Das Event „Escape From Alcatraz“ ist in diesem Jahr Schauplatz der San Francisco T100. Der reguläre Wettkampf findet am Sonntag statt und gilt als einer der anspruchsvollsten weltweit – jedoch nicht aufgrund der Distanzen.
„No one has ever escaped from Alcatraz, and no one ever will“ – so lautet ein Zitat des Filmklassikers „Escape From Alcatraz“ mit Clint Eastwood in der Hauptrolle. Was im Hinblick auf die Gefängnisinsassen stimmt, gilt nicht für die Triathletinnen und Triathleten, die jedes Jahr wohlbehalten am Strand von San Francisco ankommen, nachdem sie vor der Gefängnisinsel ins Wasser gesprungen sind. Zugegebenermaßen erfolgt die Flucht hier jedoch freiwillig beziehungsweise nicht mit einem vorangegangenen Gefängnisaufenthalt und ist mit geringeren Hürden verbunden. Dennoch ist das Rennen in der Triathlonszene mit einer besonderen Faszination verbunden und gilt als eines der anspruchsvollsten weltweit.
Kriminelle Streckenführung
Bereits vor dem Startschuss wird das Event zur Herausforderung für alle, die um Sprungtürme einen großen Bogen machen. Um 7:15 beginnt das Rennen mit einem Sprung aus etwa drei Metern Höhe von einer Fähre. Vor dem rund 13 Grad kalten Wasser darf man nicht zurückschrecken, denn das Startprozedere aller Teilnehmenden erfolgt innerhalb von nur acht Minuten. Im Wasser geht es schließlich 1,5 Meilen (knapp 2,5 Kilometer) durch die San Francisco Bay in Richtung Ufer. Möglicherweise leistet der eine oder andere Seelöwe Gesellschaft. Vom Schwimmausstieg bis zur ersten Wechselzone müssen etwa 700 Meter laufend zurückgelegt werden, optional mit Laufschuhen.
T1 befindet sich schließlich im Park Marina Green, danach geht es auf die knapp 30 Kilometer (18 Meilen) lange Radstrecke. Flachstücke gibt es dabei selten – es muss geklettert werden und auch die Abfahrten sollte man beherrschen. Teile des Kurses sind unter anderem der Lincoln Boulevard, der Seal Rock Drive, der Golden Gate Park und der John F. Kennedy Drive. Kennedy war es übrigens, der im Jahr 1963 die Schließung des Gefängnisses Alcatraz aufgrund des maroden Zustands angeordnet hatte. Mittlerweile kann es als Museum besichtigt werden.
Zum abschließenden Lauf über rund 13 Kilometer dürften die Beine bereits müde sein. Zwei saftige Anstiege sind zu bewältigen – der Anblick und die unmittelbare Nähe der Golden Gate Bridge dürften die Strapazen etwas entschädigen. Die Strecke verläuft teilweise durch Sand, das gefürchtete Highlight ist die Sand Ladder, die mit 400 Stufen auf eine Klippe führt. Beim Kurs des T100-Rennens fehlt sie.
Prominente Sieger
Escape From Alcatraz ist definitiv keine schnelle Strecke, zudem entsprechen die Strecken nicht denen der sonst üblichen Triathlondistanzen. Dennoch ist das prestigeträchtige Rennen bei Profis beliebt, die das Abenteuer suchen. Zu den bisherigen hochkarätigen Siegerinnen und Siegern gehören unter anderem Ashleigh Gentle, Ben Kanute, Emma Pallant-Browne (alle drei gehen beim T100-Rennen an den Start), Jackie Hering und Eric Lagerstrom.
Zahlen, Daten, Fakten
- Escape From Alcatraz gehört zu den etablierten Veranstaltungen im Triathlonkalender. Das Rennen besteht bereits seit mehr als 40 Jahren, jedes Jahr gehen rund 2.000 Teilnehmende an den Start. 2020 fiel das Event pandemiebedingt aus.
- Knapp 800 US-Dollar werden als Startgebühr fällig. Dennoch sind die Plätze heiß begehrt, sie werden per Losverfahren und anschließender Warteliste vergeben.
- 200 Personen umfasst das Team, das die Veranstaltung jedes Jahr organisiert. Der Aufbau des Eventgeländes dauert fünf Tage, elf Genehmigungsstellen müssen untereinander koordiniert werden.
- Das Schwimmen ist bei der Flucht von Alcatraz aufgrund der niedrigen Wassertemperatur und der Strömung nicht ungefährlich. Mehr als 100 Sicherheitsleute sind eingeteilt, um die Überwachung im Wasser zu gewährleisten.
- Auch am Streckenrand ist das Rennen einen Besuch wert. Rund 15.000 Zuschauer werden am Wochenende in Marina Green erwartet.
Alcatraz war zunächst ein Gefängnis des Militärs, 1933 wurde es zum Hochsicherheitsgefängnis umgebaut. Eine Flucht schien aufgrund der starken Strömung rund um die felsige Insel unmöglich. Von 1934 bis 1963 waren insgesamt rund 1.500 Personen inhaftiert, maximal gut 300 gleichzeitig. In diesen 29 Jahren gab es 14 Fluchtversuche von 34 Gefangenen – erfolgreich war niemand. Der Großteil wurde während der Flucht lebend gefasst, sechs Personen währenddessen erschossen. Fünf Flüchtige verschwanden spurlos, man vermutet, dass sie ertranken. Aus dem wohl berühmtesten Fluchtversuch wurde später der eingangs erwähnte Film „Escape From Alcatraz“, bei dem sich drei Häftlinge mit einem Löffel ihren Weg durch das marode Mauerwerk in die Freiheit gruben und nachts mit einem selbst gebauten Schlauchboot verschwanden. Das Verschwinden wurde erst am nächsten Morgen bemerkt – Teile des Bootes wurden an Land gespült, die Häftlinge wurden nie gefunden.