Bis zum Jahr 1967 waren Frauen in der Leichtathletik nur auf Strecken bis 800 Meter zugelassen. Die erste Frau, die sich dem widersetzte, war die US-Amerikanerin Kathrine Switzer. Sie meldete sich in besagtem Jahr unter „K. V. Switzer“ beim Boston Marathon an und beendete ihn trotz heftiger Proteste der Veranstalter. Diese Geschichte zeigt, dass Frauen im Ausdauersport lange Zeit keine Selbstverständlichkeit waren, so wie es heutzutage der Fall ist. Männer sind, besonders auf längeren Distanzen, zwar nach wie vor in der Überzahl, doch das Bild wandelt sich. Dazu braucht es Sportlerinnen, die große und kleine Geschichten schreiben und andere Frauen damit ermutigen, es ihnen gleichzutun – oder zumindest den ersten Schritt zu wagen. Wir stellen zehn Frauen vor, die den Triathlonsport auf unterschiedliche Art und Weise geprägt und sich einen Namen gemacht haben.
Immer schön der Reihe nach. Ein Name, der heutzutage kaum noch geläufig ist, ist Lyn Lemaire. Bereits ein Jahr nach der Erstaustragung des Ironman Hawaii im Jahr 1978 war die US-Amerikanerin aus Boston die erste (und einzige) Frau, die an der Veranstaltung teilnahm. Sie benötigte für die 226 Kilometer 12:55:38 Stunden, war als Radweltmeisterin in der zweiten Disziplin jedoch nur gut zehn Minuten langsamer als der Sieger Tom Warren. Dieser Performance hatten die vier weiteren teilnehmenden Männer nichts entgegenzusetzen.
Dass Julie Moss und Kathleen McCartney im Doppelpack in dieser Liste auftauchen, hat einen guten Grund. Zusammen haben sie sich auf dem Zielteppich des Ironman Hawaii 1982 zu Legenden gemacht und dazu beigetragen, dass das Rennen weltweit in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt ist. Der Sieg von Julie Moss schien gegen Ende des Marathons fast sicher. Als Führende auf die Zielgerade einbiegend, strauchelte sie und sackte, nachdem sie zuvor schon Probleme bekommen hatte, endgültig kraftlos in sich zusammen. Laufen war nicht mehr möglich, krabbeln schon. Ihre Verfolgerin Kathleen McCartney konnte sie in diesem Moment einholen und Moss den Sieg im letzten Moment noch aus der Hand reißen. HIER könnt ihr die ganze Geschichte lesen.
Paula Newby-Fraser gilt als die unangefochtene Queen of Kona, denn sie kann sich acht Siege auf der Pazifikinsel auf die Fahne schreiben. Bekannt war sie für ihre professionelle Herangehensweise an den Sport, das war zu diesem Zeitpunkt so noch nicht üblich. Newby-Fraser startete zunächst einige Jahre für ihr Heimatland Simbabwe, bevor sie im Jahr 1993 die US-amerikanische Staatsbürgerschaft erhielt. Ein Jahr zuvor stellte sie auf Hawaii einen Streckenrekord (8:55:28 Stunden) auf, der erst 2009 von Chrissie Wellington unterboten werden konnte. Auch ihre Weltbestzeit auf der Langdistanz, aufgestellt in Roth 1994, hatte 14 Jahre lang Bestand, bevor die Niederländerin Yvonne van Vlerken an gleicher Stelle schneller war.
Natascha Badmann gehört ebenfalls zu den Athletinnen, die eine eindrucksvolle Erfolgshistorie vorzuweisen haben. Als erste Europäerin hat sie durch ihren Hawaii-Sieg 1998 maßgeblich zur Beliebtheit des Sports hierzulande beigetragen. Zwei Jahre zuvor belegte die Schweizerin bereits den zweiten Platz hinter Paula Newby-Fraser, danach stand sie noch fünf weitere Male ganz oben auf dem Podest. Badmann ist dem Triathlon treu geblieben und fungierte unter anderem als Kapitänin des europäischen Teams beim Collins Cup. 2020 wurde sie mit dem Lifetime-Award der triathlon geehrt und ein Jahr später in die Hall of Fame von Ironman aufgenommen.
