Freitag, 19. April 2024

Die Protagonisten des Ironman Hawaii 2022 im Athleten-Check

Der amtierende Olympia-Sieger und Ironman-Weltmeister

Frank Wechsel | spomedis

Kristian Blummenfelt (28, NOR) ist aktuell der Meister aller Klassen. Nachdem der amtierende Olympia-Sieger in St. George bei seinem ersten Ironman-WM-Start prompt den Sieg einfuhr, hat der Norweger in Kona die Titelverteidigung im Visier. Vorerst soll es bei einem Versuch auf den Hawaii-Sieg bleiben: Nach dem Rennen auf Big Island wird der Kurzdistanz-Weltmeister der Langdistanz zunächst den Rücken kehren und sich auf die Vorbereitung der Olympischen Spiele 2024 konzentrieren. Normalerweise gehört es zu den ungeschriebenen Hawaii-Gesetzen, dass ein Kona-Rookie das Rennen nicht gewinnen kann. Schaut man in die Historie, erkennt man schnell das Muster, dass viele der Sieger im Vorjahr bereits auf dem Podium gelandet sind. Einige prominente Beispiele: Sebastian Kienle landete vor seinem Hawaii-Sieg 2014 in den beiden Vorjahren auf den Rängen vier und zwei. Auch Jan Frodeno wurde ein Jahr vor seinem ersten WM-Sieg 2015 bei seinem Hawaii-Debüt zunächst Dritter. Das gleiche Szenario trat bei Patrick Lange ein, der 2017 zum ersten Mal Weltmeister wurde und 2016 zunächst auf dem Bronze-Rang einlief. Diese Beispiele zeigen, welchen hohen Stellenwert die Erfahrung im Kampf um die Kona-Krone hat. Klar ist aber auch: Wenn jemand dieses Gesetz brechen kann, ist es Kristian Blummenfelt. 2021 gewann der 28-Jährige neben seinen beiden großen Titeln außerdem sein Ironman-Debüt in Rekordzeit von 7:21:12 Stunden beim Ironman Cozumel. Obwohl Blummenfelt bei seiner ersten Langdistanz kaum von der Konkurrenz gefordert wurde, lief er den abschließenden Marathon in der schwülen Hitze Mexikos in 2:35 Stunden – inklusive zwei kurzer Toiletten-Stopps. Die mögliche Annahme, dass es Blummenfelt aufgrund seiner stämmigen Körperstatur in der Hitze Hawaiis besonders schwer haben wird, wusste er mit seinem Tokio- und Cozumel-Sieg eindrucksvoll zu widerlegen.

In der St.-George-Vorbereitung absolvierte Blummenfelt neben dem gewohnt hohen Gesamtumfang eine Vielzahl von Schlüsseleinheiten, bei denen er bereits andeutete, dass er an einem guten Tag ohne externe Probleme oder besondere Vorkommnisse den nächsten WM-Titel zu seiner Sammlung hinzufügen kann. Blummenfelt trainierte in Vorbereitung auf die Ironman-WM mehrere Wochen in der Höhe der Sierra Nevada. Zweimal stand bei dem 28-Jährigen in der Vorbereitung eine siebenstündige Koppeleinheit auf dem Plan, bei der er zunächst fünf Stunden Rad fuhr und anschließend 32 Kilometer in etwa zwei Stunden lief. Neben diesen langen, rennspezifischen Simulationen lief der amtierende Olympia-Sieger mehr als eine Handvoll Bahneinheiten auf 2.300 Metern Höhe mit 28 bis 34 Kilometern Gesamtumfang. Genau wie Gustav Iden führte Blummenfelt einige seiner langen Radausfahrten von vier bis fünf Stunden während des Höhentrainingslagers indoor durch. Blummenfelts WM-Sieg in St. George zeigte eindrucksvoll, dass diese Vorbereitung Früchte getragen hat. Wie eine optimale Langdistanz-Vorbereitung aussieht, ist dem Norweger aus dem Frühjahr also bestens bekannt.

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In St. George erwischte Blummenfelt einen schwarzen Tag in der ersten Disziplin und verpasste die Spitzengruppe. Der Norweger wird in Kona wohl alles daran setzen, dieses Mal in der Führungsgruppe aufs Rad zu steigen. Sollte dies gelingen, ist es äußerst unwahrscheinlich, dass ihn jemand auf dem Rad entscheidend abschütteln kann. In einem direkten Laufduell gibt es wohl nur wenige Athleten, die ihn an einem guten Tag stoppen können, wenn alle zusammen den Marathon beginnen. Dazu gehören Gustav Iden, Patrick Lange und Lionel Sanders. Selbst wenn Blummenfelt einige Minuten Rückstand auf die Spitze haben sollte, besitzt er das Potenzial, diesen Abstand auf nahezu alle Konkurrenten zuzulaufen. Für den amtierenden Ironman-Weltmeister wird es deshalb primär darum gehen, dass er die Verpflegung und Kühlung optimal umgesetzt bekommt, damit er sich nicht selbst um einen möglichen Sieg bringt.

Der zweifache Ironman-Vize-Weltmeister

Getty Images for Ironman

Lionel Sanders (34, CAN) hatte in den vergangenen Jahren so seine Probleme mit der Ironman-WM auf Big Island. Nach seinem starken Hawaii-Rennen 2017, bei dem er am Ende auf Platz zwei landete und den Wettkampf bis Kilometer 35 beim Laufen angeführt hatte, bekam er kein gutes Ergebnis in Kona mehr zustande. 2018 wurde er 28., 2019 landete er auf Rang 22. In St. George erwischte Sanders ein nahezu perfektes Rennen. Mit einer starken Radfahrt und dem zweitschnellsten Marathon von 2:42:25 Stunden wurde der Kanadier zum zweiten Mal Ironman-Vize-Weltmeister. Der positive Trend auf der Langdistanz machte sich bereits in der vergangenen Saison bemerkbar. Bei seinen vier Langdistanzen im Rahmen des Tri Battle Royale, Ironman Kopenhagen, Ironman Chattanooga und dem Ironman Florida konnte man sehen, dass Sanders seine eigene Langdistanz-Formel so langsam herausbekommen hat. Dass es dem Kanadier im Hinblick auf einen möglichen WM-Sieg nicht an den physischen Voraussetzungen mangelt, steht seit vielen Jahren außer Frage. Gescheitert sind seine Rennen auf Hawaii aus anderen Gründen: Insbesondere die Verpflegung, sowohl energetisch als auch der Flüssigkeitshaushalt, machte Sanders auf der Langdistanz mehrmals einen Strich durch die Rechnung. Es ist davon auszugehen, dass sich Sanders‘ Coach Mikal Iden vor dem diesjährigen WM-Rennen auch diesen entscheidenden Punkten ausführlich gewidmet hat.

Für den 24-fachen Ironman-70.3-Sieger wird es auch bei seinem sechsten Kona-Start einmal mehr darum gehen, den Rückstand beim Schwimmen möglichst gering zu halten. Bei einem starken Schwimmen der zweiten Verfolgergruppe scheint es auf der Radstrecke möglich, dass Sanders zusammen mit Wurf, Kienle und Dreitz den Rückstand von etwa drei bis fünf Minuten auf die Spitze aufholen kann. Als Sanders 2017 auf dem Rad eine erfolgreiche Aufholjagd gelang, absolvierte er die 180 Kilometer mit einer Durchschnittsleistung von 310 Watt. Angesichts der starken Radfahrer in der Spitzengruppe wird es dieses Mal wohl allerdings schwieriger als je zuvor, den Anschluss auf dem Rad herzustellen. Einen Vorgeschmack darauf bekamen sowohl Sanders als auch alle anderen Überbiker bereits in St. George. Dass der vierfache Ironman-Sieger nach einer derartigen Radperformance noch in der Lage ist, einen schnellen Marathon zu laufen, bewies er zuletzt nicht nur in St. George: Im direkten Laufduell mit Gustav Iden zog Sanders beim Ironman Florida 2021 ab Kilometer 32 zwar den Kürzeren, lieferte mit einer Zeit von 2:40:42 Stunden dennoch eine sehr starke Laufleistung ab. Mitentscheidend wird die Frage sein, ob der Kanadier den Marathon hinter oder mit seinen direkten Konkurrenten startet. Im Gegensatz zu den radstarken Athleten aus der ersten Verfolgergruppe wie Magnus Ditlev oder möglicherweise sogar Gustav Iden und Kristian Blummenfelt, werden Sanders und seine Mitstreiter es bei einer Aufholjagd noch einmal deutlich schwieriger haben.

