Schlosstriathlon Moritzburg: Ein Wochenende im Jahr – und plötzlich ist alles zu viel?

Der Moritzburger Schlosstriathlon begeistert hunderte Teilnehmer, Supporter, Fans, Sportinteressierte – und nervt einige. Doch wer sich über ein Wochenende Triathlon und Gemeinschaft empört, sollte vielleicht überlegen, was wirklich stört.

Petko Beier Legendär: Das Schwimmen im Schlossteich beim Triathlon in Moritzburg.

Es gibt Orte, die einmal im Jahr richtig aufblühen. Moritzburg in Sachsen, unweit der Landeshauptstadt Dresden, ist so einer. Wenn der Schlosstriathlon ansteht, verwandelt sich die sonst ruhige Gemeinde in ein Sportmekka. Hunderte Athletinnen und Athleten springen in den Schlossteich, kämpfen sich über wellige Radstrecken und laufen durch die barocke Kulisse. Ein Wochenende voller Bewegung, Begeisterung und Emotion.

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Doch während draußen die Schwimmer Richtung Boje kraulen und das Publikum jubelt, regt sich drinnen an einigen Küchentischen Unmut. Gesperrte Straßen, Umleitungen, veränderte Abläufe – ein Stein des Anstoßes, der in diesem Jahr sogar zu einer Petition führte. 360 Unterschriften sammelte der Steinbacher Ortschaftsrat Gerald Bibas für eine alternative Streckenführung. Das Ziel: weniger Belastung für die Anwohner, mehr „Ruhe im Dorf“.

Verständlich? Sicher.
Verhältnismäßig? Darüber lässt sich streiten.

Sperrungen mit Maß und Realitätssinn

Wer schon einmal bei einem großen Triathlon dabei war – egal ob in Hamburg, Frankfurt oder Roth – weiß: Ohne Sperrungen geht es nicht. Und ja, sie sind lästig. Aber sie sind planbar, begrenzt und gut organisiert. In aller Regel geht es um einen einzigen Tag, häufig nur um den Sonntag. Und selbst dann sorgen Polizei, Ordner und Anwohnerregelungen dafür, dass niemand „eingesperrt“ wird.

Im Gegenteil: Die meisten kommen problemlos durch – vielleicht mit einem kleinen Umweg, aber nicht mit monatelanger Isolation. Diese Realität steht im krassen Gegensatz zur Dramatik, mit der manche Proteste geführt werden. Da wird so getan, als würde der Triathlon das öffentliche Leben lahmlegen. Dabei reden wir von einem Wochenende im Jahr, das Menschen zusammenbringt, Begeisterung schafft und sportliche Werte sichtbar macht.

Wenn Genehmigungen zum Hindernis werden

Die Diskussion in Moritzburg steht sinnbildlich für ein größeres Problem: Triathlonveranstaltungen haben es immer schwerer, überhaupt genehmigt zu werden.

„Die Anforderungen sind höher, es wird teurer und es gibt immer mehr Stolpersteine, um Events durchzuführen“, sagte uns Jan Philipp Krawczyk, der bei der Deutschen Triathlon Union (DTU) für das Veranstaltungswesen verantwortlich ist, vor einigen Monaten zum Thema Triathlonevents hierzulande. Vor 20 Jahren, so Krawczyk, sei alles einfacher gewesen, insbesondere auf dem Land. Heute müssen Veranstalter fast ausnahmslos ins Risiko gehen, weil sie ihre Genehmigungen oft erst sechs Wochen vor dem Wettkampf erhalten – egal, wann sie ihre Anträge stellen.

Ein starkes Netzwerk, wie es sich etwa die Familie Walchshöfer rund um die Challenge Roth aufgebaut hat, sei für kleinere Veranstalter kaum noch möglich. Und Krawczyk wird deutlich:

„Ich sage einmal ketzerisch: Wenn in Deutschland auch nur ein einziger Autofahrer sein Auto aufgrund einer Triathlonveranstaltung nicht bewegen kann und sich beschwert, wird es mühselig.“

Eine Aussage, die den Nagel auf den Kopf trifft. Denn sie beschreibt exakt das Klima, in dem viele Organisatoren heute arbeiten: Mit Leidenschaft, aber auch mit wachsendem Frust über bürokratische Hürden und übertriebene Empfindlichkeiten.

Sport als Störung? Oder als Chance?

Natürlich darf man genervt sein, wenn man Umwege fahren muss oder wenn kurzzeitig die Zufahrt gesperrt ist. Aber wer sich ernsthaft über einen Triathlon aufregt, weil er am Sonntag nicht mit dem Auto durchkommt, sollte vielleicht kurz innehalten.

Denn worum geht es hier eigentlich? Um Bewegung, um Gesundheit, um ehrenamtliches Engagement. Um etwas, das unsere Gesellschaft dringend braucht – gerade in Zeiten, in denen Bewegungsmangel, Übergewicht und Vereinssterben zunehmen.

Der Schlosstriathlon Moritzburg ist kein lärmendes Festival, kein Kommerzspektakel. Er ist ein Sportfest, das Menschen motiviert, verbindet und zeigt, was möglich ist, wenn Ehrenamt, Leidenschaft und Organisation zusammenwirken. Das verdient Respekt – und nicht Widerstand.

Ein Appell an die Gelassenheit

Natürlich müssen Veranstalter, Behörden und Bürger im Gespräch bleiben. Natürlich kann man Routen optimieren, Müll vermeiden und Kommunikation verbessern. Aber Verhältnismäßigkeit und gegenseitiges Verständnis sollten der Maßstab sein.

Wenn für ein Wochenende im Jahr Straßen gesperrt sind, damit tausende Menschen ihren Sport leben können, dann ist das kein Skandal, sondern ein Ausdruck gelebter Gemeinschaft. Vielleicht braucht es in Moritzburg und anderswo nicht weniger Triathlon, sondern mehr Gelassenheit. Denn während die Athleten schwitzen, jubeln und kämpfen, zeigen sie uns jedes Jahr aufs Neue: Wettkampf kann verbinden, wenn man ihn lässt.

Fazit

Die Petition aus Steinbach ist kein Einzelfall, sondern Teil einer größeren Entwicklung: höhere Auflagen, mehr Empfindlichkeiten, weniger Verständnis für Bewegung im öffentlichen Raum. Aber vielleicht ist genau jetzt der Moment gekommen, innezuhalten. Denn wer den Sport ausbremsen will, weil er für ein paar Stunden die Straße nicht nutzen kann, hat das große Ganze aus den Augen verloren. Ein Sonntag im Jahr, an dem Menschen zusammenkommen, um zu schwimmen, zu radeln und zu laufen, ist keine Zumutung. Es ist ein Geschenk!

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Lars Wichert
Lars Wichert
Lars Wichert ist dreimaliger Weltmeister im Rudern und nahm an den Olympischen Spielen 2012 in London und 2016 in Rio de Janiero teil, bevor er zum Triathlon wechselte. 2021 gewann er sein erstes Rennen beim Ironman Hamburg in 8:12:46 Stunden, der schnellsten jemals erzielten Rookie-Zeit bei den Agegroupern.

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