Nach einem schweren Unfall und anhaltenden gesundheitlichen Problemen zieht Svenja Thoes einen Schlussstrich: Die 34-Jährige beendet ihre Karriere als Profitriathletin. Im Gespräch mit tri-mag.de blickt sie auf ihre größten Erfolge zurück – und erklärt, warum sie die Zäsur auch als Befreiung empfindet.
Die deutsche Profitriathletin Svenja Thoes hat nach einem schweren Unfall und monatelangen gesundheitlichen Problemen das Ende ihrer sportlichen Laufbahn bekannt gegeben. „Ich habe mehr erreicht, als ich je geplant hatte. Dieses Kapitel kann ich wirklich gut abschließen“, sagt die 34-Jährige gegenüber tri-mag.de.
Unfall mit nachhaltigen Folgen
Im August vergangenen Jahres war Thoes im Schweizer Engadin von einem Auto erfasst worden und zog sich dabei einen Ellbogen- sowie einen zunächst unerkannten Kieferbruch zu. Die Folgen in Form einer Kieferfehlstellung spürt sie heute noch: „Ich kann nicht richtig zubeißen. Dadurch fehlt meinem Körper Stabilität – das führt zu massiven Disbalancen und Schmerzen, besonders beim Laufen.“ Trotz mehrerer Versuche, wieder ins Training zurückzufinden, blieb der Schmerz. Von medizinischer Seite war klar, dass ein Comeback im Leistungssport nicht mehr realistisch sei.
Für Thoes brach damit zunächst „eine kleine Welt zusammen“. Zugleich empfindet sie die Zäsur als Befreiung: „Das Jahr war für mich wie eine Notbremse, die mich aus einem Teufelskreis herausgeholt hat.“ Nach langer Zeit, in der sie Training und Wettkämpfe über alles gestellt habe, entdecke sie nun wieder „das Leben da draußen“ – Familie, Freunde, Feiern. „Es war unglaublich toll. Aber jetzt entdecke ich, dass das Leben noch so viel mehr zu bieten hat.“
Später Karrierestart, einige Highlights
Ihre Karriere hatte Thoes vergleichsweise spät begonnen: Erst mit 21 Jahren stieg sie in den Triathlon ein, 2017 bestritt sie ihre erste Profisaison. Auf Anhieb landete sie bei nationalen und internationalen Rennen auf dem Podium, etwa bei der Challenge Heilbronn oder beim Ironman 70.3 Cozumel. Besonders in Erinnerung bleibt ihr der erste Sieg als Profi beim Ironman Cozumel 2018, den sie als ihr ganz persönliches Hawaii bezeichnet: „Das ist mein Kona.“ 2022 war ihr erfolgreichstes Jahr, mit Siegen bei den Ironman-Langdistanzen in Nizza, Irland und Italien.
Über Jahre machte sich Thoes einen Namen als Kämpferin, die in Rennen oft über sich hinauswuchs und für die eine oder andere Überraschung sorgte. Rückblickend beschreibt sie, wie sehr sie sich mental unter Druck gesetzt hat, um im Rennen über sich hinauszuwachsen. Schon Tage vorher habe sie in einer Art Daueranspannung gelebt. „Ich war in so einem Alarmzustand – ich hatte richtig Angst eine Woche vor einem Rennen“, sagt sie. Ihr ehemaliger Coach Brett Sutton sei immer verwundert gewesen, wie Thoes im Wettkampf über sich hinauswachsen konnte. „Im Training war ich immer ‚the rabbit‘, ständig unter Strom und mit allem Möglichen beschäftigt“, erzählt sie und lacht.
Wie geht es weiter?
An ein „Just for fun“-Weitermachen oder einen Wechsel in die Agegroup denkt sie nicht. „Die sportlichen Abstriche und die Schmerzen wären für mich psychisch nicht zu stemmen.“ Ihr persönlicher Wunsch für die nahe Zukunft ist bescheiden: „Ich möchte einfach schmerzfrei zehn Kilometer joggen können, egal in welchem Tempo.“
Dem Profitriathlon kehrt Svenja Thoes ohne Wehmut den Rücken. Sie vermisst weder den Leistungsdruck noch die teils harsche Öffentlichkeit. Künftig möchte sie ihre Erfahrungen nutzen, um anderen Menschen zu helfen – nicht mehr im Hochleistungssport, sondern mit einem ganzheitlichen Blick auf Bewegung und Gesundheit.