Eher Schwimmhilfe als Kälteschutz. Neoprenanzüge erleichtern vielen Triathleten die erste Disziplin. Wir beleuchten mit Experten des Herstellers Orca, welcher Anzug für wen geeignet ist. Plus: Wir stellen drei Modellreihen der Spanier vor.
Beginnen wir unsere Neoprenübersicht mit einer rhetorischen Frage: Gibt es Triathleten, die die Neoprenhändler ihres Vertrauens ernsthaft nach unterschiedlichen Isolierungskonzepten fragen? Das glauben wir nicht! Und deswegen können wir gleich zum Wesentlichen kommen: Der Neoprenanzug ist qua seiner Erfindung zwar ein Kälteschutz und kommt auch als solcher zum Einsatz. In Wahrheit ist er aber eine Schwimmhilfe, die dich bei den meisten Rennen schneller durchs Wasser bringen wird! Wie der Anzug das schafft? Indem er zwei der wichtigsten Komponenten für schnelles Schwimmen verbessert: deine Wasserlage und dein Gleitvermögen. Doch wer benötigt was? Wir blicken mit Experten des Herstellers Orca darauf, wie du den passenden Neoprenanzug für dich findest.
Geschwindigkeit kann man kaufen
Die Wasserlage wird durch Luftbläschen im Neoprenkautschuk positiv beeinflusst. Der Auftrieb sorgt dafür, dass dein Körper wie von Zauberhand oben an der Wasseroberfläche schwimmt. Er nimmt damit eine widerstandsarme Position ein, für die Schwimmsportler lange trainieren müssen. Die verbesserten Gleiteigenschaften hängen mit der hohen Wasserlage zusammen und werden zusätzlich durch die spezielle Beschaffenheit der Anzugoberfläche erzielt. An ihr entstehen im Wasser weniger bremsende Verwirbelungen als an nackter Haut. Rechnet man die Vorteile in Sekunden um, erhält man Werte, die einen leicht zum Kauf eines Neoprenanzugs verführen können.
Schwache Schwimmer profitieren mehr
„Wie groß die Zeitersparnis ist, hängt unter anderem stark von der Technik des Schwimmers, seinem bisherigen Training, der Art des Neoprenanzugs und den Meeresbedingungen ab. Laut einer Studie der Zeitschrift ‚Sport Training‘, die mit der Europäischen Universität assoziiert ist, verbesserten 100 Prozent der Triathleten ihre 400-Meter-Zeiten, wenn sie Neopren trugen, wobei die Verbesserung zwischen 1,7 und 9,1 Prozent lag, mit einem Durchschnitt von 5,6 Prozent“, rechnet beispielsweise Itziar Castro aus dem Marketing Staff des Herstellers Orca vor. Konkret: Gehen wir von einer Schwimmzeit von zwei Minuten pro 100 Metern aus, käme der Athlet normalerweise über die angesprochenen 400 Meter nach acht Minuten aus dem Wasser. Der Neoprenanzug würde den Athleten also über diese Distanz im Durchschnitt fast 27 Sekunden schneller machen, minimal zumindest knapp acht Sekunden und maximal fast ganze 44 Sekunden. Allgemein geht man davon aus, dass je nach Performance des Anzugs für mittlere und schwache Schwimmer zehn bis sogar 20 Sekunden pro 100 Meter drin sind.
Wie, wo, was?
Worauf kommt es bei einem guten Neoprenanzug wirklich an? Wir fassen für dich die wichtigsten Faktoren zusammen, damit du einen schnellen Überblick erhältst.
> Arme: Mit jedem Kraulzug wird das Neopren im Bereich der Schultern, Achseln und Ellbogen in die Länge gezogen. Es sollte deshalb möglichst flexibel sein.
> Brust: Hier wird dickes Neopren bis fünf Millimeter für viel Auftrieb verwendet. Außerdem sind gute Gleiteigenschaften gefragt.
> Hüfte und Oberschenkel: Auftriebsstarkes Material sorgt in diesem Bereich für eine hydrodynamische Wasserlage. Der Anzug sollte eng anliegen, in der Wechselzone aber ruckzuck von der Haut gleiten.
> Beine: Auftrieb ist an dieser Stelle Geschmacksache: Gute Schwimmer brauchen weniger, schwache Krauler wollen mehr, um besser im Wasser zu liegen. Auch wichtig: Der Anzug muss beim Wechsel schnell über Knöchel und Füße flutschen.
Wie finde ich den perfekten Anzug?
