40 Jahre DTU: Wie der Verband aus einem exotischen Ding den Wettkampfsport Triathlon machte

Herzlichen Glückwunsch, Deutsche Triathlon Union! Der Sportfachverband für Triathlon und artverwandte Mehrkampfwettbewerbe feiert Jubiläum. Seit vier Jahrzehnten sorgt die DTU für einheitliche Regeln und faire Wettkämpfe, fördert Nachwuchs und olympischen Leistungssport. Es ist viel passiert im Triathlon seit dem DTU-Gründungstag am 23. Februar 1985.

Challenge Roth Abenteuerlust und Pioniergeist: In den Anfangsjahren geben Athleten und Equipment ein ungewohntes Bild ab.

Was sind denn das für Verrückte!? Inspiriert von Fernsehbildern vom Ironman auf Hawaii, die im Herbst 1981 in der ZDF-Sportreportage laufen, kommen einige Pioniere und Enthusiasten hierzulande auf die Idee, so etwas auch bei uns zu veranstalten. Im April 1982 findet in Essen der erste Triathlon auf deutschem Boden mit 23 Teilnehmern statt, weitere folgen in allen Teilen der Bundesrepublik. Verdammt lang her! Im selben Jahr gewinnt Nicole mit „Ein bisschen Frieden“ den Eurovision Song Contest (der damals noch nicht so hieß), Helmut Kohl wird Bundeskanzler und der britische Thronfolger Prinz William kommt 1982 überhaupt erst zur Welt.

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Das neue Ding namens Triathlon braucht Strukturen

Triathlon versprüht zu diesem Zeitpunkt einen Hauch von Exotik und lockt viele Abenteurer in den Sport, die sich der besonderen Herausforderung stellen wollen. Aber es ruft auch Menschen auf den Plan, die sogleich damit beginnen, Vereins- und Verbandsstrukturen in dieses „neue Ding“ bringen zu wollen. Mit einem Augenzwinkern könnte man sagen: typisch deutsch – alles muss seine Ordnung haben. 

Bereits 1983 werden der leistungssportorientierte Deutsche Triathlon Verband (DTV) und der dem Breitensport zugewandte Deutsche Triathlon Bund (DTrB) gegründet. Es folgen die Landesverbände. Schließlich fusionieren die Dachverbände am 23. Februar 1985 zur Deutschen Triathlon Union (DTU), die seitdem die Interessen der Triathletinnen und Triathleten in Deutschland vertritt. 1990 ging zudem der Triathlonverband der DDR in der DTU auf.

Veranstalter Ab den 1980er Jahren entstehen im ­ganzen Land ­Triathlonwettkämpfe, die ­Athleten mit besonderen ­Locations ­anlocken. Hier der Start im Seebad ­Düsternbrook beim Förde-Triathlon in Kiel..

Ein Verband für Olympiasieger ebenso wie für eher unsportliche Einmal-Triathleten

Die DTU sorgt seitdem für einheitliche Regeln, ausgebildete Kampfrichter und Durchführungsbestimmungen zur Sicherstellung von fairen Wettkämpfen, egal ob beim Dorftriathlon mit 100 Teilnehmern oder einem Spektakel wie der Challenge Roth. Obendrein organisiert die DTU die Nachwuchsförderung, ist für die Nationalmannschaft beziehungsweise den Spitzensport verantwortlich und führt deutsche Meisterschaften durch, um nur einiges zu nennen. Kurzum: Aus dem vor 40 Jahren gegründeten Verband ist eine hochprofessionelle, durchstrukturierte Organisation geworden, die sowohl für den eher unsportlichen Mittvierziger verantwortlich ist, der bei einem Event ganz gemütlich und stolz seinen ersten und vielleicht letzten Triathlon ins Ziel bringt, als auch für einen deutschen Olympiasieger.

2024 sind es 59.170 Mitglieder in der DTU, darunter die Frauen mit Rekordzahl

Ein paar Zahlen zur DTU: Im Jahr 2024 waren 59.170 Mitglieder in 1.530 Vereinen aktiv. Damit hat der Verband die Coronazeit gut überwunden und ist auf dem besten Wege, zu den Rekordzahlen von 2020 zurückzukehren. Damals waren es 60.630 Mitglieder in 1.571 Vereinen.

Die Anzahl weiblicher Mitglieder in den Vereinen ist im Vorjahr auf 18.997 angestiegen. Damit konnte die DTU eine Bestmarke vermelden: Eine so hohe Anzahl an Triathletinnen im organisierten Vereinssport gab es auch vor der Pandemie nicht. Interessant ist die Entwicklung: Vor zwanzig Jahren (2004) waren es nur 5.973 Frauen in den Vereinen (bei 18.693 Männern). Dennoch sind die Athletinnen in der Gesamtheit immer noch deutlich in der Unterzahl. 2024 standen den 18.997 Triathletinnen mehr als doppelt so viele Männer im Vereinssport gegenüber, nämlich 40.173.

