Sie sind nicht dabei. Punkt. Erstmals seit 2008 wird keiner der beiden Athleten, die die Kurzdistanz über Jahre geprägt haben, bei den Olympischen Spielen antreten. Das hat die Nominierung der britischen Triathlonmannschaft für Paris 2024 ergeben.
Mit dieser Entscheidung endet eine Ära. Der britische Triathlonverband (British Triathlon) hat für seine Olympiamannschaft neben Alex Yee als zweiten Athleten Samuel Dickinson nominiert. Damit stehen erstmals seit den Olympischen Spielen von 2008 in Peking weder Jonathan Brownlee noch Alistair Brownlee im Aufgebot des Teams unter dem Union Jack. Dabei war es zu einer Selektionsentscheidung gekommen – die sicherlich zu den härtesten in einer Sportlerkarriere gehören. Dass mit Alex Yee der aktuelle Olympiasieger mit der Mixed Relay von Tokio einen Kaderplatz haben würde, stand bereits im Vorhinein durch seine Ergebnisse und die Platzierung im World-Triathlon-Olympia-Ranking fest, in dem er Rang drei belegt. Die zweite Position im Olympia-Team war jedoch vakant. Infrage kamen dafür nur noch Jonathan Brownlee als 55. des Gesamt-Olympia-Rankings und Samuel Dickinson auf Platz 70. Die Wahl fiel auf Dickinson.
Routinier gegen Rookie
In der Entscheidung war es zum Duell Routinier gegen Rookie gekommen. Der jüngere der beiden Brownlee-Brüder, Jonathan, kann auf drei Teilnahmen an den Olympischen Spielen zurückblicken. Mit einem kompletten Medaillensatz (Bronze 2012 in London 2012, Silber 2016 in Rio de Janeiro, jeweils im Einzel, und Gold in der Mixed Relay in Tokio 2021) gehört der 34-Jährige zu den erfolgreichsten Kurzdistanztriathleten der olympischen Geschichte. Der Name Brownlee taucht seit dem Jahr 2008 ohne Unterbrechung bei den Olympischen Spielen auf. In Peking feierte Alistair Brownlee Premiere und wurde Zwölfter. Eine Olympiade später in London teilten sich die beiden Brüder das Podium, Alistair Brownlee siegt, Jonathan erringt Bronze. Vier Jahre später holt der ältere Bruder seinen zweiten Olympia-Sieg. Für Jonathan Brownlee reicht es in Rio de Janeiro für Silber.
Die Nase vorn hatte stets der ältere der beiden Brüder. Der aber verpasste seine vierte Teilnahme an Olympischen Spielen beim Event in Tokio im Jahr 2021. Jonathan hingegen hatte sich qualifiziert, wurde im Einzel Fünfter und holte mit der Mixed-Staffel die Goldmedaille – an der Seite von Alex Yee, Jessica Learmonth und Georgia Taylor-Brown. In der Gesamtzahl der olympischen Medaillen führt also der jüngere Bruder, in der Wertigkeit der Einzelmedaillen ist Alistair mit zwei Olympiasiegen höher dekoriert. Das wird sich mit der Entscheidung, Samuel Dickinson in die Mannschaft zu nehmen, nicht mehr ändern. Die Wahl fiel übrigens auf den 26-Jährigen, obwohl dieser bisher keinen Olympia-Einsatz vorweisen kann.
Entscheidung für die Mannschaft
Was den Ausschlag zugunsten des Siegers der Commonwealth Games 2022 in der Mixed Relay (zusammen mit Alex Yee, Sophie Coldwell und Georgia Taylor-Brown) gegeben hat, wurde öffentlich nicht kommuniziert. Dass der Olympia-Debütant aber mannschaftsdienlich ist und am Ende im direkten sportlichen Vergleich vor Jonathan Brownlee lag, ist jedoch bekannt. Medaillenkandidat Alex Yee hat das Einzelgold bei den Commonwealth Games 2022 letztlich auch Samuel Dickinson zu verdanken. Der hatte ihn in der zweiten Disziplin uneigennützig nach vorn gefahren. Das letzte Aufeinandertreffen im Juni beim Europe Triathlon Cup in Kielce (Polen) zwischen Dickinson und Jonathan Brownlee entschied der 26-Jährige im Laufen für sich. Aus diesen Faktoren lässt sich folgern, dass er sowohl im Einzel als auch für die Mixed Relay ein entscheidender Athlet sein kann, wenn es um die Medaillenvergabe geht. Für die Staffel sind Yee und Dickinson als Männer fest gesetzt, da Großbritannien im Gegensatz zur deutschen Mannschaft nur zwei Männer qualifiziert hat.
Brownlee nicht das einzige prominente Opfer
Jonathan Brownlee ist nicht der einzige prominente Name, der in Bezug auf die Nominierung für die Olympischen Spiele das Nachsehen hatte. Auch bei den Frauen musste der britische Verband eine harte Entscheidung fällen – mit schlechterem Ausgang für Sophie Coldwell. Statt der 29-Jährigen werden neben Beth Potter noch Georgia Taylor-Brown und Kate Waugh starten. In anderen Ländern mussten ebenso Athleten mit einer beachtlichen sportlichen Vita ihr Olympia-Aus verkraften. Bei Gastgeber Frankreich führte die Wahl aus drei Weltmeistern aus den vergangenen Jahren sowie vier Sportlern unter den Top 20 im Olympiaranking dazu, dass der ehemalige Weltmeister Vincent Luis trotz hervorragender Leistungen nicht im eigenen Land dabei sein wird. Ebenso sind die Norweger Gustav Iden und Casper Stornes nicht dabei. Auch die beiden US-Amerikanerinnen Katie Zaferes (Bronze bei den Olympischen Spielen 2021) und Gwen Jorgensen (Olympiasiegerin 2016) fehlen. Zudem musste der bestplatzierte US-amerikanische Athlet des Olympiarankings, Matthew McElroy, seine Nicht-Nominierung hinnehmen.