„Strava or it didn’t happen?“ Die Trainingsplattform des amerikanischen Unternehmens wird für viele Athleten zur zentralen und wichtigsten Anlaufstelle für Daten und Trainingsleistungen. Genau mit dieser Thematik hat sich Fabian Lensing, Doktorand der Universität Paderborn, im Rahmen seiner Forschung für die Doktorarbeit befasst. Das Ziel: Mit wissenschaftlicher Basis wollte Lensing herausfinden, ob sich die dort aktiven Athleten in verschiedene Typen einteilen lassen und diese bestimmte Verhaltensmuster verfolgen. Herausgekommen sind vier Kategorien, in der wohl nahezu jeder Sportler, der sich auf der Plattform einmal angemeldet hat, einen für sich passenden Nutzertypen findet.
Mehr als 500 Teilnehmer für wissenschaftliche Befragung
Die Idee zur Forschungsarbeit, die auch Teil seiner Forschung für die Dissertation ist, kam Lensing im Herbst 2019 bei der Erkenntnis, wie groß der Einfluss der Plattform auf den heutigen Trainingsalltag vieler Athleten bereits ist. „Zu dem Thema gibt es bereits zahlreiche Publikationen, alle jedoch ohne wissenschaftliches Fundament“, sagt Lensing. Mit dem Projekt könne er zugleich die Sportleidenschaft mit seinem großen Interesse an der Verhaltensökonomie verbinden, so der Wirtschaftswissenschaftler. Als Triathlet ist er unter anderem bereits in der zweiten Bundesliga für seinen Heimatverein, den Bocholter WSV Triathlon, gestartet.
Die rund 60 erstellten Fragen teilte Lensing unter anderem mit Teilnehmern des Aasee-Triathlon und in der Carbon&Laktat-Facebookgruppe. 535 Athleten konnte er für seine Umfrage motivieren. Anschließend begann der arbeitsintensivste Teil des Vorhabens: die Auswertung der gewonnenen Daten. „Mit der Hilfe statistischer Methoden, unter anderem Faktoranalysen und Clusterings ließ sich eine grundlegende Struktur herausfiltern, aus denen wiederum jeweils zwei zugrundeliegende Leitmotive für das Verhalten und die Motivation hinter der Plattformnutzung entstanden sind“, sagt Lensing. Am Ende des Prozesses entstanden nach der Auswertung die vier Nutzertypen „Casual Consumer“, „Lone Wolf“, „Competitor“ und „Socializer“. Mit dem Ergebnis der wissenschaftlichen Arbeit ist sowohl Lensing als auch sein Co-Betreuer der Doktorarbeit, Thomas Fritz, zufrieden. „Es ist schön, wenn die Wissenschaft auch eine gewisse intuitive Nachvollziehbarkeit mitbringt“, sagt Fritz. Gemeint ist, dass wohl jeder einen Bekannten oder Freund aus dem näheren Umfeld hat, der in eine der vier Kategorien passt. Und auch für sich selbst finden die meisten Sportler wohl den passenden Nutzertyp.
