
Der positive Dopingtest des US-Amerikaners und Siegers der US Open 2022, Collin Chartier, hat die Triathlonwelt in Aufruhr versetzt. Nachdem sich die Nachricht der mutwilligen EPO-Einnahme des 29-Jährigen verbreitet hatte, äußerten sich viele Profiathleten auf Social Media zu der Thematik. Es machte sich vor allem ein von Unverständnis, Fassungslosigkeit und Wut geprägtes Stimmungsbild breit.
Ben Hoffman: „Gib die gestohlenen Preisgelder zurück!“
Der Sieger des Ironman Texas 2022, Ben Hoffman, war einer der Ersten, der seine Meinung klar äußerte und dadurch viel Zuspruch von anderen Athleten erhielt: „F@%K DOPER. Die Nachricht, dass Collin Chartier absichtlich und wissentlich EPO genommen hat, um seine Leistung zu verbessern, ist eine absolute Schande und eine Erinnerung daran, dass bestimmte Leute bereit sind, die Unantastbarkeit des Sports aus zahlreichen Gründen zu verletzen […]. Wenn ich Collins ‚Entschuldigung‘ lese, gehöre ich nicht zu den Menschen, die schnell akzeptieren und verzeihen. Es tut dir leid? Tut es dir leid, dass du erwischt wurdest? Wenn es dir wirklich leidtut und du meine Vergebung willst, dann verdiene sie dir und beweise es: gib die gestohlenen Preisgelder und Sponsorengelder zurück, wende dich mit persönlichen Entschuldigungen an andere Athleten, setze dich für die Dopingbekämpfung ein und sage ganz sicher die ganze Wahrheit!“


Dan Lorang: „Du hast meinen Respekt verloren“
Unter dem Instagram-Statement von Chartier meldete sich auch Triathloncoach Dan Lorang: „Erwarte hier kein Verständnis. Du hast eine Abkürzung genommen und jetzt bekommst du die Quittung. Du hast diese Entscheidung getroffen!! Als Sportler hast du meinen ganzen Respekt verloren, als Mensch bist du wahrscheinlich ein netter Kerl, der einen Fehler in seinem Leben gemacht hat und hoffentlich daraus lernen wird. Bitte hilf allen jungen Leuten da draußen, dass sie sich von so etwas fernhalten und lernen, dass Abkürzungen nie eine Option sind.“
Sam Long: „Betrug ist das ultimative Verbrechen“
Bei den PTO US Open, die Chartier im vergangenen Jahr gewann, belegte Sam Long den dritten Platz. In einem Post schrieb er: „Ich habe immer geglaubt, dass Sportlerinnen und Sportler unsere Version von Superhelden sind. Der ultimative Zweck des Sports ist es, zu inspirieren, mit Würde und Tugend zu führen und zu zeigen, dass mit harter Arbeit alles möglich ist. […] er hat die Kraft, den menschlichen Geist zu entzünden und Leben zu verändern. Als Sportler ist dies eine Verantwortung, die ich nicht auf die leichte Schulter nehme. Betrug ist das ultimative Verbrechen im Sport, denn er untergräbt genau die Tugend, die den Sport ausmacht: Wenn der Startschuss fällt, sind alle fair und spielen nach denselben Regeln. Betrug betrifft alle, von den Fans, die mit Bewunderung zuschauen, bis hin zu den Athleten, die so hart arbeiten, um ihr Bestes zu geben.“


Lionel Sanders: „Wenn es nur ums Gewinnen geht, sind wir alle verloren“
In einem achtminütigen Videostatement äußerte sich Lionel Sanders, der im letzten Jahr zeitweise viel mit Chartier zusammen trainierte: „Ich bin Sportler. Mein ganzes Leben besteht aus Sport, durch Sport bin ich ein Mensch geworden. […] Ich denke, es ist in Ordnung, sich aufzuregen, denn Sport ist mein Dasein, es ist meine Existenz. Und deshalb ist so etwas sicher verletzend. Es ist ein lehrreicher Moment, denn es ist kein psychologisches Problem. Es ist eine Orientierungsfrage. Wie orientierst du dich in Bezug auf Sport? Das Problem, wenn man betrügt, ist es, dass es deine ganze Integrität in Frage stellt, alles, was du sagst. Collin wohnte bei mir zu Hause. Jetzt fange ich an, mich zu fragen: Hat er in meiner Wohnung gedopt? Ich habe Seite an Seite mit ihm trainiert. […] Das ist es, was passiert, wenn man sich entscheidet zu betrügen. Du verlierst deine Integrität. Und weißt du was? Das ist deine Entscheidung. Natürlich hat jeder die Wahl. Jeder hat die Möglichkeit, Entscheidungen zu treffen, und jeder kann auch schlechte Entscheidungen treffen. Aber Druck und Erwartungen als Ausrede dafür zu benutzen? Wir alle haben Druck und Erwartungen, denen wir gerecht werden müssen. Das ist es, wofür wir es machen, es kann nur eine Person gewinnen. Wenn es nur ums Gewinnen geht, dann sind wir alle verloren. Darum geht es nicht. Es geht darum, alles zu geben und darum, zu verlieren und das Ausmaß des Verlustes und der Entbehrung und den emotionalen Tribut zu spüren und es auf der anderen Seite zu überstehen. Das ist der verdammte Sport. Das ist der soziale Nutzen des Sports. Es geht darum, herauszufinden, ob du das Zeug dazu hast, und wenn du es nicht hast, wenn du alles gibst und es nicht hast, dann bist du verdammt noch mal genauso gut wie der Typ, der gewonnen hat.“