Das Cervélo P5 ist seit Generationen eine Benchmark im Triathlon. Wir haben die jüngste Evolutionsstufe getestet und zeigen, wie sie sich von anderen Bikes und der Vorgängerversion unterscheidet.
Kaum eine Radmarke hat so viel Triathlon-DNA in sich wie die aus Kanada stammende Schmiede Cervélo. Ob Carbon als Aero-Profil oder Scheibenbremsen am Triathlonrad: Immer waren die Modelle mit einem P im Namen ganz früh dran – und auf den Radkursen ganz vorn dabei. Inzwischen gehört Cervélo zum niederländischen Konzern PON, sitzt in Kalifornien und verkauft sogar Mountainbikes. Umso gespannter waren wir, was die Neuauflage des „P5“ abliefern würde, schließlich ist der fünf Jahre alte Vorgänger immer noch eines der meistgefahrenen Räder auf der Mittel- und Langdistanz.
Alles neu?
Auf den ersten Blick sieht das neue P5 dem alten sehr ähnlich. Cervélo-typisch ist die organisch anmutende Formgebung von Rahmen und Gabel sowie die das Hinterrad umschließende Form des Sitzrohrs. Geblieben ist die Gabel mit Bajonettform, und beim Cockpit wird weiter auf den markanten Mono-Riser statt zweier Spacertürme gesetzt, um die Höhe von Armschalen und Extensions zu justieren. Alle Bauteile des Cockpits kommen von Cervélo selbst, die Extensions sind weiter klassisch rund, die Arm-Pads aber für mehr Support deutlich länger und mit höheren Flanken als vorher.
Nach wie vor fehlt ein integriertes Trinksystem oder Staufächer im Rahmen, etwa für das Notfallkit mit Schlauch und Gaskartusche. Cervélo setzt hier auf einfache Lösungen wie zwei Gummiboxen auf dem Oberrohr, eine Flaschenaufnahme samt eigener Aero-Flasche im Rahmendreieck und die hauseigene Halterung für bis zu zwei weitere Flaschenhalter an der Sattelstütze. Kleinteile zur Aufnahme eines Flaschenhalters für eine runde Flasche zwischen den Armen werden mitgeliefert. Der Basislenker ist an der Bremsgriffposition etwas kürzer und tiefer sowie mit seinen 38 Zentimetern bei der Breite weiterhin einer der schmalsten und mutmaßlich auch aerodynamischsten Lenker am Markt.
Wer wirkliche Weiterentwicklungen finden will, muss genau hingucken. Neu ist, dass der Mono-Riser in der Gabel und nicht mehr im Basislenker verankert ist. Den Basislenker kann man mit einem geschlitzten Spacer bis zu 40 Millimeter höher montieren, ohne Leitungen und Kabel trennen zu müssen. Das freut den Schrauber und große Fahrer sowie Sportler, die viel im hügeligen Gelände fahren, weil man so entspannter an die Bremsgriffe kommt. Gut ist der Lenkanschlag gegen Schäden beim Umkippen. Ein kleines aber wichtiges Detail ist die Möglichkeit, Arm-Pads und Extensions auf volle 30 statt bisher nur 15 Grad anstellen zu können. Denn die Schräglage hilft dabei, aerodynamisch „ins Cockpit zu fallen“. Wie gehabt funktioniert das Anstellen in Fünf-Grad-Schritten per Shim. Leider ist dieses Bauteil nicht mit dem Vorgängermodell kompatibel. Cervélo hat die Tiefe des Mono-Risers um fünf Millimeter reduziert, sodass dieser nicht ins alte Cockpit passt. Wieder im Programm ist eine sechste (!) Rahmengröße mit 61 Zentimetern. Beim Launch des Vorgängers gab es die schon einmal, zwischendurch war sie aber aus dem Line-up verschwunden.
Die Komponenten
Bei neuen Triathlonrädern ist es üblich, eine Verbesserung zum Vorgänger zu vermarkten, und hier wird es beim P5 interessant. Gegenüber dem alten Modell soll man fünf Watt sparen. Davon werden aber vier auf den besseren Rollwiderstand der breiteren Reifen und die neuen Laufräder zurückgeführt. 2019 waren 25-Millimeter-Reifen Standard, viel mehr gehen ins alte Modell nämlich nicht rein, wenn man die Sicherheitsreserve von vier Millimetern ISO-Norm-Abstand zu Rahmen und Gabel berücksichtigt. Heute geht es aber selbst bei Rädern mit Aero-Lenker eher Richtung 28 oder 30 Millimeter Reifenbreite. Und das neue P5 ist bereit für diesen Trend. Bis zu 34 Millimeter sind jetzt drin. Zudem werden zum Mutterkonzern gehörende Reserve-Laufräder mit 25 Millimetern Innenmaulweite vorn (!) und 24 hinten verbaut, bei denen die Vittoria-Baumwollreifen auf 29 Millimeter aufgehen. Die proklamierte Watt-Ersparnis ist aus unserer Sicht deshalb plausibel, allerdings auf das Gesamtsystem zurückzuführen. Respekt an Cervélo für die Transparenz.
