Andrew Messick, CEO und President der Ironman Group, hat heute seinen Rücktritt erklärt. Der Amerikaner wird die Position noch kommissarisch führen, bis ein Nachfolger benannt wird. Nach der Ernennung eines neuen CEOs wird Messick weiterhin Teilhaber und Mitglied des Board of Directors bleiben.
Nach 12 Jahren an der Spitze hat Andrew Messick verkündet, seinen Posten als Präsident und CEO der Ironman Group im Laufe des Jahres 2023 zur Verfügung zu stellen. Bis ein Nachfolger benannt ist, wolle Messick noch im Amt bleiben, verkündete der weltweit größte Triathlonveranstalter am Donnerstagabend. Auch nach der Ernennung eines neuen CEOs werde Messick weiterhin Teilhaber und Mitglied des Board of Directors bleiben. Ein konkreter Grund für den Rücktritt wurde nicht genannt.
Führungsarbeit unter verschiedenen Eigentümern
Der vierfache Ironman-Finisher Messick, der zuvor als Senior Vice President (International) für die National Basketball Association (NBA) und Präsident des Mediensportkonzerns Anschutz Entertainment Group (AEG) tätig war, war im Mai 2011 als CEO von Ironman und Nachfolger von Ben Fertic vorgestellt worden. Während Fertics Amtszeit hatte der Investor Providence Equity Securities die damalige World Triathlon Corporation (WTC) für 85 Millionen US-Dollar erworben, im Herbst 2015 ging die Firma für 650 Millionen US-Dollar an das chinesische Mammutunternehmen Dalian Wanda Group über und mit diesem an die Börse. 2020 schließlich verkaufte Wanda die Marke an Advance Publications und den Co-Investor Orkila.
Unter Messicks Führung wurde der Triathlonveranstalter zum weltweit größten Ausrichter von Massenveranstaltungen und expandierte nicht nur weltweit in neue Triathlonregionen, sondern auch in die Bereiche Straßenlauf, Trailrunning, Straßenradsport und Mountainbiking in über 50 Ländern und in digitale Trainingsplattformen. Die medialen Reichweiten stiegen, die weltweiten Teilnehmerzahlen explodierten. Aus 25 Ironman-Rennen zu Beginn der Ära Messick wurden 44, aus 54 Ironman-70.3-Rennen 124 – nicht, weil mehr Lizenzen vergeben wurden, sondern weil Ironman viele Rennen übernahm oder selbst gründete. Unter Messicks Leitung akqurierte die Ironman Group innerhalb eines Jahrzehnts 70 Firmen. Heutzutage nehmen jedes Jahr fast 100.000 Menschen an einem Rennen über die legendären 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen teil.
„CEO der Ironman Group zu sein, war die berufliche Ehre meines Lebens – die sinnvollste und zielgerichtetste Arbeitserfahrung, die ich je gemacht habe. Ich bin voller Dankbarkeit für die Unterstützung meiner Teammitglieder, unserer Partner und der Athletengemeinschaft in den letzten 12 Jahren“, wird Messick in einer Pressemitteilung von Ironman zitiert. „Ich habe alles, was ich habe, in diesen Job gesteckt, und mein Leben wurde durch die Möglichkeit bereichert, unglaubliche Events zu kreieren, Athleten aus der ganzen Welt zu treffen und eine unglaublich engagierte Gruppe von Kollegen zu führen. Ich bin stolz auf die Organisation, die wir aufgebaut haben, mit hochrangigen Führungskräften und einem globalen Team von engagierten Mitarbeitern, die das Rückgrat unseres Erfolgs bilden. In Kombination mit einer unterstützenden, langfristig orientierten Eigentümergruppe in Advance und Orkila Capital und einer leidenschaftlichen Basis von Athleten ist das Unternehmen gut für die Zukunft aufgestellt.“
Wenn Sportsgeist auf Renditeerwartung trifft
Kritiker sehen genau diese Konstellation als Problem, da sie viele Werte des Sports durch das Profitstreben der Investoren gefährdet glauben: Die Rennen wurden immer größer und teurer, während die Preisgelder für die Profis stagnierten. Globale Partnerschaften verschlossen lokalen Unternehmen den Zugang zum Sport, den sie mit aufgebaut hatten. Zuletzt wurden an einigen Locations Traditionsevents wie die Nudel- und Helferpartys abgesagt. In Hamburg kam es Anfang Juni zu einem Zwischenfall mit tödlichem Ausgang, als ein Motorradfahrer innerhalb der Ironman-Medienblase des Trosses von Livestreamkameras und Social-Media-Produzenten mit einem entgegenkommenden Athleten kollidierte und noch an der Unfallstelle verstarb. Ironman ließ das Rennen und den Livestream des Events weiterlaufen und löschte kritische Kommentare dazu, bevor man die Kommentarfunktion ganz einstellte – „ein Fehler“, wie Messick inzwischen eingesteht. Noch am Tag von Messicks Rücktritt kam aus Großbritannien die Nachricht: Der Ironman UK sowie das 70.3-Event in Staffordshire werden 2024 nicht mehr wie bisher stattfinden, da die Teilnehmerzahlen stark zurückgegangen waren.
