Wenn am Mittwoch die 64. Vollversammlung des Stadtrates der Landeshauptstadt München im großen Sitzungssaal des Rathauses zusammentritt, geht es auch um Triathlon: München möchte ab 2027 feste Station des Weltklassesports werden.
In den Jahren 2027 und 2028 plant die Deutsche Triathlon Union (DTU) zwei Weltcuprennen im Münchener Olympiapark, ab 2029 soll sogar mit einem Rennen der World Triathlon Championship Series (WTCS) die Formel 1 des Kurzstreckensports in Bayern Station machen. Dieses Szenario hat die DTU mit dem Weltverband World Triathlon bereits verhandelt und als Veranstalter des World Triathlon in Hamburg (nach dem Ausstieg von Ironman aus der Kurzstrecken-Veranstaltung) auch bewiesen, dass die organisatorischen Kapazitäten dafür vorhanden sind.
München hat ebenso bewiesen, dass die Landeshauptstadt Triathlon vor historischer Kulisse kann: Auf dem Gelände der Olympischen Spiele von 1972 (und möglicherweise 2036, 2040 oder 2044) fand bereits 2021 mit dem Super-League-Rennen und 2022 mit der EM im Rahmen der European Games Weltklassetriathlon statt. Auch die 1. Triathlon-Bundesliga war schon rund um Olympiastadion, Olympiahalle und Olympiabad mit den gläsernen Zeltdachkonstruktionen zu Gast.
Stadtrat diskutiert Finanzierung
Ideale Voraussetzungen also im Olympiapark – doch Elitesport hat auch dort seinen Preis: Mit 863.000 Euro sind die beiden Weltcuprennen 2027 und 2028 jeweils budgetiert, 1,2 Millionen Euro soll gar das WTCS-Rennen 2029 kosten. Gelder, die größtenteils über Sponsoren und Startgebühren der bis zu 4.500 Agegrouper eingenommen werden sollen. Doch auch die öffentliche Hand ist für die Finanzierung gefragt.
In der Ratssitzung am Mittwoch geht es im Entscheid pro oder contra Triathlon um die Genehmigung eines Zuschusses von 250.000 Euro für die Weltcuprennen und 450.000 Euro für das WTCS-Rennen – in der Summe also eine Anschubfinanzierung von 950.000 Euro. Die soll sich für die Landeshauptstadt aber lohnen: In der Beschlussvorlage des federführenden Referats für Bildung und Sport, Sachgebiet Sportgroßereignisse (oder kurz RBS-S-P-G) werden die positiven Auswirkungen auf Stadtmarketing und Stadtrendite angeführt. Von 4.000 Übernachungsgästen geht man pro Veranstaltungswochenende aus, was einen touristisch bedingten Mehrumsatz von 1,4 Millionen Euro in die Stadt brächte, dazu eine halbe Million für Gastronomie, Einzelhandel und Dienstleister – in der Summe also 5,7 Millionen Euro. Ab 2030 soll sich die Veranstaltung dann selbst tragen.
Rückhalt und Bedenken aus den Gremien
Befürworter des Konzepts sehen neben dem langfristigen wirtschaftlichen Mehrwert für die Landeshauptstadt auch neue Bewegungsimpulse für die Münchner Bevölkerung durch die Teilnahme der Agegrouper im Rahmen des Profi-Großereignisses. Diese Impulse sollen auch in die Schulen getragen werden. Durch die Vorarbeiten im Rahmen der European Games ließe sich der Planungsaufwand im Rahmen halten, auch ökologische und Nachhaltigkeitsaspekte sowie die im Triathlon vorhandene Geschlechtergerechtigkeit seien im Konzept berücksichtigt.
Auf der anderen Seite stimmt die Stadtkämmerei der Beschlussvorlage nicht zu, da vor dem Hintergrund der laufenden Bemühungen um eine Haushaltskonsolidierung kein Spielraum für Budgetausweitungen zugunsten freiwilliger Leistungen bestehe. Auch das Mobilitätsreferat lehnt vor dem Hintergrund aktueller Sparmaßnahmen und Stellenstreichungen eine Unterstützung für den Antrag ab. Dabei wäre der Triathlon mit 250.000 oder 450.000 Euro für München eine eher günstige Veranstaltung im Vergleich mit geplanten Veranstaltungen wie dem NFL-Game 2026 (500.000 Euro Zuschuss), den Spielen der Handball-WM 2027 (1,15 Millionen Euro), der Junioren-EM im Schwimmen und Synchronschwimmen 2026 (600.000 Euro) und der prestigeträchtigen Leichtathletik-WM 2029 oder 2031, für die ein zweistelliger Millionenbetrag auf die Stadt zukäme.
Olympischer Triathlon dank Olympiabewerbung?
Über allen sportlichen Bestrebungen der Stadt steht derzeit die mögliche Bewerbung für die Olympischen Spiele 2036, 2040 oder 2044, die auch von der Bevölkerung mit einer Zustimmung von 66,4 Prozent im Referendum vom vergangenen Oktober getragen wird. Die Ablehnung der Kostendeckung für den Triathlon wäre ein Rückschlag in der Kampagne, die aktuell mit den Bewerbungen aus Hamburg (Triathlon rund um die Alster und auf dem Rathausmarkt), Berlin (Triathlon im Wannsee oder in Potsdam) und Rhein-Ruhr (Triathlon in Düsseldorf) konkurriert. Die Entscheidung, mit welcher Stadt oder Region Deutschland ins internationale Rennen geht, fällt Ende September 2026.
Werden WM-Träume nach 30 Jahren wahr?
Mit dem WTCS-Rennen 2029 würde sich auch ein Kreis der deutschen Triathlongeschichte und eine Wunde in der Verbandshistorie schließen: München war bereits 1999 als Austragungsort der damals noch in einem Einzelrennen ausgetragenen Kurzstrecken-WM vorgesehen. Nach heftigen Querelen zwischen nationalem und internationalem Verband unter ihren Präsidenten Martin Engelhardt und Les McDonald wurde München die Austragung mit der Begründung von Zweifeln an der Wasserqualität im Olympiasee entzogen. Die Weltmeisterschaften fanden stattdessen auf dem Formel-1-Gelände von Montréal (Kanada) statt, Deutschland kam erst 2007 mit Hamburg (und dem Weltmeistertitel für Daniel Unger) zum Zuge.