Auch wenn Shimanos Mittelklasse-Gruppe „Ultegra“ im Modellnamen steckt, der Kunde bekommt deutlich mehr für sein Geld. Die Brems- und Schaltgriffe für Aero-Lenker gibt es nur aus der höherwertigen „Dura-Ace“-Gruppe, die Bremssättel tragen das gleiche Logo. Auf die Kurbel montiert Cervélo ein beidseitiges Nachrüst-Powermeter von 4iiii, das zudem mit einem Apple „AirTag“ ausgeliefert wird. Geschaltet wird per „Synchro-Shift“, was bedeutet, dass der Wechsel vom kleinen auf das große Kettenblatt automatisch abläuft, wenn die Kassette durchgeschaltet wird. Die Bedingung für den Kettenblattwechsel, sprich der entscheidende Gang, wird vorher per App definiert. Ein manuelles Schalten des Umwerfers ist aufgrund fehlender Buttons bei den Zeitfahrhebeln nicht möglich.
Eine Cervélo-Aero-Flasche samt Halter gehört zum Lieferumfang, andere Hydration-Lösungen, etwa an der Aufnahme an der Sattelstütze oder am Cockpit, muss man bei Bedarf nachrüsten. Der Sattel kommt bei Cervélo traditionell von Prologo, hier der „Dimension Tri“.
Die Ausstattungsvarianten des Cervélo P5
Ausstattung | Red Axs | Dura Ace DI2 | Ultegra DI2 |
---|---|---|---|
Größen | 48, 51, 54, 56, 58, 61 | 48, 51, 54, 56, 58, 61 | 48, 51, 54, 56, 58, 61 |
Gabel | Cervélo All-Carbon, Tapered P5 Fork | Cervélo All-Carbon, Tapered P5 Fork | Cervélo All-Carbon, Tapered P5 Fork |
Steuersatzlager | FSA IS2 1-1/8 x 1-3/8 | FSA IS2 1-1/8 x 1-3/8 | FSA IS2 1-1/8 x 1-3/8 |
Lenker | P5 CarbonBasebar/EX14 Riser/Carbon Extensions | P5 CarbonBasebar/EX14 Riser/Carbon Extensions | P5 CarbonBasebar/EX14 Riser/Carbon Extensions |
Sattelstütze | Cervélo SP23 Carbon | Cervélo SP23 Carbon | Cervélo SP23 Carbon |
Sattel | Prologo Dimension Tri Nack | Prologo Dimension Tri Nack | Prologo Dimension Tri TiRox |
Schalthebel | SRAM AXS Blip controller | Shimano Dura Ace, R9180, 12 speed, Shimano Dura Ace, R9160 on Extensions | Shimano Dura Ace, R9180, 12 speed, Shimano Dura Ace, R9160 on Extensions |
Bremssattel | SRAM Red | Shimano Dura-Ace | Shimano Ultegra |
Bremshebel | SRAM S900 Aero | ||
Bremsscheibe | SRAM Paceline X Centerlock | Shimano CL900 Centerlock | Shimano CL800 Centerlock |
Umwerfer vorn | SRAM Red AXS, 12 speed | Shimano Dura Ace, R9250, 12 speed | Shimano Ultegra, R8150, 12 speed |
Schaltwerk | SRAM Red AXS, 12 speed | Shimano Dura Ace, R9250, 12 speed, Direct Mount | Shimano Ultegra, R8150, 12 speed |
Kassette | SRAM Red, 10-33, 12 Speed | Shimano Dura-Ace, 11-34, 12 Speed | Shimano Ultegra, 11-30, 12 Speed |
Kette | SRAM Red, 12 speed | Shimano M9100, 12 speed | Shimano M8100, 12 speed |
Kurbelgarnitur | SRAM Red AXS, 50/37T, DUB, with power meter | Shimano Dura Ace, R9200, 54/40T, 12 Speed, 4iiii Precision Pro, GEN3+ Dual Sided | Shimano Ultegra R8100, 52/36T, 12 Speed, 4iiii Precision Pro, GEN3+ Dual Sided |
Innenlager | SRAM DUB Ceramic, BBright | Ceramic Speed, BBright for 24mm spindle | FSA, BBright thread together, 24mm spindle |
Laufräder | Rear: Reserve 88 TA, Zipp ZR1 SS, 12x142mm, XDR freehub, 24h, centerlock, tubeless compatible Front: Reserve 77 TA, Zipp ZR1 SS, 12x100mm, 24H, centerlock, tubeless compatible | Rear: Reserve 88 TA, Zipp ZR1 SS, 12x142mm, XDR freehub, 24h, centerlock, tubeless compatible Front: Reserve 77 TA, Zipp ZR1 SS, 12x100mm, 24H, centerlock, tubeless compatible | Rear: Reserve 63, 24.4mm IW, Zipp ZR1 ST,12x142mm, HG freehub, 24h, centerlock, tubeless compatible Front: Reserve 52, 25.4 IW, Zipp ZR1 ST, 24H, centerlock, tubeless compatible |
Steckachsen | Cervelo Aero Thru-Axles, 12×100/142 | Cervelo Aero Thru-Axles, 12×100/142 | Cervelo Aero Thru-Axles, 12×100/142 |
Reifen | Corsa Pro Speed TLR 700×29 OR Corsa Pro TLR G2.0 OEM 700x29mm | Corsa Pro Speed TLR 700×29 OR Corsa Pro TLR G2.0 OEM 700x29mm | Corsa Pro Speed TLR 700×29 OR Corsa Pro TLR G2.0 OEM 700x29mm |
Zubehör | Smartpak 400, Aerobottle 500, Rear Hydration Mount | Smartpak 400, Aerobottle 500, Rear Hydration Mount | Smartpak 400, Aerobottle 500, Rear Hydration Mount |
Fahreindruck
Cervélo verspricht deutlich mehr Fahrkomfort durch die Konstruktion des Hinterbaus. Ob dieser Vorteil tatsächlich auf die Bauweise oder eher den verringerten Reifendruck zurückzuführen ist, war beim Fahren nicht zu ermitteln. Bei knappen 100 Kilogramm Systemgewicht fuhren wir vier bis fünf Bar. Auch auf schlechtem Belag fuhr sich das P5 damit gutmütig, was aber nicht auf Kosten eines weichen Rahmens ging. Hier war auch im Wiegetritt weder im Tretlager noch am Lenkkopf eine Verwindung zu spüren.