Gute und sehr gute Schwimmer profitieren etwas weniger von dem schwarzen Einteiler, holen aber immer noch etwa drei bis zehn Sekunden pro 100 Meter heraus. Demnach lassen sich von der olympischen Distanz bis zur Langstrecke mehrere Minuten einsparen – vorausgesetzt, der Anzug sitzt wie eine zweite Haut und unterstützt genau an den Stellen, auf die es ankommt. Denn jeder schwimmt mit seinen Stärken und Schwächen anders und liegt individuell im Wasser. Womit wir auch schon zur Gretchenfrage kommen: Wie finde ich im Neoprendschungel den perfekten Anzug für meine Bedürfnisse und meinen Geldbeutel?
Vier Faktoren
Bei der Auswahl des individuell richtigen Neoprenanzugs sind hauptsächlich vier Faktoren zu berücksichtigen. Der Einsatzbereich, die eigenen Schwimmskills, das anvisierte Budget und natürlich die korrekte Größe. Bart Vervloessem, Area Sales Manager bei Orca, verdeutlicht: „Welches Modell wir wählen, hängt vom Verwendungszweck ab. Je nachdem, ob wir den Wetsuit für das Training, für Kurzstrecken oder für Mittel- und Langstreckenwettkämpfe verwenden, können sich unsere Bedürfnisse ändern. Daher sollten wir uns zunächst fragen, wofür wir den Anzug hauptsächlich verwenden werden.“
Schwimmfähigkeit ist ausschlaggebend
Über allem steht die Frage: Wie gut sind meine Schwimmfähigkeiten? Die Antwort setzt bedingungslose Ehrlichkeit voraus, um das richtige Modell wählen zu können. „Sobald wir den Verwendungszweck für unseren Neoprenanzug festgelegt haben, sollten wir unsere Technik und unsere Schwimmposition im Wasser berücksichtigen. Bin ich ein erfahrenerer Schwimmer mit einer feinen Technik? Bin ich ein guter Schwimmer, der mit zunehmender Distanz kleine Fehler macht? Oder ist Schwimmen nicht meine beste Disziplin?“, sagt Vervloessem. „Jeder muss seine Fähigkeiten sowie die Distanz, die man schwimmen wird, einschätzen“, bestätigt Itziar Castro und ergänzt: „Erfahrene Schwimmer mit einer ausgefeilten Technik und einer korrekten Wasserlage brauchen maximale Flexibilität für kurze Strecken. Auf langen Strecken hilft ein wenig Unterstützung.“ Für diese Kategorie der Schwimmer biete sich der Orca Flex an. Für die längeren Strecken bei starken Schwimmern der Orca Flow. Beide Modelle stellen wir euch unten in zwei unterschiedlichen Ausführungen vor.
Schwächere Schwimmer benötigen mehr Auftrieb
Castro ergänzt zu den genannten Modellen: „Wer trotz guter Technik kleine Fehler im unteren Rumpf macht, profitiert von einer Flexibilität im Schulterbereich und Auftrieb an den Beinen. Wie beim Orca Flow. Der auftriebsstarke Orca Float hilft über längere Strecken, Energie zu sparen.“ Wer zu den schwächeren Schwimmern mit ausbaufähiger Technik zählt, oder gar Anfänger in dem Bereich ist, kann ebenfalls auf die Modellreihe Float setzen. „Diesen Athleten gibt maximaler Auftrieb das nötige Vertrauen im Wasser. Die brauchen Unterstützung, um eine bessere Haltung einzunehmen und sich schneller im Wasser zu bewegen.“
Der Preis ist ein wichtiger Faktor
Am Ende geht es aber auch darum, wie viel man bereit ist, für bessere Schwimmzeiten auszugeben. Wer richtig starke Performance möchte: Nach oben hin sind kaum Grenzen gesetzt. „Für jedes Orca-Modell, also Flex, Flow und Float, gibt es eine Athlex-Reihe für den mittleren Bereich. Die bietet hochwertige Materialien und spezifische, auf die Bedürfnisse von Schwimmern optimierte Schnitte. Außerdem haben wir die Apex-Reihe für den oberen Leistungsbereich. Die ist mit modernster Technologie und Materialien ausgestattet, um die Hydrodynamik und Leistung zu maximieren“, erläutert Vervloessem.
Ganz grundsätzlich erklärt Itziar Castro: „Die Preisunterschiede liegen im Wesentlichen in den verwendeten Materialien und Einsätzen, Stoffen und hydrodynamischen Eigenschaften. Bei hochwertigen Neoprenanzügen werden natürlich leistungsfähigere Materialien verwendet. Die Paneele sind detaillierter konfiguriert. Je nachdem, wo sie platziert sind und welche Funktion die einzelnen Paneele haben. Ferner verwenden High-End-Neoprenanzüge besseres Gummi und eine hydrodynamischere Oberflächenbehandlung, um maximale Leistung zu erzielen.“
Bei Orca kommt zum Beispiel für maximale Flexibilität eine Kombination aus dem Neoprenmaterial „Yamamoto 44+“ und „0.88 Free“-Technologien zum Einsatz. Für besseren Auftrieb kombinieren die Spanier die Technologien „Exo-Lift“ und „Aerodome“. Mit der Nano-SCS-Behandlung erzielen die Entwickler bessere hydrodynamische Ergebnisse.
