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Weitere Informationen ‚Andreas Dreitz über die Langdistanz, Roth und Hawaii
Reifen: Große Kaufberatung
Reifen für das Rennrad
Es gibt kaum ein Ausrüstungsdetail, über das sich ambitionierte Triathleten nicht ausgiebig den Kopf zerbrechen. Gerade wenn es ums Radfahren geht. Und doch kann man beim Gang durch die Wechselzonen dieser Welt den Eindruck bekommen, dass die Reifenwahl nicht immer jene Aufmerksamkeit genießt, die ihr gebührt. Da ziehen Weltklasse-Athleten Mittelklasse-Modelle auf, werden Potenziale nicht ausgeschöpft oder auch extreme Risiken eingegangen. Zugegeben: Früher war alles einfacher. Da meinte man, ein maximal aufgepumpter 21er-Schlauchreifen, wie die damaligen Straßenprofis ihn fuhren, sei die beste Wahl. Heute weiß man, dass es deutlich bessere Varianten gibt. Doch um diese zu finden, bedarf es eines gehörigen Maßes an Abwägung. Der Markt ist unübersichtlich geworden und man kann auf verschiedenen Wegen zum persönlich geeignetsten Set-up kommen. Mit dieser Kaufberatung wollen wir Ihnen helfen, die Eigenschaften von verschiedenen Reifen-Modellen und -Prinzipien zu verstehen und auf der Grundlage dieses Wissens eine weise Wahl zu treffen.
Der perfekte Kompromiss
So schade es ist: Den einen Überreifen, der für jeden Athleten vom Agegrouper bis zum Profi die perfekte Wahl darstellt, gibt es nicht. Ein Reifen ist immer ein Kompromiss, denn die Entwickler sind gezwungen, Eigenschaften abzuwägen, die sich größtenteils widersprechen: niedriges Gewicht, geringer Rollwiderstand, satter Grip bei allen Wetterbedingungen, wirksamer Pannenschutz, gleichmäßiges Einlenkverhalten, eine lange Lebensdauer und möglichst niedrige Produktionskosten.
Worin die Widersprüche im Einzelnen bestehen, dazu später mehr. Fakt ist: Da Topwerte nicht in allen Bereichen gleichzeitig möglich sind, stehen die Entwickler vor einer Entscheidung. Entweder konstruieren sie einen Allrounder, der in sämtlichen Bereichen möglichst gut abschneidet, und nehmen dabei in Kauf, dass in keiner Kategorie Spitzenwerte möglich sind. Oder sie fokussieren sich auf einen bestimmten Bereich wie Rollwiderstand, Pannenschutz oder Laufleistung und vernachlässigen bei diesem Spezialmaterial bewusst andere Kategorien. Das Ergebnis sind extrem unterschiedliche Reifen und hinzu kommen noch die unterschiedlichen Bauarten, mit denen sich diese Eigenschaften realisieren lassen.
Schlauchreifen, Clincher oder Tubeless?
Die große Mehrheit der Renn- , Zeitfahr- und Triathlonräder rollt heute auf sogenannten Drahtreifen, die oft auch als Clincher oder tubetype bezeichnet werden. Das heißt: die allseits bekannte Kombination aus einem Reifen und einem Schlauch, der bei der Montage eingezogen wird und der die Luft hält. Schlauchreifen, bei denen der Schlauch in den Reifen eingenäht ist und die auf die Felge aufgeklebt werden, kommen immer mehr außer Mode und werden eigentlich nur noch im Straßenradsport gefahren, da diese Reifen auch bei Luftverlust weiter auf der Felge halten und deshalb über gewisse Notlaufeigenschaften verfügen. Man kann mit ihnen weiterrollen bis das Teamfahrzeug da ist und ein Ersatzlaufrad bringt.
Früher boten Schlauchreifen auch Vorteile beim Rollwiderstand und Gewicht, doch diese Zeiten sind vorbei. Moderne Clincher in Kombination mit leichten Schläuchen sind vergleichbaren Schlauchreifen mittlerweile überlegen. Dass sich mit Clinchern Pannen deutlich schneller und einfacher beheben lassen, ist für Triathleten ein weiteres Argument, auf dieses Prinzip zu setzen. In den vergangenen Jahren ist jedoch mit dem TubelessPrinzip eine weitere ernsthafte Alternative hinzugekommen, von denen nicht wenige behaupten, dass es sich zum neuen Standard entwickeln könnte. Doch zu dieser Sparte an späterer Stelle mehr.
Rollwiderstand
Für viele Triathleten steht ein niedriger Rollwiderstand ganz oben im Ranking der wichtigsten Eigenschaften, die ein Reifen mitbringen muss. Denn anders als Straßenradfahrer, die Kurse mit kniffligen Kurven, Anstiegen und Abfahrten meistern müssen und deshalb einen ausgeglichenen Allroundreifen mit gutem Handling benötigen, sind Radstrecken im Triathlon meist kurvenarm, führen über guten Asphalt und können mit Vollgas gefahren werden. Ist man also auf eine möglichst hohe Geschwindigkeit bei minimalem Kraftverbrauch aus, ist der Rollwiderstand die Eigenschaft, die zählt.
Ermittelt wird der Rollwiderstand unter Laborbedingungen auf einer sogenannten Trommel. Unter standardisierten Bedingungen wird gemessen, wie viel Watt notwendig sind, um den Reifen mit einer konstanten Geschwindigkeit (meist 30 km/h) am Laufen zu halten. Dieses Verfahren ist bestens geeignet, um Unterschiede zwischen verschiedenen Reifen festzustellen. Man muss allerdings im Hinterkopf behalten, dass sich die absoluten Werte nicht eins zu eins auf die Praxis übertragen lassen. Da die Trommeloberfläche, auf der der Reifen läuft, im Gegensatz zur planen Fahrbahn eine Krümmung hat, fallen die Abstände im Labor deutlicher aus, als dies auf der Straße der Fall wäre. Spüren lassen sich die Unterschiede zwischen vergleichbaren Reifen während der Fahrt nicht. Vorhanden ist der Widerstand natürlich dennoch.