Der maximale Cockpit-Tilt von 30 Grad gepaart mit den verbauten J-Bend Extensions ermöglichte es, den Kopf komplett hinter den Händen zu verstecken. Aerodynamisch kann das von Vorteil sein, man muss aber darauf achten, dass man noch genug sieht. Und jetzt kommt es: Durch den steilen Winkel der Pads wandern diese Kontaktpunkte tiefer und der Mono-Riser kommt unter Umständen an sein Auszugslimit. Fahrer, die mit viel Auszug oder Spacern arbeiten, um den Drop von Sattel zu Arm-Pad zu justieren, werden eher mit einer Rahmennummer größer glücklich, bei der sie den höheren Steuerkopf nutzen können. Von 58 Zentimetern (wie bei unserem Testrad) auf 61 Zentimeter wären das gute 20 Millimeter mehr Ausgangshöhe gewesen. Sehr hilfreich ist und bleibt der Online-Größenfinder von Cervélo, basierend auf den Werten von Arm-Pad-Stack und Reach sowie der Sitzhöhe. Was auch auffiel: Durch die tiefer ansetzende Klemmung hat der neue, dünnere Riser mehr Flex. In unserem Fall kam es in diesem Bereich trotz Montagepaste und acht Newtonmetern Anzugsmoment zu Knackgeräuschen.
Die Schaltung mit Synchro-Shift muss man mögen. Gerade beim Herunterschalten unter Last braucht der Schaltvorgang eine Weile und die Kette rasselt dabei. Wer lieber selbst entscheidet, wann er vorn schaltet, müsste sich eine Lösung mit weiteren Shiftern basteln. Und um es ganz klar zu sagen: Dies und kabelgebundene Schalthebel sind nicht mehr zeitgemäß. Shimano macht es bei den STIs am Rennlenker selbst vor, Sram per AXS-Protokoll sowieso. Wer einen Kabelbruch oder eine lockere Steckverbindung hatte oder die Leitungen durch ein Aero-Cockpit gelegt hat, weiß, wovon die Rede ist.
Cervélos Philosophie, auf einfache Flaschen zu setzen, ist für viele Athletinnen und Athleten sicher eine Überlegung wert. Die Aufnahme des P5 hinter dem Sattel ist definitiv eine der besten und stabilsten am Markt, positiv ist auch die verstellbare Neigung. Allerdings braucht die extrem filigrane Aero-Flasche viel Übung beim Greifen sowie Einsetzen. Und für eine runde Flasche zwischen den Armen kann es eng werden, sodass dort gegebenenfalls mit einer Nachrüstlösung mit mehr Bauhöhe gearbeitet werden muss.
Fazit
Cervélo hat mit dem neuen P5 das Rad zwar nicht neu erfunden, aber das war auch gar nicht nötig. Stattdessen wurde die bewährte Plattform mit wesentlichen Features verbessert und für die Zukunft aufgestellt. Der Pilot bekommt mehr Einstellbarkeit, die nach wie vor so einfach wie bei keinem anderen Rad am Markt ist. Wer bewusst auf interne Tanklösungen verzichtet, wird sich seine Verpflegungsstrategie auch mit dem P5 gut zurechtlegen können. Dann eventuell mit Teilen spezialisierter Drittanbieter. Bei den heute noch fett anmutenden Reifenbreiten ist vermutlich noch nicht Schluss. Das P5 hat hier Reserven nach oben für mindestens fünf weitere Jahre. Der Preis geht für eine Fachhandelsmarke völlig in Ordnung, dafür bekommt man kompetente Hilfe, falls man mit den Mechanikerfähigkeiten mal an seine Grenzen kommt.