Profi-Einheit der Woche: Sam Longs langes Tempotraining am Berg

Sam Long zählt zu den stärksten Radfahrern auf der Mittel- und Langdistanz. Vor seinem Saisoneinstieg im April schauen wir auf eine seiner Kerneinheiten in der zweiten Disziplin.

Getty Images for IRONMAN In den vergangenen Jahren stellte Longs ausgezeichnete Rad-Lauf-Kombination die Grundlage für seine zahlreichen Erfolge dar.

Die heiße Phase ist angebrochen: Viele Weltklasse-Athleten auf der Mittel- und Langdistanz fiebern ihrem Saisoneinstieg entgegen und befinden sich in den letzten Trainingswochen vor dem ersten Rennen des Jahres. Einer, der sich die T100 Singapur am zweiten April-Wochenende als Kick-off für sein Jahr ausgesucht hat, ist Sam Long. Aus guten Gründen: 2024 landete der US-Amerikaner dort bereits auf Platz zwei. Long ist mittlerweile seit vielen Jahren als einer der Athleten mit der besten Rad-Lauf-Kombination im Non-Drafting-Format bekannt. Insbesondere in der zweiten Disziplin machte der 29-Jährige nach seinem stets vorhandenen Schwimmdefizit von mehreren Minuten mit herausragenden Leistungen stets auf sich aufmerksam. Und ist dabei die Antithese zum sonst herrschenden Bild, dass man für internationale Top-Podiumsplatzierungen keine echte Schwäche mehr haben darf.

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In der vergangenen Saison heimste Long eine Vielzahl von Erfolgen ein. Darunter die Siege beim Ironman Chattanooga, Ironman 70.3 St. George und Ironman 70.3 Pucon. Bei den T100 Miami und dem Ironman 70.3 Oceanside schaffte er es außerdem auf Rang zwei. Bei weiteren T100-Rennen in London, Dubai, San Francisco und Las Vegas kam er auf den Plätzen elf, zehn, acht und sechs in Ziel. Im Wintertraining gab er mit Hinblick auf den Saisoneinstieg in Singapur bekannt, dass er über die Wochen und Monate vorwiegend an seinem Schwimmdefizit arbeiten wolle. Die ausgewählte Einheit macht deutlich, dass er dabei offensichtlich in keiner Weise an seiner Radstärke eingebüßt hat.

Für das gesamte Training kam Long auf 106 Kilometer in 3:13 Stunden (32,9 km/h) und sammelte dabei etwas mehr als 2.000 Höhenmeter. Der dreifache Ironman-Sieger hatte dabei eine durchschnittliche Herzfrequenz von lediglich 122 Schlägen in der Minute und erzielte eine durchschnittliche Leistung von 267 Watt, dabei die gewichtete Leistung bei 311 Watt lag. Diese Diskrepanz macht bereits deutlich, dass Long eine relativ lange Zeit bei hoher Leistung unterwegs gewesen sein muss. Genau dies war der Fall: Während des Programms kam er auf etwas mehr als 90 Intensitätsminuten, die sich auf einen langen Block und drei einzelne Intervalle aufteilten. Die gesamte Hauptserie absolvierte der Ausnahmeradfahrer derweil am Berg und nutze das Herunterrollen zwischen seinen Intervallen als passive Pause.

Eine Stunde Sweet Spot am Berg mit drei Zehn-Minuten-Intervallen im Anschluss

Longs Programm umfasste vier Abschnitte: Im ersten fuhr er gut eine Stunde im Sweet-Spot-Bereich bergauf, anschließend folgten drei Intervallen über jeweils zehn Minuten. Auch diese absolvierte der 29-Jährige etwa im Sweet-Spot-Bereich, im letzten Zehn-Minuten-Intervalle erhöhte er die Intensität noch einmal und fuhr den abschließenden Abschnitt im Bereich der anaeroben Schwelle. Vor diesen letzten zehn Minuten rollte Long als Pause den Berg für 21 Minuten bergab, vorher betrugen die Intervallpause lediglich fünf und vier Minuten.

Mit diesem Umfang dient die Einheit vorrangig der spezifischen Vorbereitung auf Mittel- und Langdistanzrennen. Ziel des Programmes ist vorwiegend die Ökonomisierung im Bereich der Mitteldistanz-Intensität sowie die Senkung der maximalen Laktatbildungsrate und eine hohe muskuläre Belastung, wie sie bei diesen Distanzen üblich ist. Als Vorbereitung auf eine Mittel- oder Langdistanz lässt sich diese Einheit deshalb sinnvoll mit den eigenen Trainingsbereichen nachtrainieren, je nach individuellem Leistungsstand und Saisonzeitpunkt möglicherweise zunächst etwas verkürzt. So könnte der anfängliche Block bespielsweise am Anfang eine halbe Stunde betragen, bevor man die Dauer im Laufe der Wochen steigert.

Im ersten Intervall kam Long über die 63 Minuten mit 1.159 Höhenmetern auf eine durchschnittliche Leistung von 362 Watt. Die Herzfrequenz von 138 Schlägen in der Minuten ist ein klares Zeichen dafür, dass sich diese Intensität für Long, der allgemein als Niedrigpulser einzuordnen ist, noch im äußerst kontrollierten Bereich befindet. Anhand seiner Wettkampf- und Trainingsleistungen in der Vergangenheit lässt sich sagen, dass sich seine anaerobe Schwelle mutmaßlich zwischen 400 und 420 Watt befindet. Für die ersten beiden Zehn-Minuten-Intervalle erzielte Long 347 und 360 Watt. Bei der letzten Wiederholung steigerte er sich noch einmal erheblich und fuhr die zehn Minuten mit 404 Watt und bei einer Herzfrequenz von 143 Watt.

Strava Die Daten von Sam Longs Einheit auf einen Blick.

Trotz seines Schwimmschwerpunktes stellen diese Werte unter Beweis, dass Long in Singapur vermutlich einmal mehr zu den stärksten Radfahrer zählen wird und in der Lage ist, sein Defizit nach dem Schwimmen in der zweiten Disziplin auf eine Vielzahl seiner Konkurrenten massiv zu verkürzen. Gelingt es ihm zuvor schon, den Rückstand in der ersten Wechselzone durch seine Fortschritte im Schwimmen im Vergleich zu den vergangenen Jahren zu verringern, könnte er seine starke Rad-Lauf-Kombination bei derartig starker Konkurrenz möglicherweise besser ausspielen als jemals zuvor.

Getty Images for Ironman 2024 siegte der 29-Jährige bei Ironman Chattanooga, Ironman 70.3 St. George und Ironman 70.3 Pucon. Bei den T100 Miami und Singapur wie auch beim Ironman 70.3 Oceanside landete Long auf Rang zwei.

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Simon Müller
Simon Müller
Simon Müller ist selbst als ambitionierter Athlet unterwegs. 2022 wurde er Deutscher Meister auf der Kurzdistanz, 2019 qualifizierte sich bei seinem ersten Ironman in Mexiko mit einem AK-Sieg in 8:45 Stunden für den Ironman Hawaii. In seiner Brust schlägt neben dem Triathleten- auch ganz besonders ein Läuferherz. Simons Bestzeite über 10 Kilometer liegt bei unglaublichen 30:29 Minuten.

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