Beeinflusst wird der Rollwiderstand durch etliche Faktoren: etwa den Reifendruck, die Zusammensetzung und Stärke der Gummimischung, die Beschaffenheit der Karkasse, den verwendeten Pannenschutzgürtel, den Aufbau des Reifens, die Reifenbreite und, bei Clincher-Modellen, die Stärke und das Material des Schlauchs. Zusammenfassend lässt sich sagen: Je weniger sogenannte „Walkarbeit“ nötig ist, damit der Reifen rollen kann, desto geringer ist der Rollwiderstand. Extreme Wettkampfreifen sind deshalb teilweise derart minimalistisch aufgebaut, dass man beinahe hindurchsehen kann. Diese Reifen sind zwar unschlagbar schnell, bieten allerdings praktisch keinen Pannenschutz, was ihren Einsatz zu einem hohen Risiko macht. Hier gilt es weise abzuwägen, was einem der Rollwiderstandsvorteil wert ist. Besonders wenn man auf langen Strecken unterwegs ist, sollte man den Pannenschutz nicht unterbewerten.
Umstritten ist in dieser Hinsicht auch der Einsatz von Latexschläuchen. Mit ihnen lässt sich der Rollwiderstand im Vergleich zu Butyl-Modellen weiter senken, ihre Montage ist allerdings extrem knifflig und sollte nur von überaus erfahrenen „Schraubern“ durchgeführt werden. Die Gefahr, dass der hauchdünne Schlauch zwischen Felge und Reifen eingeklemmt wird oder dass das empfindliche Latex eine heiß gewordene Stelle der Felge berührt, die nicht vom Felgenband verdeckt wird, ist sehr hoch. Dies ist deshalb so problematisch, weil die beschriebenen Szenarien zu verheerenden Platzern führen können. Sie haben leise Zweifel, ob Sie die Montage zu 100 Prozent korrekt durchführen können? Dann lassen Sie lieber die Finger von dieser Tuningmaßnahme.
Pannenschutz
Der Pannenschutzgürtel wird mittig unter dem Laufstreifen eingearbeitet. Manchmal zieht sich diese Schicht auch über den kompletten Reifen, bei schnellen Wettkampfreifen ist dies aber eher selten der Fall. Meistens ist er in dieser Kategorie nicht viel breiter als zehn Millimeter, da ein breiterer Pannenschutzgürtel den Rollwiderstand über Gebühr erhöhen würde, weil der Reifen mehr Walkarbeit leisten müsste. Der Nachteil: Die Seitenwände dieser Reifen bleiben praktisch ungeschützt. Auf glatten Straßen ist dies kein Problem, fährt man jedoch über grobes Kopfsteinpflaster oder Schotter, kann schon ein unglückliches Scheuern genügen, um die dünne Schicht an der Flanke zu zerstören.
Ohne Schutzgürtel würden schon harmlose Steinchen ein großes Risiko bedeuten – von Scherben und Dornen ganz zu schweigen. Der Pannenschutzgürtel besteht in der Regel aus einem widerstandsfähigen Gewebe, das spitze und scharfe Teilchen vom Schlauch abhält, wenn diese sich bereits durch die Gummischicht gearbeitet haben. Was am Limit konstruierten Wettkampfreifen oft zum Verhängnis wird, ist ihr dünner Laufstreifen. Trotz Pannenschutzgürtel stoßen manche Modelle schnell an ihre Grenzen, da das Gummi über dem Gewebe so dünn ist, dass es spitze Eindringlinge alleine durch die Elastizität des Materi – als nicht wieder herausarbeitet, bevor die unteren Schichten des Reifens Schaden nehmen. Man sollte sich deshalb gut über – legen, wie viel Risiko man für einen etwas besseren Rollwiderstand einzugehen bereit ist.
Gewicht
Das Gewicht eines Reifens spielt für Triathleten keine große Rolle. Relevant ist es eigentlich nur, wenn es um Antritte nach Kurven oder an sehr steilen Anstiegen geht. Hier macht sich bemerkbar, dass man es mit rotierender Masse zu tun hat, was im Wortsinn schwerer wiegt als etwa ein paar Gramm mehr am Rahmen. Hier lässt sich der Unterschied zwischen einem leichten Wettkampfreifen und einem soliden Allrounder auch praktisch erfahren. Rollt der Reifen jedoch erst mal mit höherem Tempo, hat ein leichtes Mehrgewicht keine Bedeutung mehr. Und auch beim Gesamtgewicht lässt sich mit einem leichteren Satz Reifen kein großer Sprung machen, betragen die Unterschiede doch pro Reifen oft nur wenige Dutzend Gramm.
Grip und Haltbarkeit
Die gute Nachricht: Wirklich schlechte Reifen, die bei Nässe oder einer bestimmten Kurvenlage keinen Grip mehr bieten, gibt es ab der gehobenen Mittelklasse nicht mehr. Man muss einen Reifen schon sehr hart rannehmen, damit er ausbricht. Und wenn dies passiert, dann kündigt sich der Abflug durch ein Stottern an, auf das man noch reagieren kann. Bei billigen Modellen kann es passieren, dass der Reifen sich ohne vorherige Anzeichen „verabschiedet“ und komplett den Halt verliert. Das Thema Grip ist für die Hersteller dennoch eine große Herausforderung, denn gibt man der Mischung eine gewisse Klebrigkeit mit, kann sich dies auch negativ auf den Rollwiderstand auswirken. Zudem wird eine weiche Mischung schneller verschleißen. Ein Problem, da die Gummidecke von Wettkampfreifen ohnehin oft nur halb so stark ist wie bei den guten Allroundern. Wie lange ein Reifen letztendlich hält, lässt sich allgemein nicht mit einer Zahl ausdrücken. Zu sehr ist das Ergebnis abhängig vom Fahrverhalten und Gewicht des Fahrers, dem genutzten Straßenbelag und den Witterungsbedingungen. So kann die Laufleistung im Extremfall bei verschiedenen Exemplaren des gleichen Modells je nach Nutzung mehrere Tausend Kilometer voneinander abweichen.
Drag und Reifendruck
Wie sehr es beim Reifen auf Feinheiten ankommt, wollten wir in einem Windkanal-Experiment herausfinden, das wir gemeinsam mit den Aero-Experten von Swiss Side durchgeführt haben. Die Annahme war, dass der Reifendruck die Form beeinflusst, die der Reifen auf der Felge einnimmt. Aber tut er dies in einem Maß, das den Luftwiderstand verändert? Die Antwort ist: Ja! Die Messung ergab, dass der Reifen (ein 25er Continental GP 4000s II) mit jedem Bar mehr, ausgehend von 6 Bar, um jeweils 0,2 Millimeter breiter wurde und das wiederum ca. 0,3 Watt mehr bedeutete, die nötig waren, um ihn auf Tempo zu halten. Daraus aber zu schließen, dass es aus Aero-Gründen eine gute Idee ist, den Luftdruck von 6 Bar zu wählen, greift zu kurz. Denn mit jedem Bar weniger als 8 Bar steigt nämlich auch der Rollwiderstand an. Und das sogar in einem Maß, das die Vorteile durch die schmalere Form bei geringerem Druck deutlich auffrisst. Da die Abstände bei der Rollwiderstandsmessung jedoch größer sind, als sie es in der Praxis wären, bleibt als Fazit, dass sich Aero-Nachteile und Rollwiderstandsvorteile durch höheren Druck in etwa aufheben.