Nach der negativen Erfahrung mit seinem ersten Höhentrainingslager in Flagstaff und dem darauffolgenden schwachen Rennen bei den PTO Canadian Open folgte nur wenige Tage später noch eine Corona-Infektion. Dass ihn beide Faktoren nicht langfristig zu beeinträchtigen scheinen, zeigte Sanders mit einem starken Auftritt beim Collins Cup, wo er sein Rennen gewann und die drittschnellste Tageszeit hinlegte. Angesichts der von dort an verbleibenden Vorbereitungszeit ist davon auszugehen, dass Sanders in absoluter Top-Form auf Hawaii am Start stehen wird. Geht der 34-Jährige mit oder nur kurz hinter seinen direkten Konkurrenten auf den Marathon, ist ihm mindestens das Podium, in einem perfekten Rennszenario vielleicht sogar der so lang ersehnte WM-Sieg zuzutrauen.

Der zweimalige Ironman-70.3-Weltmeister

Obwohl er bisher erst eine Langdistanz absolviert hat, geht Gustav Iden (26, NOR) als einer der großen Favoriten in seine erste Ironman-WM auf Hawaii. Im Mai verhinderte ein Infekt nur wenige Tage vor dem Rennen den Start des Norwegers bei der Weltmeisterschaft in Utah. Der zweifache Ironman-70.3-Weltmeister bewies beim Ironman Florida im vergangenen November auf Anhieb, dass er sein großes Mitteldistanz-Potenzial auch auf die Langdistanz übertragen kann. Besonders beachtlich war dabei die Marathonzeit von 2:34:51 Stunden, die der Olympia-Achte von Tokio bei seinem Ironman-Sieg hinlegte. Dass Iden in seinen Laufleistungen sehr stabil ist, zeigt sich anhand seiner Mitteldistanz-Rennen. Bisher hatte der 26-Jährige keinen „Ausrutscher“, was seine Laufzeiten angeht. Die Bestzeit des Norwegers in der dritten Disziplin auf der Mitteldistanz liegt bei 1:07:13 Stunden, was in einem schlüssigen Verhältnis zu seiner Marathonzeit aus Florida steht.

Für Iden stellt sich trotz seines Kurzdistanz-Hintergrunds die erste wichtige Frage im Hinblick auf die Renntaktik bereits beim Schwimmen. Sollten die absoluten Top-Schwimmer wie Smith oder Bækkegård das Tempo von Anfang an forcieren, könnte es bei einer kleinen Spitzengruppe gut sein, dass Iden nicht unbedingt dabei ist. Sollte sich Iden nach dem Schwimmen nicht direkt mit an der Spitze des Rennens wiederfinden, ist die große Frage, wie er taktisch reagiert. Möglich wäre, dass er direkt alles daran setzt, die kleine Lücke möglichst schnell zu schließen. Denkbar wäre aber auch, dass er zunächst mit etwas Rückstand sein eigenes Rennen macht und das Ganze etwas defensiver angeht. Da Iden zu den Athleten mit der stärksten Rad-Lauf-Kombination gehört und zusammen mit Kristian Blummenfelt das größte Laufpotenzial im gesamten Feld besitzt, wird er wohl nicht bereit sein, in der ersten Hälfte des Rennens allzu viel zu riskieren. Schafft es der Norweger, sein eigenes Rennen kontrolliert durchzuziehen, wird er entweder mit an der Spitze beim Radfahren oder nur kurz dahinter in die Laufschuhe wechseln. Kommt der 26-Jährige dabei über die Radstrecke, ohne sich zu verzocken und bekommt bei seiner zweiten Langdistanz auch die Verpflegung gut in den Griff, wird er beim Marathon nur schwer zu stoppen sein. Angesichts seiner Körperstatur dürfte Iden mit den klimatischen Bedingungen in Kona besser zurechtkommen als so mancher von seinen Konkurrenten. Mit den Siegen bei The Championship, den PTO Canadian Open und einer starken Gesamtleistung beim Collins Cup bewies er zuletzt, dass er sich aktuell in starker Verfassung befindet. Wenn am Renntag alles zusammenläuft, könnte Gustav Iden definitiv das Kunststück gelingen, einen Hawaii-Sieg bei seinem ersten Start zu erringen.

Der Ironman-Weltmeister von 2017 und 2018

Patrick Lange Sieger Ironman Hawaii 2018
Frank Wechsel / spomedis

Patrick Lange (34, GER) gehört zu den Athleten, die mit den Hawaii-Bedingungen besonders gut zurechtkommen. Das wird insbesondere anhand von Langes Marathonzeiten bei seinen drei Finishs in Kona deutlich: 2:39:45 Stunden im Jahr 2016 (aktueller Laufstreckenrekord), 2:39:59 Stunden ein Jahr später und 2:41:31 Stunden bei seinem Sieg 2018. Der zweifache Ironman-Weltmeister von 2017 und 2018 verpasste im Frühjahr den Start bei der WM in St. George verletzungsbedingt aufgrund einer Schultereckgelenksprengung. Taktisch wird die Ausrichtung von Lange bei seinem fünften Hawaii-Start sehr eindeutig sein: Beim Schwimmen wird er alles daran setzen, um Anschluss an die Spitzengruppe halten zu können. 2019 bewies der 34-Jährige, dass er mit Athleten wie Jan Frodeno oder Josh Amberger durchaus mitschwimmen kann, wenn er einen guten Tag erwischt. Denn obwohl Lange in den vergangenen drei Jahren unter Coach Björn Geesmann deutliche Fortschritte in der zweiten Disziplin verzeichnen konnte, besitzt er nicht die Möglichkeit, um eine Lücke auf die Spitze zu schließen. Sollte er sich hingegen von Anfang an in der Führungsgruppe wiederfinden, könnte er von der Gruppendynamik enorm profitieren. Gleichzeitig könnte dies dazu führen, dass einige Athleten in dem Wissen um Langes Laufstärke ganz bewusst frühe Attacken fahren. Ein ähnliches Szenario entstand in Roth, als Lange der Attacke von Magnus Ditlev nicht folgen konnte und den Großteil der Radstrecke alleine absolvieren musste. Trotz dieser herausfordernden Ausgangslage absolvierte Lange den Marathon in 2:35:10 Stunden, über drei Minuten schneller als bei seinem Sieg im Vorjahr.

