Schon der Schwimmausstieg sollte ein Fingerzeig für den Verlauf des weiteren Frauenrennens beim Ironman 70.3 Oceanside sein: Nach 23:22 Minuten kam Kurzdistanzlerin Taylor Knibb mit Pamella Oliveira, Lauren Brandon und Holly Lawrence im Schlepptau als Erste aus dem Wasser. 16 Sekunden hinter der Spitzengruppe machte sich Luisa Baptista auf den Weg in die erste Wechselzone, die Favoritinnen Ashleigh Gentle, Paula Findlay, Daniela Ryf und Skye Moench stiegen mit einem Rückstand von 37 Sekunden, 1:50 Minuten, 1:59 Minuten und 2:57 Minuten aufs Rad. Während sich Holly Lawrence mit einem schnellen Wechsel zunächst einige Sekunden von ihren Mitstreiterinnen löste und den Radkurs als erste in Angriff nahm, verließ Taylor Knibb die Wechselzone 33 Sekunden hinter der Britin.
Knibb mit Machtdemonstration auf dem Rad, Ryf ohne gewohnte Radstärke
Dieser kleine Rückstand war allerdings nicht von langer Dauer: Knibb, die bereits im vergangenen Jahr bei ihren ersten drei Mitteldistanz-Rennen auf dem Rennrad zeigte, dass sie in der zweiten Disziplin absolute Weltklasse ist, war in Oceanside erstmals in einem Wettkampf auf einem Zeitfahrrad unterwegs. Diesen Materialvorteil machte sie sich umgehend zunutze und setzte sich bereits nach wenigen Kilometern wieder an die Spitze des Rennens. Von da an sollte die 24-jährige US-Amerikanerin ein einsames Rennen bestreiten. Keine der radstarken Konkurrentinnen hatte den außergewöhnlichen Radbeinen von Knibb an diesem Tag etwas entgegenzusetzen. Nach 42 Kilometern lag die Kurzdistanzlerin 1:31 Minuten vor der Brasilianerin Luisa Baptista, zwei Minuten vor Holly Lawrence, drei Minuten vor Paula Findlay und Daniela Ryf und 3:15 Minuten vor Ashleigh Gentle.
Diesen Vorsprung sollte Knibb auf der zweiten Hälfte der Radstrecke nur noch weiter ausbauen. Dahinter kam es jedoch noch zu einigen Positionswechseln und Zusammenschlüssen. Mit einem Radsplit von 2:20:17 Stunden kam Knibb nach 2:46:53 Stunden als Führende in die zweite Wechselzone. Drei Minuten hinter Knibb folgte ein Duo bestehend aus Holly Lawrence und Luisa Baptista. Paula Findlay stieg mit einem Rückstand von dreieinhalb Minuten vom Rad, während Daniela Ryf auf der zweiten Radhälfte viel Zeit verlor und gemeinsam mit Jackie Hering an Position fünf liegend knapp sechs Minuten hinter Knibb in die Laufschuhe wechselte. Ashleigh Gentle und Skye Monech nahmen die Laufstrecke mit sieben Minuten Rückstand in Angriff.
Bapista gewinnt Laufduell um Platz zwei, Knibb läuft ungefährdet dem Sieg entgegen
An der Spitze des Rennens ließ Taylor Knibb, die ebenfalls als gute Läuferin bekannt ist, nichts mehr anbrennen. Hinter ihr entwickelte sich allerdings ein spannender Kampf um Platz zwei. Bereits auf den ersten Kilometern ließ Luisa Baptista einen Vorsprung von knapp 30 Sekunden auf Holly Lawrence heraus. Dieser sollte sich auf den nächsten 15 Kilometern allerdings nicht großartig verändern, sodass die Britin ihre Konkurrentin auf den langen Geraden des Laufkurses stets im Blick hatte. Paula Findlay hingegen musste ihrer starken Radfahrt etwas Tribut zollen und wurde im Laufe des Halbmarathons noch von den beiden starken Läuferinnen Ashleigh Gentle und Jackie Hering eingeholt. Daniela Ryf blieb auch in der dritten Disziplin weit hinter ihren Erwartungen und musste ihren fünften Platz nach dem zweiten Wechsel schnell hergeben.
