Von bösen Winden und Open-Air-Grills: 45 Fakten zum Ironman Hawaii, Teil zwei

Der Ironman Hawaii ist mehr als eine Weltmeisterschaft. Ein Sehnsuchtsrennen für viele Athleten. Drama und Glück liegen eng beieinander. Wir stellen dir in drei Teilen 45 Geschichten aus bisher 45 Rennen im Pazifik vor. Überraschend, erstaunlich, beeindruckend.

Ironman Hawaii 2013 - Natural Energy Lab - 08
Frank Wechsel / spomedis Am Renntag wird das Energy Lab zum Open-Air-Grill.

Wind ist auf Hawaii ein großes Thema. Und „Mumuku“ ist keine Kakao-Sorte. Es sind bösartige Fallwinde, die insbesondere nach dem Wendepunkt der Radstrecke gefürchtet sind. Wenn es mit bis zu 90 Kilometern pro Stunde von Hawi hinuntergeht und die Böen peitschen, können Triathleten zittern wie Espenlaub. Allerdings weniger vor Kälte als vor Respekt.

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Überaus selten sind Haie rund um den Ironman. Angriffe wurden noch nie gemeldet. Das, was Triathleten häufiger zu sehen bekommen beim Schwimmtraining, hat zwar ebenfalls Flossen, nennt sich aber Delfin. Einen ordentlichen Schreck einjagen können im Wasser auch plötzlich auftauchende Schildkröten und Rochen. Ein Naturparadies.

Den Rekord für das langsamste ­Finish auf Hawaii hält seit 1981 Walter Stack. Der damals 73-Jährige beendete das Rennen als 299. und letzter Athlet nach unglaublichen 26:20:25 Stunden – er ist wohl der Auslöser für die Einführung der Cut-off-Zeiten. Denn ab 1982 galten Zielschlusszeiten, die eingehalten werden müssen.

Apropos Zielschluss: Der Cut-off erfolgt 17 Stunden nach dem Start des jeweiligen Athleten. Benötigt ein Sportler länger, wird er nicht gewertet. 17 Stunden nach dem Start des letzten Athleten wird der Zielbereich geschlossen. Jede Disziplin beim Ironman Hawaii hat aber auch eigene Zeitlimits. Nach 2:20 Stunden ist auf ­Hawaii der sogenannte Swim-Cut-off. Wer die 3,8 Kilometer in dieser Zeit nicht schafft, darf das Rennen nicht fortsetzen. Nach 10:30 Stunden muss jeder Athlet das Radfahren beendet haben. Das heißt aber nicht, dass jeder 10:30 Stunden auf dem Radkurs hat – eingerechnet ist bereits die Zeit für das Schwimmen und den ersten Wechsel.

Noch einmal Cut-off: Wer meint, anfangs auf dem Rad oder der Laufstrecke trödeln zu können, um mit den gesparten Kräften einen legendären Schlussspurt auf der zweiten Hälfte hinzulegen, dem sei an dieser Stelle geraten, seine Taktik zu überdenken. Denn es gibt Zwischen-Cut-off-Zeiten. Auf dem Rad muss man bei Hawi nach circa 95 Kilometern um 14:35 Uhr vorbeigerauscht sein. Nach rund 153 Kilometern folgt auf dem Queen Ka’ahumanu Highway die nächste Bestandsaufnahme. Wer diesen Punkt um 17:05 Uhr noch nicht passiert hat, muss aussteigen. Immerhin: Ein Shuttle, der die Athleten dann zurückbringt, ist im Service enthalten. Grund für die Regelungen sind notwendig, weil sie sich nach dem genehmigten Verkehrsplan richten und die Straßen anschließend wieder für den öffentlichen Verkehr freigegeben werden. Der Zugang zur Laufstrecke wird übrigens um 18:20 Uhr geschlossen. Und auch in der dritten Disziplin droht der Besenwagen unterwegs: Wer bis 23:05 Uhr noch nicht 30 Kilometer weit bis zur Kreuzung Kahilihili und Queen Ka’ahumanu Highway gelaufen ist, muss kurz vor dem Ziel seine Finisherträume begraben.

Das letzte Männerrennen in Kailua-Kona war unfassbar schnell. Champion Gustav Iden stellte im Jahr 2023 in 7:40:23 Stunden einen neuen Streckenrekord auf. Aber auch die Konkurrenten waren flink unterwegs. Mit Sam Laidlow (7:42:23 Stunden), Kristian Blummenfelt (7:43:22 Stunden) und Max Neumann (7:44:43 Stunden) blieben gleich drei weitere Athleten unter der bis dahin gültigen Hawaii-Bestmarke von Jan Frodeno, der im Jahr 2019 7:51:13 Stunden benötigt hatte. Bei den Frauen hält Lucy Charles-Barclay den Rekord. Die Britin krönte sich im vergangenen Jahr nach 8:24:31 Stunden zur Ironman-Weltmeisterin.

Frank Wechsel / spomedis Im Jahr 2022 fliegt Gustav Iden (li.) förmlich über die Strecke. Da kann Landsmann Kristian Blummenfelt nicht mithalten.