Reifenbreite
Die Wahl der richtigen Reifenbreite lässt sich heute pauschal nicht mehr so einfach beantworten. Zwar reifte in den vergangenen Jahren die Erkenntnis, dass 25er-Reifen bei identischem Luftdruck einen geringeren Rollwiderstand haben als vergleichbare 23er, doch ob der 25er die bessere Wahl ist, hängt heute stark von der verwendeten Felge ab. Der pauschale Rat zum 25er basierte nämlich auf der viele Jahre allgemein verwendeten Innenmaulweite von 15 Millimetern. Diese war Standard, bis Laufräder aus Aerodynamikgründen breitere Profile erhielten und damit auch die Innenmaulweite stark anwuchs. Heute beträgt dieser Wert bis zu 19,5 Millimeter, was die Form der Reifen stark verändert. So kann aus einem aufgepumpten Reifen, der auf einer 15-C-Felge 23 Millimeter breit ist, bei größerer Innenmaulweite ein 25er werden. Je nach Felge kann es dementsprechend passieren, dass ein 25 Millimeter breiter Reifen so an Größe zunimmt, dass er an der Bremse schleift oder nicht mehr in den Rahmen passt. Doch Rahmen- und Komponentenhersteller haben diese Problematik erkannt und verpassen ihren aktuellen Modellen mehr „Luft“.
Das Tubeless-Thema
Ganz neu ist das „Schlauchlosprinzip“ beim Rennrad nicht, doch erst in der jüngeren Vergangenheit kamen Produkte auf den Markt, die in Summe auch den besten Clincher-Schlauch-Kombinationen Konkurrenz machen können. Der Ansatz: Tubeless-Reifen halten die Luft selbst. Das Ventil sitzt dabei in der Felge, die ein geschlossenes Bett benötigt, damit die Luft nicht entweichen kann. Dichtlippen an den Wulstkernen des Reifens schließen luftdicht ab. Die Vorteile: Pannen durch eingeklemmte oder aufgrund von Hitze geplatzte Schläuche sind unmöglich und da ohne Schlauch weniger Walkarbeit geleistet werden muss, ist der Rollwiderstand niedriger als bei vergleichbaren Clinchern mit Butyl-Schläuchen. TubelessReifen können also schneller sein als Clincher beziehungsweise bei etwa gleichem Rollwiderstand mit weniger Druck gefahren werden, was den Grip und den Komfort erhöht.
Die Nachteile: Die Montage vieler Modelle erfordert Kraft, Erfahrung und Geduld. Da Tubeless-Reifen straffer auf der Felge sitzen als Clincher, lassen sie sich deutlich schwieriger aufziehen. Zudem kann es eine Herausforderung sein, den stoßartigen Druck zu erzeugen, den man braucht, damit die Wulstkerne in die richtige Position rutschen, um abzudichten. Hier ist eine gute Standpumpe gefragt. Einfacher geht es mit einem Kompressor oder einer Schnellentladungspumpe.
Eine Besonderheit des Tubeless-Prinzips: Die Reifen können mit einer latexhaltigen Dichtflüssigkeit befüllt werden, was den Pannenschutz in bestimmten Situationen deutlich erhöht. Die Flüssigkeit (10 bis 20 ml) verteilt sich durch die Rotation über die gesamte Innenseite. Durchsticht ein kleiner Stein oder eine Mini-Scherbe den Reifen, was normalerweise zum Luftverlust führen würde, presst der Druck blitzschnell kleinste Partikel aus der „Milch“ in das Loch, wo sie aushärten und den Reifen wieder verschließen. Zu beklagen sind dann lediglich etwas Druckverlust und Spritzer am Rahmen. Jedoch nur, wenn das Loch nicht zu groß ist. Im größeren Schadenfall kann auch die Milch nicht mehr helfen und man muss einen herkömmlichen Schlauch einziehen, um weiterrollen zu können.
Stiche werden in der Regel zuverlässig abgedichtet. Mehrere Millimeter lange Schnitte sind hingegen oft problematisch. Lästig ist, dass die Milch je nach Fahrleistung aber spätestens nach einem halben Jahr ausgetauscht werden muss, weil sie sonst nicht mehr zuverlässig abdichtet. Zudem kann es vorkommen, dass bereits abgedichtete Stellen wieder aufgehen und Milch entweicht. Die Betonung liegt hier jedoch auf „kann“. Obwohl der Umgang mit der Milch einen gewissen Aufwand bedeutet und das Prinzip nicht in einhundert Prozent der Fälle funktioniert, ist Tubeless-Fahrern der Einsatz unbedingt zu empfehlen.
Timo Bracht über seine Karriere und neue Zeiten
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Weitere Informationen ‚3 Speedsuits im Test
Neoprenalternative
Die Top 3 der Dinge, mit denen man Triathleten gehörig die Laune verderben kann, bestehen aus strömendem Regen am Wettkampftag, gleichauf mit platten Reifen. Der absolute Spitzenreiter ist allerdings ein ausgesprochenes Neoprenverbot am Rennmorgen. Insbesondere schlechte Schwimmer sind damit im Nachteil, weil ihnen der Zeitvorteil durch die Gummihaut verloren geht. Ein Neoprenanzug garantiert schnellere Schwimmzeiten wegen des Auftriebs und der besseren Wasserlage. Aber die Regeln sind eindeutig: Auf der Olympischen Distanz ist der Kälteschutz für Alterklassenathleten ab 22 Grad und auf der Langdistanz ab 24,6 Grad Wassertemperatur in Flüssen und Seen laut der Sportordnung der Deutschen Triathlon Union verboten, um ein Überhitzen zu vermeiden.
Beinahe jeder Profi schwenkt bei Neoprenverbot (siehe Tabelle auf der übernächsten Seite) auf einen Speedsuit um. Am besten kann man dieses Phänomen jedes Jahr beim Ironman auf Hawaii beobachten, weil dort schon von vornherein klar ist, dass der Pazifik zu warm ist fürs Tragen eines Neoprenanzugs. Speedsuits sind einzig und allein für den Einsatz in der ersten Disziplin entwickelt, auf dem Rad droht ein erheblicher aerodynamischer Nachteil.