Frauen sind von Beginn an Bestandteil der Szene und drücken dem Sport ihren Stempel auf. Simone Mortier (r.) und Sonja Krolik gehören zu den Pionierinnen.

„Die Events sind das Rückgrat des Triathlons“

Es sind aber vor allem die Veranstaltungen selbst, die etwas über die Qualität des Triathlons hierzulande aussagen: „Die Events sind das Rückgrat eines Sports, gerade im Triathlon“, weiß Jan Philipp Krawczyk. Der 40-Jährige ist bei der DTU ­Vizepräsident Kampfrichter- und Veranstaltungswesen. Und: Krawczyk ist ein Mann der Praxis, organisiert seit 20 Jahren den Bornhöved Triathlon im Kreis Segeberg seiner schleswig-holsteinischen Heimat. Er weiß, worüber er spricht. „Wir sind total abhängig von leidenschaftlichen Veranstaltern. Nur durch sie konnten in verhältnismäßig kleinen Orten wie im fränkischen Roth oder Immenstadt im Allgäu legendäre Events entstehen.“

Um und bei 500 Triathlons finden jährlich unter dem Dach der DTU statt

Mit der aktuellen Entwicklung ist Krawczyk sehr zufrieden, 504 Triathlons fanden 2023 in Deutschland statt, im gerade abgelaufenen Jahr waren es sieben weniger, also 497. Damit ist die Anzahl der Events fast auf Vorcoronaniveau, 2019 sind 564 Wettkämpfe durchgeführt worden. „Das zeigt, dass die Veranstalter weiterhin Lust haben, Rennen zu organisieren – das ist es, was die Triathlonfamilie ausmacht“, sagt Jan Philipp Krawczyk. Ergänzend dazu: 2024 sind bundesweit 26.376 Startpässe für die Saison ausgegeben worden, dazu kamen 30.425 Tageslizenzen. Rekord.

Challenge Roth
Triathlon ist in Deutschland auch mithilfe der DTU vielseitig, weltoffen, bunt und ein ­Massenphänomen geworden. Um das Event in Roth beneidet uns die ganze Triathlonwelt.

Natürlich gibt es die sogenannten Leuchtturm-Events wie Roth, Frankfurt und vor allem Hamburg mit seiner, wie Krawczyk es nennt, „signifikanten Entwicklung von 2002 bis 2024“. Professor Martin Engelhardt, der von 1987 bis 2001 und seit 2011 in nunmehr 27 Jahren als DTU-Präsident die Geschicke des Verbands lenkt, ergänzt: „Die Städte bieten tolle Erlebnisse, das gehört dazu. Aber wir müssen alles dafür tun, die Triathlonnester auf dem Dorf zu erhalten. Dort kommt der Triathlon her und dort hat er seinen Ursprung als Breitensport und Naturerlebnis.“

„Ein Vorzeigejahr für den deutschen Triathlon“

Auf 40 Jahre DTU blickt Präsident Engelhardt zufrieden zurück. Dennoch richtet der 64-Jährige sofort den Blick nach vorn: „Wir haben viele Ziele erreicht, aber längst nicht alle. Wir sind stolz auf die letzten zwei Jahre, insbesondere 2024 war ein Vorzeigejahr für den deutschen Triathlon, mit dem Gewinn der olympischen Goldmedaille in der Staffel und zwei deutschen Ironman-Weltmeistern. Aber wir dürfen uns auf keinen Fall darauf ausruhen und müssen wieder verstärkt in den Nachwuchs investieren.“

DTU Dauerpräsident: Martin Engelhardt (r.) lenkte bereits von 1987 bis 2001 die Geschicke des Verbands und ist seit 2011 in seiner zweiten Amtszeit DTU-Präsident. Hier 1988 beim Besuch des Wettkampfs in Roth mit dem späteren IOC-Präsidenten Thomas Bach (mit Sonnenbrille).

DTU-Kollege Jan Philipp Krawczyk macht sich im Hinblick auf das Veranstaltungswesen für die Zukunft keine Sorgen: „Es gibt so viele Veranstalter, die Triathlon mit Leidenschaft und Begeisterung leben, dass es auch in zehn Jahren noch tolle Events geben wird.“ Das wäre dann ein halbes Jahrhundert organisierte Triathlongeschichte in Deutschland. Jetzt darf aber erst einmal auf 40 Jahre DTU angestoßen werden. Cheers!

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Christian Wriedt
Christian Wriedt
Schreiben und Bearbeiten von Texten, Verbesserung der internen Abläufe und Erstellung von Abgabeplänen – das ist der tägliche Dreikampf von Christian Wriedt in der triathlon-Redaktion. Der studierte Sportwissenschaftler ist vor allem aufgrund seiner langjährigen journalistischen Erfahrung verpflichtet worden. Dem Triathlon begegnet der gebürtige Hamburger und leidenschaftliche Fußballer mit großer Neugier und noch größerem Respekt.

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