wurde noch ein bisschen gesteigert, weil ich wieder ein Problem am Rad hatte. Zum Glück konnte Lasse Ibert dieses am Freitagabend noch beheben und ich wieder etwas entspannen.
Fehler beim Schwimmen, Führungsarbeit auf dem Rad
Sonntagmorgen um 8:35 Uhr ging es dann los: Ich bin sehr gut am Start weggekommen und konnte zunächst in der ersten größeren Schwimmgruppe mitschwimmen. An der ersten Boje kurz vor der Hälfte verlor leider die Schwimmerin vor mir den Anschluss, sodass ich überholen musste, aber den Sprung in die Gruppe trotzdem nicht mehr schaffte. Die zweite Hälfte der 1,9 Kilometer langen Schwimmstrecke schwamm ich also von vorne und verlor eine knappe Minute auf die Gruppe vor mir. Ich habe mich noch im Wasser ziemlich über meinen Fehler geärgert und bin nach einem guten Wechsel auf dem Rad hart angefahren. Es tat so gut auf dem ersten leicht abfallenden Stück richtig Gas zu geben und als ich dann die Gruppe am Anstieg vor mir sah, war auch das Schwimmen wieder vergessen. Als ich nach circa 20 Kilometern die Gruppe eingeholt hatte, wusste ich erstmal nicht, wie ich weitermachen soll. Vorbeigehen und riskieren, dass mir alle hinterherfahren oder in der Gruppe bleiben und wieder riskieren, dass auch andere noch aufschließen. Ich entschied mich für ersteres, gab Gas und setzte mich an die Spitze. Auf einer Abfahrt konnte ich eine Lücke reißen, die aber im Gegenanstieg wieder geschlossen wurde. Immerhin waren wir nur noch zu viert und auf der zweiten (immer voller werdenden) Runde wechselten Marta Bernardi, Lena Berlinger und ich uns unter den Augen einer Schiedsrichterin, die uns nicht von der Seite wich, immer wieder in der Führungsarbeit ab.
Natürlich habe ich mir im Vorfeld Gedanken zum Rennen gemacht und es war klar, dass an einem normalen Tag Anne Haug und Nicola Spirig die Plätze eins und zwei unter sich ausmachen werden. Dahinter wurde es um Platz drei spannend. Zu Beginn des Laufens lag die Spanierin Sara Perez Sala noch auf Rang drei, auf den auch unsere Gruppe ein Auge geworfen hatte. Nach dem Wechsel schlugen Marta Bernardi und Lena Berlinger ein hohes Tempo an, das ich auf den ersten Kilometern nicht mitgegangen bin. Allerdings habe ich den Sichtkontakt nicht verloren und nachdem ich in einen Rhythmus gefunden hatte, konnte ich an Lena Berlinger vorbeigehen. Am Ende der dritten von vier Laufrunden konnte ich Sara Perez Sala einholen und lag somit auf dem vierten Platz. Im Laufe des Halbmarathons wurde es immer heißer und ich dachte auch an die vielen Altersklassenathleten, die teilweise eine Stunde nach uns gestartet sind und in der prallen Mittagshitze laufen mussten. Mir schwanden auf der letzten Runde langsam aber sicher die Kräfte und ich war sehr glücklich nach 4 Stunden und 12 Minuten auf dem vierten Platz die Challenge Walchsee zu beenden. Es war ein schönes und toll organisiertes Rennen und es tat sehr gut, so viele bekannte Gesichter und Freunde wieder zu sehen. Mit dem Rennerlebnis in der Tasche, freue ich mich direkt auf meinen nächsten Triathlonwettkampf!