Für den zweifachen Weltmeister wird es auf Hawaii darum gehen, den Marathon mit möglichst wenig Rückstand zu beginnen. Siegchancen dürfte er sich angesichts der starken Konkurrenz nur ausrechnen können, wenn Athleten wie Kristian Blummenfelt, Gustav Iden oder Daniel Bækkegård nicht mit einem mehrminütigen Vorsprung auf die Laufstrecke gehen. Denn selbst wenn einige der Konkurrenten beim Marathon deutlich einbrechen, ist die Dichte an der Spitze vermutlich zu hoch, um es bei einem derartigen Szenario noch ganz nach vorn zu schaffen. Ist Lange hingegen in unmittelbarer Reichweite von zwei bis drei Minuten, könnte ihm seine Lauferfahrung auf Hawaii ein weiteres Mal von großem Nutzen sein. Denn auch die beiden Norweger müssen erst einmal unter Beweis stellen, dass sie den Marathon in Kona unter 2:40 Stunden laufen können. Legt Lange erneut eine Zeit von 2:39 Stunden hin, während seine direkte Konkurrenz im Bereich von 2:43 bis 2:44 Stunden bleibt, wäre sogar ein dritter WM-Titel denkbar. Ein Kandidat für das Podium ist Patrick Lange in jedem Fall. Ob er diese Chancen wahren kann, wird maßgeblich davon abhängen, wie sein Rennen bis zur zweiten Wechselzone verläuft.

Der radstarke Rookie und Roth-Sieger

Peter Jacob / spomedis

Magnus Ditlev (24, DEN) feierte dieses Jahr einen phänomenalen Einstand auf der Langdistanz. Beim Ironman Texas unterlag der junge Däne im Endsprint um den Sieg knapp Ben Hoffman, obwohl er zuvor einen Platten auf der Radstrecke hinnehmen musste. Dass der 24-Jährige zu den besten Radfahrern im Triathlon gehört, ist mittlerweile kein Geheimnis mehr. Überraschender hingegen war, dass Ditlev in Texas auf Anhieb den Marathon in 2:40:56 Stunden absolvierte. Auf dieses starke Debüt folgte nur zweieinhalb Monate später der größte Erfolg Ditlevs bisheriger Karriere. Er gewann die Challenge Roth in einer Endzeit von 7:35:48 Stunden und verdrängte dabei Patrick Lange auf Platz zwei. Im Rennen bewies er einmal mehr seine außergewöhnlichen Fähigkeiten auf dem Rad. Um die Lücke zu Jan Frodeno nach dem Schwimmen so schnell wie möglich zu schließen, fuhr er die erste halbe Stunde mit 400 Watt. Eine Leistung, die viele Profis nicht einmal außerhalb einer Langdistanz im ausgeruhten Zustand erbringen können. Diese Leistungsfähigkeit ermöglicht Ditlev auf dem Rad taktische Möglichkeiten, wie sie nur wenige Athleten besitzen.

Das könnte in Kona von entscheidender Bedeutung sein: Bei seinem Hawaii-Debüt ist davon auszugehen, dass Ditlev den Sprung in die Spitzengruppe beim Schwimmen verpasst. Der Däne wird sich vermutlich in der ersten größeren Verfolgergruppe wiederfinden und sich in einer ähnlichen Position befinden, wie es in Roth der Fall war. Bei etwa zwei Minuten Rückstand steht Ditlev vor der Entscheidung, ob er es wieder riskiert, die Lücke nach vorn unter allen Umständen so schnell wie möglich zu schließen. Die Tatsache, dass Ditlev in Roth den Marathon in beachtlichen 2:40:22 Stunden gelaufen ist, zeigt, dass er eine solche Aufholjagd ohne weitere Probleme verkraften kann. Ob ein solches Manöver aber auch unter Hawaii-Bedingungen spurlos an einem vorbeigeht, steht auf einem anderen Blatt. Im besten Fall kann Ditlev nicht nur auf der ersten Hälfte der Radstrecke zur Spitzengruppe aufschließen, sondern schwächt damit auch noch Konkurrenten, die ihm möglicherweise zunächst versuchen zu folgen. Für welche Platzierung es am Ende reichen kann, wird wohl sehr davon abhängen, wie Ditlev mit den äußeren Bedingungen, der Verpflegung und Kühlung zurechtkommt. Auf der Mitteldistanz gab es bereits Rennen, bei denen Ditlev in aussichtsreicher Position Krämpfe bekam und im Laufen deutlich zurückfiel. Kann der Däne sein Laufpotenzial jedoch umsetzen und kommt an der Spitze vom Rad, ist er definitiv ein Kandidat für die Top 5.

Der angriffslustige Drittplatzierte aus St. George

Getty Images for Ironman

Braden Currie (36, NZL) sorgte bei der Ironman-WM für überraschte Gesichter, als er alles auf Sieg setzte und das Rennen lange im Marathon anführte. Der Neuseeländer lief die erste Hälfte in 1:19 Stunden und damit genauso schnell wie der spätere Sieger Kristian Blummenfelt. Obwohl der dritte Platz für Currie das bisher beste Ergebnis seiner Karriere darstellt, bewertete der 36-Jährige das Resultat mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Currie wurde auf den letzten fünf Kilometern deutlich langsamer und nur wenige hundert Meter vor dem Ziel noch von Lionel Sanders übersprintet. Auch auf Hawaii sollte man den Neuseeländer im Kampf um die Top-Platzierungen wieder auf dem Zettel haben. Currie ist ein starker Schwimmer und besitzt das Potenzial, sich auch in Kona wieder in der Spitzengruppe zu positionieren. Außerdem bewies Currie bereits, dass er den abschließenden Marathon unter 2:40 Stunden laufen kann. Beim Ironman Cairns verdrängte er vor vier Jahren im direkten Laufduell Javier Gomez auf Platz zwei. Auf dem Rad gehört der vierfache Ironman-Sieger zwar nicht zu den Ausnahmeathleten, bekommt an einem guten Tag allerdings auch nicht allzu viel Zeit aufgebrummt. In St. George stellte er unter Beweis, dass er durchaus in der Lage ist, die Spitzengruppe zu halten, wenn er sich von Anfang an in ihr befindet. Diese Flexibilität in der Renngestaltung und Taktik könnte Currie auch auf Hawaii sehr helfen.

Man kann davon ausgehen, dass er wieder bereit sein wird, sehr viel zu riskieren, um ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen. Das birgt allerdings insbesondere auf Hawaii die Gefahr, dass der Neuseeländer am Ende zu den Athleten gehört, die ihrer risikoreichen Renngestaltung Tribut zollen müssen. Gelingt Currie der Sprung in die Führungsgruppe, ist davon auszugehen, dass er zunächst alles daran setzt, den Anschluss so lange wie möglich zu halten. Wie Currie über die Radstrecke kommt, wird wohl darüber entscheiden, für welches Resultat es am Ende reicht. 2019 belegte er auf Hawaii Platz sieben, 2018 wurde er Fünfter. Bei einem günstigen Rennverlauf mit starker Laufleistung am Ende ist dem Neuseeländer sogar zuzutrauen, dass er seinen fünften Platz aus 2018 noch einmal verbessern kann.

Das offensive „Danish Dynamite“

Daniel Bækkegård (26, DEN) gehört zu den jüngsten Athleten im Feld und ist zum zweiten Mal auf Hawaii am Start. In St. George hielt sich der Däne beim Schwimmen und Radfahren in der Spitzengruppe auf, konnte sein Laufpotenzial im Marathon allerdings nicht komplett abrufen und musste sich am Ende mit Platz sieben zufriedengeben. Auf Hawaii wird der Däne das Podium fest im Blick haben und gehört aufgrund seines Athletenprofils zum Kreis der Favoriten. Der Grund dafür ist die Ausgeglichenheit des 26-Jährigen. Bækkegård besitzt keine Schwäche und ist im Normalfall aufgrund seiner starken Schwimm- und Radform ein sicherer Kandidat für die Spitze in der zweiten Wechselzone. Es ist davon auszugehen, dass er im Wasser entweder selbst fürs Tempo sorgt oder zumindest ganz vorn mit Josh Amberger, Sam Appleton, Kyle Smith und einigen weiteren Athleten in die erste Wechselzone kommt. Selbst wenn man sich auf dem Rad für eine aggressive Taktik entscheidet, ist Bækkegård nur schwer abzuschütteln. In zahlreichen stark besetzten Rennen lieferte er sogar bereits die schnellste Radzeit des Tages ab. Dadurch, dass er von Beginn an der Spitze des Rennens sein wird, kann er taktisch auf mögliche Attacken deutlich besser reagieren als jene Athleten, die mit einigen Minuten Rückstand gar nicht mitbekommen, was an der Spitze des Rennens vor sich geht.

