Als sich Emese Möhring im März mit Platz drei beim 70.3 in Dubai und etwas Glück bei der Slotvergabe für die Ironman-70.3-Weltmeisterschaft qualifizierte, war die Freude groß und die Reise in die Staaten noch weit weg. „Ich dachte, das würde schon irgendwie klappen, und wir wären bis dahin alle geimpft“, erzählt die 52-jährige Agegrouperin aus Münster. So war die Traumreise schnell geplant. Ihr Bruder ist US-Amerikaner und wohnt in San Diego. Bei ihm würde sie zwei Wochen bleiben und die letzten Einheiten absolvieren, um dann die 800 Kilometer mit dem Auto über Los Angeles und Las Vegas und durch den Mojave Nationalpark nach St. George zu reisen. Was für ein schöner Trip. Darauf freute sich Emese bis zum Sommer.
Dann stellte sich heraus, dass die Einreise in die USA fast noch schwieriger werden würde als die Quali. Die US-Verwandtschaft nutzte nichts, das Land lässt wegen der Coronapandemie bis heute keine Bürger aus dem Schengen-Raum einreisen, die in den letzten 14 Tagen in Europa waren oder keine speziellen Visa haben. Man könnte versuchen, eine Ausnahmegenehmigung (NIE) zu beantragen. Begründung: Die Reise liege im nationalen Interesse der USA. So machen es die Profis über Ironman und die PTO, wobei sie mit ihren Starts die Ausrichtung einer Weltmeisterschaft auf amerikanischem Boden unterstützen. Für eine Agegrouperin ist dieser Weg schwierig. Es kann klappen, oder eben nicht.
Über Dubai in die USA
Was sollte Emese tun? Der WM-Slot war angenommen, die Lust auf Racing groß und eine dreiwöchige Reise eingeplant. Wie gut, dass die Mutter von vier erwachsenen Kindern als aktive power & pacerin einen großen Freundeskreis im Triathlon hat. Mit einer Bekannten, ebenfalls für St. George qualifiziert, entwickelte sie einen kühnen Plan. Statt San Diego würden sie erneut nach Dubai reisen und dort zwei Wochen lang mit einer internationalen Gruppe mit Brasilianern und Südafrikanern trainieren. Wenn sie im Anschluss direkt in die USA einreisten, könnten sie die 14-Tage-Regel umgehen. Gesagt, getan. Die Zeit in Dubai war wunderschön, sagt Emese, die als selbstständige Logistik-Unternehmerin nebenbei vom Laptop aus arbeiteten konnte. „Ich liebe diese Stadt schon lange und man kann dort wunderbar trainieren. Es ist sehr sicher, auch in der Nacht. Allerdings war es noch heißer als in St. George, deswegen sind wir teilweise schon morgens um zwei Uhr in die Berge gestartet.“
„Hier sind so viele liebe Menschen“
Zu Hause bereitet sich Emese normalerweise mit den Qualifier-Plänen auf ihre Rennen vor. Seit November ist sie bei power & pace dabei und tauscht sich über Discord mit der Community aus. Morgens um sechs geht sie schwimmen, abends häufig laufen oder Rad fahren. Seitdem die Kinder groß sind, hat die frühere Jugendmeisterin im Streckentauchen wieder mehr Zeit fürs Training. Nach Langdistanzen in Roth und Hamburg träumt sie von einem Start auf Hawaii. In ein oder zwei Jahren könnte es so weit sein.
Am Samstag geht es in St. George aber erstmal auf die 70.3-Distanz. Über Doha, Dallas und einen kurzen Stopp beim Bruder in San Diego hat es Emese tatsächlich in die WM-Stadt in Utah geschafft. Dort wird es für sie um 9.35 Uhr im Wasser des Sand Hollow Reservoir ernst. Besondere Ziele habe sie nicht, sagt Emese, die für Ungarn antreten wird. „Ich mache mir keinen Zeitdruck und muss aufpassen, die Ausblicke auf die Berge nicht zu sehr zu genießen. Für mich ist dieses Rennen ein echtes Geschenk. Meine Gefühle lassen sich kaum beschreiben, ich weine fast seit einer Woche. Die Menschen hier sind so lieb und ich freue mich, jeden Tag so viele positive Athletinnen und Athleten zu treffen.“