Wer keinen Speedsuit besitzt, wird das auch wohl oder übel tun müssen und sich Folgendes fragen: Lohnt sich die Anschaffung eines Schwimmanzugs überhaupt? Speedsuits dürfen keinen Auftrieb erzeugen, so sieht es das Regelwerk der Deutschen Triathlon Union vor: „Ist das Schwimmen mit Kälteschutzanzug verboten, darf die Schwimmbekleidung keinen Auftrieb erzeugen.“ Da Speedsuits nicht (mehr) neoprenbeschichtet sind, spielt der Auftriebseffekt nur noch eine untergeordnete Rolle. Der entscheidende Vorteil resultiert aus den verwendeten Textilien und deren Verarbeitung: Die Nähte sind bei Speedsuits idealerweise verklebt, wodurch das Material besser durchs Wasser gleitet. Experten schätzen, dass je nach Schwimmniveau bis zu drei Sekunden Zeitersparnis auf 100 Metern gegenüber einem klassischen Einteiler möglich sind.
3 Speedsuits im Test
Arena Carbon Speedsuit
Testeindruck: Der „Carbon Speedsuit“ von Arena kostet 280 Euro und ist der einzige Speedsuit im Test mit Carbonfasern. Die Verarbeitung ist sehr hochwertig, die Passform eng, aber nicht unangenehm. Dadurch, dass der Speedsuit keine Ärmel besitzt, hat man komplette Armfreiheit. Auffällig ist außerdem, dass der Anzug aufgrund seines Materials sehr wasserabweisend ist, was die Hydrodynamik beim Schwimmen merklich verbessert.

Fazit: Ein Premium-Speedsuit, der mit seinen Eigenschaften überzeugt. Aufgrund der engen Passform sollte er jedoch vor einem Kauf auf jeden Fall Probe geschwommen werden.
Website: arenawaterinstinct.com
Orca RS1 Swimskin
Testeindruck: Die Nähte des „RS1 Swimskin“ von Orca sind verklebt, dadurch enstehen auch über längere Zeit keine Scheuerstellen. Der Anzug sitzt eng am Körper. Das Material ist aber nicht sehr flexibel. Er punktet mit sehr guten Gleiteigenschaften. Das Modell gibt es auch als Variante mit Ärmeln.

Fazit: Mit dem Orca kann man nichts falsch machen. Beim Anziehen sollte man jedoch etwas Zeit mitbringen. Kostenpunkt: 279 Euro.
Website: orca.com
Zone 3 Short Sleeve Swimskin Kona Edition
Testeindruck: Der zweite Kurzarm-Speedsuit im Test. Trotz der gewollt engen Passform und der Ärmel wird die Bewegungsfreiheit – auch bei längeren Strecken – nicht groß eingeschränkt. Der Verarbeitung ist auf höchstem Niveau. Der Preis liegt mit 399 Euro allerdings auch in der gehobenen Klasse.

Fazit: Ein Speedsuit mit hoher Qualität, der allerdings auch seinen Preis hat.
Website: zone3.com
Ab wann droht ein Neoprenverbot?
SCHWIMMSTRECKE | RENNKLASSE | WASSERTEMPERATUR (°C) | NEOPREN |
---|---|---|---|
Bis 1.500 m | Altersklasse | 14–15,9 | muss |
16–21,9 | kann | ||
≥ 22 | nein | ||
Bis 1.500 m | Junioren, Elite, U23 | 14–15,9 | muss |
16–19,9 | kann | ||
≥ 20 | nein | ||
Ab 1.501 M | Altersklassen | 14–15,9 | muss |
16–24,5 | kann | ||
≥ 24,6 | nein | ||
Ab 1.501 M | Elite | 14–15,9 | muss |
16–21,9 | kann | ||
≥ 22 | nein |
Daniel Unger über Siege und Niederlagen
Scott Plasma RC im Dauertest
Dauertest eines Dauer(b)renners
Mit Rädern ist es ein bisschen wie mit Frauen: Wenn man sich einmal entschieden hat, will man nichts anderes mehr. So geht es mir mit dem Scott Plasma RC aus dem Jahr 2017, das ich seit Dezember 2016 fahre. Das Rad wurde von mir (und einem Radmechaniker) mehrfach umgebaut und optimiert, es hat einen eigenen Spitznamen bekommen und steht nach harten Verhandlungen mittlerweile wie selbstverständlich im Wohnzimmer. Mit dem Rad habe ich nicht nur viele tausend Trainingskilometer absolviert, sondern auch meine erste Langdistanz erfolgreich ins Ziel gebracht. Zeitfahrräder sind mehr als ein windschnittiges Fortbewegungsmittel auf zwei Rädern, sondern wecken Emotionen und spiegeln mitunter den Charakter ihrer Fahrer wider. Nur so lässt sich erklären, dass Triathleten bereit sind, ein kleines Vermögen für knapp zehn Kilogramm Carbon auszugeben. Der immaterielle Wert ist häufig höher als der Kaufpreis.
Rahmen und Formgebung
Das Plasma hat seinen Reiz: Es war eines der ersten Räder mit integriertem Trinksystem und hat damit seinerzeit Maßstäbe gesetzt. Das Bike von Sebastian Kienle, mit dem er 2014 zum Weltmeistertitel raste und damit viele Zuschauer für den Triathlon begeisterte, war seiner Zeit weit voraus. Vier Jahre später kommt kaum noch ein Highend-Triathlonrad ohne Storage-Box und Trinksystem aus. Scott sagt, dass das Rad mit Trinksystem aus dem Hause Profile Design sogar schneller sei als ohne – das sollen Tests im Windkanal ergeben haben. Auch ohne exakte Zahlen scheint das Trinksystem eine aerodynamisch schlüssige Idee: Durch die Erweiterung wird der Raum zwischen Fahrer und Rahmen effektiv geschlossen. Anders als bei neuen integrierten Trinksystemen (z.B. Cube Aerium oder Stevens Volt) schließt das von Scott beinahe bündig mit dem Reifen ab. Das Trinksystem erinnert optisch ein wenig an einen scharfen Schiffsbug.
Weniger scharf geht es beim Rahmen zu: Beim Plasma dominieren Tropfenformen, an denen der Wind sanft abreißen kann. Das Unterrohr erscheint im Vergleich zu anderen Boliden weniger voluminös, was aber positive Auswirkungen aufs Fahrverhalten (siehe unten) hat. Durch die horizontalen Ausfallenden kann das Hinterrad gut verstellt werden. Die Bremsen verschwinden komplett im Rahmen – Vollintegration wird beim Plasma groß geschrieben. Alle Kabel- und Bowdenzüge liegen im Inneren des Rahmens und sind wunderbar versteckt. Nur die Junction-Box der Di2 guckt heraus, und wurde unter dem Sattel positioniert, um ohne Schraubaufwand gut und schnell erreichbar zu sein für etwaige Ladevorgänge.