Das größte Fragezeichen im Hinblick auf die mögliche Gesamtplatzierung steht hinter dem Laufen. Wenn der Däne den Sprung aufs Podium schaffen will, wird eine deutlich bessere Laufleistung als in St. George (2:54:49 Stunden) nötig sein. Beim Ironman Tulsa 2021, bei dem Bækkegård Dritter wurde, lief er den Marathon in 2:44 Stunden. Auch Halbmarathonzeiten von 1:09 und 1:10 Stunden bei seinen Ironman-70.3-Rennen zeigen, dass er beste Voraussetzungen für einen schnelleren Marathon mitbringt. Nichtsdestotrotz wird es eine große Herausforderung, dieses Potenzial unter Hawaii-Bedingungen und auf den Punkt genau abzurufen. Seine starke Form stellte der 26-Jährige zuletzt unter Beweis, als er die Ironman-70.3-EM in seiner Heimat erstmals für sich entschied und auch sein Rennen im Rahmen des Collins Cups gegen Braden Currie und Chris Leiferman deutlich gewann. Kommt Bækkegård an der Spitze in die zweite Wechselzone und kann sein volles Laufpotenzial abrufen, ist eine Podiumsplatzierung in unmittelbarer Reichweite.

Mr. Sub 8

Selbst der anspruchsvolle Kurs bei der Ironman-WM in St. George konnte Florian Angerts (30, GER) beachtliche Langdistanz-Historie nicht ins Wanken bringen. Der 30-Jährige kann von sich etwas behaupten, das nur wenig andere Athleten sagen können: Bei allen seinen vier absolvierten Langdistanzen blieb er unter der magischen Acht-Stunden-Marke. Angerts große Stärke ist seine Ausgeglichenheit und die Tatsache, dass er keine wirklich schwache Disziplin hat. Der Top-Schwimmer kommt im Normalfall ganz vorn mit aus dem Wasser und wird wohl bei seiner Hawaii-Premiere alles daran setzen, es in die Spitzengruppe zu schaffen. Der Rennverlauf in St. George hat gezeigt, wie entscheidend diese Position sein kann. Dort stieg Angert in der siebenköpfigen Spitzengruppe vom Rad und sicherte sich bei seinem WM-Debüt mit einem soliden Marathon den fünften Platz. Eine mögliche Radgruppe mit einigen Top-Favoriten zu halten, dürfte für Angert deutlich leichter sein als eine Aufholjagd, falls er den Anschluss knapp verpassen sollte. Auf dem Rad gehört Angert zu den guten, aber nicht außergewöhnlich starken Radfahrern. Beim Ironman Mallorca 2021, wo er am Ende Platz zwei belegte, verlor er beispielsweise knapp sieben Minuten auf Cameron Wurf, der den schnellsten Radsplit des Tages hinlegte. Boris Stein fuhr im gleichen Rennen zweieinhalb Minuten schneller.

Ähnlich lässt sich auch Angerts Leistungsprofil im Laufen beschreiben: Der Ironman-Barcelona-Sieger von 2019 ist als guter Läufer einzuschätzen, der sich etwas hinter den absoluten Top-Läufern im Feld einreiht. Auf Mallorca absolvierte er seinen bisher besten Marathon: Die Zeit von 2:43:46 Stunden war der schnellste Laufsplit des Tages. Beim Ironman Tulsa lief Angert 2:50:15 Stunden, bei seinem Barcelona-Sieg vor drei Jahren benötigte er 2:48:55 Stunden für den Marathon. Auf dem profilierten Laufkurs in Utah erzielte er eine Laufzeit von 2:52:42 Stunden. Seine Ausgeglichenheit demonstrierte Angert zuletzt mit Rang fünf bei den PTO US Open und dem zweiten Platz bei der ITU-Langdistanz-WM in Šamorín, wo er sich nur Kurzdistanzler Pierre Le Corre geschlagen geben musste. Spannend wird sein, wie der 30-Jährige bei seinem ersten Start in Kona mit den besonderen Bedingungen des Rennens zurechtkommen wird. Kann sich Angert beim Schwimmen in der Spitzengruppe positionieren und kommt über die Radstrecke, ohne entscheidende Körner fürs Laufen lassen zu müssen, ist ihm mit einem soliden Marathon durchaus wieder der Sprung in die Top 5 zuzutrauen.

Der unscheinbare US-Amerikaner

Frank Wechsel / spomedis

Kaum jemand im Startfeld ist so erfahren und routiniert wie Ben Hoffman (39, USA). Der US-Amerikaner ist bereits zum zehnten Mal auf Hawaii dabei und damit der Profi mit den meisten Kona-Starts im Männerfeld. Sein bestes Resultat auf Big Island erzielte Hoffman 2014, als er hinter Sebastian Kienle auf Rang zwei landete. 2016 und 2019 wurde der heute 39-Jährige jeweils Vierter. Nach einem spannenden Duell mit Magnus Ditlev entschied Hoffman den Ironman Texas 2022 im Endsprint für sich und gewann damit sein achtes Ironman-Rennen. Nur zwei Wochen später belegte er bei der Ironman-WM in St. George Rang zehn. Hoffman gehört zu den Athleten, die auf der Langdistanz deutlich besser performen als auf der Mitteldistanz. Sein Leistungsprofil ist sehr ausgeglichen, wobei das Laufen als Hoffmans stärkste Disziplin eingestuft werden kann. Selbst bei seinen Topergebnissen auf Hawaii war er bis zur späten Phase im Marathon oft kaum präsent und bestritt seinen Wettkampf bis zur letzten Rennstunde häufig unter dem Radar. Seine besten Ergebnisse in Kona erzielte er stets mit einer Aufholjagd, indem er einen schnellen Marathon lief, als andere Konkurrenten vor ihm auf der zweiten Hälfte der Laufstrecke langsamer wurden. Auch den Marathon in Texas absolvierte er in einer beachtlichen Zeit von 2:40:19 Stunden. Beim Schwimmen wird Hoffman die Spitzengruppe wohl verpassen. Für ihn wird es darum gehen, den Abstand auf dem Rad möglichst gering zu halten und beim Laufen noch möglichst viele vor ihm liegende Athleten zu überholen. Wie weit Hoffman in der abschließenden Disziplin noch nach vorne kommen kann, wird sehr von der Renndynamik auf dem Rad abhängen. Ruft der US-Amerikaner sein Potenzial auf den Punkt ab, ist er auf jeden Fall wieder ein Kandidat für die Top 5.

Der sich verabschiedende Ironman-Weltmeister

Ironman Hawaii 2014 - Laufen - 21

Für Sebastian Kienle (38, GER) wird der neunte Hawaii-Start in seiner Karriere der letzte sein. Vor dem Ende seiner langen Profikarriere will Kienle im kommenden Jahr noch einige „Bucket-List-Rennen“ absolvieren, eine weitere WM-Teilnahme gehört allerdings nicht dazu. Vor seinem Abschiedsrennen von Big Island kann der 38-Jährige, der 2012 erstmals in Kona gestartet ist, auf eine beachtliche Statistik zurückblicken: 2014 wurde er Weltmeister, 2016 Zweiter, 2013 und 2019 Dritter, 2012 und 2017 Vierter und 2015 landete er auf Rang acht. Lediglich 2018 musste er das Rennen aufgrund von Schmerzen in der Achillessehne vorzeitig abbrechen. Während dieser Saison musste der zweifache Ironman-70.3-Weltmeister immer wieder Rückschläge hinnehmen. Im Anschluss an seine Covid-Erkrankung sagte er seinen Roth-Start ab und hatte zwischendurch mit kleineren Verletzungsproblemen zu kämpfen. Auch das WM-Rennen in St. George endete mit Platz 14 nicht wie zuvor erhofft. Die zweite Saisonhälfte deutet allerdings auf eine ansteigende Formkurve des Weltmeisters von 2014 hin. Bei den PTO Canadian Open erzielte Kienle neben Gesamtplatz zwölf die viertschnellste Laufzeit in dem sehr stark besetzten Feld.

