Dreimal hat Jan Frodeno die Ironman-WM auf Hawaii gewonnen, vor zwei Jahren in Nizza sein Abschiedsrennen gegeben. Zur Weltmeisterschaft 2025 kehrte der Olympiasieger von 2008 als TV-Experte an die Côte d’Azur zurück.Der Altmeister über den Tag der Norweger.
Jan Frodeno, die Ironman-Weltmeisterschaft 2025 in Nizza ist Geschichte. Was ist dein Eindruck?
Es ist absoluter Wahnsinn, was das Level hier schon wieder angehoben wurde. Dieser Norweger-Express ist krass, das Ergebnis mit Casper Stornes vorn auch schön zu sehen. Ich meine, der hatte die anderen beiden Jungs letztes Mal 2017 geschlagen. Und an diesem Titel sieht man, was das machen kann, wenn man ewig im Schatten steht. Davon reden wir auch oft in Deutschland, dass eben die Athleten, die im Schatten stehen, so extrem gut sein müssen, um auch mal auf dem Treppchen dabei zu sein.
Ein Podium belegt von einem einzigen Land – ein solches hast du auch schon mal angeführt. Was bedeutet das für eine Sportnation?
Da habe ich auch dran gedacht, 2016 mit Sebi und Patrick. Es war eine schöne Zeit. Das heute ist ja nochmal spannender, weil die drei in einer Trainingsgruppe sind. Und das auch noch selbst trainiert. Ich bin mal gespannt, wie es weitergeht – so wie man die kennt, werden sie am Mittwoch schon wieder Tempoläufe machen. Und jetzt hat jeder von ihnen einen eigenen WM-Titel. Für die Gruppe freut es mich unheimlich. Ich weiß nicht, op das in Norwegen jetzt einen Hype auslöst, aber es sind auf jeden Fall drei würdige Champions.
Das Level hat sich weiterentwickelt, sagst du. Was ist passiert, seitdem du nicht mehr dabei bist? Dein Rücktritt hier an dieser Stelle ist ja gerade einmal zwei Jahre her …
Da ist sehr viel passiert. Ich glaube, wir hatten schon viele Materialverbesserungen über die Jahre, die Aerodynamik auf den Rädern ist besser geworden, dann sind die Superschuhe gekommen. Ich glaube, was jetzt noch passiert ist, ist die Ernährung. In Roth damals bei meinem Weltrekord (7:35:39 Stunden im Jahr 2016) habe ich mir bei Kilometer 14 und bei Kilometer 28 ein Gel reingezogen. Das waren 50 Gramm Kohlenhydrate, das machen die Jungs hier in einer halben Stunde. Das soll deren Leistung auf gar keinen Fall schmälern, sondern es ist einfach so, dass sie das Tempo halten können. Wir sind den Halbmarathon auch schon mal in 1:14 oder 1:15 Stunden angelaufen, aber dann komplett hochgegangen, weil die Energie nicht mehr gestimmt hat. Das ist schon phänomenal zu sehen, wie sie das umsetzen, weil sich das natürlich auch im Training auszahlt. Da ist ganz, ganz viel passiert. Sehr beeindruckend! Es ist schön, irgendwie Teil der Kurve gewesen zu sein und das nicht nur verwaltet zu haben, aber jetzt ist es wirklich schön zu sehen, dass andere da richtig am Horn ziehen.
Sebastian Kienle hat aufgehört, du hast aufgehört. Patrick Lange ist noch da, er hatte nicht den glorreichsten Tag für sich heute. Du hast eben lange mit ihm gesprochen. Was hast du ihm gesagt?
Ich war ehrlicherweise beeindruckt. Patrick hatte einen schwierigen Tag. Und dass er einen schwierigen Tag haben würde, habe ich spätestens heute Morgen an seinem Bademantel gesehen. Wenn ich ganz ehrlich bin, das ist so ein Statement … Ich kenne Patrick ganz gut und auch über viele Jahre, und das ist jetzt null komma null boshaft gemeint – aber das war halt dieser Versuch, in den Kopf einzusteigen, der eben zu durchsichtig war. Dafür hat er sich später aber wieder echt gut durchgekämpft beim Marathon. Das ist nicht sein Anspruch, es ist nicht das, was er will. Aber für mich hat er heute eine echte Champions-Mentalität gezeigt, weil er sich an einem – für seine Verhältnisse – Scheißtag trotzdem durchgekämpft hat.
Und was sagst du zu denen, die jetzt kommen? Jonas Schomburg zum Beispiel?
Jonas‘ Ergebnis freut mich! Ich meine, der hat immer auch im Verband auf der Kurzdistanz ein gewissermaßen gespaltenes Verhältnis gehabt, sagen wir mal besterweise. Das ist traditionell bedingt, glaube ich. Nun findet er seinen Weg und vielleicht auch irgendwann noch mal den wahren Spaß. Jonas hat über viele Jahre, zumindest für mich von außen, den Eindruck vermittelt, dass er jemand ist, der viel über Reibung geht und diese Energie braucht. Und ich bin gespannt, wie er sich entfalten kann, wenn er einfach wirklich Spaß dabei hat. Denn wie heißt das alte Sprichwort? Wenn man Spaß bei der Sache hat, ist der Erfolg oftmals kaum zu verhindern.
Du selbst warst heute Co-Kommentator. Gab es irgendeinen Moment, wo du dir gesagt hast: Mist, ich bin auf der falschen Seite des Mikrofons?
Nee, nee, nee, gar nicht. Ich war zwischendurch ja auch eine Runde laufen und habe das nochmal richtig genossen, hier auch mit den Fans die anderen Athleten anzufeuern. Und ganz ehrlich … ich weiß, dass ich eine tolle Zeit hatte, und schaue da auch nicht mit einem weinenden Auge hinterher, sondern bin irgendwie dankbar für das, was mir der Sport gegeben hat. Und ich bin auch froh, dass ich jetzt ein neues Kapitel aufgeschlagen habe.