So richtig hatte ihn im Vorfeld niemand auf dem Zettel. Sein Sieg beim zweiten Stopp der Ironman Pro Series rückt den Mexikaner in den Fokus künftiger Rennen. Für die hat er sich viel vorgenommen – ein Mann leiser Töne ist er nämlich nicht.
Die Bedingungen in Texas waren fordernd. Lufttemperaturen um die 30 Grad Celsius, Luftfeuchtigkeit im Bereich von 70 Prozent. Dazu hatte Tomás Rodriguez Hernandez 7:42:38 Stunden Hochleistungssport in den Knochen – und mit 2:34:14 Stunden einen neuen Marathon-Streckenrekord beim Ironman Texas auf den Asphalt gebrannt. Da saß der Mexikaner also lässig nach seinem Sieg beim zweiten Stopp der Ironman Pro Series im Zielbereich, rückte seine Brille zurecht und legte eine Attitüde an den Tag, die sich zwischen Unbekümmertheit und hoher Erwartungshaltung bewegte. Sonderlich abgekämpft wirkte der 25-Jährige in diesem Moment kurz nach dem Rennen nicht. „Für mich war es nicht besonders heiß“, erklärte Hernandez. „In Mexiko laufe ich bei 40 Grad Celsius, daher war es recht angenehm für mich.“ Die Konkurrenz dürfte angesichts dieser Ausgangslage aufhorchen. Denn Tomás Rodriguez Hernandez legte mit einem Lächeln im Gesicht nach. „Ich möchte noch schneller laufen“, sagte er und orakelte: „2:28 Stunden sind möglich.“ Anschließend folgte eine echte Ansage: „Ich möchte die Ironman Pro Series gewinnen.“
Klare An- und Aussagen
Natürlich: Das wollen alle Athleten, die daran teilnehmen. Die meisten, die zuvor allerdings noch keine komplette Langdistanz in den Knochen hatten, hätten vermutlich leisere Töne angeschlagen. Sie hätten mutmaßlich davon gesprochen, den Moment zu genießen und erst einmal abzuwarten. Erst zwei Rennen seien absolviert und noch so viele ausstehend, die Konkurrenz obendrein besonders stark. Doch nach dem Ironman Texas steht fest: Tomás Rodriguez Hernandez ist kein Mann leiser Töne. In einem Instagram-Statement kurze Zeit später schreibt er: „Ich würde gerne sagen, dass es ein unbeschreibliches Gefühl ist, was ich gerade durchlebe. Aber ich kann es nicht. Es ist nicht unerwartet.“ Der Mexikaner ergänzt: „Es ist der Grund, warum ich jeden Tag von Tag eins an arbeite. Und es geht darüber hinaus, ein Rennen zu gewinnen oder ein Zielbanner zu heben. Es ist das, was mich wirklich zufrieden macht: Dass ich das verwirklichen kann, wofür ich jahrelang arbeite, mit allem und den Höhen und Tiefen. Genau das macht es besonders.“
In Bezug auf die Tiefen spart er nach dem Rennen auch nicht aus, dass er zum Auftakt der Ironman Pro Series beim Ironman 70.3 Oceanside nicht seinen besten Tag hatte. „Das war wirklich ein schlechter Wettkampf von mir“, gibt er zu. „Dieses Rennen jetzt in Texas ist unglaublich für mich.“ Sein Mindset vor den 226 Kilometern: „Es wird ein langer Tag. Genieße den Schmerz.“ Und auch, wenn er zu Protokoll gibt, dass er auf dem Rad und der letzten Laufrunde einfach nur habe „überleben“ wollen, erweckt er äußerlich zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, es ginge nur darum. Stattdessen wirkt der Mexikaner zu jeder Rennsekunde taufrisch.
