Langsam, aber sicher wird das Fahrrad vom Smarttrainer geholt und vermehrt wieder auf der Straße bewegt. Dabei gibt es einige Regeln, die nicht unbedingt in der Straßenverkehrsordnung stehen.
Wer im Winter das Indoortraining bevorzugt, ist auf Zwift und Co. in einer mehr oder weniger regelfreien Zone unterwegs. Die gesammelten „Ride Ons“ werden in unbegrenzter Anzahl in der Trikottasche verstaut (Littering ausgeschlossen), Überholvorgänge sind teilweise abenteuerlich – ob der Avatar rechts vorbei, links vorbei oder mitten durch die Mitfahrenden fährt, ist völlig egal. Damit die Straßen in den kommenden Wochen nur redensartlich unsicher gemacht werden, kann man den einen oder anderen Grundsatz gern noch einmal verinnerlichen. Auch wenn etwas nicht schriftlich in der Straßenverkehrsordnung festgehalten ist, freuen wir uns doch alle über ein angenehmes Miteinander.
Windschatten nur nach Absprache
Bei den meisten Triathlonwettkämpfen ist Drafting verboten. Im Trainingsbetrieb gilt dieses Verbot nicht, und bei (selbst organisierten) Gruppenausfahrten wird der Windschatten gern genutzt, um schneller voranzukommen, beziehungsweise eine längere Tour in kürzerer Zeit fahren zu können. Mit regelmäßigen Führungswechseln oder entsprechenden Absprachen kommen alle Beteiligten auf ihre Kosten und den gewünschten Trainingseffekt. Wenn man allein oder zu weit unterwegs ist, kann ebenfalls eine Gruppe entstehen: Man trifft auf Gleichgesinnte, die möglicherweise gegen den Wind kämpfen, kann voneinander profitieren und spontan gemeinsam einige Kilometer zurücklegen. Das Wichtigste ist dabei allerdings eine klare Absprache. Wer von hinten auffährt, aber zu langsam ist, um entspannt zu überholen und sich absetzen zu können, der muss sich bemerkbar machen. Eine kurze Begrüßung sowie die Nachfrage, ob es okay ist, wenn man ein Stück mitfährt, sind ausreichend. Wahrscheinlich wird die Antwort dann positiv ausfallen. Und wenn nicht: akzeptieren. Rollt man allerdings unbemerkt von hinten an und klebt kommentarlos am Hinterrad, sorgt das nicht nur für (berechtigten) Unmut bei dem oder der Vorausfahrenden, sondern kann auch richtig gefährlich werden. Schließlich zeigt man keine Schlaglöcher oder Ausweichmanöver an, wenn man sich allein wähnt.
Keine Angst vor Überholvorgängen
Wenn man sich topfit fühlt, kann das Ego durchaus gekränkt sein, wenn man auf der Hausrunde von jemandem auf dem Rad überholt wird. Akzeptiere es. Wenn du sofort das Tempo anziehst, dieses letztlich nicht mitgehen kannst und erneut überholt wirst, wird es schnell peinlich. Es hat schließlich einen Grund, warum man an dir vorbeigefahren ist – meistens ist es einfach eine höhere Leistungsfähigkeit. Eine Ausnahme ist es selbstverständlich, wenn die überholende Person gerade ein Intervallprogramm abspult und du in den Pausen immer wieder heranrollst. Das kann für beide Parteien nervig werden. Oder ein amüsantes kleines Battle.
Grußformeln
Man kennt es von Bus- und Taxifahrern, Lokführerinnen und Motorradkolonnen: Die Hand wird zu einem kurzen Gruß gehoben, oft ist es nur ein Nicken. Zwischen Radfahrerinnen und Radfahrern gibt es diese Grußformeln ebenfalls – wenn sie denn konsequent angewendet werden. Wir sind Verbündete auf der Straße und gehen (in diesem Moment) der gleichen Leidenschaft nach, ganz egal, wie unterschiedlich die Ambitionen und Fähigkeiten sind. Für eine Kopfbewegung und einen freundlichen Blick brauchst du nicht einmal die Hände vom Lenker zu nehmen, ansonsten reicht es, die aufgestützte Hand leicht vom Schalthebel abzuspreizen. Auf dem Triathlonrad lässt es sich Aero-Position übrigens ganz hervorragend grüßen – wobei beidhändiges Winken vielleicht etwas zu viel des Guten wäre.
