Sport ohne Verletzungen kennen nur wenige (Glückliche) unter uns, auch mich hat es vor Kurzem erwischt. Wie es mir erging und warum ich noch mit einem blauen Auge davongekommen bin, lest ihr hier.
Es war Freitag, der 7. Mai, ich war fast am Ende eines Trainingsblocks, stand im Leichtathletikstadion in Winterthur und überlegte nach wenigen Minuten des Warm-ups, ob ich die Einheit abbrechen soll. Grund dafür waren leichte Schmerzen im linken Knie. Ich war versucht, die Einheit trotzdem zu machen – die Schmerzen waren nicht schlimm und außerdem war meine Woche bislang auf TrainingPeaks so wunderschön grün. Ich entschied mich fürs Abbrechen und auch wenn es sich in dem Moment wie eine kleine Niederlage angefühlt hat, war es im Nachhinein richtig. Am nächsten Tag war eine lange Grundlagenausfahrt auf dem Rad geplant, bevor ich am Sonntag dann in den Genuss eines kompletten Ruhetags kommen sollte. Ich bin losgefahren, aber nach wenigen Minuten habe ich das linke Knie wieder gespürt, nur leicht, aber nachdem ich das Risiko dem Nutzen der Einheit gegenübergestellt habe, kam ich zu folgendem Ergebnis: Vier Stunden Radfahren und bei jedem Tritt ein leichter Schmerz, ergeben hochgerechnet ziemlich viele „leichte Schmerzen“, die sich vielleicht dann zu einer Entzündung entwickeln.
Schmerzen einordnen
Mit den Jahren im Leistungssport und aus Erfahrungen vergangener Verletzungen habe ich gelernt, Schmerzen zu „kategorisieren“. Man entwickelt ein Gefühl, ob es ein muskulärer, knöcherner oder ein Entzündungsschmerz ist. Diese Einordnung ist natürlich nur ein Instinkt und keine ärztliche Diagnose, aber ich hatte ein ungutes Gefühl, dass sich eine der Sehnen am Kniegelenk entzündet. Also habe ich meinen Mann angerufen und mich einsammeln lassen – Mist! Sonntag machte ich keinen Sport und am Montag hoffte ich auf einen kleinen Neustart ohne Schmerzen, um die letzten intensiven Trainingseinheiten vor der Challenge St. Pölten zu absolvieren. Und tatsächlich ging es schon besser. Im Knie selbst hatte ich keine Schmerzen mehr, aber meine linke Oberschenkelmuskulatur war total verhärtet, während sich die rechte dank des Ruhetags gut angefühlt hat. Seltsam … Die nächsten Tage waren geprägt von Massageterminen und ausführlichem Dehnen und Rollen der Oberschenkelmuskulatur. Das hat kurzfristig auch geholfen, aber immer, wenn ich etwas intensiver Rad gefahren bin, glich der Oberschenkel einem Stein und ich musste die Einheit am nächsten Tag kürzen oder ganz streichen.
Ursachenforschung und Risiken abwägen
Warum ich auf der linken Seite so schnell verhärte und ich mich schlecht erhole, konnte ich mir auch nicht erklären. In den letzten Wochen hatte ich einiges verändert, zum Beispiel meine Sitzposition und neue Übungen im Krafttraining, aber so richtig erklären konnte ich es mir trotzdem nicht. Positiv war, dass ich mich in dieser Phase beim Schwimmen richtig gut gefühlt habe und ein paar mehr Kilometer als gewöhnlich geschwommen bin. Ich musste mir aber auch eingestehen, dass so ein Start in St. Pölten keinen Sinn macht und ich gegebenenfalls einen längeren Ausfall riskieren würde, wenn ich nicht die Ursache finde, warum meine linke Seite so schnell verhärtet. Schweren Herzens habe ich am 17. Mai abgesagt. Einen Tag später (typisch!) hatte ich wieder einen Massagetermin und erzählte meiner Physiotherapeutin Tamara, dass ich zusätzlich zum Oberschenkel auch meine linke Schulter sowie meinen Nacken merke. Tamara hat sich daraufhin meinen Rücken angeschaut und verschiedene Sachen gelockert und gelöst, die blockiert waren. Ich bin kein Fachmann, deshalb fällt es mir schwer, genau wiederzugeben, mit welchem Handgriff sie das geschafft hat. Aber es hat funktioniert: Die Probleme waren weg, meine linke Seite hat sich schnell erholt und auch nach ersten intensiven Einheiten, hat sich die Muskulatur wieder normal regeneriert.
Signale ernst nehmen
Es ist natürlich schön, wenn sich Probleme so leicht beheben lassen. Aber ich glaube, ich bin auch deswegen mit einem blauen Auge davongekommen, weil ich vorsichtig war. Vor ein paar Jahren hätte ich mit Sicherheit die Bahneinheit durchgezogen und die leichten Schmerzen ignoriert, denn es fällt uns Sportlern meist nicht leicht, ein begonnenes Training abzubrechen. Manchmal braucht es Mut, um sich einzugestehen, dass etwas nicht gut ist. Vielleicht kennen einige von euch den Zwiespalt, in dem man sich ab und zu befindet: Tut es wirklich weh oder bilde ich mir das nur ein, um vielleicht eine Ausrede zu haben, das Training nicht machen zu „müssen“? Ich habe mich schon oft darin befunden und im zweiten Fall muss man sich vor allem als leistungsorientierter Sportler auch durchbeißen, aber ich bin mir sicher, wenn ihr wirklich ehrlich zu euch seid und äußere Faktoren (wie in meinem Fall das grüne TrainingPeaks) außer Acht lasst, dann wisst ihr genau, was in dem Moment richtig für euch ist. Habt den Mut, eine Einheit abzubrechen, um Verletzungen frühzeitig entgegenzuwirken.