Cockpit und Einstellmöglichkeiten
Wer sich ein neues Zeitfahrrad zulegt, sollte unbedingt zuvor einen Blick auf die Verstellmöglichkeiten des Cockpits werfen. Inbesondere dann, wenn man davon ausgeht, dass einen das Rad über viele Jahre hinweg begleiten wird. Denn mit Sicherheit wird sich in diesem Zeitraum auch die Position verändern. Je mehr Verstellmöglichkeiten das Cockpit bietet, desto besser. Im Lieferumfang des Plasmas sind allerhand Spacer (von 0,5 bis 2 cm) und entsprechende Schrauben enthalten, um die Spacer-Höhe bis auf 0,5 cm genau einzustellen. Das hat Scott in Zusammenarbeit mit Profile Design hervorragend gelöst.
Allerdings folgt dem Lob ein kleines Aber: So hervorragend sich das Plasma bei der Spacer-Höhe einstellen lässt, so schwierig ist es, die Armbreite zu minimieren. Zugegeben: Für die Mehrheit reicht die Standard-Pad-Breite vollkommen aus. Wer aber noch enger sitzen und aggressiver fahren will (so wie ich), muss sich einer Sonderlösung bedienen: Durch den Austausch der Brackets (s. hierzu nächste Seite im Artikel) kann man maximal eng fahren. Seit Kurzem sind diese sogenannten „TT Brackets“ auch im Scott-Shop für 59,95 Euro erhältlich. So weit, so gut. Um die Brackets allerdings tauschen zu können, muss die Di2-Steckverbindung gelöst werden, die seit der 2017er-Version im Vorbau und nicht mehr in den Extensions sitzt. Das kostet Zeit, Nerven oder Geld – einfach mal was umschrauben ist nicht. Vollintegration ist eben Fluch und Segen zugleich.
Ansonsten besticht das Cockpit durch Highend-Komponenten. Vorbau und Carbon-Lenker sind in Zusammenarbeit mit Profile Design entstanden und perfekt aufs Plasma abgestimmt. Bei den Extensions setzt Scott auf das Modell T5+ von Profile Design. Die Extensions lassen sich aber auch problemlos austauschen, aber auch hier gilt wieder – einfach mal umschrauben ist nicht. Soviel an dieser Stelle vorab: Das einzige, was uns an dem Rad negativ aufgefallen ist, sind die ausreichenden, aber nicht bis ins letzte Detail optimierte Einstellmöglichkeiten des Cockpits, das man hätte noch benutzerfreundlicher gestalten können. Der Fairness halber muss man aber auch sagen: Der Großteil der Fahrer wird sich aufs Rad setzen und mit den vorhandenen Einstellmöglichkeiten problemlos auskommen. Die Aero-Sattelstütze ermöglicht einen Sitzwinkel zwischen 73 und 79 Grad. Die Klemmung der Sattelstütze ist integriert und hielt, nachdem man die Inbusschraube festzog, bombenfest.
Fahreigenschaften
Weit mehr als 5.000 Kilometer habe ich mit dem Plasma zurückgelegt – und zu keinem Zeitpunkt erlaubte sich das Rad auch nur eine kleinste Schwäche. In Verbindung mit den Laufrädern von Profile Design (78 mm hinten, 58 mm vorn) war das Rad allerdings relativ windanfällig, was sich beim Laufradtausch schnell legte. Mit den Standardlaufrädern (Syncros Race 22 Aero Profile 24 Front / 28 Rear) war das Rad auch für ein Leichtgewicht (66 Kilo) wie mich selbst bei starken Winden jederzeit beherrsch- und vorhersehbar. Der vorbildliche Kompromiss aus Geradeauslauf und trotzdem sehr gutem Handling in Kurven oder an Wendepunkten begeisterte während der zahlreichen Testfahrten und bei Wettkämpfen. Diese Tatsache macht das Rad vor allem für Einsteiger, die sich zunächst unsicher in der Zeitfahrposition fühlen könnten, interessant. Das Plasma bleibt bei Abfahrten und sehr hohen Geschwindigkeiten von über 50 km/h absolut und jederzeit stabil und steuerbar und sorgt für maximalen Fahrspaß und Sicherheit. Denn auch bei hohen Geschwindigkeit lassen sich die Lenkvorgänge präzise durchführen, ohne dass das Rad ins Schwimmen gerät. Im Vergleich zu anderen Zeitfahrrädern ist der Lenkereinschlag des Plasmas überdurchschnittlich groß.
Die Bremsen (Ultegra Direct-Mount-Standard von Shimano hinten und vorn eine Sonderkonstruktion in Zusammenarbeit mit Tektro namens Scottt KB136) greifen ausreichend kräftig zu und bringen das Rad dosierbar zum Stillstand. Naturgemäß geht dennoch ein Teil der Bremsleistung beim Wechsel auf Laufräder mit Carbon-Bremsflanken verloren. Im Training empfehle ich daher, die Standardlaufräder mit der Alu-Bremsflanke zu fahren: Zum einen erhöht sich dadurch – insbesondere bei Nässe – die Bremsleistung und zum anderen sorgen die flachen Laufräder für mehr Fahrstabilität. Das Plasma beschleunigt kraftvoll und ohne Reibungsverlust – der Wettkampfcharakter ist bei jedem Antritt spürbar. Hat das Rad erstmal Fahrt aufgenommen, läuft es schnurgerade und unglaublich ruhig, reagiert dennoch ohne Murren auf Richtungswechsel. Kurzum: Laufruhe und Handling sind perfekt aufeinander abgestimmt. Dazu sorgt die Di2 von Shimano für präzise und zuverlässige Gangwechsel – bis eines Tages der linke Schaltknopf aussetzte …

Als plötzlich die Di2 ausfällt
Fünf Tage vor meiner ersten Mitteldistanz fällt plötzlich die Shimano Di2 Ultegra aus. Meine erste Vermutung, dass sich möglicherweise ein Kabel gelöst hätte, stellt sich nach Öffnung des Vorbaus (Zeitaufwand für einen ungeübten Schrauber: 20 Minuten) als unbegründet heraus. Verzweiflung macht sich breit. Ich mutmaße: Entweder hat sich die Steckverbindung im Rahmen gelöst – oder die Di2 ist womöglich defekt. In beiden Fällen habe ich keine Lösung parat. Also entscheide ich mich, einen Scott-Händler in Hamburg aufzusuchen, der mir prompt weiterhelfen kann. Schon am nächsten Tag kann ich das Rad abgeben und am übernächsten Tag wieder abholen. Als Ursache stellt sich heraus, dass die Schaltknöpfe am linken Basebar defekt sind. Da es drängte, nahm der Händler in Absprache mit Scott die Knöpfe von einem Ausstellungsrad und verbaute diese am Plasma. Ich war vom Service begeistert und konnte bei der Mitteldistanz erfolgreich starten. Ein Versender hätte derart schnell nicht reagieren können. Nicht falsch verstehen: Sowohl Händler- als auch Versandräder haben ihre Vor- und Nachteile. Das große Plus von Händlerrädern wie Scott ist eben der Vor-Ort-Service.
