Kurz nach der 70.3-WM in St. George und einer zweiwöchigen Off-Season habe ich mich entschlossen, doch noch ein weiteres Rennen in 2021 zu machen und beim Clash Daytona zu starten. Ich hatte Lust auf einen weiteren Triathlon und ich wollte auch ein paar PTO-Punkte für das Ranking sammeln, um einen Platz in den Top 50 abzusichern. Außerdem war ich extrem gespannt, wie es sich anfühlen würde, einen Triathlon auf einem vier Kilometer langen Speedway zu machen und ich war neugierig zu sehen, wie gut ich mich vorwiegend indoor in Topform bringen kann. Meine Vorbereitung verlief nahezu reibungslos und es fiel mir zu meinem eigenen Erstaunen nicht schwer, alle Rad- und Koppeleinheiten indoor zu absolvieren. Einige Läufe habe ich weiterhin draußen im Wald gemacht, um nicht zu viel auf dem (für mich noch ungewohnten) Laufband zu laufen. Der größte Unterschied im Vergleich zur wettkampfspezifischen Vorbereitung im Sommer war der Stundenumfang: Ich habe insgesamt weniger Stunden trainiert und auf lange (Indoor-) Radfahrten komplett verzichtet. Meistens war ich nur zwischen 90 Minuten und zwei Stunden auf dem Rad, dafür aber fast ausschließlich in Aeroposition.
Eine Woche vor dem Rennen bin ich mit meiner Mama nach Orlando geflogen und von dort mit einem Mietwagen weiter nach Daytona Beach. Die Tage vor dem Rennen waren unspektakulär, noch ein paar Trainingseinheiten, viel Ausruhen und die Zeitumstellung verarbeiten sowie Carboloading standen auf dem Plan. Für uns Profis hatte Clash mehrere Zeitslots organisiert, um auf dem Speedway zu fahren und im See zu schwimmen, weiterhin standen noch zwei Fototermine und das Briefing an. Dadurch konnte man bereits vor dem Rennen seinen Gegnern mehrere Male in die Augen schauen und sich kennenlernen. Da wir ein recht kleines Profifeld waren, empfand ich die Stimmung insgesamt fast schon als familiär.
Alarmierende Wettkampfnacht
Pünktlich zur Nacht vor dem Rennen war es dann vorbei mit der angenehmen Ruhe, die ich die ersten Tage in Florida genießen durfte. Ein Feueralarm in unserer Unterkunft um drei Uhr am Morgen weckte mich ziemlich unfreundlich. Nach einer Stunde auf der Straße durften wir endlich wieder auf die Zimmer zurück, allerdings gelang es dem Resort nicht, die Alarmanlage wieder scharf zu stellen und so verhinderte die Sirene nochmals 30 Minute ein Einschlafen. Ideal war es bestimmt nicht, aber da ich die Nächte vorher gut geschlafen habe, glaube ich ehrlich gesagt nicht, dass es einen Einfluss auf das Rennen hatte.
Im Rennen selbst erlebte ich ein Wechselbad der Gefühle: Der Schwimmstart war gut, ich bin schnell weggekommen und habe mich in der Gruppe wiedergefunden, in der ich sein wollte. Allerdings habe ich diese nicht lange halten können und befand mich nach circa 300 Metern für die restlichen 1,7 Kilometer im Niemandsland. Es hat mich ziemlich enttäuscht, denn die Wochen vorher lief das Schwimmtraining sehr gut und ich war zuversichtlich, ein gutes Schwimmen zeigen zu können. Mit mehr als vier Minuten Rückstand auf die Spitze und zwei Minuten auf „meine“ Gruppe, waren die meisten Fahrräder schon weg als ich in die Wechselzone kam. Ich war wütend auf mich selbst, aber habe es geschafft, meinen Ärger in gute Power auf dem Rad umzusetzen. Es gab nur noch eine Taktik: sehr hart Rad fahren. Entsprechend bin ich angefahren und konnte bereits nach wenigen Runden die ersten Athletinnen einsammeln. 20 Runden auf dem Speedway vergingen wie im Flug und ich war ständig damit beschäftigt, meine Aeroposition zu halten oder mich zu verpflegen. Auf den 80 Kilometern habe ich die Aeroposition erst auf den letzten 200 Metern verlassen, um aus meinen Radschuhen zu schlüpfen. Den Muskelkater im Rücken und im Nacken merke ich selbst heute noch. Interessant war übrigens auch, dass Lucy Hall, die auf dem Rad führte, einen Großteil der 80 Kilometer mir hinterhergefahren ist. So kann ich zwar sagen, dass ich nicht überrundet wurde, aber dummerweise auch, dass ich der Führenden das Tempo gemacht habe. In der vorletzten Runde bin ich dann auf die vierköpfige Gruppe um Platz drei aufgefahren, in der auch die spätere Siegerin Jackie Hering war.
