Samstag, 14. September 2024

Von Niedersachsen nach Nizza: Nils Reckemeier mit Eigenbau-Konstruktion auf dem Weg an die Côte d‘Azur

Nils Reckemeier aus Hameln hat sich viel vorgenommen. Der 29-Jährige unternimmt einen Bikepacking-Trip der besonderen Art und fährt mit einem selbst gebauten Schlafwagen, angehängt an sein Rennrad, nach Nizza, um bei der Ironman-WM zuzuschauen. Auf tri-mag.de berichten wir über seine Tour.

Nils Reckemeier war auf der Suche nach einer Challenge. In den Semesterferien 2021 fing er schließlich an, eine außergewöhnliche Konstruktion zu bauen: einen Anhänger für sein Rad, der an der Achse des Hinterrads befestigt wird. Dieser ist gerade so groß, dass Nils darin liegen kann. Mit diesem fahrbaren Schlafplatz hat Reckemeier mittlerweile mehr als 4.000 Kilometer zurückgelegt und ist zu kleineren Wettkämpfen gereist. Auch zur diesjährigen Challenge Roth führte ihn sein Weg – als Zuschauer, nicht als Teilnehmer. Spontan meldete er sich vor Ort für das Rennen im folgenden Jahr an. Wie er dann anreisen und übernachten wird, steht derzeit noch nicht endgültig fest.

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1.300 Kilometer mit fahrbarem Schlafplatz

Klar ist allerdings, wohin ihn seine aktuelle Reise führt. Nils fährt an die Côte d’Azur, um bei der Ironman-WM zuzuschauen. Rund 1.300 Kilometer gilt es vom seinen Startpunkt Hameln in Niedersachsen zu absolvieren. Dass der Campingwagen diese Tour übersteht, daran hat Nils keine Zweifel: „Der Wagen ist sturm- und regenfest, für alle Untergründe geeignet und hält auch hohen Geschwindigkeiten stand“, erzählt er. Bis zu 60 Stundenkilometer sei er damit bereits gefahren – und schon zweimal geblitzt worden. Knapp 16 Kilogramm wiegt der Wagen unbeladen.

Damit dieses Zusatzgewicht keine allzu große Beeinträchtigung darstellt, hat Reckemeier den Anhänger aerodynamisch gebaut. Gezogen wird die Konstruktion mit einem Cyclocrossrad, in der Geometrie einem Rennrad sehr ähnlich. Am Hinterrad fährt Nils einen Crossreifen, vorn einen normalen Rennradreifen. Je nach Streckenprofil und äußeren Bedingungen liegt seine Reisegeschwindigkeit zwischen 20 und 25 Kilometern pro Stunde.

Der Trip begann etwas später als geplant, nachdem Nils noch von einem Infekt ausgebremst worden war. Vor rund einer Woche ging es eines Abends schließlich los, Reckemeier fuhr in die Nacht hinein. „Das hatte ich auch noch nicht, dass ich mit einer Fledermaus kollidiert bin“, erzählt er.

Triathlontraining bei jeder Gelegenheit

Trainiert wird immer dann, wenn sich die Gelegenheit bietet. Zum Beispiel auf der Laufbahn der Universität in Marburg.

Das Triathlontraining absolviert Nils Reckemeier nebenbei, so wie es die Gegebenheiten gerade zulassen. Gleichzeitig nutzt er Schwimmbäder, Fitnessstudios und Co. zum Duschen. „Bei einer Pause am Langener Waldsee musste ich natürlich unbedingt mal ins Wasser springen“, so Reckemeier. Hinsichtlich der Sicherheit im Straßenverkehr sieht er den Anhänger sogar als Vorteil. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mich Autos viel vorsichtiger überholen. Von daher empfinde ich das Fahren mit Anhänger sicherer als nur mit dem Rad“, berichtet er. Anfeuerungsrufe statt Hupkonzerte seien an der Tagesordnung. Generell zieht so ein roter Anhänger der Marke „Eigenbau“ natürlich viele Blicke auf sich – vor allem auf öffentlichen Plätzen. „Viele Leute fragen mich nach Fotos und finden die Aktion sehr interessant.“ Ein Wort höre er dabei besonders häufig: inspirierend. Selbst wenn Reckemeier die Bikepacking-Tour nicht für andere, sondern für sich macht, freut es ihn, wenn er Mitmenschen zu eigenen Abenteuern motivieren kann.

Zwischendurch ein Wettkampf

Mit einem Fahrrad-Wohnmobil kommt natürlich schnell die Frage nach geeigneten Rastplätzen auf. Wildcampen ist in Deutschland schließlich verboten. „Ich darf mich mit dem Anhänger überall legal hinstellen. Es ist kein Zelt und somit auch kein Camping. Ich parke zum Wiederherstellen der Fahrtüchtigkeit. Das darf ich laut Gesetz bis zu zehn Stunden“, erklärt Reckemeier.

Am vergangenen Wochenende führte ihn seine Route schließlich von Marburg über Frankfurt nach Viernheim. Dort war er bereits für den Triathlon gemeldet und ging kurzerhand an den Start – ohne Anhänger und mit suboptimaler Vorbereitung. Per Umfrage auf seinem Instagram-Kanal ließ er sich schließlich die Entscheidung zum Start abnehmen. Sein Wettkampfrad sei ihm aus Hameln mitgebracht worden. Die gut 400 Radkilometer bis zur Rennlocation habe er schließlich gemerkt. „Trotz größter Anstrengung ging es nicht über mein Trainingstempo hinaus. Das habe ich aber auch so erwartet.“

Nach dem Wettkampf ging es zum „Ausfahren“ noch weiter nach Mannheim. „Die richtige Challenge kommt jetzt erst“, sagt Nils. Die verbleibenden knapp 1.000 Kilometer führen ihn schließlich über die Alpen. „Ich weiß tatsächlich nicht, ob ich das schaffe, aber genau darum geht es mir ja. Wenn man sich von Zielen nicht abschrecken lässt, entwickelt man sich weiter.“

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Anna Bruder
Anna Bruder
Anna Bruder wurde bei triathlon zur Redakteurin ausgebildet. Die Frankfurterin zog nach dem Studium der Sportwissenschaft für das Volontariat nach Hamburg und fühlt sich dort sehr wohl. Nach vielen Jahren im Laufsport ist sie seit 2019 im Triathlon angekommen und hat 2023 beim Ironman Frankfurt ihre erste Langdistanz absolviert. Es war definitiv nicht die letzte.

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