Maße für die richtige Größe
Nachdem die Punkte Einsatzgebiet, Budget und Schwimmskills geklärt sind, geht es um die korrekte Größe des Anzugs. „Dazu messen wir unseren Brustumfang genau nach dem Beispiel auf unserer Website orca.com, während wir auch unser Gewicht ermitteln und unsere Größe messen“, so Bart Vervloessem. „Mit diesen drei Maßen können wir den Abschnitt ‘Finden Sie Ihre Größe‘ auf der Website orca.com für jeden Neoprenanzug aufrufen und unsere Daten eingeben.“
Auf Nummer sicher gehen.
In der Theorie ist damit der richtige Anzug gefunden. Ob es aber ein Orca-Anzug aus der Float-, Flow- oder Flex-Reihe sein soll und ob die Kategorie Athlex reicht, oder mit Apex ins höhere Regal gegriffen werden soll, bestimmt am Ende auch das individuelle Gefühl. Denn Tragekomfort steht letztlich ganz oben in der Prioritätenliste. Der Wohlfühlfaktor ist entscheidend. Daher solltest du mit deinen zwei bis drei favorisierten Modellen ein Testschwimmen absolvieren. Am besten direkt nacheinander, um einen geeigneten Quervergleich zu erhalten. Dabei ist es zunächst weniger von Bedeutung, ob dieses Testschwimmen im Hallenbad oder im Freiwasser stattfindet. Wichtig ist, es nicht zu übertreiben. 300 bis 500 Meter – mehr solltest du pro Anzug nicht schwimmen, um dir einen aussagekräftigen Eindruck zu verschaffen. Ansonsten könnte im letzten Testdurchgang die Kraft bereits entscheidend nachlassen und den Eindruck trüben.
Kauftipps
Beim Kauf eines Neoprenanzugs gibt es einige wichtige Faktoren zu berücksichtigen, um zu gewährleisten, dass man Freude an dem schwarzen Einteiler hat.
> Der Wohlfühlfaktor steht ganz oben und geht einher mit der korrekten Größe und geeigneten Passform. Der Anzug sollte nicht einengen, aber eng sitzen. Eine Anprobe im Trockenen ist ein Muster ohne Wert: Der Sitz der zweiten Haut kann sich nach dem Wasserkontakt durchaus signifikant verändern. Daher solltest du …
> … ein Testschwimmen absolvieren. Vorher die Auswahl an Anzügen auf maximal drei Modelle beschränken und jedes davon 300 bis 500 Meter zur Probe durch das Wasser ausführen, um einen geeigneten Gesamteindruck zu erhalten.
> Die Flexibilität steht ebenfalls weit oben in der Anforderungsliste an einen guten Neoprenanzug. Im Schulterbereich sollte möglichst wenig Widerstand vorhanden sein, ebenso im Rückenbereich rund um den Reißverschluss.
> Der Bedarf an Auftrieb ist abhängig von den eigenen Schwimmfähigkeiten. Schlechtere Schwimmer benötigen tendenziell mehr Auftrieb (und daher dickeres Material) im Hüft- und Beinbereich, um eine hohe Wasserlage der Extremitäten zu gewährleisten. Gute Schwimmer können eher darauf verzichten.
Ob der Anzug wirklich passt, merkt man, wenn es keine Druckstellen und Falten gibt und man ein gutes Gefühl beim Schwimmen hat. Ist der Anzug zu klein, entsteht zusätzliche Dehnung, ist er zu groß, sammeln sich leicht mehrere Liter Wasser im Anzug, die über die Strecke transportiert werden müssen.
Das Ausziehen sollte leicht vonstattengehen
Dem Ausziehen sollte ebenfalls ein Blick gewidmet werden. Mehr noch als dem Überstreifen. Minutenlanges Gezerre in der Wechselzone an den Ärmeln oder Beinen, bis der Anzug endlich abgestreift ist, ist ein dicker Minuspunkt. Das kostet nicht nur Zeit, sondern auch Kraft und – wenn es ganz dicke kommt – Nerven. Daher sollte sich das Material leicht vom Körper ziehen lassen und die Arm- und Beinabschlüsse nicht zu fest sitzen.
