Donnerstag, 21. November 2024

Nach Schreckmoment: Cassandre Beaugrand sichert sich WM-Titel auf der Kurzdistanz

Die Olympiasiegerin von Paris feiert ihren ersten Gesamtsieg in der World Triathlon Championship Series. Ihrem am Ende souveränen Erfolg war eine kuriose Szene vorausgegangen – und ein Protest gefolgt. Die Deutsche Lisa Tertsch verpasste den Sprung auf das Podium knapp.

Silke Insel/spomedis Nach dem Olympiasieg sicherte sich Cassandre Beaugrand auch den WM-Titel der World Triathlon Championship Series.

Eine perfekte Saison für Cassandre Beaugrand. Die Französin triumphierte beim Finale der World Triathlon Championship Series im spanischen Torremolinos (1:56:44 Stunden) und sicherte sich dadurch den WM-Titel über die Kurzdistanz. Dabei hatte das Rennen für sie mit einem Schreckmoment begonnen – und mit einem Protest gegen die Wertung geendet. So hieß es: warten, bis der Protest abgelehnt, das Ergebnis offiziell war und Beaugrand aufatmen durfte. Zuvor hatte die 27-Jährige in der Saison bereits die WTCS-Rennen in Cagliari und Hamburg und die Goldmedaille in Paris gewonnen. Mit 4.000 Punkten setzte sich Beaugrand am Ende in der WM-Serie vor Beth Potter (3.793 Zähler) und Emma Lombardi (3.508 Punkte) durch. Beide landeten auch in Torremolinos auf den Plätzen zwei (1:57:22 Stunden) und drei (1:57:34 Stunden). Die Deutsche Lisa Tertsch, die vor dem Finalrennen in der Gesamtwertung noch auf Position drei gelegen hatte, hatte ihre WM-Chancen dagegen früh schwinden sehen. Sie kam nach einer starken Aufholjagd auf der Laufstrecke als Siebte ins Ziel (1:58:12 Stunden) und verpasste so als Vierte (3.402 Punkte) in der Gesamtwertung knapp das Podium.

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Beaugrand nimmt ungewöhnliche Route

Das Wasser in Torremolinos war unruhig und mit deutlichem Wellengang gewesen. Schwierige Bedingungen. Schon kurz nach dem Start gab es einen Schreckmoment: Die Führende des Klassements, Cassandre Beaugrand, schien die Orientierung zu verlieren, schwamm weit nach außen und nicht mit dem Feld mit. Die Französin kam weit vom Kurs ab und wählte eine Route, die sie an der ersten Boje vorbeigeführt hätte. Erst kurz vor der ersten Boje korrigierte sie ihren Weg, als Begleiter sie per Handzeichen darauf aufmerksam machten. Es war die strittige Szene, die später den nicht stattgegebenen Protest der Konkurrenz nach sich ziehen sollte. So querte sie die rund 60 Meter zurück in Richtung Hauptgruppe. Rund 20 Sekunden nach der Führenden passierte Beaugrand die erste Wegmarkierung. 

Probleme kosten 32 Sekunden

Die erste Runde beendete die Italienerin Bianca Seregni (10:48 Minuten) als Erste und führte das Feld vor Lena Meißner auf die zweite Runde. Emma Lombardi übernahm zu diesem Zeitpunkt virtuell die Führung im Gesamtranking, da sie als Vierte mit sechs Sekunden Rückstand auf die zweite Runde ging. Beth Potter, die bis dahin Zweite des Gesamtrankings folgte zwölf Sekunden später auf Rang acht. Cassandre Beaugrand hatte durch ihren Fauxpas 32 Sekunden verloren und reihte sich auf Position 31 ein. Lisa Tertsch, eine weitere Kandidatin auf den WM-Titel, als 34. Mit 33 Sekunden Rückstand auf die zweite Runde. 

Starke Aufholjagd auf der zweiten Runde

Nach 1,5 Kilometern und 21:59 Minuten verließ Seregni das Wasser als Erste vor Lena Meißner und Emma Lombardi. Mit einem Kraftakt hatte sich Cassandre Beaugrand im Schwimmpulk nach vorn gearbeitet und folgte auf Platz zehn – nur noch 15 Sekunden hinter der Führenden und gleichauf mit ihrer größten WM-Konkurrentin Beth Potter. Lisa Tertsch nahm den Radpart als 27. mit einer Hypothek von 45 Sekunden in Angriff.

WTCS 2024 | Frauen

Endstand nach sieben von sieben Rennen
PlatzNameLandPunkte
1Cassandre BeaugrandFRA4.000
2Beth PotterGBR3.793
3Emma LombardiFRA3.508
4Lisa TertschGER3.402
5Jeanne LehairLUX2.668
6Georgia Taylor-BrownGBR2.473
7Leonie PeriaultFRA2.390
8Kate WaughGBR2.031
9Flora DuffyBER1.938
10Vicky HollandGBR1.905

Zwölf Athletinnen fahren voraus

Auf dem Rad formierte sich schnell eine Führungsgruppe mit zwölf Athletinnen, in der neben Lena Meißner auch Beth Potter, Cassandre Beaugrand und Emma Lombardi mitfuhren. In der 14-köpfigen Verfolgergruppe reihten sich neben Georgia Taylor-Brown, Summer Rappaport, Gwen Jorgensen und Lisa Tertsch ihre Landsfrauen Selina Klamt, Tanja Neubert und Marlene Gomez-Göggel ein. Nach der ersten von acht Runden betrug der Abstand der führenden Athletinnen rund 30 Sekunden auf die Verfolger, nach dem zweiten Durchgang waren es bereits mehr als 40 Sekunden. Die Verfolgergruppe schaffte es nicht, effektiv zusammenzuarbeiten. So verlor sie Runde für Runde an Sekunden – und Lisa Tertsch an Boden im Kampf um den WM-Titel.

