Donnerstag, 12. Dezember 2024

Koffein im Sport: Wunderwaffe oder kalter Kaffee?

Koffein ist für Sportler wahrlich kein neuer Trend. Doch es gibt Entwicklungen und wissenschaftliche Erkenntnisse, aufgrund derer du deinen Koffeinkonsum unbedingt überprüfen solltest.

fotorika

Kaffee ist in. Im Alltag und besonders im Sport. Keine Gruppenausfahrt ohne Kaffeestopp, der stylishe Sporthändler hat eine große polier­te Espressomaschine im Laden und wer als Triathlet was auf sich hält, gibt heute einen ausgebildeten Barista ab. Zudem ist Koffein, der dahintersteckende pflanzliche Wirkstoff, mittlerweile in vielen Gels ohnehin an Bord. Wir haben uns mit zahlreichen Experten unterhalten und zeigen dir, welche Vor- und Nachteile Koffein hat, wie du es am besten einsetzen kannst und für wen dieser vermeintliche Wunderstoff vielleicht überhaupt nichts ist.

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Allzweckwaffe Koffein

Egal mit wem man spricht, die positiven Eigenschaften von Koffein scheinen offenbar alle zu überzeugen. Athleten, Trainer, Sportmediziner und Ernährungswissenschaftler betonen unisono den positiven Effekt von Koffein beim Sport als leistungssteigernd. Wohlgemerkt als erlaubt, evidenzbasiert wie kaum ein anderer Stoff und zudem gesellschaftlich so verbreitet, dass es auch im Alltag für viele schwer wäre, komplett auf diesen zu verzichten. 

Die Vorteile sind zahlreich: Koffein verzögert die Ermüdung in Training und Wettkampf sowie bei viel trainierenden Athleten im Berufsalltag auch davor und danach. Es wirkt leistungssteigernd sowohl hinsichtlich der Ausdauer als auch bei intensiven Sprints und erlaubt somit ein höheres Belastungsniveau. Die Belastung wird zudem nicht als so hoch wahrgenommen und der RPE-Wert (Received Perception of Exertion) wird als geringer angegeben, wurde vorher Koffein konsumiert. Ein weiterer großer Pluspunkt (speziell bei Ausdauersportarten wie Triathlon): Es hilft bei der Freisetzung von Fettsäuren aus dem Fettgewebe, das von gut stoffwechseladaptierten Athleten dann besser als Energiequelle genutzt werden kann. Zudem wirkt es auch in Phasen der Regeneration schmerzlindernd. Kurzum erscheint Koffein also optimal, wenn es darum geht, mehr aus sich herauszuholen und speziell im Sport länger und härter Gas geben zu können. Noch mal: all das bei einer starken wissenschaftlichen Beweislage für all diese Vorteile, weitestgehend herstellerunabhängig. 

Wie funktioniert das genau? 

Koffein wirkt bei oraler Einnahme direkt auf das zentrale Nervensystem, das dann den Großteil der genannten Vorteile von Koffein steuert. Markus ­Hertlein, Sportwissenschaftler von ­HYCYS, erklärt das bei Sportlern im Detail so: „Die Währung des Körpers für Energie ist Adenosintriphosphat (ATP), erzeugt beispielsweise aus Kohlenhydraten. Aus ATP entsteht unter Belastung das Nebenprodukt AMP, das an die Adenosinrezeptoren andockt und über Rückkopplungseffekte die Reizweiterleitung beziehungsweise die Aktivität von Neurotransmittern hemmt. Dieser Mechanismus sorgt dafür, dass, je mehr AMP vorhanden ist, die Produktion von neuem AMP limitiert werden soll. Hier kommt Koffein ins Spiel. Es umgeht den Mechanismus der Hemmung der Erregungsweiterleitung. Die chemische Struktur von Koffein ähnelt dem Adenosin und kann so an die Adenosinrezeptoren andocken, ohne diese zu aktivieren. Koffein blockiert also die Rezeptoren. Die Erregungsweiterleitung über die Nervenbahnen funktioniert trotz steigender AMP-Konzentration weiterhin. Und eine höhere AMP-Konzentration bedeutet, dass mehr ATP durchgeschleust werden konnte, der Sportler hat mehr Energie zur Verfügung und kann mehr Leistung erbringen.“ Hierzu muss Koffein über das Blut aber erst ins zentrale Nervensystem gelangen, was immer zu einer zeitlichen Verzögerung führt. Je nach gewünschtem Wirkungspeak sollte die Koffeingabe deshalb 30 bis 60 Minuten vorher erfolgen.

So mechanisch es bis hier klingen mag, so individuell funktioniert es jedoch in der Praxis. Faktoren wie Größe und Gewicht haben Einfluss auf die Wirkung, und ob der Koffein-Boost überhaupt funktioniert, ist abhängig vom Genoytp. Der Grund hierfür sind die beiden Gene CYP1A2 und ADORA2A, die die Verstoffwechselung von Koffein und die individuelle Empfindlichkeit darauf beeinflussen. Sie bestimmen, wie und ob auf Koffein reagiert wird. Deshalb gilt es, sein persönliches Optimum durch Tests herauszufinden – oder im Zweifelsfall auch damit leben zu können, dass es einem sportlich wenig bis nichts bringt, auch wenn man seit Jahren auf Kaffee als Genussmittel mit vermeintlich wach machender Wirkung setzt. 

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Marcus Baranski
Marcus Baranskihttps://www.derbaranski.de/blog
Marcus Baranski ist unser Zeitfahrer. Weil es dabei neben hartem Training vor allem auf Material und Sitzposition ankommt, beschäftigt er sich seit über 15 Jahren mit allen Stellschrauben, um dem Wind ein Schnippchen zu schlagen. Dass sich Detailverliebtheit hierbei auszahlt, zeigen seine Erfolge: 2019 wurde er in seiner Altersklasse Vizeweltmeister der UCI.

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