Auf Herz und Nieren geprüft
Wer einem Neoprenanzug die nötige Aufmerksamkeit schenkt, wird feststellen, dass es ein Hightech-Produkt ist. Entwickelt im Schwimmkanal und im Labor auf Herz und Nieren geprüft. Das Ende der Entwicklung und die Jagd nach Zeitersparnis sind aber noch lange nicht abgeschlossen – die Ideen gehen den Herstellern wie Orca nicht aus.
Neoprenanzug: Triathlonmodelle von Orca
Hersteller Orca hat in seinem Portfolio für Triathleten zwei Anzugvarianten („Apex“ und „Athlex“), die in drei Modellreihen („Flex“, „Flow“ und „Float“) verfügbar sind. Dabei bildet die Ausführung Apex jeweils die performantere und auch teurere Variante im Vergleich zum „Athlex“. Die unterschiedlichen Modellreihen gliedern sich nach den spezifischen Anforderungen, die Athleten an sie stellen. Die Flex-Modelle bieten in erster Linie eine hohe Elastizität, während die Float-Reihe den Fokus auf Auftrieb setzt und die Flow-Serie auf Ausgewogenheit und innovative Materialien und Technik setzt.
Die Flex-Reihe
Der Athlex Flex Neoprenanzug (eine Weiterentwicklung des Orca Equip) bietet eine Kombination aus hoher Elastizität und mittlerem Auftrieb für Schwimmer, die auch mit weniger Auftriebsunterstützung eine gute Position im Wasser halten können. Die geringe Dicke des oberen Rumpfes und die mittlere Dicke der Beine ergeben einen Neoprenanzug, der maximale Freiheit bietet für 369 Euro.
Der Apex Flex (eine Weiterentwicklung des Orca Alpha) ist der flexibelste Neoprenanzug im Orca-Sortiment. Er wurde für die technisch versiertesten Schwimmer entwickelt, die von großer Flexibilität profitieren und keinen zusätzlichen Auftrieb benötigen. Seine kurze Reverse-RV-Konstruktion ermöglicht eine elastische Passform. Diese Eigenschaft in Kombination mit den flexibelsten Materialien auf dem Markt, wie den „Yamamoto 44+“- und „0.88 Free“-Technologien im Oberkörper, und den besten hydrodynamischen Eigenschaften, machen ihn zum schnellsten Neopren für erfahrene Schwimmer zum Preis von 669 Euro.
Die Flow-Reihe
Der Athlex Flow Neoprenanzug (eine Weiterentwicklung des Orca Sonar) bietet ein perfektes Gleichgewicht zwischen Elastizität und Auftrieb. Der Oberkörper besteht aus hochelastischen Materialien, während die Beine mit Auftriebstechnologien ausgestattet sind, die es dem Schwimmer ermöglichen, seine Position im Wasser zu korrigieren und eine hydrodynamischere Haltung einzunehmen. Der Preis für dieses Modell: 479 Euro.
Der Apex Flow (eine Weiterentwicklung des Orca Predator) ist der fortschrittlichste Neoprenanzug im Sortiment der Spanier, dank seiner erstklassigen Flexibilität und Auftriebskraft. Das Design des Modells ist auf die anspruchsvollsten Triathleten abgestimmt und bietet modernste Materialien und Technologien wie „Yamamoto 44+“ und „0.88 Free“ im Schulterbereich sowie „Exo-Lift“ und „Aerodome“ im unteren Rumpfbereich. Seine einzigartige Konstruktion maximiert den Beinhub und hilft, die Körperhaltung zu korrigieren und den Körper in die hydrodynamischste Position zu bringen. Der Apex Flow kostet 869 Euro.
Die Float-Reihe
Der Athlex Float Neoprenanzug bietet einen hohen Auftrieb bei gleichzeitig guter Dehnbarkeit. Er bietet einen ausgewogenen Ansatz für Schwimmer, die Auftrieb benötigen, um ihre Haltung im Wasser zu korrigieren. Die Dicke von 4,5 mm im unteren oberen Rumpf- und oberen Beinbereich ermöglicht es Schwimmern, Triathlons mit Zuversicht in Angriff zu nehmen. Mit 289 Euro hehört er zu den günstigeren Modellen.
Der Apex Float ist der schwimmfähigste Neoprenanzug von Orca. Dieses Modell enthält spezifische Technologien für maximalen Auftrieb und Technikkorrektur. Damit soll den Schwimmerinnen und Schwimmern geholfen werden, die Unterstützung benötigen, um eine möglichst hydrodynamische Haltung im Freiwasser aufrechtzuerhalten. Der Neoprenanzug enthält außerdem hochelastische Materialien im oberen Rumpfbereich, die zusätzlich den Schwimmstil positiv beeinflussen sollen. Zur Verwendung kommen „Yamamoto 40“ und das „High Elbow Panel“. Der Anzug kostet 569 Euro.