Fazit
Kommen wir zur schlechten Nachricht. Die Kosten für das aktuelle Plasma RC mit Shimano Di2 Ultegra und Standardlaufrädern in der 2018er-Variante belaufen sich auf satte 7.299 Euro. Für das kleinere Portemonnaie bietet Scott immerhin mit den Plasma-Modellen 10 und 20 zwei fast rahmengleiche Zeitfahrräder an, die unter 4.000 Euro liegen. Allerdings müssen Fahrer dieser Räder mechanisch schalten und aufs integrierte Trinksystem und die Storage-Box verzichten. Scott lässt sich seine beiden Top-Bikes (RC und Premium) gut bezahlen – aber auch zurecht, wie ich nach eineinhalb Jahren Testzeitraum sagen muss. Die Verarbeitungsqualität ist tadellos und alle Komponenten sind von sehr hoher Güte. Einzig bei den Laufrädern muss man beim RC Abstriche machen.
Und ein wichtiger Punkt, der gern vergessen wird: Neben der Ausstattung und dem Preis-Leistungs-Verhältnis kann auch der Service ein Kaufgrund sein. Nicht jeder Triathlet ist schraubaffin und möchte sich stundenlang mit seinem Rad beschäftigen. Im ungewollten Service-Test punktete Scott bzw. der Händler mit einem herausragenden Ersten-Hilfe-Service. Das Rad, mit dem Sebastian Kienle den Ironman Hawaii 2014 gewinnen konnte, zählt immer noch und trotz seines Alters zu den technisch und aerodynamisch ausgereiftesten Triathlonrädern auf dem Markt. Um in meinem Beziehungsvergleich zu bleiben: Das Plasma RC ist kein Rad für eine Saison – sondern eines zum Heiraten.
Für Fahrrad-Freaks: Pimp my Plasma
Da es das Scott Plasma schon länger gibt, haben sich allerhand Sonderlösungen etabliert, um noch mehr aus dem Rad herauszuholen. Im Folgenden stellen wir Ihnen die Empfehlungen unseres Redakteurs vor:
1. Flaschenhalter im Rahmen und am Sattel
„Keine große Überraschung: Ich habe mich für eine Aeroflasche von Elite im Rahmen entschieden. Nicht nur Triathlonprofis, auch Radprofis haben die Flasche beim Zeitfahren im Rahmen. Allerdings habe ich mich für die Kunststoffvariante (Elite Crono CX) für rund 30 Euro entschieden. Die Carbon-Variante (Crono CX Carbon) kostet doppelt so viel. Eine zweite Flasche führe ich hinter dem Sattel mit, wo ich mich für den Flaschenhalter RM 10 von Profile Design für knapp 90 Euro entschieden habe. Die Sattelstütze des Plasmas bietet durch die 10-mm-Längsbohrung die Möglichkeit, diesen Flaschenhalter sauber zu integrieren. Flaschenhalter-Bohrungen am Sitzrohr fehlen allerdings.“
2. Storage-Box im Rahmendreieck
„Dieses Feature hat nicht nur viel Geld, sondern auch Nerven gekostet. Rund vier Monate habe ich auf die im 3D-Drucker erstellte Storage-Box von Drag2Zero gewartet und dafür 180 Pfund hingeblättert. Praktisch alle Triathlonprofis von Scott haben diese Box im Rahmendreieck. Das hat gleich drei Vorteile: Erstens lassen sich darin Ersatzschlauch und Kartusche abgeschlossen verstauen, zweitens wird der Freiraum zwischen Aerotrinkflasche am Unterrohr und Sitzrohr geschlossen und drittens vergrößert sich aerodynamisch günstig die Rahmenfläche des Rads.“
3. Brackets
„Bei den Brackets sehe ich das größte Potenzial: Diese kleine Veränderung hat mir mehr Einstellmöglichkeiten beschert und gleichzeitig meine Position deutlich verbessert, weil ich nunmehr enger sitzen kann. Aber Vorsicht: Eine solche Position, wo sich die Unterarme beinahe berühren, erfordert viel Flexibilität und Übung.“
4. Vorbau
„Wer auf sein Trinksystem verzichten kann, etwa als Zeitfahrer oder wer überwiegend bei Sprint- oder olympischen Triathlons startet, hat die Möglichkeit, einen anderen Vorbau zu verwenden. Speziell für Zeitfahrer hat Scott folgenden Vorbau im Angebot, mit dem man 45 mm tiefer liegen kann, der aber kein Trinksystem zulässt. Hintergrund: Das Plasma wurde seinerzeit als Triathlonrad konzipiert und gedacht, aus dem man jederzeit ein Zeitfahrrad machen kann (und nicht umgekehrt).“
5. Lenker
„Fürs Plasma kann man wählen zwischen drei unterschiedlichen Lenkervarianten von -30 bis 30 mm Höhe. Standardmäßig wird die gerade Variante verbaut. Wer lieber negativ oder positiv fährt, kann mehrere hundert Euro in einen neuen Lenker investieren. Die negative Variante sieht nicht nur viel cooler aus, sie ist auch 20 mm schmaler als das gerade Modell, wodurch weniger Carbon im Wind steht. Das Wattersparnis liegt natürlich im Mikrobereich. Wer aber das letzte Quäntchen aus seinem Rad herausholen will oder die Wahl hat, sollte die negative Variante bevorzugen.“
6. Trinkschlauch
„Diesen Workaround habe ich mir von Sebastian Kienle abgeguckt: Standardmäßig steht der Trinkschlauch des integrierten Trinksystems beim Plasma nämlich im Wind. Bahntests konnten zeigen, dass diese Konstruktion bis zu 5 Watt kostet. Daher habe ich einen Magneten an den Extensions angebracht und mir einen flexibleren Trinkschlauch gekauft, an den ich ebenfalls einen Magneten angebracht habe, der parallel zu den Extensions läuft und im Wettkampf bei Bedarf aufgenommen werden kann. Kostenpunkt: Schlauch plus Magnet kosten keine 20 Euro, also 4 Euro pro Watt.“
Technische Daten (Plasma RC 2017)
Rahmen
