
Es war nicht nur seine erste Langdistanz, sondern auch sein erster Triathlonwettkampf überhaupt. Und Lars Wichert lieferte am Sonntag ein beeindruckendes Debüt ab. Beim Ironman Hamburg lief er nach 8:12:43 Stunden als erster Athlet über die Ziellinie. „Ich habe mich selbst überrascht“, sagte der 35-Jährige im Rahmen der Awardvergabe. „Im Nachhinein war das ein Rennen wie gemalt.
Lars Wichert überrascht sich selbst
Die äußeren Bedingungen mit Sprühregen, teilweise nassen Straßen und kühleren Temperaturen um die 15 Grad Celsius waren für den ehemaligen Olympiateilnehmer im Rudern letztlich kein Problem. Schon beim Schwimmen überraschte sich Wichert selbst, als er die 3,8 Kilometer in der Alster nach 59:50 Minuten hinter sich gebracht hatte. „Seit ich im April angefangen habe, den Ironman ernsthaft ins Auge zu fassen, habe ich mit 1:15 Stunden geplant, zuletzt hatte ich dann 1:05 Stunden anvisiert. Knapp unter einer Stunde zu bleiben, war richtig gut.“ Und eine weitere Motivationsspritze bei seinem Heimrennen. Wichert wohnt in Asendorf vor den Toren Hamburgs.
Langsam dämmert ihm, dass er in Führung liegt
Durch den Rolling Start und fehlende Informationen vom Streckenrand, wusste Wichert nach dem ersten Wechsel nicht, an welcher Position er überhaupt liegt. Auf der Radstrecke dämmerte ihm nach der ersten Runde, dass er bereits in Führung liegen und alle Konkurrenten hinter sich gelassen haben könnte. Spätestens als er Carolin Lehrieder in der zweiten Disziplin überholte und schließlich in der letzten Radrunde die zu dem Zeitpunkt führende Profiathletin Lauren Brandon passierte, war ihm bewusst, dass er vor dem kompletten Feld fuhr. Bestätigung gab es dann nach den 180 Radkilometern (4:11:12 Stunden) in der Wechselzone, die er als erster Athlet durchlief.

In der dritten Disziplin meldeten sich – wie bei vielen Athleten an diesem Tag angesichts der äußeren Bedingungen – zumindest kurz die Muskeln. „Ich habe anfangs leichte Krämpfe bekommen und hatte etwas Angst, dass der Körper nicht mitmacht. Dann habe ich aber einen guten Rhythmus gefunden“, so Wichert, der während des Marathons die Atmosphäre am Streckenrand regelrecht aufsog. „Die Stimmung in der Stadt war großartig, vor allem, wenn man als Führender unterwegs ist. Das kannte ich ja überhaupt nicht. Es hat mich auch gefreut, dass meine Freundin mit unseren Kindern da war.“ Beflügelt von so viel Unterstützung legte der 35-Jährige eine Marathonzeit von 2:54:31 Stunden hin, die ihn nach 8:12:43 Stunden zum gefeierten Gesamtsieger machte, vor Jan Stelzner (8:30:31 Stunden) und Alexander Siegmund (8:37:18 Stunden).
„Ich realisiere das schrittweise“
„Ich realisiere das gerade alles schrittweise. Dass ich so eine Zeit raushauen würde, hätte ich mir im Vorfeld nicht träumen lassen. Ich dachte, ich käme nach 8:45 Stunden ins Ziel, wenn alles glatt läuft.“ Mit dem Gesamtsieg hat er sich natürlich auch einen Slot für die Agegroup-Weltmeisterschaften Ironmans im Oktober 2022 auf Hawaii gesichert, den er wahrnehmen wird. Wichert weiß: „Dort herrschen ganz andere Bedingungen und es gibt so viele Unwägbarkeiten, dass ich dafür überhaupt kein Ziel formulieren kann.“
Wichert schließt Profikarriere nicht aus
Mit seinem Auftritt in Hamburg – wo kein Profistarterfeld am Start war – hat Wichert ein Ausrufezeichen gesetzt. Zumal es nicht nur seine Langdistanz-, sondern auch seine Triathlonpremiere war. Beim Leistungssportler hat dieser Erfolg Ambitionen geweckt. „Wenn ich mich beim Schwimmen noch verbessere, wäre natürlich noch mehr möglich.“ Ob er auf eine Profikarriere blickt? „Eine Lizenz kann sich jeder holen. Aber das muss ich erst mit meiner Familie besprechen und es muss auch darstellbar sein“, so Wichert, der augenzwinkernd ergänzt. „Wenn sich ein paar Sponsoren finden, die einen Newcomer unterstützen wollen, dann könnte ich mir das durchaus vorstellen.“ Mit 35 Jahren gehört er – zumindest auf der Langdistanz – immerhin noch nicht zu den Auslaufmodellen.