Siri Lindley formt keine Siegerinnen und Sieger, sondern Persönlichkeiten. Ihr Coaching beginnt mit Trainingsplänen und endet bei Selbstvertrauen, Freiheit und innerer Stärke. Teil 4 unserer Serie, in der wir den erfolgreichsten Triathlontrainern über die Schultern schauen.
„Ich will, dass meine Athleten frei werden. Denn nur wer wirklich frei ist, kann Großes leisten.“ Wenn Siri Lindley über ihre Arbeit als Coach spricht, merkt man sofort: Hier geht es nicht um Zahlen, Wattwerte oder Trophäen. Sondern um Identität. Um Selbstwert. Und um das Gefühl, gut genug zu sein – nicht erst nach dem Zielstrich, sondern schon auf dem Weg dorthin. Sie wolle Menschen dabei helfen, sagt sie, zu sich selbst zurückzufinden. Zu einem Ich, das unabhängig von Erwartungen, Rollenzuschreibungen oder dem Urteil anderer existieren darf. Und Leistung nicht aus einem Mangel erbringt, sondern aus Freiheit. „Mein ganzes Leben war eine Suche nach dieser Freiheit: Ich wollte frei sein, zu lieben, wen ich liebe. Frei, so zu leben, wie es sich für mich richtig anfühlt.“
Diese Suche prägt von Anfang an nicht nur ihre Karriere, sondern wird zur Grundlage ihrer Coaching-Philosophie. Als sie den Triathlon für sich entdeckt, findet sie mehr als eine Sportart. Der Triathlon wird zu einem Ventil, mit dem sie sich selbst neu definiert. Es ist die sportliche Selbstüberwindung, die sie lehrt, wie man sich aus Zweifeln herausarbeitet. „Ich habe durch den Sport gelernt, mich selbst zu lieben, an mich zu glauben und das Unmögliche möglich zu machen. Und als ich das für mich geschafft hatte, wollte ich nur noch eines: Anderen helfen, das auch zu erfahren.“
Sport als Ausweg
Der Wendepunkt kommt früh und trifft sie tief. In ihren Zwanzigern, frisch von der Brown University mit einem Abschluss in der Tasche, gesteht Siri Lindley ihrem Vater, dass sie homosexuell ist. Für sie ein Schritt zur Selbstakzeptanz. Für ihn ein unüberwindbarer Bruch. „Er war mein Held, mein bester Freund. Und plötzlich war ich für ihn nicht mehr liebenswert.“ Die Ablehnung des Vaters reißt ihr den Boden unter den Füßen weg. Doch anstatt sich zurückzuziehen, entscheidet sich Lindley für eine andere Richtung: „Ich wollte mir selbst beweisen, dass ich trotz – oder gerade wegen – meiner Identität Großes leisten kann.“