Mittwoch, 19. November 2025

Gefangen im Datenstrudel

„Ohne Strava zählt die Einheit nicht.“ „Seit dem Server-Problem habe ich aufgehört zu trainieren.“ „Dann muss ich nicht trainieren die nächsten Tage.“ Drei Kommentare in den sozialen Netzwerken rund um den mehrtägigen Systemausfall von Garmin Ende Juli, die alle wohl ein gewisses Maß an Ironie in sich haben, jedoch alle auch in einem Punkt vereint sind: einer möglichen Abhängigkeit von Daten und Technik. Diese teils suchtähnliche Entwicklung in den vergangenen Jahren wurde vor allem durch die explosive Entwicklung von Apps, elektronischen Devices und der damit verbundenen Möglichkeit der Datenaufzeichnung befeuert. Doch wie viele Daten und Technik sind wirklich notwendig und ab wann wird der Vergleich mit sich selbst und anderen zur Krankheit?

Als der Systemausfall von Garmin zahlreiche Triathleten für mehrere Tage verunsichert oder gar dafür sorgt, dass sie ihr Training aussetzen, befindet sich Mario Schmidt-Wendling im Urlaub. Um einer ersten Panik seiner Athleten zuvorzukommen, schickt er einen Newsletter heraus, in dem er seinen Altersklassen­athleten klarmacht, dass das alles kein großes Problem darstellt und sie weiterhin am geplanten Trainingsalltag festhalten sollen. Die große Unruhe bleibt bei den Athleten des 44-jährigen Coaches, der in den vergangenen rund 15 Jahren mehr als 1.000 Athleten zum Lang­distanz-Finish verholfen hat, aus. „Das hängt aber vielleicht auch ein wenig davon ab, was für eine Coaching-Kultur man pflegt. Wenn man durchaus dafür sensibilisiert, dass nicht unbedingt jede Metrik notwendig ist und dass man auch ohne die Garmin am Handgelenk leben und Sport machen kann, dann sollte so eine Situation kein Problem sein“, sagt Schmidt-Wendling. Der Sportwissenschaftler beäugt die Entwicklung der vergangenen Jahre äußerst kritisch. „Man sollte nicht immer glauben, dass die Zahlen und Tools das Gesetz oder die Bibel sind, sondern lediglich als ­Hilfsmittel dienen“, sagt er. Was von den immer wieder neuen Tools und Messwerten am Ende des Tages wirklich hilfreich ist und den Athleten besser und schneller macht, untersucht Schmidt-Wendling ganz genau. Nahezu alle technischen Hilfsmittel und Tools hat er zumindest einmal ausprobiert. Nicht einmal eine Handvoll davon sind für ihn jedoch im Alltag wirklich von Bedeutung. Ab und zu muss er bei seinen Athleten schon einmal die Notbremse ziehen. „Ich sehe es immer am Beckenrand, wie einige Sportler mehr damit beschäftigt sind, die Uhr an- und abzudrücken, als sich mal auf das Wesentliche, das Schwimmen selbst, zu konzentrieren“, sagt er. Bei einigen Gruppen­trainings gibt es von ihm deshalb gelegentlich die Ansage, nicht ständig auf die Uhr zu schauen. Wer dann doch noch den letzten 100-Meter-Split mit dem aktuellsten vergleicht, fliegt auch einmal aus dem Training. „Das klingt vielleicht ein wenig hart und diktatorisch. Aber manchmal muss man vielleicht auch zu drastischeren Mitteln greifen, um für ein Thema zu sensibilisieren“, sagt Schmidt-Wendling.

- Anzeige -

Welche Konsequenzen einige Athleten beim Ausfall ihrer Messinstrumente ziehen und wie man gesammelte Daten wirklich clever nutzt, könnt ihr in der aktuellen Ausgabe triathlon 184 nachlesen.

Fehler gefunden oder Feedback zu diesem Artikel? Bitte teile uns hier mit, was du loswerden möchtest oder was wir verbessern können!
Feedback unter Artikel

Tauche ein in die spannende Welt von triathlon+ und erfahre mehr Hintergründe, mehr Service und mehr Triathlonerlebnis – digital hier und auf Wunsch ohne Aufpreis monatlich in deinem Briefkasten.

Monatsabo

9,95 -
Jetzt mitmachen bei triathlon+
  • Zeitschrift inklusive!
  • volle Flexibilität
  • € 9,95 pro Monat
  • monatlich kündbar
Empfehlung!

Jahresabo

94,95 -
Größte Ersparnis bei triathlon+
  • Zeitschrift inklusive!
  • Mindestlaufzeit 12 Monate
  • danach monatlich € 9,95
  • nach 1 Jahr monatlich kündbar
- Anzeige -
Marvin Weber
Marvin Weberhttp://marvinweber.com/
Marvin Weber ist Multimedia-Redakteur bei triathlon: Neben Artikeln fürs Magazin und die Homepage ist der gebürtige Siegerländer auch immer auf der Suche nach den besten Motiven für die Foto- und Videokamera. Nach dem Umzug in die neue geliebte Wahlheimat Hamburg genießt er im Training vor allem die ausführlichen Ausfahrten am Deich.

Verwandte Artikel

Trainingsbereiche im Triathlon: So nutzt du sie richtig

Trainingsbereiche sind der Schlüssel zu mehr Leistung im Triathlon. Erfahre, wie du sie richtig einsetzt – für optimale Ausdauer, den Fettstoffwechsel und die VO₂max. Wer...

Das Saarland für Triathleten: Die besten Rennen und Trainingsspots

Das Saarland im Südwesten Deutschlands tritt immer häufiger ins Scheinwerferlicht internationaler Sportveranstaltungen – zu Recht, denn wo sonst treffen Sport, Natur und Kultur schon...

ePaper | Abo

Unser Newsletter

Newsletter triathlon

Aktuelle Beiträge