Zum ersten Mal gab es in diesem Jahr ein Trainingscamp von tri-mag.de in Kooperation mit dem Veranstalter Hannes Hawaii Tour. Auf Mallorca haben wir mit dem Sportwissenschaftler Sven Bockstatt gesprochen, der für die sportlichen Abläufe zuständig war.

Jedes Jahr bringt Hannes Hawaii Tours mehrere Hundert Triathletinnen und Triathleten nach Mallorca und Fuerteventura, damit sie dort beim gemeinsamen Training ihrer persönlichen Topform ein Stück näher kommen können. Auf Mallorca gab es in diesem Jahr von Ende April bis Mitte Mai eine Premiere: das erste Camp unter der Flagge von tri-mag.de. Rund 30 Sportbegeisterte haben gemeinsam mit uns zwei Wochen lang unter spanischer Sonne geschwitzt. Für die Trainingsinhalte war der Sportwissenschaftler Sven Bockstatt mit seinem Team zuständig. Welche Aufgaben umfasst die Position des sportlichen Leiters? Wie kommt man zu diesem Job und worauf kommt es vor Ort an? Wir haben Sven in einem entspannten Moment am Ruhetag getroffen.
Sven, du bist bereits seit mehreren Jahren sportlicher Leiter in Trainingscamps von Hannes Hawaii Tours. Wie bist du zu dieser Position gekommen?
Ich war schon vorher in insgesamt fünf Camps als Guide dabei, bei den meisten war Utz Brenner der sportliche Leiter. 2022 waren wir auf Fuerteventura und da wurde relativ kurzfristig im Allgäu entschieden, dass die Position des sportlichen Leiters für das erste Camp im Beach Club Font de sa Cala auf Mallorca frei wird. Hannes war nach einem Unfall gesundheitlich angeschlagen, eigentlich hätte er das gemacht. 2022 hatte ich dann das erste Camp, 2023 und 2024 zusammen mit power & Pace und in diesem Jahr mit tri-mag.de.
Was machst du, wenn du nicht auf Mallorca bist und Menschen beim Formaufbau hilfst?
Im Wesentlichen beschäftige ich mich genauso mit Sport wie hier. Ich arbeite in einer kleinen Firma für Leistungsdiagnostik und Trainingsplanung. Hauptsächlich mache ich Leistungstests mit den Menschen und schreibe Trainingspläne. Außerdem haben wir Termine, bei denen wir vor Ort mit den Athleten trainieren. Hauptsächlich Lauftraining, Technik und auch ein paar spielerische Sachen sowie Socializing.
Wie viele Athleten betreust du?
Aktuell 21. Davon sind drei Läufer, drei Radfahrer und entsprechend 15 Triathleten. Die habe ich fix in der Trainingsplanung. In den Laufkursen kommen einige hinzu, die bekommen einen individualisierten Standardplan. Der ist über ein halbes Jahr fix aufgebaut und wird angepasst auf die jeweiligen Ziele. Diese Kunden sehe ich mindestens einmal pro Woche, über diesen Kontakt kann man sehr viel abdecken.
Was genau sind in einem Camp vor Ort deine Aufgaben?
In der Vorbereitung geht es erst mal darum, den Rahmen-Trainingsplan und ein Guide-Team zusammenzustellen. Theoretisch könnte man das auch den Mitarbeitenden von Hannes Hawaii Tours überlassen. Ich habe da aber gern selbst ein bisschen die Finger drauf, weil ich dann weiß, dass vor Ort eine ordentliche Team-Dynamik ist, ich die Leute kenne und einschätzen kann. Dann macht das Camp mehr Spaß und das überträgt sich auch auf die Gäste. Wenn es ein kleines Camp mit geringer Teilnehmerzahl ist, baue ich die Routen auch selbst. Außerdem muss ich trainingswissenschaftliche Vorträge für das Abendprogramm vorbereiten. Wenn gutes Wetter ist und alles nach Plan läuft, hat man vor Ort gar nicht mehr so viel zu tun und es geht mehr darum, das Große Ganze im Blick zu behalten. Wenn das Wetter schlecht ist, muss man den Trainingsplan über den Haufen werfen und versuchen, eine gute Lösung zu finden.
Und hilfst du auch als Guide aus oder ist das eine Ausnahme?
In den letzten Jahren haben wir das immer so hingekriegt, dass ich das nicht machen musste und immer bei einer Gruppe mitfahren konnte – als Joker sozusagen. Dieses Jahr ist kurzfristig ein Guide abgesprungen, sodass ich diese Rolle noch übernommen habe und nicht nur Mitfahrer bin. Das macht aber keinen großen Unterschied.