Im olympischen Kontext ist Triathlon eine verhältnismäßig junge Sportart. Erst im Jahr 2000 wurde der Dreikampf im Programm aufgenommen. Die erste Olympiasiegerin ist die Schweizerin Brigitte McMahon. Die Silbermedaille ging damals an die Australierin Michellie Jones sowie McMahons Landsfrau Magali Messmer. Über Brigitte McMahons Karriere legte sich nach dem Olympiasieg in Sydney allerdings ein dunkler Schatten. Im Jahr 2005 wurde sie positiv auf EPO getestet und anschließend gesperrt. 2014 kehrte sie als Altersklassenathletin ins Wettkampfgeschehen zurück.
Seit mehr als zehn Jahren ist Chrissie Wellington nicht mehr als Profiathletin aktiv, doch man kann sich darauf verlassen, dass ihr Name regelmäßig im Gespräch ist, wenn schnelle Zeiten auf den Asphalt gezaubert werden. Die Britin ist nämlich nach wie vor die Inhaberin der Weltbestzeit auf der Langdistanz, nachdem sie bei der Challenge Roth 2011 in 8:18:13 Stunden das Ziel erreichte. Dass die Zeit gefährlich wackelt und bald fällig sein dürfte, wurde spätestens beim Ironman Hamburg 2022 deutlich, als Laura Philipp bei alles andere als perfekten Bedingungen nur sieben Sekunden langsamer war.
Nicola Spirig ist etwas gelungen, was vor ihr keine andere Athletin geschafft hat. Bei zwei Olympischen Spielen in Folge stand die Schweizerin auf dem Podium. 2012 ging die Goldmedaille nach einem legendären Fotofinish mit Lisa Nordén an Spirig, vier Jahre später musste sie sich nur Gwen Jorgensen geschlagen geben. Insgesamt nahm Spirig fünfmal an den Spielen teil. Den Sprung auf die Langdistanz hat sie nur einmal gewagt, dies jedoch bei einem besonderen Format. Im Juni 2021 nahm sie gemeinsam mit Katrina Matthews am Projekt „Sub8“ teil, um eine Langdistanz unter optimalen Bedingungen in weniger als acht Stunden zu absolvieren. Dies gelang ihr in 7:34:19 Stunden hinter Matthews, rund drei Monate vor ihrem Karriereende.
Madonna Buder dürfte eine echte Inspiration für alle sein, die mit Alterserscheinungen hadern. Die mittlerweile 92-jährige Ordensschwester aus den USA hat erst mit Ende 40 zum Ausdauersport gefunden. Ihren ersten Triathlon absolvierte sie mit 52 Jahren, die erste Langdistanz drei Jahre später. Davon hat sie inzwischen knapp 50 Stück in den Beinen sowie insgesamt fast 400 Triathlons. Madonna Buder hält nach wie vor den Weltrekord als älteste Ironman-Finisherin, nachdem sie beim Ironman Canada 2012 als 82-Jährige mit einer Zeit von 16:32 Stunden ins Ziel kam. Übrigens wurde eigens für die „Iron-Nun“ eine neue Altersklasse in der Wertung eingeführt.
Anne Haug ist unter den hier aufgeführten Athletinnen die einzige noch aktive Profisportlerin. In der deutschen Triathlonszene vereint sie die Kurz- und Langdistanz. Sie nahm 2012 und 2016 an den Olympischen Spielen teil und wurde 2013 Weltmeisterin im Mixed Relay mit Jan Frodeno, Anja Knapp und Franz Löschke. Haug betont stets, dass sie „den Kampf Mann gegen Mann“ auf der Kurzdistanz immer mochte. Dass der Umstieg auf die Langdistanz eine gute Idee war, bewies Haug jedoch schnell. Ihr Debüt beim Ironman Frankfurt 2018 beendete sie auf dem vierten Platz, bei ihrem ersten Hawaii-Start landete sie auf dem Podium (Platz drei). Ein Jahr später krönte sie sich zur ersten deutschen Ironman-Weltmeisterin, da Nina Kraft 2004 als Siegerin kurz nach dem Rennen des EPO-Dopings überführt und disqualifiziert wurde.