Hilfe anbieten
Eine Reifenpanne ist etwas, was man definitiv nicht während einer Ausfahrt haben möchte. Wenn man kein Ersatzmaterial dabeihat oder, warum auch immer, den verdammten Mantel einfach nicht von der Felge bekommt, wird ein unkomplizierter Plattfuß zum Worst-Case-Szenario. Wie gut ist dann bitte das Gefühl, wenn jemand anderes mit dem Rad anhält oder im Vorbeifahren Hilfe anbietet? Unbezahlbar. Dieses Gefühl kannst du auch auslösen. Wenn du das nächste Mal einen Radfahrer oder eine Radfahrerin am Straßenrand siehst, der oder die offensichtlich gerade eine Panne hat, dann frage doch einfach, ob Hilfe oder Ersatzteile benötigt werden. Wenn nicht: Umso besser, du kannst deine Fahrt einfach fortsetzen. Wenn ja: Du kannst der anderen Person bestenfalls den Tag retten und hast selbst ein gutes Gefühl.
Rücksicht nehmen
Das hier ist genau genommen kein ungeschriebenes Gesetz, sondern eine Selbstverständlichkeit. Auf dem eigenen Recht zu beharren, ist selten eine gute Idee. Insbesondere im Straßenverkehr liegen die Nerven bei allen Beteiligten oft blank und das Aggressivitätspotenzial ist groß – ob berechtigterweise oder nicht. Ja, es ist extrem nervig, wenn Fußgänger in der Stadt Radwege blockieren. Sei schlauer, antizipiere derartige Situationen frühzeitig und reduziere deine Geschwindigkeit, wenn du keine freie Bahn hast. Ebenso solltest du frühzeitig auf dich aufmerksam machen. Noch ein Punkt, der unter „Rücksichtnahme“ fällt, ist das Nebeneinanderfahren. Dies ist laut StVO ausdrücklich erlaubt, solange der restliche Verkehr nicht behindert wird. Da Autofahrende außerorts beim Überholen einen Mindestabstand von zwei Metern einhalten müssen, müssen sie in den meisten Fällen ohnehin auf die Gegenspur ausweichen. Bei sehr schmalen Straßen kann der Mindestabstand auch zu einem einzelnen Radfahrer oft nicht eingehalten werden, sodass eigentlich auch nicht überholt werden darf. Wie strikt sich daran gehalten wird? Das lassen wir mal so stehen. Im Zweifel ziehst du auf dem Rad den Kürzeren und solltest daher lieber frühzeitig Platz machen.
Müll einpacken
Noch eine Selbstverständlichkeit, die auch im Triathlonwettkampf gilt, ist die Müllvermeidung. Im Training drohen zwar weder Zeitstrafe noch Disqualifikation, doch das Riegelpapier, die leere Geltüte und auch die Bananenschale gehören in die Trikottasche – bis der nächste Mülleimer auftaucht.
Richtig rotzen
Manchmal muss man einfach etwas loswerden. Besonders bei sportlicher Belastung, Fahrtwind oder niedrigen Temperaturen kann sich in der Nase einiges ansammeln, das hinausmuss. Ein Taschentuch möchte man sicher nicht jedes Mal rausholen. Also: tief durch die Nase einatmen, ein Nasenloch zuhalten und durch das andere kurz und kräftig (!) zur Seite schnäuzen. Das Wichtigste ist dabei übrigens vorher der Blick nach hinten, damit niemand etwas abbekommt. Da wären wir wieder bei der Rücksichtnahme …