Plasma 5 / IMP technology / HMX / TT / TRI Geometry / Plasma HMX seatpost / Replaceable hanger / UCI approved
Gabel
Plasma 5 / 1″- 1 1/8″ Carbon / integrated
Felgen
Syncros Race 22 Aero Profile / 24 Front / 28 Rear
Naben
Formula RB 25
Bremse
Vorn: SCOTTT KB136, hinten: Shimano Ultegra BR-6810R, direct mount
Kurbelsatz
Shimano Ultegra FC-6800 / 39/53 T
Kette
Shimano CN-HG701-11
Schalthebel
Shimano Di2 SW-R671
Schaltwerk
Shimano Ultegra RD-6870 / 22 Speed Electronic
Umwerfer
Shimano Ultegra FD-6870 / Eletronic Shift System
Lenker
Profile Plasma 5 Aeria, flat, 420mm / Profile T5+Carbon
Vorbau
Profile Plasma 5 TRI, 30°, 85mm
Steuersatz
Syncros Integrated / 1 – 1 1/8″ drop-in headset
Sattel
Syncros RR1.5 TRI
Sattelstütze
Plasma HMX with Ritchey WCS clamp / adjustable head
Reifen
Continental Grand Sport Race / 700x25C Fold
Sebastian Zeller, der Triathlon-Wissenschaftler
Reifen für den Renntag
Es gibt kaum ein Ausrüstungsdetail, über das sich ambitionierte Triathleten nicht ausgiebig den Kopf zerbrechen. Gerade wenn es ums Radfahren geht. Und doch kann man beim Gang durch die Wechselzonen dieser Welt den Eindruck bekommen, dass die Reifenwahl nicht immer jene Aufmerksamkeit genießt, die ihr gebührt. Da ziehen Weltklasse-Athleten Mittelklasse-Modelle auf, werden Potenziale nicht ausgeschöpft oder auch extreme Risiken eingegangen. Zugegeben: Früher war alles einfacher. Da meinte man, ein maximal aufgepumpter 21er-Schlauchreifen, wie die damaligen Straßenprofis ihn fuhren, sei die beste Wahl. Heute weiß man, dass es deutlich bessere Varianten gibt. Doch um diese zu finden, bedarf es eines gehörigen Maßes an Abwägung. Der Markt ist unübersichtlich geworden und man kann auf verschiedenen Wegen zum persönlich geeignetsten Set-up kommen. Mit dieser Kaufberatung wollen wir Ihnen helfen, die Eigenschaften von verschiedenen Reifen-Modellen und -Prinzipien zu verstehen und auf der Grundlage dieses Wissens eine weise Wahl zu treffen.
Der perfekte Kompromiss
So schade es ist: Den einen Überreifen, der für jeden Athleten vom Agegrouper bis zum Profi die perfekte Wahl darstellt, gibt es nicht. Ein Reifen ist immer ein Kompromiss, denn die Entwickler sind gezwungen, Eigenschaften abzuwägen, die sich größtenteils widersprechen: niedriges Gewicht, geringer Rollwiderstand, satter Grip bei allen Wetterbedingungen, wirksamer Pannenschutz, gleichmäßiges Einlenkverhalten, eine lange Lebensdauer und möglichst niedrige Produktionskosten.
Worin die Widersprüche im Einzelnen bestehen, dazu später mehr. Fakt ist: Da Topwerte nicht in allen Bereichen gleichzeitig möglich sind, stehen die Entwickler vor einer Entscheidung. Entweder konstruieren sie einen Allrounder, der in sämtlichen Bereichen möglichst gut abschneidet, und nehmen dabei in Kauf, dass in keiner Kategorie Spitzenwerte möglich sind. Oder sie fokussieren sich auf einen bestimmten Bereich wie Rollwiderstand, Pannenschutz oder Laufleistung und vernachlässigen bei diesem Spezialmaterial bewusst andere Kategorien. Das Ergebnis sind extrem unterschiedliche Reifen und hinzu kommen noch die unterschiedlichen Bauarten, mit denen sich diese Eigenschaften realisieren lassen.
Weitere Empfehlungen, Tipps und Hilfestellen zu den Themen Rollwiderstand, Pannenschutz, Luftdruck, Gewicht, Grip und Haltbarkeit, Reifenbreite und Tubeless finden Sie in der triathlon 160.
Schlauchreifen, Clincher oder Tubeless?
Die große Mehrheit der Renn- , Zeitfahr- und Triathlonräder rollt heute auf sogenannten Drahtreifen, die oft auch als Clincher oder tubetype bezeichnet werden. Das heißt: die allseits bekannte Kombination aus einem Reifen und einem Schlauch, der bei der Montage eingezogen wird und der die Luft hält. Schlauchreifen, bei denen der Schlauch in den Reifen eingenäht ist und die auf die Felge aufgeklebt werden, kommen immer mehr außer Mode und werden eigentlich nur noch im Straßenradsport gefahren, da diese Reifen auch bei Luftverlust weiter auf der Felge halten und deshalb über gewisse Notlaufeigenschaften verfügen. Man kann mit ihnen weiterrollen bis das Teamfahrzeug da ist und ein Ersatzlaufrad bringt. Früher boten Schlauchreifen auch Vorteile beim Rollwiderstand und Gewicht, doch diese Zeiten sind vorbei. Moderne Clincher in Kombination mit leichten Schläuchen sind vergleichbaren Schlauchreifen mittlerweile überlegen. Dass sich mit Clinchern Pannen deutlich schneller und einfacher beheben lassen, ist für Triathleten ein weiteres Argument, auf dieses Prinzip zu setzen. In den vergangenen Jahren ist jedoch mit dem Tubeless-Prinzip eine weitere ernsthafte Alternative hinzugekommen, von denen nicht wenige behaupten, dass es sich zum neuen Standard entwickeln könnte. Doch zu dieser Sparte an späterer Stelle mehr.
Tubeless-Reifen im Praxistest
Tubeless-Reifen in der Praxis
Im ersten Teil unseres Tubeless-Praxistests sind wir auf die Montage und die Besonderheiten des Systems eingegangen. Hier kommt der zweite Teil mit Fahrbericht und Fazit nach fünf Monaten und mehr als 1.000 Radkilometern.