1,67 Meter groß, 61 Kilogramm schwer
Das ist insofern beachtlich, als dass es seine erste komplette Langdistanz war. In den Ergebnislisten findet sich zwar Rang acht beim Ironman Cozumel im Jahr 2023 (6:59:43 Stunden), bei dem Rennen wurde das Schwimmen seinerzeit aber aus Sicherheitsgründen abgesagt, der Wettkampf wurde als Duathlon ausgetragen. Ansonsten war Tomás Rodriguez Hernandez bisher vornehmlich auf der Mitteldistanz unterwegs. Dabei beeindruckte der 1,67 Meter große und 61 Kilogramm schwere Athlet bereits mit Rang zwei beim Ironman 70.3 Mont Tremblant im Jahr 2022 (3:50:15 Stunden) hinter Lionel Sanders, aber noch vor Athleten wie Jackson Laundry und Cody Beals. Bei der anschließenden Mitteldistanz-WM des weltgrößten Triathlonveranstalters in St. George reichte es zwar nur für Rang 16 (3:51:15 Stunden), aber sein nächstes Rennen im mexikanischen Los Cabos beendete er auf Rang drei (3:50:57 Stunden).
Halbmarathon in 1:09:26 Stunden
Im vergangenen Jahr finishte Tomás Rodriguez Hernandez, der am 18. Juli 1998 geboren wurde, bereits in fünf Ironman-70.3-Rennen unter den Top Ten. Darunter fielen ein fünfter Platz beim Wettkampf in St. George, Rang vier in Boulder und der Sieg beim Rennen in Cozumel (3:44:14 Stunden). Auffällig: In all diesen Rennen demonstrierte er bereits seine Laufstärke, war in der dritten Disziplin unter anderem schneller als die Spitzenläufer Lionel Sanders oder Sam Long. In Boulder legte er die 21,0975 Kilometer in 1:09:26 Stunden zurück. Beim Ironman 70.3 Campeche Anfang dieses Jahres feierte der Mexikaner mit dem Sieg einen gelungenen Saisoneinstieg, ehe Platz 45 beim Ironman 70.3 Oceanside für ihn etwas enttäuschend verlief – auch, weil er beim Halbmarathon nicht wie gewohnt abliefern konnte. „Knocked but not destroyed“ kommentierte er bei Instagram. „Angezählt, aber nicht zerstört.“
Der Ironman Texas offenbarte, wie konstant und ausgeglichen Tomás Rodriguez Hernandez, der seine Profilaufbahn im Jahr 2021 beim Ironman 70.3 Texas begann, als Athlet ist. Schon beim Schwimmen verlor er lediglich eine Minute auf die Spitze – für den Mexikaner eine gewohnte Ausgangslage. Auf dem Rad ging es für ihn darum, diese bis zum abschließenden Lauf nicht zu verlieren, um seine absolute Stärke auszuspielen. Er zählt dabei nicht zu den stärksten Radfahrern unter den Profiathleten, wobei er mit selektiveren Strecken wie in St. George, Mont Tremblant oder Boulder tendenziell besser zurechtkommt als mit flacheren Routen wie in Lahti, Oceanside oder Cozumel. Auf der Laufstrecke schlägt dann die Stunde des Athleten aus Leon im Bundesstaat Guanajuato im Herzen Mexikos.
„Überleben“ mit einer 4:00-Minuten-Pace
Auf Strava hat er zu seinem Marathon in Texas geschrieben: „One lap for show, one for win.“ So flog der Mexikaner auf den ersten fünf Kilometern in 16:59 Minuten über die Strecke. Seine Fünf-Kilometer-Splits für die nächsten beiden Abschnitte bewegten sich knapp über 17 Minuten. Erst anschließend wurde er mit Zeiten um die 18 Minuten „langsamer“. Die finalen Zwischenzeiten lagen schließlich bei 19:45 Minuten und 20:12 Minuten auf fünf Kilometer. „Überleben“ mit einer Pace von knapp 4:00 Minuten pro Kilometer. Am Ende rettete er gegen den nahenden Patrick Lange den Sieg über die Ziellinie und sicherte sich seinen Slot für die Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii. Wenn er die Leistung aus Texas stabilisieren und konstant abliefern kann, dürfte Tomás Rodriguez Hernandez in dieser Saison weiterhin für Furore sorgen.