Auch seine Rad-Lauf-Kombination beim Ironman 70.3 Zell am See, bei dem er schließlich auf Rang fünf einlief und den Halbmarathon in 1:11:44 Stunden absolvierte, verdeutlicht diesen Trend. Die Schwierigkeit im Kampf um die Podiumsplatzierungen bei großen Rennen ist für Kienle altbekannt: Bei der zunehmenden Leistungsdichte im Schwimmen in den vergangenen Jahren wird es selbst mit einer außergewöhnlich starken Rad-Lauf-Kombination immer schwerer, es nach einem Rückstand von mehreren Minuten noch nach ganz vorne schaffen zu können. Zu stark ist mittlerweile die Rad- und Laufleistung von zahlreichen Athleten, die bereits nach der ersten Disziplinen einen großen Vorsprung haben. Bereits in St. George deutete sich an, dass die „Überbiker“ es auf den 180 Kilometern nicht mehr unbedingt schaffen, die Spitzengruppe vor T2 einzuholen. Ein Umstand, den Kienle in den meisten Jahren auf Hawaii auf der sicheren Seite hatte. Auch auf Hawaii scheint denkbar, dass einige Athleten in der Führungsgruppe viel investieren werden, um die Verfolger bis zum Laufen auf Abstand zu halten. Sollte Kienle auf dem Rad nicht aufschließen können, würde dies den Kampf um eine Top-5-Platzierung wesentlich schwieriger machen. Die jüngsten Laufleistungen zeigen allerdings, dass der 38-Jährige im Marathon durchaus in der Lage ist, noch einiges an Boden gutzumachen. Hinzu kommt Kienles enorme Hawaii-Erfahrung, die im Hinblick auf die Renngestaltung, das Pacing und Risikomanagement sicherlich von Nutzen sein kann.

Mit Athleten wie Lionel Sanders, Cameron Wurf, Joe Skipper und Andreas Dreitz wird Kienle nach dem Schwimmen wohl wieder weitere extrem starke Radfahrer an seiner Seite haben, die das gleiche Ziel verfolgen. Wenn diese Verfolgergruppe tatsächlich bis zur zweiten Wechselzone die Spitze des Rennens erreichen sollte oder zumindest vorn dabei ist und den Rückstand im Bereich von wenigen Minuten halten kann, wird das Rennen deutlich offener sein. Sollte Kienle in der Lage sein, mit Wurf und Sanders über die Radstrecke zu kommen und im Anschluss sein gesamtes Laufpotenzial abrufen, ist eine Top-5-Platzierung sicherlich in Reichweite.

Der starke Bike-Runner aus Großbritannien

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Joe Skipper (34, GBR) sorgte zuletzt für ordentlich Diskussionsstoff. Der Brite teilte mit, dass er aufgrund der hohen Kosten für die Kona-Reise in diesem Jahr wohl nicht am Start sein wird und auf seinen Slot verzichten muss. Kurze Zeit später fand er offensichtlich doch eine Lösung und ließ durchblicken, dass er bei der WM dabei sein wird. Passend dazu bestätigte Skipper nur vier Wochen vor Hawaii mit seinem eindrucksvollen Sieg beim Ironman Wales, dass er am 8. Oktober zum Favoritenkreis gehört. Besonders der abschließende Marathon in 2:37:25 Stunden unterstrich dabei seine aktuell bestechende Form.

Skipper landete beim Ironman Hawaii 2019 auf Platz sechs und erzielte damit sein bisher bestes Resultat auf Big Island. Der fünffache Ironman-Sieger ist für seine außergewöhnliche Rad-Lauf-Kombination bekannt. Skipper performt auf der Langdistanz erheblich besser als auf der Mitteldistanz und ist im Laufe der Jahre als Vielstarter bekannt geworden, der bis zu fünf Langdistanzen in einer Saison absolviert. Den geplanten Start bei der WM in St. George verpasste der 34-Jährige kurzfristig aufgrund einer Corona-Infektion. In seiner Hawaii-Vorbereitung absolvierte Skipper zuletzt ein vierwöchiges Höhentrainingslager im französischen Font-Romeu. Laut eigener Aussage seien dies die besten vier Trainingswochen gewesen, die er je absolviert habe. Skippers Rennergebnisse aus den vergangenen Jahren zeigen, dass ihm in der zweiten und dritten Disziplin kaum jemand etwas vormacht: Bereits 2016 absolvierte er den Marathon bei der Challenge Roth in 2:38:52 Stunden, hinzu kommen zwei Langdistanz-Laufzeiten von 2:39 Stunden. Die 180 Radkilometer absolvierte Skipper bereits etliche Male mit einer Durchschnittsleistung von über 300 Watt.

Für den Briten wird die erste Vorentscheidung im Schwimmen fallen. Im Normalfall ist davon auszugehen, dass er sich in der zweiten großen Verfolgergruppe mit Athleten wie Lionel Sanders, Cameron Wurf und Sebastian Kienle wiederfindet. Wie eine mögliche Allianz der Überbiker über die Radstrecke kommt, wird darüber entscheiden, wie weit es für Skipper mit einer starken Laufleistung noch nach vorne reichen kann. Bei seinem sechsten Platz 2019 erzielte Skipper eine Marathonzeit von 2:53:30 Stunden, seine bisher beste Laufleistung in Kona. Angesichts der weiteren Laufergebnisse ist davon auszugehen, dass er die dritte Disziplin noch einige Minuten schneller absolvieren kann. Sollte Skipper sein volles Laufpotenzial auch unter Hawaii-Bedingungen abrufen können und hat er nach dem Radfahren keinen allzu großen Rückstand, stehen die Chancen gut, dass es auf Big Island erstmals für eine Top-5-Platzierung reicht.

Der Kona-Rookie aus der Frodeno-Schule

Kyle Smith (25, NZL) ist nach seinem Ironman-WM-Debüt in St. George nun zum ersten Mal auf Big Island am Start. Der Neuseeländer ist der drittjüngste Teilnehmer im Profifeld hinter Sam Laidlow und Magnus Ditlev. Es ist davon auszugehen, dass der 25-Jährige wie so oft eine offensive Taktik wählt und das Rennen von Beginn an mitgestalten wird. Smith gilt als sehr starker Schwimmer und Radfahrer, der im vergangenen Jahr bei mehreren Mitteldistanz-Rennen etwas daran setzte, seine Konkurrenz auf dem Rad zu distanzieren. Aller Voraussicht nach wird Smith auf Hawaii zur Spitzengruppe beim Schwimmen gehören und könnte dafür sorgen, dass es einen ähnlichen Rennverlauf gibt wie schon in St. George. Dort hielt sich Smith die ganze Zeit in der Spitzengruppe beim Radfahren auf, musste der aggressiven Fahrweise aber beim Laufen am Ende Tribut zollen und landete schließlich auf Platz elf.