Zwischen Corona und Kona
In Messicks Amtszeit fielen nicht nur die Herausforderungen der Coronapandemie mit einem weltweiten Stillstand des Renngeschehens, sondern auch die Verärgerung vieler Athleten über die schleppende Kommunikation und Rückzahlung von vereinnahmten Startgebühren. 2020 mussten die Ironman-Weltmeisterschaften erstmals seit der Premiere im Jahr 1978 ausfallen, die 2021er-Ausgabe wurde in den Mai 2022 nach St. George (Utah) verlegt. Mit dem Zweitagesevent des Ironman Hawaii im Oktober 2022 erlebte das Rennen, das für viele Triathletinnen und Triathleten weltweit als Traumziel gilt, ein spektakuläres Comeback auf Big Island, um danach in eine seiner größten Identitätskrisen zu fallen: Da der Widerstand gegen ein Zweitagesevent an der Kona-Küste zu groß wurde, werden die Weltmeisterschaften 2023 nur noch für die Frauen auf Hawaii und für die Männer erstmals außerhalb der USA in Nizza (Frankreich) ausgetragen. In den drei folgenden Jahren werden sich Frauen und Männer an beiden Orten abwechseln, wobei sich in der Saison 2023 zeigte, dass die Nachfrage nach WM-Startplätzen stark zurückgegangen ist. Bei der Slotvergabe nach der Ironman-Europameisterschaft am vergangenen Wochenende konnten nur rund 130 der 200 Nizza-Startplätze für die Männer und 45 der 50 Frauen-Startplätze für Kona vergeben werden. Die Startgebühren für die Titelkämpfe liegen bei beiden Wettkampforten bei jeweils rund 1.500 Euro. Messick hatte stets betont, dass es eine positive Entwicklung sei, wenn man mit zwei Renntagen mehr Athletinnen und Athleten die Chance zu einer WM-Teilnahme eröffnen könne. Außerdem sei es eine fortschrittlich, dass die Frauen mit eigenständigen Rennen wie zuletzt bei Profis in Frankfurt oder eben im Oktober auf Hawaii eine eigene Plattform bekämen.
„ICH glaube, dass es für die Zukunft der WM entscheidend ist, zwei Renntage zu haben. Wir werden im Oktober dieses Experiment durchführen und wir sind in Diskussionen mit Hawaii, um hoffentlich eine langfristige Lösung zu finden, die es uns ermöglicht, zwei Renntage in Kona zu haben.„
Andrew Messick bei der Pressekonferenz zur Ironman-WM im Mai 2022 in St. George (Utah)
„Es fällt mir schwer, meine Führungsrolle bei Ironman aufzugeben, denn ich liebe dieses Unternehmen sehr“, sagt Messick nun zum Ende seiner Wirkungszeit. „Ich habe meine ersten Ironman- und Ironman-70.3-Triathlons vor fast zwei Jahrzehnten absolviert, lange bevor ich mit der Organisation in Verbindung stand. Was ich bei den Rennen gelernt und gesehen habe, gehörte zu den bedeutendsten Erfahrungen meines Lebens. Ich habe immer an den lebensverändernden Charakter unserer Rennen, unserer Mission und unserer Marke geglaubt.“
Führungskraft mit Ausdauer gesucht
Wann Ironman eine neue Führungsperson vorstellt, ist noch nicht bekannt. Fest steht: Die Herausforderungen, die Marke zwischen den Ansprüchen von Investoren und Athleten zukunftssicher zu positionieren, sind gewaltig. Der neue Chef an der Spitze von Ironman wird genau das brauchen, was auch jeder Athlet mitbringen muss, um die 226 Kilometer eines Ironman-Rennens zu bestehen: Ausdauer. Hingabe. Und jede Menge Opferbereitschaft.
Anmerkung: Der Verkauf an Wanda fand 2015 statt, nicht wie in einer ersten Version des Artikels bereits 2005.