Es ist sein persönlicher Lebens(t)raum. Ein Refugium, abseits von beruflicher Verantwortung und Alltagsstress. 40 Quadratmeter, in denen Thomas Menzel abschalten kann, selbst wenn er dafür auf dem Fahrrad einen Gang hochschalten muss. Ein eigenes Gartenhaus, (fast) nur für sich und seine Leidenschaft: Triathlon. Das Jahr 2019 habe ihm die Augen geöffnet. „Nach meinem zweiten Langdistanz-Debüt, 15 Jahre nach meinem ersten und bis dahin letzten, war Schluss“, sagt der 49-Jährige. Nicht etwa mit dem Sport an sich oder mit Wettkämpfen. Schluss mit Wintertraining bei 15 Grad in der Garage unter einem Heizstrahler. Schluss mit Training im Büro bei 22 Grad zwischen Akten und Computern. Schluss mit Kompromissen.
Schuften für das Trainingscenter
„Eine Pain Cave musste her“, betont der Österreicher aus St. Ruprecht in der Steiermark. Kein Abstellraum, kein Kellerzimmer – als Gebäudetechniker konnte es für Thomas Menzel nur eine Lösung geben: „Ein eigenes Gartenhaus mit allem Drum und Dran.“ Seine Frau, die selbst begeisterte Sportlerin ist, legte Anfangs ihr Veto ein, sorgte dann aber im September für eine ganz besondere Überraschung: Thomas Menzels Lebens(t)raum sollte sein Geburtstagsgeschenk im November werden, für das er allerdings schwer schuften musste. Vom Fundament über Holzriegel bis hin zum Dach hat Menzel alles selbst gebaut. Anfang Dezember war das eigene Trainingscenter im Garten fertig. Etwas verspätet – aber pünktlich zum Trainingsbeginn für die Saison 2020.
Spruch des Jahres immer im Blick
Bis zu zehn Stunden pro Woche hat der Österreicher seinen Zufluchtsort im Winter allein aus Trainingszwecken besucht. „Ich empfinde meine Pain Cave überhaupt nicht als Folterkammer. Es ist einfach der Raum meines Lebens“, betont Thomas Menzel. Wer nicht weiß, dass es sich um eine Trainingshütte handelt, könnte meinen, der 49-Jährige hat eine Sauna im Garten. Erst beim Betreten wird klar, dass zwar auch in diesem Häuschen geschwitzt wird, aber auf eine andere Art und Weise. Die bodentiefen Fenster fluten den Raum mit Licht. Auf zwei Rollentrainern, darunter ein Wahoo-Kickr, sind zwei Rennräder eingespannt. Daneben steht ein Laufband für einfache Koppeleinheiten oder Lauftraining bereit, das auch Thomas Menzels Frau nutzt. Vor jedem Ausdauergerät hängt ein eigener Flachbildfernseher an der Wand, um sich über Zwift mit anderen zu messen. Schluss mit Kompromissen. Über Laptop hört sich der 49-Jährige während des Trainings auch gern den Carbon&Laktat-Podcast an. Immer im Blick dabei: Das Mantra des Jahres von triathlon-Redakteur Simon Müller. „Sei auf der ersten Hälfte kein Idiot und auf der zweiten kein Weichei.“
Kontrast zwischen Moderne und Vergangenheit
In Regalen stehen sorgsam aufgereiht Laufschuhe und weiteres Equipment. Für längere Tage in der Pain Cave, aber auch für die Auszeiten, die sich Thomas Menzel in seinem Gartenhäuschen gönnt, steht eine „Café-Ecke“ bereit, in der auch Energie-Riegel und –Drinks in Griffweite sind. Einen Schritt weiter sorgt ein Urinal dafür, dass Trainingseinheiten nicht durch allzu lange Toilettenpausen unterbrochen werden müssen. Keine Kompromisse. Massagerollen, Lang- und Kurzhanteln und Tools für das Gleichgewichtstraining ergänzen die Ausstattung. Zu der gehört auch eine kleine Fahrradwerkstatt, über der an der Wand Menzels Agenar-Wettkampfrad hängt. Als Kontrast dazu befindet sich nur ein paar Meter entfernt ein 2×7-Gang-Renner aus vergangener Triathlon-Zeit.
Ziel: eigene Rekorde brechen
Die begann für Thomas Menzel vor 31 Jahren. Seit er 18 Jahre alt ist, ist er dem Triathlon „hoffnungslos verfallen“, wie er selbst sagt: „Ich war in jungen Jahren gar nicht so schlecht, aber auch nie spitze. Mir geht es um den Sport an sich“, erklärt der Österreicher, der eine große Zielsetzung verfolgt: „Meine eigenen Rekorde brechen. Das Projekt #beat1989 mit meiner Debützeit über die olympische Distanz mit demselben Rad wie damals war ein voller Erfolg.“ Als nächstes will der 49-Jährige seine Ironman-Zeit in Angriff nehmen. Einen Motivator und Trainingspartner hat er auch. Vor zehn Jahren hat er seinen Sohn mit seiner Leidenschaft angesteckt. „Nachdem er bis heute immer besser und schneller geworden ist, habe ich mich entschlossen, in der AK50 noch einmal richtig Gas zu geben“, betont Menzel. Keine Kompromisse eben.