Die vier Nutzertypen im Vergleich
Casual Consumer:
- Nutzer, die nicht besonders viel auf der Plattform aktiv sind. Sie besuchen vielleicht einmal in der Woche die Plattform
- Agieren eher passiv auf Strava, verteilen wenig Kudos und kommentieren relativ wenig
- Konsumieren hingegen jedoch Daten und Inhalten von anderen Usern
Lone Wolf:
- Ist ähnlich häufig wie der Casual Consumer auf der Plattform unterwegs
- Betreibt jedoch eine intensive Begutachtung der eigenen Daten und Leistungen
- Analysiert die eigenen Trainingsfortschritte ziemlich genau
- „Wie waren meine Wattwerte vor einem Jahr? Wie schnell war ich bisher in diesem Segment?“: Fragen, die sich der „einsame Wolf“ durchaus immer wieder stellt
- Betreibt eine sehr geringe soziale Interaktion
Competitor:
- Ist sehr aktiv auf Strava unterwegs, ist bis zu mehrmals täglich auf der Plattform unterwegs
- gibt zu, dass er schon mindestens einmal eine Aktivität gelöscht hat, weil er nicht mit der aufgezeichneten Leistung zufrieden war
- interagiert viel mit anderen
- kämpft mit anderen Sportlern um KOMs und vergleicht seine Leistungsdaten mit der Konkurrenz
- wohl der Nutzertyp, der sich am häufigsten für das neue „Bezahl-Modell“ der Plattform begeistern lässt
Socializer:
- ist der „Heavy-User“ unter den Strava-Nutzern
- interagiert extrem viel auf der Plattform
- kommuniziert dort gern, vergibt viele Kudos und kommentiert viel
- zieht im Gegensatz zum Competitor seine Motivation nicht so sehr aus ‚virtuellen Wettkämpfen‘, sondern vielmehr aus der sozialen Interaktion mit anderen Athleten
- teilt seine Ergebnisse und Daten von Strava auch gern noch auf weiteren Netzwerken wie Facebook oder Instagram
Ein nächster Schritt wäre für den Doktoranden nach der Auswertung die Frage, ob man als Athlet im Laufe seiner sportlichen Karriere den Nutzertypen ändert. „Es wäre spannend herauszufinden, ob es eine Art Lebenszyklus gibt, so dass man vielleicht sogar einmal alle vier verschiedenen Typen durchwandert hat, je nach der gerade aktuellen Lebenssituation“, sagt Lensing. Ebenfalls unbeantwortet blieb der Einfluss verschiedener Persönlichkeiten auf den jeweiligen Nutzertyp. Ob beispielsweise extrem extrovertierte Sportler vermehrt in den Kategorien Competitor oder Socializer wiederzufinden sind.
„Gefangen im Datenstrudel“
Neben Strava gibt es noch zahlreiche weitere Plattformen und Tools, mit denen Athleten ihren sportlichen Alltag aufzeichnen, dokumentieren und mit der Öffentlichkeit teilen. Welche Metriken und Daten wirklich sinnvoll sind und ab wann das Sammeln von Daten und der Vergleich mit anderen krankhaft wird, haben wir in der triathlon 184 im Artikel „Gefangen im Datenstrudel“ bereits thematisiert.
Lustige Studie (zumindest musste ich gerade etwas Schmunzeln) 🙂
Was den letzten Abschnitt betrifft:
Sind wir doch einmal ehrlich (zu uns selbst): dieses social Dingsbums hat die meisten von uns in gewisser Weise ‚vereinnahmt‘ und natürlich hat das dann auch Auswirkungen auf unseren Alltag, zu dem ja auch unsere Hobbies (hier der Sport) gehören.
Inwieweit sich der Einzelne davon dann wirklich abhängig macht, ist noch einmal eine andere Frage. Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, dass das Auswerten der Sportdaten im eigenen Kämmerlein – also ohne öffentliches Präsentieren der Daten in der Cloud – immer mehr zur einer Nische verkommt.
Es gibt sie zwar noch, die User, die ihre Daten lokal auswerten – es gibt sogar welche, die das gänzlich ohne PC-Auswertung oder App machen -, aber das virtuelle Präsentieren samt der damit verbundenen Likes und ‚Daumen nach Oben‘ spielt eine immer größere Rolle.
Die Sinnhaftigkeit sollte man da m.E. gar nicht mehr hinterfragen, da spielt auch sehr viel der aktuelle Zeitgeist mit hinein und es kann gut sein, dass WIR in einigen Jahren von diesem öffentlichen Präsentierteller wieder etwas abkommen werden. Daher ist es auch fast naheliegend anzunehmen, dass die in der Studie erwähnten Usertypen immer mal wieder ihre Nutzungsart neu ausrichten werden (und damit die Kategorien wechseln). Z.B. kann der Sprung ins Berufsleben oder die Gründung einer Familie sehr große Auswirkungen auf das virtuelle ‚Social Life‘ haben 🙂
Daher musste ich etwas Schmunzeln (it’s just life and life is always changing)…
Strava besteht doch nur noch aus Werbung. Zum Auswerten hats noch nie was getaugt und die Kommentarfunktion ist ein Graus. Sie waren halt die ersten. Darum sind alle dabei. Wirklich geil ists aber nur für die, die sich nicht an richtige Startlinien trauen und sich an gewonnenen Segementen ergötzen.