Als ich im Jahr 2009 mit Triathlon in Kontakt getreten bin, war die Wahrnehmung dieses Sports auf die Liga, in der ich startete, begrenzt. Auf den kleinen regionalen Veranstaltungen des Münsterlandes trafen wir uns in der Regional- oder NRW-Liga. Dort kam spätestens nach jedem Rennen, bei dem man verschwitzt die Melonen vom Buffet neben dem Zieleinlauf aß, das Thema Langdistanz in Roth oder Frankfurt auf. Ich erinnere mich daran, dass ich mir kein richtiges Bild von diesen gigantischen Rennen machen konnte. Ich hab jedoch auch nicht weiter nachgefragt, weil diese Art von Rennen eine andere Welt war, in die ich sowieso nie eindringen würde, wie ich damals noch fest geglaubt habe.
Genau zehn Jahre später stehe ich nun kurz vor meinem ersten Start beim Ironman Frankfurt am 30. Juni. Ein Rennen, das in ganz Deutschland allein aufgrund der TV-Übertragung bekannt ist – auch über die Triathlonszene hinaus. Ein Rennen, bei dem im Profifeld der Männer die besten Athleten der Welt aufeinandertreffen, um eine heiße „Schlacht“ auszufechten.
Die Frage ist: Werde ich die Möglichkeit haben, nicht nur ein Teil des Rennens zu sein, sondern mich auch sportlich gut in Szene setzen zu können? Mir ist bewusst, dass viele erwarten werden, dass ich mich als Profi auf das Rennen konzentriere und mir meine Rennstrategie zurechtlege. Ich muss jedoch ehrlicherweise sagen, dass ich mir zu diesem Zeitpunkt mindestens genauso viele Gedanken mache, wie ich wohl die Zeit vor dem Start überstehe. Werde ich cool genug sein, um den nötigen Schlaf zu finden? Werde ich alle technischen Dinge an meiner Ausrüstung im Griff haben? Werde ich vor dem Start gut essen können? Wie wird das Gefühl sein, zur Wettkampfbesprechung zu gehen?
Ich glaube ein ganz wichtiger Schritt, um ein so großes Rennen erfolgreich zu bestehen, ist es, in der Phase vor dem Rennen so cool zu bleiben, dass man zu diesem Zeitpunkt nicht unnötig Energie durch selbst produzierten Stress verpulvert. Das ist leichter gesagt als getan, denn ich weiß genau, wie meine Nerven mir in der unmittelbaren Zeit vor dem Rennen einen Streich spielen werden. Aus dem Nichts kann plötzlich wieder aus der eingeredeten Selbstsicherheit ein Unbehagen ausbrechen. Ich werde wieder in einem Hotelzimmer sitzen und vergeblich versuchen, an etwas Entspannendes zu denken und mich dabei erwischen, dass ich die Wand anstarre und die Anspannung mich fest im Griff hat. Ich werde nachts aufwachen und feststellen, dass ich eigentlich noch gut zwei Stunden schlafen könnte, es jedoch nicht mehr klappt, bis kurz vor dem Zeitpunkt, an dem der Wecker klingelt. Dagegen anzukämpfen habe ich bereits etliche Male versucht. Ich gebe diesen Kampf nun auf und werde die Anspannung annehmen, akzeptieren und wissen, dass es allen anderen genau so geht.
Das Ziel ist ein Hawaii-Slot
Denn diese Aufregung ist natürlich völlig normal. Meine Vorbereitung lief wirklich hervorragend, sodass ich grundsätzlich optimistisch ins Rennen gehen kann. Das Schöne ist, dass ich meine wettkampfspezifischen Einheiten immer auf den Punkt bringen konnte. Egal wann ich meine Einheiten absolviert habe, die Vorgaben hinsichtlich Watt oder Lauftempo konnte ich immer erfüllen, ohne dass ich Leistungseinbrüche zu verzeichnen hatte. Da ich aus meinen bisherigen beiden Langdistanzstarts jedoch weiß, dass in einem Ironman jede Menge passieren kann, möchte ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Mein Ziel ist es, einen Hawaii-Slot zu ergattern. Da diese jedoch heiß umkämpft sind, wird an diesem Tag alles passen müssen. Bis dahin heißt es gesund bleiben, Nerven bewahren und die Konzentration nicht verlieren.
Wir sehen uns in Frankfurt!