Spannender hätte man sich das Mixed-Relay-Rennen der Olympischen Spiele in Paris nicht ausmalen können. Laura Lindemann läuft für Deutschland zur Goldmedaille, Taylor Knibb und Beth Potter entscheiden im Fotofinish über Silber und Bronze für die USA und Großbritannien. So äußern sich die Athletinnen und Athleten im Ziel.
Nach dem eher enttäuschenden Ausgang der Einzelrennen hätten alle einen Tag gebraucht, um das Ergebnis zu verarbeiten, äußerte sich Tim Hellwig nach dem heutigen Mixed-Relay-Wettkampf. Das Vertrauen in die Staffel war jedoch groß. „Ich habe schon heute Morgen daran geglaubt, dass wir eine Medaille holen. Und dass wir, wenn alles gut geht, gewinnen können.“
Viele Variablen würden in der Mixed Relay eine Rolle spielen, jedes Teammitglied müsse die hundertprozentige Leistung abrufen können. Ein Sturz wie im französischen Team könne derweil alle Chancen schnell zunichtemachen. „Es gehört auch eine Portion Glück dazu, die hatten wir heute“, so Hellwig.
Die Goldmedaille für Deutschland war eine Teamleistung, aber eine Athletin muss es schließlich ins Ziel bringen. In diesem Fall war es Laura Lindemann, die sich ein hartes Battle mit Taylor Knibb (USA) und Beth Potter (GBR) lieferte und am Ende die entscheidende Attacke setzen konnte. „Es war superhart. Alle haben einen Topjob gemacht und mich perfekt in Position gebracht. Beim Laufen war es so knapp und ich habe einfach alles gegeben. Dass wir dann Gold geschafft haben, ist unglaublich“, resümierte die Schlussathletin. Diese Leistung sei ein guter Trost für das Einzelrennen, bei dem Lindemann ebenso wie Lisa Tertsch auf dem Rad gestürzt war und deshalb nichts mit dem Kampf um die Medaillen zu tun hatte.
Auch Lasse Lührs unterstrich diese Aussage: „Wir haben uns das als Team verdient. Nach den etwas enttäuschenden Einzelrennen zeigen zu können, was wir draufhaben, tat sehr gut. Wir waren alle richtig hungrig auf das Rennen und wollten zeigen, was wir können. Das ist uns ganz gut gelungen.“ Auch die Taktik sei aufgegangen. „Jeder von uns hat es geschafft, die Lücke nach vorn möglichst kleinzuhalten. Dadurch, dass wir keine Fehler gemacht haben, hat es gereicht, dass Laura es nach Hause läuft“, so Lührs.
Bei Lisa Tertsch war beim Schwimmen aufgefallen, dass sie eine andere Linie anvisierte als ihre Konkurrentinnen. „Das war so geplant. Ich habe beim Einschwimmen geschaut, wie ich am besten mit der Strömung umgehen kann, das konnte ich dann gut umsetzen“, so die Darmstädterin. Beim Radfahren habe sie sich dazu entschieden, wertvolle Energie für ihre stärkste Disziplin zu sparen. „Ich wusste, wer vor und hinter mir ist. Ich habe voll auf mein Laufen vertraut und bin froh, dass der Plan so aufgegangen ist. Das war schon ein Risiko – man weiß ja nie, was am Ende passiert“, sagte Tertsch zu ihrer Renntaktik.
Richtig knapp wurde dann die Entscheidung über Silber und Bronze. Eine Sekunde nach Laura Lindemann erreichten Taylor Knibb für die USA und Beth Potter für Großbritannien die Ziellinie – zeitgleich. Zunächst wurde Großbritannien als Gewinner der Silbermedaille aufgeführt, nach Auswertung des Zielfotos waren es aber schließlich die USA.
Alex Yee, Olympiasieger des Einzelrennens am vergangenen Mittwoch, bezeichnete die Mixed Relay als „einen der aufregendsten Triathlons, die ich je erlebt habe“. Yee war es, der den ersten Part der Staffel für Großbritannien übernommen hatte. „Ich wollte mein Bestes geben, um das Team gut aufzustellen, und ich hoffe, das ist mir gelungen. Es war ziemlich stressig, den anderen zuzuschauen, aber ich hatte 100 Prozent Vertrauen, und sie haben einen tollen Job gemacht.“
Die USA gingen mit Seth Rider, Taylor Spivey, Morgan Pearson und Taylor Knibb ins Rennen. Pearson gilt als starker Läufer und hatte die Verantwortung, die Vorarbeit von Rider und Spivey aufzugreifen und Knibb in eine optimale Position zu bringen. „Deutschland und Großbritannien lagen vor mir, also hatte ich im Hinterkopf die Bronzemedaille. Ich wusste, dass Taylor Knibb eine starke Athletin ist, also hoffte ich, dass ich die Jungs beim Laufen überholen konnte. Aber ich war ziemlich verunsichert“, so Pearson.
Er betonte zudem, dass in der Staffel kein Fehler verziehen wird. „Als es dann zur Übergabe kam, waren wir alle drei da. Ich dachte mir: ‚Bring es einfach zu Knibb und fall nicht hin‘. Meine Beine waren ziemlich müde. Ich habe einfach versucht, bei der Übergabe sehr vorsichtig zu sein. Schließlich geht es darum, auf den letzten 2.000 Metern nichts zu vermasseln.“
Für Frankreich lief die Mixed Relay indes anders als geplant. Das Gastgeberland wurde zuvor als Favorit gehandelt, ein Sturz von Pierre Le Corre machte die Hoffnungen jedoch gleich zu Beginn zunichte. Der Neuseeländer Hayden Wilde rutschte in einer 180-Grad-Kurve weg, Ausweichen war für Le Corre nicht mehr möglich. Bei diesem Sturz sprang die Kette des Franzosen herunter, was wertvolle Sekunden kostete. Zum Ende des ersten Staffelparts befand sich Frankreich an letzter Position.
Der Rückstand war zu groß, um noch an eine Medaille denken zu können, doch insbesondere Olympiasiegerin Cassandre Beaugrand schaffte es, noch einige Plätze gutzumachen und letztlich als vierte Athletin über die Ziellinie zu laufen. „Wir haben uns sehr auf das Rennen gefreut und hatten große Ambitionen. Leider ist Pierre gestürzt, und das konnte er nicht verhindern. Das ist Triathlon. Danach haben wir unser Bestes gegeben, um weiter an uns zu glauben. Der vierte Platz ist ein wenig frustrierend, aber wir haben alles getan, was wir konnten“, so die Französin.
Bei den französischen Fans war kein bisschen Enttäuschung zu spüren. Beaugrand resümierte über die Atmosphäre an der Rennstrecke: „Es war verrückt. Wir waren die Letzten, und das Publikum hat uns so sehr gepusht. Daran werde ich mich immer erinnern. Es war einfach unfassbar. Ehrlich gesagt, habe ich so etwas noch nie in meinem Leben erlebt. Ich habe eine Gänsehaut, wenn ich nur daran denke.“