Tertsch und Co. verlieren an Boden

Nach 20 von 40 Kilometern hatte die Führungsgruppe den Verfolgern bereits knapp eine Minute aufgebrummt. Allein 17 Sekunden verloren Tertsch und Co. in der sechsten von acht Runden. So kristallisierte sich heraus, dass es auf der Laufstrecke zum Showdown zwischen Cassandre Beaugrand, Beth Potter und Emma Lombardi kommen würde. 

Kein Taktieren auf der Laufstrecke

In dieser Konstellation ging das Feld nach 1:23:13 Stunden auf die Laufstrecke. Taktieren gab es nicht mehr, die WM-Favoritinnen duellierten sich mit offenem Visier. Die Luxemburgerin Jeanne Lehair begleitete die drei. Das Favoritinnentrio war bereits 1:29 Minuten auf der Laufstrecke, ehe Lisa Tertsch auf vier Runden über insgesamt zehn Kilometer ging. Die Ausgangslage war klar: Beaugrand reichte auf jeden Fall ein Sieg zum WM-Titel. Potter musste bei einem Sieg darauf hoffen, dass die Französin nicht Zweite würde. Und Emma Lombardi musste darauf hoffen, dass ihre Landsfrau auf Position fünf zurückfallen würde und Potter ebenfalls nicht auf das Podium laufen würde. Danach sah es nicht aus.

Beaugrand distanziert die Konkurrentinnen

Im Gegenteil. Im Laufe der zweiten Laufrunde zog Cassandre Beaugrand das Tempo an, distanzierte zunächst Jeanne Lehair und Beth Potter, während Emma Lombardi noch folgen konnte. Doch auch sie musste die Olympiasiegerin von Paris anschließend Meter um Meter davonziehen lassen. Dahinter kämpfte sich Lisa Tertsch im Feld nach vorn vor.

Tertsch holt auf – aber es reicht nicht für das Podium

Am Ende lief Beaugrand souverän ihrem ersten WM-Titel in der World Triathlon Championship Series entgegen. Nach 1:56:44 Stunden durfte sie das Zielbanner in die Höhe reißen. Hinter ihr hatte sich Beth Potter zwischenzeitlich an Emma Lombardi vorbeigekämpft. Rang zwei ging an die Britin (1:57:22 Stunden), die sich so auch den zweiten Platz in der Gesamtwertung sicherte. Emma Lombardi rettete Position drei ins Ziel (1:57:34 Stunden). Dann wurde es spannend: Lisa Tertsch lief nach 1:58:12 Stunden noch als Siebte ins Ziel – und schrammte knapp am Podium in der Gesamtwertung vorbei. WTCS-Bronze ging stattdessen an Lombardi, für Tertsch blieb Platz vier.

Die weiteren deutschen Starterinnen schafften es nicht in die Top 10. Tanja Neubert wurde 13. (1:59:22 Stunden), Selina Klamt kam als 26 ins Ziel (2:00:57 Stunden), direkt vor Lena Meißner (2:01:16 Stunden), die lange Zeit auf dem Rad vorn mitgemischt hatte. Marlene Gomez Göggel kam als 29. unter die Top 30 (2:01:34 Stunden), Annika Koch finishte auf Position 31 (2:02:29 Stunden).

WTCS-Finale Kurzdistanz 2024 | Frauen

19. Oktober 2024 | Torremolinos (Spanien)
PlatzNameLandGesamt1,5 km Swim40 km Bike10 km Run
1Cassandre BeaugrandFRA1:56:4422:140:59:4833:08
2Beth PotterGBR1:57:2222:140:59:4833:47
3Emma LombardiFRA1:57:3422:070:59:5834:00
4Vicky HollandGBR1:57:5622:130:59:5034:13
5Miriam Casillas GarcíaESP1:58:0222:190:59:4534:26
6Jeanne LehairLUX1:58:0922:170:59:4534:33
7Lisa TertschGER1:58:1222:441:00:4733:10
8Bianca SeregniITA1:58:1921:590:59:5934:38
9Leonie PeriaultFRA1:58:2822:521:00:3233:24
10Kirsten KasperUSA1:58:3522:130:59:5134:58
13Tanja NeubertGER1:59:2222:281:00:5934:20
26Selina KlamtGER2:00:5722:261:01:0235:54
27Lena MeißnerGER2:01:1622:000:59:5637:37
29Marlene Gomez-GöggelGER2:01:3422:211:01:0236:31
31Annika KochGER2:02:2923:051:01:5535:55

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Bengt Lüdke
Bengt Lüdke
Bengt-Jendrik Lüdke ist Redakteur bei triathlon. Der Sportwissenschaftler volontierte nach seinem Studium bei einem der größten Verlage in Norddeutschland und arbeitete dort vor seinem Wechsel zu spomedis elf Jahre im Sportressort. In seiner Freizeit trifft man ihn in Laufschuhen an der Alster, auf dem Rad an der Elbe – oder sogar manchmal im Schwimmbecken.

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