Für unseren Praxistest haben wir nacheinander verschiedene Reifen aufgezogen und sind damit gefahren: In 23 Millimeter den Pro One von Schwalbe und den Mavic Yksion Pro UST. In 28 Millimeter wurden uns der Specialized S-Works Turbo und der Zipp Tangente Speed zur Verfügung gestellt (wir baten die Hersteller, uns einen alltagstauglichen Tubeless-Reifen zu schicken). Außerdem wechselten wir gegen Ende des Testzeitraums zum Vergleich zurück zu einer Schlauch-Reifen-Kombination von Continental.
Fahrbericht
Die Hersteller von Tubeless-Reifen weisen einen niedrigen Rollwiderstand, mehr Komfort, weniger Gewicht und einen besseren Grip als Vorteile gegenüber herkömmlichen Reifen aus. Das Gewichtsminus und der geringere Rollwiderstand entstehen durch das Weglassen des Schlauchs. Das Plus an Komfort entsteht dadurch, so Schwalbe, Mavic und Co, dass Tubeless-Reifen mit weniger Druck gefahren werden können. Klar, Unebenheiten werden bei sechs anstatt acht bar besser abgefedert. Und durch weniger Druck steigt auch die Auflagefläche, was den Grip in Kurven erhöht. Soweit die Theorie, was ist davon in der Fahrpraxis zu spüren?
Sicherlich ist der verringerte Reifendruck der am deutlichsten spürbare Unterschied gegenüber den gewohnten Reifen. Zunächst fühlte es sich ungewohnt an, nur knapp sechs bar aufzupumpen und das Ventil dann zu schließen. Beim Fahren rollt dann alles wie gewohnt. Und besser noch: Selbst mit 23-mm-Reifen wird nicht mehr jedes Steinchen direkt in den Sattel übertragen. Der Effekt verstärkt sich noch, je breiter die Reifen sind. Unser Gefühl bestätigt das Versprechen der Hersteller: Weniger Druck, gleicher Rollwiderstand, mehr Komfort.
Wie ist es nun um die Sicherheit bestellt? Von einer Reifenpanne blieben wir im Testzeitraum verschont. Weil wir wissen wollte, was bei einem Einstich passiert, haben wir es im Video drauf ankommen lassen. Wir können nicht ausschließen, dass das System mit der Dichtmilch einmal oder mehrmals funktioniert hat und wir es einfach nicht bemerkt haben.
Im Internet kursieren zudem Geschichten, in denen Reifen sich in entscheidenden Momenten von Felgen lösten und schwere Stürze die Folge waren. Auch wenn wir nicht für die Sicherheit jedes Systems garantieren können, wir haben von allen Produkten, Reifen und Zubehör, den Eindruck, dass sie marktreif und erprobt sind. Die Reifen saßen stets zuverlässig in der Felge – wenn man es einmal geschafft hat, sie zu montieren.
Montage 2.0
Im Langzeittest zeigte sich auch, dass Tubeless-Montage nicht gleich Tubeless-Montage ist: Beim ersten Aufziehen von Zipp-Reifen auf Zipp-Felgen mit Schnellentladungspumpe gab es überhaupt keine Probleme. Auch die Reifen von Mavic saßen bombensicher in ihren Laufrädern. Als es nach ein paar Monaten einmal Probleme mit dem Aufziehen von Schwalbe-Reifen auf ein DT-Swiss-Laufrad gab, probierten wir eine alternative Methode: Beide Reifenflanken mit Montage-Fluid (oder Seifenwasser) einschmieren und aufziehen, Dichtmilch einfüllen und Ventil einsetzen, Dichtmilch im Reifen verteilen und dann mit normaler Standpumpe aufpumpen.
Diese Methode funktionierte beim ersten Versuch nicht. Als wir später Schwalbes Tubeless-Felgenbänder einsetzten und es nochmal probierten, ging es schlussendlich.

Sie ahnen es schon: Tubeless-Montage kann von Ihnen Geduld, Erfahrung und eine gewisse Frustrationstoleranz abverlangen, wenn die Komponenten nicht aus einem Haus kommen und nicht perfekt miteinander harmonieren. Auch mit der Dichtmilch heißt es, vorsichtig sein, denn man möchte so wenig wie möglich davon verschütten, und auf Kleidung und Rad verteilen.
Wartungsaufwand auf lange Zeit
Leider verhält es sich so, dass das Thema Dichtmilch Tubeless-Fahrer regelmäßig begleitet. Denn die weiße Flüssigkeit härtet mit der Zeit aus und muss alle sechs Monate ersetzt werden. Wir finden, dies ist der größte Nachteil bei Tubeless-Systemen. Deswegen lohnt sich das Prinzip für Vielfahrer mehr als für Gelegenheitsradler. Wer in einem Sommer einen Reifensatz herunterfährt (2.000 bis 8.000 km), der muss so oder so Reifen tauschen. Fährt man im Jahr jedoch weniger, sollte man sich gut überlegen, ob man den zusätzlichen Wartungsaufwand für die Vorteile des schlauchlosen Fahrens in Kauf nehmen möchte.
Fazit
Wir finden aber auch, dass sich der zusätzliche Wartungsaufwand lohnen kann, denn die Vorteile des Systems sind spürbar: Am besten hat uns das Plus an Komfort gefallen, welches durch den geringeren Druck erzeugt wird. Auch in Sachen Pannensicherheit konnten die Tubeless-Reifen uns voll überzeugen. Gefühlt war der Rollwiderstand bei allen Modellen auch sehr gut, diesen Test überlassen wir an dieser Stelle jedoch dem Labor. Wir empfehlen allen, die umsteigen wollen, die Montage von einer Werkstatt machen zu lassen, es sei denn, man hat wirklich Lust darauf und weiß genau, wie der Prozess funktioniert.
Zahlen und Daten zu den Reifen
Über die Vor- und Nachteile verschiedener Reifenbreiten, -stärken und der verschiedenen Systeme allgemein können Triathleten und Rennradfahrer stundenlang philosophieren. Damit Sie mitreden können, haben wir in der aktuellen triathlon 160 eine große Kaufberatung und die Übersicht zum Stand der Reifentechnologie. In der Juli-Ausgabe, triathlon 161, folgt dann der große Labortest: Welcher Reifen rollt am schnellsten, welcher bietet den besten Pannenschutz? Die Antwort lesen Sie ab dem 20. Juni.