Im Gegensatz zu den Top-Favoriten wäre es denkbar, dass Smith auch auf Hawaii beim Radfahren früh dazu bereit ist, viel zu riskieren, um eine Lücke zu reißen. Der Umstand, dass sich in der Führungsgruppe wohl unter anderem Athleten wie Daniel Bækkegård oder Sam Laidlow befinden werden, macht es allerdings unwahrscheinlich, dass Smith ein Ausreißversuch gelingen kann. Selbst wenn der Hawaii-Rookie nicht wegkommen sollte, könnte seine aggressive Taktik dazu beitragen, andere unter Druck zu setzen und das Rennen an der Spitze erneut von Beginn an schnell zu machen. Was Smith auf der Langdistanz nach wie vor am meisten fehlt, ist Routine. Insbesondere unter Hawaii-Bedingungen kann die Erfahrung einen entscheidenden Unterschied machen.

Wertvolle Tipps für den richtigen Umgang damit dürfte Smith in diesem Jahr genug bekommen haben: In seiner Wahlheimat Girona trainierte der ehemalige Kurzdistanzler regelmäßig mit niemand Geringerem als Jan Frodeno zusammen. In der St.-George-Vorbereitung absolvierten sie gemeinsam ein dreiwöchiges Höhentrainingslager in Andorra, bevor Frodeno seinen Start aufgrund einer Achillessehnen-Verletzung absagen musste. Durch Frodenos Radsturz mit darauffolgender Kona-Absage musste Smith in seiner unmittelbaren Hawaii-Vorbereitung auf gemeinsame Einheiten mit seinem Mentor verzichten. Das Potenzial des 25-Jährigen ist groß. Am Ende wird es darauf ankommen, wie er bei seinem ersten Start mit den Besonderheiten auf Big Island zurechtkommen wird und wie risikoreich er sein Rennen bestreitet. Gelingt es Smith erneut, bis zur zweiten Wechselzone in der Spitzengruppe dabei zu bleiben und sein volles Potenzial beim Marathon abzurufen, stehen die Vorzeichen gut, dass er seinen elften Platz aus St. George deutlich verbessert.

Der dreifache Ironman-Switzerland-Sieger

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Jan van Berkel (36, SUI) hat in den vergangenen Jahren einen steilen Leistungssprung auf der Langdistanz hingelegt. Unter Trainer Dan Plews optimierte der Schweizer am Anfang der Zusammenarbeit nicht nur das Training, sondern auch die Ernährung und ist seitdem einer der wenigen Weltklasse-Triathleten, die sich nach dem „LCHF-Prinzip“ (Low Carb, High Fat) ernähren. Ein durchaus umstrittener Ansatz, der für van Berkel allerdings wohl kaum besser hätte funktionieren können. 2018, 2019 und 2021 gewann der Schweizer sein Heimrennen beim Ironman Switzerland, fuhr beim Ironman Hawaii 2019 mit Platz elf sein bisher bestes WM-Ergebnis ein und landete im vergangenen Jahr beim Ironman Tulsa hinter Patrick Lange auf Rang zwei. Besonders beachtlich waren dabei van Berkels Laufleistungen: Beim Ironman Switzerland 2021 lief er den Marathon in 2:37:41 Stunden, in Tulsa in 2:39:04 Stunden. In dieser Saison lief es für van Berkel bisher nur durchwachsen. Auf ein DNF beim Saisoneinstieg im Rahmen des Ironman 70.3 Dubai folgte ein schwarzer Tag bei der Ironman-WM in St. George, der mit Platz 23 endete. Ein Resultat, von dem der Schweizer äußerst enttäuscht war. Selbstvertrauen konnte der 36-Jährige zuletzt tanken, als er den Inferno Triathlon als Trainingswettkampf im Rahmen seiner Hawaii-Vorbereitung mit einer Zeit von 9:09:25 Stunden gewann.

Um seine Laufstärke im Kampf um eine Top-Platzierung auf Hawaii voll ausspielen zu können, wird es für van Berkel in erster Linie darum gehen, auf dem Rad möglichst wenig Zeit auf seine direkten Konkurrenten zu verlieren. Mitentscheidend wird dabei sein, wo sich der Schweizer nach dem Schwimmen wiederfindet. Wahrscheinlich ist, dass der 36-Jährige in der ersten größeren Verfolgergruppe auf die Radstrecke geht. Um bei einem möglichen Überholmanöver der „Überbiker“ Sanders, Wurf, Kienle, Skipper und Dreitz mitzufahren, fehlt van Berkel vermutlich die Radstärke. Je nachdem, wie weit die direkte Konkurrenz beim zweiten Wechsel entfernt ist, ist es allerdings durchaus denkbar, dass van Berkel mit einem starken Marathon in die Top 10 läuft und somit sein bisher bestes Hawaii-Resultat erzielt.

Der WM-Vierte aus St. George

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Chris Leiferman (36, USA) ist vierfacher Ironman-Sieger und zeichnet sich vor allem durch seine solide Rad-Lauf-Kombination aus. Leiferman gehört zu den Athleten, die auf der Langdistanz deutlich stärker einzuschätzen sind als auf der Mitteldistanz. 2019 erzielte der US-Amerikaner den zehnten Rang bei seinem Hawaii-Debüt. Beim diesjährigen WM-Rennen in St. George lief der 36-Jährige mit der viertschnellsten Laufzeit des Tages von 2:44:25 Stunden im Marathon noch auf Platz vier vor. Beim Radfahren legte Leiferman zuvor eine für ihn außergewöhnlich starke Performance hin, bei der er sich aufgrund der aggressiven Fahrweise der Konkurrenz dazu hinreißen ließ, deutlich über seinen Verhältnissen zu fahren. Dieser Tanz auf der Rasierklinge endete angesichts des schnellen Laufsplits zugunsten von Leiferman. Voraussichtlich wird der US-Amerikaner auch auf Hawaii wieder Risikomanagement betreiben müssen und vor der erneuten Entscheidung stehen, ob er sich Athleten wie Wurf, Sanders, Kienle, Skipper oder Dreitz auf dem Rad anschließt oder sie fahren lässt. Denn das radstarke Quartett gehört unter anderem zu den Konkurrenten, die im Normalfall ebenfalls in der zweiten großen Verfolgergruppe beim Schwimmen zu finden sind.

Gelingt es Leiferman, sich in dieser Gruppe klug zu positionieren und möglichst lang mitzufahren, könnte ihm diese Renndynamik im Hinblick auf eine erneute Aufholjagd im Marathon sehr in die Karten spielen. Die äußeren Bedingungen auf Hawaii birgen allerdings die Gefahr, dass eine risikofreudige Renngestaltung auf dem Rad später im Marathon bestraft wird. Setzt Leiferman seine Rad-Lauf-Fähigkeiten so klug ein wie in St. George, besitzt er definitiv die Fähigkeiten, noch einige Athleten aus der Spitzengruppe beim Laufen abzufangen. Je nachdem, wie viel Rückstand der vierfache Ironman-Sieger in T2 auf seine direkten Konkurrenten hat, ist ihm zuzutrauen, dass er seine Top-10-Platzierung aus 2019 noch um einige Ränge verbessert.

Der unterschätzte Franzose

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Léon Chevalier (26, FRA) gehört zu den jüngsten Startern im Männerfeld. Der Franzose, der erst seit 2021 auf der Langdistanz aktiv ist, ließ sein großes Talent unmittelbar bei der ersten Ironman-WM-Teilnahme in St. George durchblicken. Dort überraschte Chevalier mit Platz sechs und bestätigte damit seine Erfolge aus dem Vorjahr, wo er den Ironman Mallorca mit Streckenrekord und die Langdistanz beim Embrunman für sich entschied. Neben seinem Top-Resultat aus St. George kann der 26-Jährige in dieser Saison den Sieg beim renommierten Alpe d’Huez und Platz zwei beim Ironman 70.3 Vichy vorweisen. Für Chevalier ist es der erste Hawaii-Start seiner Karriere. Die fehlende Erfahrung im Hinblick auf die Besonderheiten des Rennens wird eine zusätzliche Herausforderung darstellen, wenn es darum geht, während des Rennverlaufs taktische Entscheidungen zu fällen. Der Kona-Rookie gehört zu den Athleten, die sich während des Wettkampfs insbesondere mit einer starken Rad-Lauf-Kombination nach vorne arbeiten. In St. George erzielte Chevalier auf der anspruchsvollen Laufstrecke mit einer Marathonzeit von 2:46:23 Stunden den sechstschnellsten Laufsplit.

