Seine eigenen Ambitionen haben ihm einen Strich durch die Rechnung gemacht. Für Dominik Rueß hätte der 10. Oktober der krönende Abschluss und ein Neustart zugleich werden sollen. Der Berliner wollte bei der Ironman-Weltmeisterschaft ein letztes Mal als Agegrouper starten, ehe er die Saison 2021 mit einer Profilizenz angehen will. „Die WM wäre die perfekte Einleitung dafür gewesen“, sagt der 38-Jährige. Durch die coronabedingte Verlegung des legendären Rennens vom Oktober 2020 auf den 6. Februar 2021 allerdings ist diese Planung hinfällig.
WM-Verzicht ein Einzelfall
Ironman stellte ihn vor die Wahl: Rueß konnte sich wie alle Qualifikanten entscheiden, ob er im Frühjahr starten oder seinen Slot auf den 9. Oktober und damit die reguläre WM 2021 transferieren wollte. Er wählte angesichts seiner Pläne keine der beiden Optionen. Oder vielmehr: Er konnte zunächst keine der Optionen wählen. Damit ist der IT-Fachmann in einer Umfrage unter den deutschsprachigen Kona-Teilnehmern auf tri-mag.de ein Einzelfall. Alle anderen Athleten, die teilgenommen haben, zogen eine der beiden Optionen, um ihren Traum zu erleben.
Hektische Planung
Rueß wurde aber nicht nur Opfer seiner sportlichen Ambitionen, sondern auch des ambitionierten Zeitplans des Veranstalters. „Leider hatten wir Qualifikanten nur eine gute Woche Zeit, uns zu entscheiden und neu zu planen, das hat zu etwas Hektik geführt“, sagt der Berliner. Die Zeit verging schneller als gedacht. Rueß, der sich in Barcelona 2019 in 8:40 Stunden qualifiziert hatte, fand keine zeitnahe Lösung für sein ganz spezielles Problem. „Da ich 2021 als Profi starten möchte, fallen sowieso beide Kona-Wettkämpfe als Amateur raus. Eine Anfrage, ob es möglich ist, die eigentliche 2020-WM, die in den Februar verschoben wurde, noch als Amateur zu absolvieren, konnte in der kurzen Zeit niemand beantworten.“ Mittlerweile hat Rueß Antwort erhalten. „Ironman hat mir geschrieben, dass es möglich gewesen wäre, ich das aber mit der Deutschen Triathlon Union hätte abklären müssen. Mittlerweile bin ich fast froh, dass es so gekommen ist.“
Zweifel an einer WM im Februar
Denn selbst wenn es möglich gewesen wäre, zweifelt der 38-Jährige, ob das eine gute Idee gewesen wäre: „Im Winter auf eine Topform zu kommen, erscheint mir fast unmöglich, zumindest mit normalen finanziellen Möglichkeiten. Mit einer Februar-WM wäre die Saison 2021 dann auch fast schon gelaufen, zumindest wenn ich versuche verletzungsfrei zu bleiben“, so Rueß. „Man geht vorbelastet in die nächste Vorbereitung, nach Hawaii hätte ich drei bis vier Wochen pausiert. Hätte ich dann wieder angefangen, wäre ich erst im September oder Oktober wieder in Topform gewesen. Man kann aber natürlich auch Risiko gehen“, verdeutlicht Rueß. Seine Zweifel am Frühjahrsrennen erhielten auch dadurch Nahrung, dass „momentan selbst für Februar niemand garantieren kann, dass eine solche Veranstaltung stattfindet und wir im Absagefall Geld zurückerstattet bekommen. Eine WM auf Hawaii ist eben immer eine hohe finanzielle Belastung“. 5.000 bis 7.000 Euro plant der IT-Fachmann für einen solchen Trip ein. Deshalb hat er 2019 auch auf einen Start verzichtet. „Obwohl ich mich beim Event in Victoria eigentlich qualifiziert hatte.“
2020 sollte letzter Höhepunkt als Amateur sein
Für Rueß wäre es der dritte Start in Kona gewesen. Seine Premiere feierte er 2016 und finishte „mit einem überdehnten Knöchel“. Den hatte er sich bei einer Laufeinheit im Sonnenuntergang zugezogen, als ihn ein entgegenkommendes Auto mit Fernlicht geblendet hat und er quasi blind in ein Schlagloch getreten ist. Ganz zufrieden war er mit seinen 9:50:28 Stunden am Ende nicht. „Es war aber ein tolles Erlebnis“, erinnert sich der Berliner, der 2018 zum zweiten Mal auf Big Island an den Start ging und nach 8:51:34 Stunden als 67. ins Ziel kam. „Damals hatte ich einen guten Tag, aber ich war immer noch nicht so richtig zufrieden, obwohl ich immerhin fünfter Deutscher und bester Amateur aus Deutschland, Österreich und der Schweiz wurde“, betont Rueß. Aus Deutschland landeten nur Weltmeister Patrick Lange, Andreas Dreitz, Maurice Clavel und Weltmeisterin Anne Haug vor dem Berliner. Sechs Wochen hatte er damals auf der Insel verbracht, dort sogar im „Homeoffice“ gearbeitet, doch beim Laufen bleibt er seither hinter den Erwartungen zurück. „Mein Trainer Marcel Obersteller und ich versuchen seit zwei Jahren herauszufinden, warum das so ist. Für 2020 haben wir einige Ideen. Deswegen wollte ich eigentlich auch gern noch einmal für einen richtig guten Tag als Amateur hin“, so Rueß. „Zu erkennen, dass sich dieses Vorhaben in Luft auflöst, war schwer für mich“, sagt der Berliner, der demütig anfügt: „Die Situation momentan lässt viele andere Sachen allerdings verblassen.“