Der Ironman Hawaii – das ist auch ein Rennen mit dramatischen Schlussphasen. 2006 hatte Normann Stadler satte zehn Minuten Vorsprung, als er in den Marathon startete. Von hinten rannte Chris McCormack bis zur totalen Erschöpfung heran. Doch Stadler konnte er nicht mehr einholen. Der Deutsche feierte mit 71 Sekunden Vorsprung seinen zweiten Sieg nach 2004.

Sieben Deutsche haben den Ironman Hawaii bislang gewonnen. 1997 siegte Thomas Hellriegel, 2004 und 2006 Normann Stadler, 2005 Faris ­Al-Sultan sowie 2014 Sebastian Kienle. Jan Frodeno sicherte sich den Siegerkranz in den Jahren 2015, 2016 und 2019 – damals zusammen mit Anne Haug, die als erste Deutsche Königin von Kona wurde. 2017 und 2018 triumphierte Patrick Lange, der als einziger ehemaliger deutscher Hawaii-Sieger auch in diesem Jahr am Start ist.

US-Amerikaner waren früher Seriensieger bei der Veranstaltung auf der Pazifikinsel. Kaum zu glauben: Seit 22 Jahren hat mittlerweile kein US-Amerikaner bei den Männern mehr ganz oben auf dem Treppchen gestanden. Der letzte Athlet, der die Stars-and-Stripes-Flagge trug, und als Erster über die Ziellinie lief, war Timothy DeBoom am 19. Oktober 2002.

Legendär ist das magische Rennen „The Crawl“. Dabei handelt es sich um den 1997 von Wendy Ingraham und Sian Welch auf die Finish Line gelegten Versuch, die Gegnerin im Kampf um Platz vier krabbelnd niederzuringen. Die Videos dazu gehen um die Welt und sind millionenfach geklickte Internet-Klassiker.

Mit dem Sieg beim Ironman Hawaii geht auch eine Verpflichtung einher, die manche als Chance begreifen, andere als lästige Pflicht. Beim Siegerbankett am Abend nach dem Renntag hält der Champion eine Rede – der Rest der Top 10 muss derweil auf der Bühne zuhören.

Harte Bedingungen: Nicht nur die Hitze macht das Rennen zu einer großen Herausforderung. Die Luftfeuchtigkeit zehrt zusätzlich am Körper, der durch die so eingeschränkte Verdunstung von Schweiß auf der Haut bei zu wenig externer Kühlung zu überhitzen droht. Vorhersage für Kailua-Kona am kommenden Samstag: 28 Grad Lufttemperatur bei bewölktem Himmel und rund 70 Prozent Luftfeuchtigkeit.

Naturgewalten können Hiromu Inada nicht schrecken. Der Japaner ist der älteste Mensch, der den Ironman Hawaii ins Ziel gebracht hat. Am 13. Oktober 2018 finishte er im Alter von 86 Jahren nach 16:53:49 Stunden. Im Jahr 2019 unternimmt Inada einen weiteren Versuch in Kona, kommt aber nicht ins Ziel.

Das Natural Energy Lab ist ­legendär. Diese Forschungsstation für die regenerative Gewinnung von Energie heißt unter Triathleten nur „Energy Lab“. Im Wettkampf wartet es bei Kilometer 26 des Marathons als eine Art Open-Air-Grill. Denn im Energy Lab gibt es im Oktober besonders hohe Temperaturen. Die Luft erwärmt sich hier schnell auf Werte jenseits der 40 Grad Celsius. Der Asphalt ist noch einmal rund zehn Grad heißer.

Spannend: Die Altersdifferenz zwischen den jüngsten und ältesten Hawaii-Siegern bei den Profi-Männern und -Frauen ist beachtlich. Jünger als Kathleen McCartney (1982) und Sylviane Puntous (1983) war niemand. Beide waren bei ihren Triumphen gerade einmal 22 Jahre alt. Die älteste Profi-Athletin, die in Kona gewann, war Natascha Badmann mit 38 Jahren (2005). Bei den Männern konnte sich Scott Tinley 1982 mit 25 Jahren den Titel sichern. Alle nachfolgenden Sieger waren älter. Aber niemand übertrumpft ein routiniertes Duo: Craig Alexander (2011) und Jan Frodeno (2019) zählten bei ihren Erfolgen jeweils 38 Lenze.

Frank Wechsel / spomedis Sechsmal gewann Natascha Badmann den Ironman Hawaii. Mit 38 Jahren bei ihrem Triumph 2005 ist die Schweizerin bis heute die älteste Siegerin bei den Profi-Frauen.

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Bengt Lüdke
Bengt Lüdke
Bengt-Jendrik Lüdke ist Redakteur bei triathlon. Der Sportwissenschaftler volontierte nach seinem Studium bei einem der größten Verlage in Norddeutschland und arbeitete dort vor seinem Wechsel zu spomedis elf Jahre im Sportressort. In seiner Freizeit trifft man ihn in Laufschuhen an der Alster, auf dem Rad an der Elbe – oder sogar manchmal im Schwimmbecken.

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