Taylor Knibb hat der Ironman-70.3-WM den Stempel aufgedrückt und ihren Weltmeistertitel erfolgreich verteidigt. Hinter der unangefochtenen Siegerin entwickelten sich viele Positionskämpfe. Auch zwei deutsche Triathletinnen redeten vorn ein Wörtchen mit.
Schwimmen: Lucy Buckingham führt Spitzengruppe an
Um 8 Uhr fällt im finnischen Lahti der Startschuss zu einem denkwürdigen Ironman-70.3-WM-Rennen, das sich an der Spitze schon bald zur One-Woman-Show der US-Amerikanerin Taylor Knibb entwickeln soll. Schon beim Schwimmen ist die 25-Jährige in der fünfköpfigen Führungsgruppe vertreten. Doch es ist nicht Knibb, sondern Lucy Buckingham, die bei 19 Grad Wassertemperatur die 1,9 Kilometer nach 24:43 Minuten als Erste beendet. Für die deutschen Profi-Frauen verläuft der Auftakt durchwachsen. Während Caroline Pohle ganz vorn mithalten kann, verliert Mitfavoritin Laura Philipp nach starkem Start den Anschluss und büßt fast drei Minuten ein. Anne Reischmann und Laura Jansen verlieren eine zusätzliche Minuten und kommen um Rang 30 aus dem Wasser.
Das Radfahren: Knibb setzt sich ab, Philipp und Reischmann kämpfen einsam
Raus aus T1 macht Knibb auf dem Rad Ernst. Drei Mitschwimmerinnen lässt sie mehr oder weniger sofort stehen, nur Imogen Simmonds kann das enorme Tempo eine Zeit lang halbwegs mitgehen. Nach rund 30 Kilometern auf dem sehenswerten Kurs durch die Wälder um Lahti muss aber auch die Schweizerin, die insgesamt einen ganz starken Tag erwischt, abreißen lassen. Während Knibb ihren Vorsprung mit jedem Kilometer ausbaut, bildet sich hinter Simmonds ein Zug um Daniela Ryf, Paula Findlay, Katrina Matthews und Emma Pallant-Browne. Knapp dahinter macht Laura Philipp zunächst Platz um Platz gut, in die Ryf-Gruppe schafft sie es als Solofahrerin aber nicht. Auch Reischmann kämpft größtenteils allein mit Wind und Strecke und arbeitet sich Stück für Stück vor.
Nach 90 Kilometern und 2:07:52 Stunden im Sattel stellt Knibb ihr TT-Bike in der zweiten Wechselzone ab, als einziger gelingt der Zeitfahrspezialistin heute ein 42er-Schnitt. Auch Simmonds ist mit 2:10:00 Stunden schnell unterwegs, die Gruppe um Ryf und Matthews hat beim Wechsel in die Laufschuhe bereits mehr als fünf Minuten Rückstand. Die deutschen Hoffnungen liegen auf Philipp, die nur eineinhalb Minuten hinter Platz drei liegt, auf dem Rad aber auch viel investieren musste.
Der Halbmarathon durch Lahti
Wer dachte, Taylor Knibb könnte nach ihrem Husarenritt auf dem Rad beim Laufen schwächeln, sieht sich bald eines Besseren belehrt. Mit Kilometerzeiten zwischen 3:30 und 4:00 Minuten läuft sie den Halbmarathon an, die Konkurrenz kann bei diesem Tempo kaum Boden gut machen. Die Verfolgerinnen haben aber auch genug mit sich selbst zu tun. Matthews sprengt nach dem zweiten Wechsel die Gruppe um Daniela Ryf und schickt sich an, den Rückstand auf die Zweitplatzierte, Imogen Simmonds, zu verkürzen. Auch Pallant-Browne läuft schnell, während Findlay und Ryf bald den Anschluss verlieren. Ist dies die Chance für Laura Philipp? Die deutsche Profi-Athletin versucht alles, hat aber nicht mehr die Beine für eine Attacke auf die Spitzenplätze. Lediglich die zurückfallende Ryf wird sie später noch einholen.
Mit Zeiten unter 1:20 Stunden legen die schnellsten Profi-Frauen die 21,1 Kilometer zurück. Am besten ist heute Tamara Jewitt unterwegs, die es aber trotz einer Zeit von 1:15:57 Stunden nicht mehr in die Top Ten schafft. Knibb lässt sich in 1:18:05 Stunden den Titel nicht mehr nehmen, doch im Kampf um Platz zwei wird es auf den letzten Kilometern spannend. Matthews findet auf der zweiten Runde die zweite Luft, läuft plötzlich deutlich schneller als Simmonds und überholt die Schweizerin zwei Kilometer vor dem Ziel.
Das Finish: Knibb macht Sieg mit Weltbestzeit perfekt
In 3:52:02 Stunden verteidigt Knibb den Ironman-70.3-WM-Titel, den sie vor einem in St. George (USA) zum ersten gewinnen konnte. Doch nicht nur das. Mit ihrer Zeit gelingt der US-Amerikanerin, die sich gerade erst für die Olympischen Spiele in Paris qualifiziert hat, auch eine neue Weltbestzeit bei einem Ironman 70.3. Eine ganze Sekunde ist sie schneller als Laura Philipp 2022 in Dubai. Katrina Matthews kommt vier Minuten später überglücklich als Zweite ins Ziel. Nach ihrem schweren Rad-Unfall vor einem Jahr ist die Britin zurück in der Weltspitze. Auch Simmonds ist mit dem überraschenden WM-Bronze sichtlich zufrieden.
Und die Deutschen? Laura Philipp (4:02:27 Stunden) muss sich nach großem Kampf mit dem sechsten Rang begnügen, einer Platzierung, über die sie sich im Ziel nicht so gar nicht freuen kann, und Anne Reischmann wird in 4:06:18 Stunden zum dritten Mal in ihrer Karriere Zehnte bei der Ironman-70.3-WM. Laura Jansen (4:16:54), Lisa Gerß (4:22:05), Caroline Pohle (4:26:03 Stunden) belegen die Plätze 26, 30 und 34.