Auf Hawaii ist davon auszugehen, dass sich der Youngster in der zweiten großen Verfolgergruppe beim Schwimmen wiederfindet. Bei der Ironman-WM im Mai kam der Franzose unter anderem zeitgleich mit Athleten wie Lionel Sanders, Sebastian Kienle, Cameron Wurf, Chris Leiferman und Ben Hoffman aus dem Wasser. Diese Namen zeigen: Chevalier wird voraussichtlich in bester Gesellschaft sein, wenn es darum geht, schnell über die Radstrecke zu kommen oder den Rückstand auf die Spitzengruppe sogar zu verkürzen. Ob oder wie lange er in der Lage sein wird, bei den „Überbikern“ mitzufahren und davon möglicherweise zu profitieren, muss er angesichts der Fahrweise seiner Konkurrenten wohl situativ entscheiden. Chevalier wird während der 180 Kilometer abwägen müssen, wie viel er auf dem Rad investieren kann, ohne sich seine abschließende Laufstärke kaputtzumachen. Gelingt dem Franzosen eine solide Radleistung und ein vergleichbarer Lauf wie in Utah, ist es absolut realistisch, dass er bei seinem Hawaii-Debüt wieder eine einstellige Platzierung erreicht.

Die möglichen Einflussnehmer

Frank Wechsel / spomedis

Abseits der zahlreichen Kandidaten für die Top-Platzierungen gibt es außerdem einige Athleten, die den Rennverlauf durch besondere Stärken in einer der Disziplinen entscheidend prägen könnten. Zu ihnen gehören Cameron Wurf (39, AUS), Josh Amberger (33, AUS), Sam Laidlow (23, FRA) und Matt Hanson (37, USA).

Cameron Wurf konnte den Ironman Hawaii bereits zuvor maßgeblich beeinflussen. 2018 stellte der Australier einen neuen Radstreckenrekord von 4:09:06 Stunden auf und führte das Rennen über zehn Kilometer beim Laufen an. Der Radprofi übernahm bei seinen bisherigen Hawaii-Starts 2017, 2018 und 2019 immer einen großen Teil der Führungsarbeit bei der Aufholjagd der Überbiker und erreichte bei seinen ersten beiden Kona-Starts jeweils als Erster die zweite Wechselzone. Das Ziel, die Spitzengruppe in der zweiten Disziplin einzuholen, wird Wurf auch dieses Jahr verfolgen. Die WM in St. George, bei der er den Anschluss nicht herstellen konnte, zeigte allerdings, wie schwierig das Vorhaben in diesem Jahr werden könnte. Wurf wird von Anfang an viel riskieren müssen, wenn er es auf die Führung nach dem Radfahren abgesehen hat. Sollte sich der ehemalige Ruderer für diese Taktik entscheiden, könnte dies sogar dazu führen, dass ihn die anderen starken Radfahrer wie Sanders, Kienle oder Dreitz direkt fahren lassen müssen. Diese Entscheidung traf Sanders angesichts der hohen Wattwerte bereits in St. George. Später schloss er jedoch wieder auf Wurf auf. Sollte Wurf noch weitere Athleten mit im Schlepptau haben, die er bis zur zweiten Wechselzone mit nach vorne fährt, würde dies die Chancen der direkten Konkurrenten deutlich verbessern. Will Wurf seinen fünften Platz aus 2019 verbessern, wird es ihm bei dem starken Starterfeld wohl gelingen müssen, als Erster vom Rad zu steigen. Ein Szenario, das angesichts der vor ihm liegenden starken Radfahrer wie Bækkegård, Blummenfelt und Iden nur äußerst schwer in die Tat umzusetzen sein wird. Wahrscheinlich hingegen ist, dass er erneut die Schlüsselrolle bei der Aufholjagd spielt. Alleine – oder mit Unterstützung.

Josh Amberger und Sam Laidlow gehören zu den stärksten Schwimmern im Feld. Der Australier kann eine beachtliche Statistik vorweisen: Amberger kam bei seinen drei Hawaii-Starts bisher immer als Erster aus dem Wasser. 2017 erreichte er nach 47:09 Minuten alleine die erste Wechselzone, 2018 und 2019 führte er die Spitzengruppe in T1. Auch in diesem Jahr ist davon auszugehen, dass Amberger ganz vorne mit fürs Tempo sorgt, um den Vorsprung auf die Verfolger so groß wie möglich zu gestalten. Ähnliches gilt für Sam Laidlow, der bei seinen Rennen oft eine offensive Taktik beim Schwimmen wählt und sich dabei gern zunächst an die Spitze des Feldes setzt. Wie aggressiv auf Hawaii angeschwommen wird und wer ganz bewusst zwischenzeitliche Attacken einstreut, wird darüber entscheiden, wie groß die Führungsgruppe am Ende tatsächlich sein wird. Da es einige Athleten gibt, die die Gruppe halten könnten, wenn sie sich erst einmal in ihr befinden, wird es wohl insbesondere auf dem ersten Viertel der Strecke zu mehrfachen Attacken und Tempoverschärfungen der Spitzenschwimmer kommen.

Jemand, auf den man ein besonderes Augenmerk beim Marathon richten sollte, ist Matt Hanson. Der US-Amerikaner gehört zu den schnellsten Läufern im Feld und stellte seine außergewöhnlichen Fähigkeiten in der dritten Disziplin bereits zahlreich auf der Mittel- und Langdistanz unter Beweis. Beim Ironman Texas 2018 absolvierte der 37-Jährige den Marathon in 2:34:39 Stunden. Auch in St. George zeigte der sechsfache Ironman-Sieger seine Laufqualitäten: Auf dem anspruchsvollen Kurs absolvierte er die Laufstrecke in 2:43:38 Stunden und erzielte damit die drittschnellste Laufzeit des Tages hinter Kristian Blummenfelt und Lionel Sanders. Trotzdem reichte es am Ende „nur“ für Rang 13. Hansons Problem ist meist, dass er mit zu viel Rückstand auf die direkte Konkurrenz auf die Laufstrecke geht. Beim Schwimmen wird das Ziel des US-Amerikaners die zweite große Verfolgergruppe sein. Die starken Radfahrer aus dieser Gruppe wird Hanson wohl ziehen lassen müssen. Kommt er trotzdem gut über die 180 Kilometer, kann den Rückstand möglichst gering halten und sein Laufpotenzial auf die Strecke bringen, könnte er mit einer langen Aufholjagd noch in die Top 10 laufen.

Die gefährlichen Rookies

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Weitere Hawaii-Rookies, die man im Auge behalten sollte, sind Rudy von Berg (28, USA), Sam Appleton (30, AUS) und Bradley Weiss (33, RSA).