Rennen in Österreich ist die Alternative
Statt Hawaii soll es nun ein anderer Wettkampf sein. Denn der 38-Jährige zog Option drei: „Nach einigem Hin und Her versuche ich mein Glück nun in Österreich. Wir Qualifikanten konnten hauptsächlich nur bereits verschobene und geschlossene Events aussuchen beziehungsweise Wettkämpfe, für die ich momentan nicht die langen Reisen mit dem entsprechendem Risiko buchen wollte, zum Beispiel in den USA. Leider habe ich bis heute keine Bestätigung, ob die Kapazitäten geprüft wurden und ich wirklich dort starten kann“, sagt Rueß. Seine beiden bisherigen Erlebnisse auf Hawaii waren auch Gründe, die Rueß die Entscheidung gegen die beiden WM-Optionen und pro Österreich ein wenig erleichtert haben. „Ich muss nicht unbedingt nochmal nach Hawaii und das Ganze finanziell stemmen“, sagt der Berliner – zumindest als Agegrouper kann er auf einen weiteren Start verzichten. Dominik Rueß hat schließlich ambitioniertere Ziele.
Ohne dem Athleten zu nahe treten zu wollen, aber warum plant man mit 38, oder im kommenden Jahr dann sogar 39 Jahren den Start als Profi? Noch dazu mit Langdistanz-Zeiten, die eher nicht dazu reichen werden, um bei der Preisgeld-Vergabe ein gewichtiges Wort mitreden zu können?
Das kann man natürlich (vermutlich zwei Drittel aller „Profis“, die ja ausschließlich wegen des Preisgeldes starten) so polemisch fragen oder sich einfach freuen, dass die Chance auf einen AK-Hawaii-Slot jetzt etwas größer ist 😉
Was bitte war an meiner Fragestellung „polemisch“? Eine ganz sachliche Frage, weil ich es nicht verstehe. Dass ein vielleicht größerer Teil der ‚Profis‘ nicht in den Genuss von Preisgeld kommt, steht ja auf einem ganz anderen Blatt, aber „Profi“ heißt nunmal, dass man (Frau) diesen Sport professionell betreibt und letztlich ja auch seinen Lebensunterhalt damit verdienen muss, denn der Kühlschrank füllt sich ja nicht durch schöne Worte, sondern mit vorzeigbaren Ergebnissen als Profi – das betrifft im Übrigen auch etwaige Sponsoren, die für ihr Invest letztlich auch etwas sehen wollen. Und bei den bisher erreichten Zeiten wird es für ihn auf Grund der Leistungsdichte in diesem Sport mittlerweile sehr schwer, einen Hawaii-Slot als Pro zu bekommen. Respekt für seine Leistungen als Altersklassen-Athlet, da gibt’s nix, aber den Schritt als Profi in diesem fortgeschrittenen Alter zu wagen kann ich einfach nicht verstehen. Muss ich aber auch nicht, ist ja sein Sportler-Leben 🙂
Soso…jemand, der die Profilizenz löst, muss also vom Sport leben können!? Na wenn das keine Polemik ist. 90% deiner Kommentare gehen am Inhalt des Artikels vorbei, vlt solltest du ihn noch 1-2 Mal lesen:
Nein, er will nicht noch mal nach Hawaii.
Nirgendwo schreibt er, dass er jetzt seinen Lebensunterhalt als Triathlet bestreitet. Warum auch, als IT-ler verdient man bestimmt deutlich besser…es geht im Artikel nur um die Lizenz und Rennen (für die man sich mit einer Pro-Lizenz viel kurzfristiger anmelden kann).
Auch von Sponsoren, die er bedienen muss, ist nirgendwo die Rede. Das ist alles nur deiner Vorstellung entsprungen.
Profi, im Alter von 39 und mit 8:40h?
Ist das dieser Deutsche Neid!? Er hat des öfteren jegliche Altersklassen-Athleten weit hinter sich gelassen und will nun wahrscheinlich den Vergleich mit anderen suchen. Freut euch doch einfach.
Was hat das denn bitte mit Neid zu tun? Ich gönne ihm seine erreichten Leistungen von Herzen, warum auch nicht! Trotzdem sollte es doch auch legitim sein so eine Entscheidung zu hinterfragen, vielleicht gibt’s ja einen wirklich nachvollziehbaren Grund dafür – ich hab‘ halt für mich bisher keine Erklärung dafür, vor allem wenn man bedenkt, dass gestandene Profis in diesem Alter eher darüber nachdenken, den Neo, das Bike & die Laufschuhe an den sprichwörtlichen Nagel zu hängen…