Es sollte das Gegengewicht zur kommerziellen Ironman-WM werden: In Nizza trug der Triathlon-Weltverband heute vor 30 Jahren seine ersten Langdistanzmeisterschaften auf. Mit ungewöhnlichen Distanzen – und einem Deutschen auf dem Podium.
Vier Kilometer schwimmen vor der Côte d’Azur, 120 auf dem Rad durch die Seealpen und ein 30-Kilometer-Lauf auf der Promenade des Anglais von Nizza: Die Distanzen des Klassikers in Südfrankreich sind für den Weltverband World Triathlon, der bis vor ein paar Jahren International Triathlon Union (ITU) hieß, bis in die Triathlon-Neuzeit das Maß aller Dinge, wenn es um die langen Distanzen geht. Mit dem zuvor schon seit 1982 als Nice International Triathlon ausgetragenen Rennen wollte die ITU vor genau 30 Jahren einen Gegenpol zu den Ironman-Weltmeisterschaften schaffen, deren Organisatoren sich immer weniger für Verbandsstrukturen interessierten und einen zunehmend kommerziellen Weg einschlugen. Am 26. Juni 1994 war es dann so weit: Unter dem Titel „1994 Nice ITU Long Distance Triathlon World Championships“ wurden erstmals die „offiziellen“ Weltmeisterschaften ausgetragen.
Triathlon-Ikone Rob Barel wird erster Weltmeister
Erster Weltmeister wurde ein Triathlon-Idol seiner Zeit: Der Niederländer Rob Barel (damals schon 37 Jahre alt) siegte in einer Gesamtzeit von 5:59:47 Stunden vor dem 23-jährigen Deutschen Lothar Leder (6:00:18 Stunden). Barel beendete seine Karriere erst sechs Jahre später mit dem Start bei den ersten Olympischen Spielen für die Triathleten in Sydney. Lothar Leder feierte 1996 seinen größten Triumph, als er beim damaligen Ironman Europe in Roth als erster Mensch die Acht-Stunden-Marke für die „echte“ Langdistanz von 3,8 Kilometern Schwimmen, 180 Kilometern Radfahren und 42,195 Kilometern Laufen knackte. Dritter in Nizza wurde 1994 der Franzose Yves Cordier, dessen Karriere an der Côte d’Azur bis heute anhält – nun allerdings in der Funktion des Renndirektors der an gleicher Stelle ausgetragenen Ironman-Weltmeisterschaften (zuletzt 2023 für die Männer, am 22. September 2024 für die Frauen).
Ines Estedt holt drei Medaillen für DTU
Bei den Frauen konnten die Franzosen bei der WM-Premiere ein Doppelpodium feiern: Isabelle Mouthon-Michellys gewann in 6:41:50 Stunden deutlich vor der Amerikanerin Karen Smyers (6:57:21 Stunden) und ihrer Landsfrau Lydie Reuze (7:01:17 Stunden). Drei Jahre später gelang an gleicher Stelle der erste deutsche Sieg durch die Neubrandenburgerin Ines Estedt, die ihren Triumph 2002 ebenfalls in Nizza wiederholen sollte. Schon bei der Zweitauflage in Nizza 1995 hatte Estedt die Bronzemedaille gewonnen, war aber nicht beste Deutsche: Hinter der Neuseeländerin Jenny Rose hatte sich Ute Schäfer die Silbermedaille geholt. Schäfer und Estedt sind bis heute die beiden einzigen deutschen Medaillengewinnerinnen.
Auch bei den Männern begann nach dem Auftakt eine sehr lange Durststrecke: Erst Florian Angert und Frederic Funk konnten 2022 im slowakischen Šamorín mit Platz zwei und drei hinter dem Franzosen Pierre Le Corre die nächsten Medaillen für die Deutsche Triathlon Union (DTU) einfahren. Für viele der namhaften Profis waren die Meisterschaften nicht interessant, da der Weltverband das Tragen des Nationaltrikots vorschrieb, die Sportler sich aber längst über private Sponsoren finanzierten.
Nizza fünfmal WM-Gastgeber
Insgesamt fünfmal sollten die ITU Long Distance Triathlon World Championships in Nizza stattfinden – nach der Premiere 1994 noch 1995, 1997, 2000 und 2002. Einmal war Deutschland Gastgeber für das Rennen mit den ungewöhnlichen Distanzen: Am 31. Juli 2010 gewannen der Franzose Sylvain Sudrie und die Schweizerin Caroline Steffen die Titelkämpfe, die im Rahmen des Allgäu Triathlons in Immenstadt ausgetragen wurden.