Rudy von Berg konnte in den vergangenen Jahren der Mitteldistanz seinen Stempel aufdrücken. Bisher gewann der in Frankreich aufgewachsene US-Amerikaner acht Ironman-70.3-Rennen und belegte 2019 den dritten Platz bei der Ironman-70.3-WM. In seiner alten Heimat Nizza absolvierte der 28-Jährige in diesem Jahr seine erste Langdistanz beim Ironman France. Mit dem Sieg auf der schwierigen und profilierten Stecke gelang von Berg dabei auf Anhieb die WM-Qualifikation. Der ehemalige Kurzdistanzler ist ein sehr ausgeglichener Athlet, ob er auf Hawaii den Sprung in die Spitzengruppe beim Schwimmen schafft, ist allerdings fraglich. Taktisch könnte die Platzierung nach dem Schwimmen für den US-Amerikaner mitentscheidend sein. Von Berg wäre es auf dem Rad zuzutrauen, in der Führungsgruppe mitzufahren, aber nicht, die Lücke auf die Spitze zu schließen. Wie der Kona-Rookie die Verpflegung und Kühlung in den Griff bekommt, wird ebenfalls über seine Gesamtplatzierung entscheiden. Ruft er sein Potenzial beim Radfahren und Laufen ab, kann ihm der Sprung in die Top 10 gelingen.

Ein ähnliches Athletenprofil besitzt auch Sam Appleton. Der Australier zählte in den vergangenen Jahren zu den besten Mitteldistanz-Athleten und wagte 2019 den Sprung auf die Langdistanz. Appleton gilt seit jeher als starker Schwimmer und ist in Kona ein Kandidat für die Führungsgruppe. Egal ob Führungs- oder erste große Verfolgergruppe, auf dem Rad wird Appleton wohl zunächst in der Spitzengruppe mitfahren können. Er gehört allerdings zu den Kandidaten, die auf der zweiten Hälfte des Radfahrens oder bei Tempoverschärfungen Probleme kriegen könnten. Die größte Baustelle des Australiers auf der Langdistanz ist bisher das Laufen. Gemessen an seinen Mitteldistanz-Laufleistungen gelang Appleton noch kein vernünftiger Marathon bei seinen beiden Langdistanzen. Dort lief er 3:08:10 und 2:54:44 Stunden. Gelingt es Appleton, sein Laufpotenzial von der Mitteldistanz besser auf die Langdistanz zu übertragen, würde eine gute Ausgangslage nach dem Radfahren dazu führen, dass er um die Top 10 mitkämpfen kann.

Bradley Weiss ließ sein großes Langdistanz-Potenzial vor seinem ersten Start auf Big Island dieses Jahr bereits bei der Challenge Roth aufblitzen. Dort überzeugte der Südafrikaner mit einer starken Gesamtleistung, welche am Ende in Platz vier und einer Zeit von 7:53:56 Stunden mündete. Der 33-Jährige gehört ebenfalls zu den Athleten, die in allen Disziplinen auf einem hohen Niveau sind, aber keine eindeutige Stärke haben. Mitentscheidend für den Rennverlauf von Weiss wird sein, ob er die erste größere Verfolgergruppe beim Schwimmen erwischt oder sich in der zweiten wiederfindet. Mit seiner Marathonzeit von 2:44 Stunden in Roth hat er gezeigt, dass er zu den stärkeren Läufern im Feld gehört. Kommt er gut über die Radstrecke, wechselt in Reichweite zu vielen seiner direkten Konkurrenten in die Laufschuhe und kann dieses Potenzial auf den Punkt abrufen, ist auch für ihn der Kampf um die Top 10 möglich.

Die weiteren Deutschen

Frank Wechsel / spomedis

Neben Patrick Lange, Sebastian Kienle und Florian Angert sind für Deutschland auch Maurice Clavel (34) und Andreas Dreitz (33) auf Hawaii am Start.

Maurice Clavel geht zum dritten Mal bei der WM in Kona an den Start. 2018 wurde der 34-Jährige 19., 2019 landete er auf Rang 38. Bei seinen beiden bisherigen Hawaii-Starts schaffte Clavel den Sprung in die Spitzengruppe beim Schwimmen. Trotz der Besetzung an starken Schwimmern in diesem Jahr ist davon auszugehen, dass ihm dies wieder gelingt. Beim Radfahren setzte der Ironman-Südafrika-Sieger 2021 auf Hawaii bisher immer alles daran, möglichst lang mit in der Führungsgruppe zu sein. Diese offensive Renngestaltung in der ersten Hälfte des Wettkampfs hatte sowohl 2018 als auch 2019 zur Folge, dass Clavel dem hohen Tempo beim Laufen deutlich Tribut zollen musste. Dass der selbst ernannte „Krawallmacher“ durchaus in der Lage ist, einen schnellen Marathon zu laufen, bewies er bei seinem Südafrika-Sieg im vergangenen Jahr mit einer Zeit von 2:45:15 Stunden. Kann Clavel dieses Jahr ein paar Körner mehr auf dem Rad sparen und trotzdem lang vorn mit dabei sein, stehen die Chancen gut, dass er seinen 19. Platz aus 2018 deutlich verbessert.

Auch Andreas Dreitz ist zum dritten Mal auf Hawaii dabei. Bei seinem Kona-Debüt 2018 landete er auf Platz 13, 2019 beendete er das Rennen vorzeitig. Dieses Mal bekam der 33-Jährige eine Wildcard für die WM. Sein Zusammenstoß mit einem offiziellen Motorrad während der Weltmeisterschaft in St. George sorgte durch den lang gezogenen Genesungsprozess dafür, dass Dreitz keine Chance auf mögliche Qualirennen im Sommer hatte. Mit seinem achten Platz beim Formcheck im Rahmen des Ironman 70.3 Zell am See zeigte sich Dreitz angesichts der Verletzungspause sehr zufrieden. Die verbleibende Trainingszeit im Anschluss wird der Roth-Sieger von 2019 sicher genutzt haben, um die Formkurve noch weiter ansteigen zu lassen. Kommt der starke Radfahrer erneut mit der Gruppe um Sanders, Wurf und Kienle aus dem Wasser, wird er sich in der zweiten Wechselzone vermutlich in einer guten Position befinden. Schafft Dreitz es, nach seiner Paradedisziplin einen soliden Marathon zu laufen, ist eine Platzierung im Bereich der Top 15 oder Top 20 ein realistisches Ziel.

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5 Kommentare

  1. Die Leistungsdichte wird immer größer.
    Da ist kaum noch eine Vorhersage zu treffen. Ich glaube auch nicht, dass beide Norweger und Dietlev gut durchkommen. Da wird es den ein oder andere Kona Rookie erwischen.
    Zu schade, dass Jan Frodeno nicht dabei ist. Der hätte definitiv Würze in das Rennen gebracht und auch ein weiterer Sieg wäre möglich gewesen, sofern er sich mit Mitstreiten die Norweger auf dem Rad vom Leib hätte halten können.
    Man darf gespannt sein…

  2. Hallo Simon, danke für den ausführlichen und interessanten Artikel. Bis auf eine Ausnahme stimme ich dir soweit zu. Colin Chartier wurde nämlich komplett unter den Tisch gekehrt. Er ist definitiv einer der großen Mitfavoriten. Vor ein paar Wochen hat er das PTO Event in Dallas gewonnen. Er ist obendrein in der Trainingsgruppe mit Lionel Sanders und wird von Mikal Iden, dem Bruder von Gustav Iden, trainiert. Er bringt sogar Topleistungen auf dem Rad, obwohl er noch immer ein gebrauchtes Bike eines Agegroupers aus dem Jahr 2016 fährt.

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Simon Müller
Simon Müller
Simon Müller ist selbst als ambitionierter Athlet unterwegs. 2022 wurde er Deutscher Meister auf der Kurzdistanz, 2019 qualifizierte sich bei seinem ersten Ironman in Mexiko mit einem AK-Sieg in 8:45 Stunden für den Ironman Hawaii. In seiner Brust schlägt neben dem Triathleten- auch ganz besonders ein Läuferherz. Simons Bestzeite über 10 Kilometer liegt bei unglaublichen 30:29 Minuten.

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