Bonus für die vierte Disziplin
Den Schwung aus einem schnellen Wechsel nahm ich direkt mit auf die Laufstrecke. Ich fühlte mich super und war bereit, etwas zu riskieren um vielleicht das schaffen, was ich nach dem Schwimmen fast für unmöglich gehalten habe: eine Podiumsplatzierung. In der zweiten von insgesamt vier Runden merkte ich allerdings schon, wie mir die Kräfte schwanden. Es war zudem sehr warm. Die vorhergesagte Temperatur war zwar nicht so hoch, aber auf dem Rundkurs gab es kein bisschen Schatten und die Sonne hat in Florida auch im Dezember noch viel Kraft. Ich musste Jodie Stimpson und Laura Siddall ziehen lassen und war nur noch darauf konzentriert, einen Fuß vor den anderen zu setzen und das Finish zu schaffen. Mir wurde zwischendurch auch immer wieder etwas schwindelig und eingangs der vierten und letzten Runde habe ich an einer Verpflegungsstation angehalten und eine Flasche Wasser und eine Dose Cola geleert. Da merkte ich erst, was für einen Durst hatte und im Nachhinein glaube ich auch, dass das mit ein Grund war, warum ich solch große Probleme bekommen habe. Ich habe die Wärme und den damit verbundenen Wasserverlust durch Schweiß einfach unterschätzt und bereits auf dem Rad nicht ausreichend getrunken. Nach dem Stopp ging es mir zum Glück deutlich besser und ich konnte den sechsten Platz bis ins Ziel halten. Außerdem durfte ich mich über einen Bonus für die schnellste Wechselzeit freuen. Im Ziel war ich zunächst sehr enttäuscht über die verpasste Chance, die falschen Entscheidungen im Rennen und über meine Schwimmleistung. Mit etwas Abstand, stehe ich meiner eigenen Leistung jedoch versöhnlicher gegenüber. Klar, es gibt viel zu tun, aber dass ich mich in einem starken Feld auch an einem suboptimalen Tag behaupten kann, stimmt mich zuversichtlich für die Zukunft.
Richtig chaotisch wurde es nach dem Rennen: von einem kaputten Mietauto, über keinen verfügbaren Abschleppdienst, einer Autovermietung, die sich nicht hilfsbereit gezeigt hat, Taxifahrern, die keine Räder transportieren bis hin zum Check-in am Flughafen in Orlando, die das Fahrrad nur gegen eine hohe Gebühr (trotz vorheriger Absprache) mitnehmen wollten. Kurz gesagt, es ging fast alles schief. Einen lustigen Moment gab es dann doch noch: Als ich am Sicherheitscheck anstand mit meiner Laufradtasche unter dem Arm kam ein Officer auf mich zu. Nach dem bis dahin erlebten Tag, rechnete ich erst mit dem Schlimmsten. Aber der Officer war nur ein begeisterter Radfahrer, der sich für meine Scheibe interessierte.
Ein sehr schöner Bericht, danke! Ja manchmal läuft es im Training gut und dann im Wettkampf nicht so optimal, das muss man dann analysieren.
Gute Erholung und viel Erfolg für die neue Saison.