Michael Krüger ist tot. Der Triathlet, der mit 17 Hawaii-Finishes so oft über die Ziellinie des Ironman Hawaii lief wie kaum ein anderer Deutscher, starb im Alter von nur 56 Jahren im Kreis seiner Familie.
Michael Krüger war pensionierter Berufssoldat und Stabsfeldwebel a. D. In seiner über 30-jährigen Dienstzeit in der Logistiktruppe der Bundeswehr, mit mehr als zehn Auslandseinsätzen im Gesamtumfang von 1.500 Tagen in IFOR (Kroatien), SFOR (Bosnien-Herzegowina), KFOR (Kosovo) bis hin zu ISAF im fernen Afghanistan, hat Michael Krüger beruflich viel erlebt und für sein Land noch viel mehr geleistet.
Seine größte Leidenschaft, seine Passion, galt jedoch dem Triathlon.
Nach seinem ersten Marathon im Jahr 1987 in der schleswig-holsteinischen Landeshauptstadt Kiel, in der er auch mit seiner Familie seinen Lebensmittelpunkt hatte, packte Michael der Ehrgeiz – und das Feuer für den Ausdauerwettkampf war gelegt.
Nach vielen Triathlonwettkämpfen vom Jedermann bis hin zur Mitteldistanz ging Michael im Jahr 1994 in Roth erstmals beim Ironman Europe an den Start. Auf Anhieb qualifizierte er sich für den Ironman Hawaii, den er in 10:22 Stunden finishte.
Was darauf folgte, liest sich für viele wie ein Märchen: Von 1994 bis ins Jahr 2012 ist „Micha“ fast durchgehend in Kailua-Kona am Start gewesen. Als Angehöriger der „Triathlon Heeresmannschaft Ironman“ hat er dort 17-mal gefinisht und das legendäre Finishershirt sowie die Medaille erkämpft. Hawaii wurde für den Soldaten zum Jährlichen Pflicht- und Hauptziel, mit seinen Kameraden der Bundeswehr führte er oft die deutschen Triathletinnen und Triathleten bei der Nationenparade am Dienstag vor dem Rennen über den Alii Drive. Daneben konnte er bei über 50 weiteren Ironman-Rennen weltweit finishen. Dreimal stand er in Kona auf der Bühne der Top-5-Finisher seiner Alterklasse. Dreimal siegte er auch beim Ironman Florida. Seine persönliche Bestzeit gelang ihm in 8:52 Stunden als Altersklassensieger des Ironman Klagenfurt. Auch beim Powerman in Zofingen und Deutschen Meisterschaften im Duathlon konnte er Altersklassentitel einfahren.
Auch seine Frau Danny lernte Michael Krüger beim Sport kennen, 2005 im Trainingslager auf Sardininen. Sie verliebten sich, trainierten zusammen und finishten gemeinsam zweimal auf Hawaii. Im Oktober 2015 kamen ihre Zwillinge Lara und Marie zur Welt, im August 2016 heirateten Michael und Danny – das Glück schien perfekt, doch das Schicksal meinte es anders.
Im Oktober 2015, dem Geburtsjahr der Zwillinge, konnte Michael Krüger sich abermals beim Ironman France in Vichy für Hawaii qualifizieren. 2016 sollte in Kona das 18. Ironman-WM-Finish folgen – getreu seinem Motto: „Stay strong – never give up! See you at the finish line!“ Doch dieses Ziel blieb ihm verwehrt.
Stay strong – never give up! See you at the finish line!
Lebensmotto von Michael Krüger
Im Februar 2016 spürte Michael, dass irgendetwas mit ihm nicht stimmte. Er klagte über Kraftlosigkeit, die Feinmotorik ließ nach. Michael machte vor allem zu schaffen, dass er nicht mehr schnell laufen konnte. Im September 2016 diagnostizierten die Ärzte die unheilbare und tödlich verlaufende Krankheit ALS. Die „amyotrophe Lateralsklerose“ ist eine chronisch-degenerative Erkrankung des zentralen Nervensystems. In Triathlonkreisen ist die Krankheit dadurch ins Bewusstsein gerückt, seit sich die Weltklasseathletin und vierfache Ironman-Weltmeisterin Chrissie Wellington bei vielen ihrer Siege über die Ziellinie rollte: Die sogenannte Blazeman-Rolle sollte an den ALS-Patienten Jon Blais und dessen Stiftung erinnern, die sich dem Kampf gegen die Krankheit verschrieben hat – ein Zeichen, das viele Triathleten weltweit als festes Finish-Ritual aufgenommen haben.
Vom Moment seiner Diagnose an änderte sich das Leben von Michael Krüger schlagartig. Bereits nach einem Jahr konnte Michael nicht mehr gehen, nicht mehr allein essen und war fortan auf fremde Hilfe angewiesen. Im November 2017 war die Krankheit bereits so weit fortgeschritten, dass er nicht mehr alleine atmen konnte, die Ärzte mussten aufgrund einer CO2-Narkose einen Luftröhrenschnitt vornehmen. Michael musste durch einen 24-Stunden-Intensivpflegedienst betreut werden.
Die Familie baute ihr Haus behindertengerecht um, damit Michael seine Kinder und Familie um sich haben und liebevoll betreut werden konnte.
Nach einem vierjährigen Leidensweg überquerte Michael Krüger am 6. August 2020 ein letztes Mal die Finishline.
Wir sind unheimlich traurig.
Unser tiefstes Mitgefühl gilt seiner Familie und seinen Angehörigen.
R.I.P. Micha
Dierk Schäfke, für deine ehemaligen Kameraden der Heeresauswahl Ironman