Was macht dir bei deinen Aufgaben am meisten Spaß?
Die tägliche Interaktion mit den Gästen. Das kenne ich von zu Hause, dass man immer ein bisschen auf Abruf und für die Athleten da ist. Hier vor Ort sind es gar nicht die offiziellen Parts, sondern zwischendurch. Wenn man abends an der Bar sitzt, nach einem Vortrag, beim Frühstück oder Abendessen und mit ein paar Gästen eine halbe Stunde über ein Thema diskutiert, finde ich das immer sehr spannend. Das sind oft die Dinge, die die Gäste und auch einen selbst weiterbringen.
Und was ist eher lästig?
Routen bauen ist nicht so mein Favorit. Ansonsten mache ich das wirklich gern, sonst würde ich es auch nicht in meiner Freizeit machen.
An welche Kuriositäten aus deiner Zeit als Guide und sportlicher Leiter erinnerst du dich?
Ich glaube, es gibt bei jedem Camp wilde Geschichten. Zum Beispiel ein Teilnehmer, der mit Windjacke und Laufhose über Fuerteventura fährt und am dritten Camptag erst mal eingekleidet wird. Oder Gäste, die sich bei jeder Radausfahrt in der Pause Fischsuppe oder einen ganzen Fisch bestellen. Aber auch schöne Erlebnisse bleiben in Erinnerung. Auf Fuerteventura ist das oft noch krasser als auf Mallorca. Da gibt es beispielsweise die in den ersten Tagen bei 30 km/h bergab die Bremse ziehen, weil sie Respekt davor haben. Und nach zwei Wochen fahren sie mit 60 oder 70 km/h die Berge runter. Es gibt also kuriose Sachen, aber auch schöne Erfolgserlebnisse.
Über deine Vorbereitung hast du schon ein bisschen gesprochen. Wie ist dabei der Ablauf und wie lange dauert das für gewöhnlich?
Normalerweise geht es ungefähr im Oktober oder November des Vorjahres los, dass man die ersten Guides sucht und schon mal vier bis fünf Leute als Basis hat, die entsprechend ihre Urlaubsplanung einreichen können. Spätestens zum Jahreswechsel sollten dann die Trainingspläne online sein, damit auch die Gäste wissen, was auf sie zukommt. Alles hängt auch davon ab, wann die Camps gebucht werden. Je früher das ist, desto eher kann ich auch mit einer angemessenen Zahl an Guides planen. Dann geht es erst wieder eine Woche vor dem Camp los, dass man die Crew instruiert, den Wochenplan bespricht und aufteilt, wer welche Sportart betreut.
Wie viel Flexibilität brauchst du vor Ort? Überlegst du dir im Vorfeld schon Alternativen für mögliche Szenarien oder reagierst du spontan?
Wenn man ein paar Camps mitgemacht hat, sowohl als Sportler als auch als Guide oder Leitung, dann hat man schon ein paar Erfahrungen. Es gibt immer irgendetwas, das schief geht oder nicht läuft wie geplant. Da habe ich nicht für jedes Szenario einen Plan B in der Tasche, sondern gucke ein paar Tage vorher beispielsweise auf die Wettervorhersage. Die Königsetappe muss man etwas früher planen, weil wir auf Mallorca zum Ausgangspunkt mit dem Bus hinfahren. Der muss organisiert und ein Ruhetag getauscht werden. So war es im vergangenen Jahr, die Entscheidung war dann schon drei Tage vorher gefällt. Ansonsten gehe ich abends mit einem Plan in das Guide-Meeting, den wir dort besprechen. Das Team muss Entscheidungen natürlich mittragen, aber meistens sind wir uns einig.

Dein Team hast du schon angesprochen. Welche Eigenschaften sind dir bei den Personen wichtig, die du als Guides auswählst?
Im Wesentlichen geht es darum, dass es auf einer persönlichen Ebene passt, dass man eine gute Stimmung im Team hat. Das heißt, ich schaue, dass ich mich mit den Leuten gut verstehe und versuche auch grob abzuschätzen, wie das untereinander zusammenpasst. Natürlich müssen auch die sportlichen Anforderungen abgedeckt werden. Es sollten also Menschen dabei sein, die LK1 und LK2 fahren können, aber nicht jeden Tag ihr eigenes Training in den Vordergrund stellen, sondern auch mit einer LK4 oder LK5 einen gemütlicheren Tag verbringen. Im Optimalfall können sie auch noch eine weitere Sportart betreuen, sei es das Schwimm-, Lauf- oder Athletiktraining. Bestenfalls hat man zwei bis drei Konstanten, die relativ oft in Camps dabei sind. So kann man schön sein Team zusammenbauen.
Was wären für dich No-Gos?
Zum Beispiel, wenn sich jemand weigert, in höheren oder niedrigeren Leistungsklassen zu fahren, obwohl er es kann. Oder wenn es im weitesten Sinne Skandale gibt, dass Menschen hier auf persönlicher Ebene mit Gästen kollidieren oder es andere Dinge gibt, die nachhaltig einen schlechten Eindruck hinterlassen können.
Kommen wir abschließend nochmal zum Training selbst. Was sind Garanten, um sich ein Trainingslager zu versauen?
Zu viel Training und zu wenig Verpflegung. Gerade im Trainingslager muss man sich von fancy Themen verabschieden und sich auf die Basics konzentrieren: ruhige Grundlagenintensität und eine sinnvolle Verpflegungsstrategie durchziehen. Damit kommt man sehr weit. Wenn man sich von der Gruppe mitreißen lässt oder anfängt, Ruhetage mit langen Radausfahrten zu torpedieren, weil das Wetter gerade schön ist, dann kriegt man es relativ schnell hin, sich ein gutes Camp zu vermiesen.
Deine besten drei Tipps für ein erfolgreiches Camp?
Ruhig anfangen. Besonders, wenn man zwei Wochen im Camp ist, hat man so viel Zeit für Training, dass man die ersten zwei Tage den Anreisestress erst mal verdauen darf. Zweitens: Fokus auf die eigene Intensität und das dann auch so durchziehen. Und drittens: Man sollte sich wirklich gut verpflegen und noch mehr als zu Hause darauf achten. Sowohl morgens und abends beim Büffet als auch während der Trainingseinheiten.