Mit einer Endzeit von 4:06:32 Minuten gewann Taylor Knibb schließlich den ersten Ironman 70.3 in ihrer Karriere. Luisa Baptista sicherte sich nach starker Leistung in allen drei Disziplinen den zweiten Platz mit einem Rückstand von 2:13 Minuten. Komplettiert wurde das Podium von Holly Lawrence, die 2:45 Minuten nach Knibb die Ziellinie überquerte. Mit der schnellsten Laufzeit des Tages, einem Halbmarathon in 1:16:36 Stunden, machte die australische Kurzdistanzlerin Ashleigh Gentle noch einige Plätze gut und beende das Rennen mit einem Rückstand von 5:49 Minuten auf Rang vier. Jackie Hering machte mit einer Endzeit von 4:13:46 Stunden die Top 5 perfekt.
Daniela Ryf wird disqualfiziert
Die Kanadierin und Mitfavoritin Paula Findlay musste sich mit Platz sechs (4:15:09 Std.) begnügen und landete damit vor Chelsea Sodaro (4:16:07 Std.), Skye Moench (4:18:17 Std.) und Ruth Astle (4:18:37 Std.), die die Ränge sieben bis neun belegten. Überraschend war für viele der zunächst zehnte Platz von Daniela Ryf (4:22:15 Std.), die nach einem Halbmarathon in 1:27:31 Stunden ein insgesamt deutlich schwächeres Rennen in der zweiten und dritten Disziplin zeigte als noch vor wenigen Wochen bei ihrem Saisonauftakt im Rahmen des Ironman 70.3 Dubai. Zufrieden dürfte die viermalige Ironman-Weltmeisterin mit diesem Ergebnis bei ihrer Generalprobe vor dem großen WM-Showdown in St. George nicht sein – zumal sie nach dem Rennen sogar noch disqualifiziert wurde. In einer steilen Abfahrt hatte sie verbotenerweise aufs Tempo gedrückt: „Wahrscheinlich der einzige Abschnitt, in dem ich heute die Schnellste war“, sagte Ryf. Fünf Wochen vor der WM haderte die Schweizerin mit sich selbst: „Ich bin enttäuscht von meiner Leistung in allen drei Disziplinen. Ich habe mein Bestes versucht, aber ich hatte heute einfach nichts im Tank und bin immer noch angeschlagen von meinem letzten Trainingsblock.“
Ironman 70.3 Oceanside 2022 | Profi-Frauen
2. April 2022 | Oceanside (USA)Platz | Name | Land | Gesamt | 1,9 km Swim | 90 km Bike | 21,1 km Run |
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1 | Taylor Knibb | USA | 4:06:32 | 23:22 | 2:20:17 | 1:17:48 |
2 | Luisa Baptista | BRA | 4:08:45 | 23:38 | 2:23:38 | 1:17:01 |
3 | Holly Lawrence | GBR | 4:09:17 | 23:27 | 2:23:50 | 1:17:39 |
4 | Ashleigh Gentle | AUS | 4:12:21 | 24:02 | 2:27:20 | 1:16:36 |
5 | Jackie Hering | USA | 4:13:46 | 25:48 | 2:23:58 | 1:18:59 |
6 | Paula Findlay | CAN | 4:15:09 | 25:07 | 2:22:29 | 1:22:51 |
7 | Chelsea Sodaro | USA | 4:16:07 | 25:08 | 2:26:52 | 1:19:17 |
8 | Skye Moench | USA | 4:18:17 | 26:02 | 2:25:06 | 1:22:00 |
9 | Ruth Astle | GBR | 4:18:37 | 27:47 | 2:24:11 | 1:21:38 |
DQ | Daniela Ryf | SUI | 4:22:15 | 25:10 | 2:24:33 | 1:27:31 |
Insgesamt war wenig Bewegung im Rennen der Damen. Knibb von vorne, Baptista auf zwei und so weiter und das alles mit erheblichen Sicherheitsabstand (wenn auch fair, da alle ohne Windschutz). Auf den hinteren Rängen war mehr los, das aber nur bedingt im Bild. Von daher war das Rennen nicht so spannend wie bei den Männern.
Baptista war mir ehrlich gesagt vorher gänzlich unbekannt gewesen. Aber 4 70.3 Rennen und alle 4 bisher auf dem Podium beendet, sprechen für sich. Sie war auch die einzige, die mit ihrer Radperformance noch für etwas Spannung hinsichtlich Position 1 gesorgt hat und ist erst beim letzten Radsplit auf +3 Minuten Rückstand eingebrochen.