Nach 12 Jahren: Ironman-Boss Andrew Messick tritt zurück

Andrew Messick, CEO und President der Ironman Group, hat heute seinen Rücktritt erklärt. Der Amerikaner wird die Position noch kommissarisch führen, bis ein Nachfolger benannt wird. Nach der Ernennung eines neuen CEOs wird Messick weiterhin Teilhaber und Mitglied des Board of Directors bleiben.

PreRace-Pressekonferenz Ironman-WM 2022 St. George - 01
spomedis Andrew Messick

Nach 12 Jahren an der Spitze hat Andrew Messick verkündet, seinen Posten als Präsident und CEO der Ironman Group im Laufe des Jahres 2023 zur Verfügung zu stellen. Bis ein Nachfolger benannt ist, wolle Messick noch im Amt bleiben, verkündete der weltweit größte Triathlonveranstalter am Donnerstagabend. Auch nach der Ernennung eines neuen CEOs werde Messick weiterhin Teilhaber und Mitglied des Board of Directors bleiben. Ein konkreter Grund für den Rücktritt wurde nicht genannt.

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Führungsarbeit unter verschiedenen Eigentümern

Der vierfache Ironman-Finisher Messick, der zuvor als Senior Vice President (International) für die National Basketball Association (NBA) und Präsident des Mediensportkonzerns Anschutz Entertainment Group (AEG) tätig war, war im Mai 2011 als CEO von Ironman und Nachfolger von Ben Fertic vorgestellt worden. Während Fertics Amtszeit hatte der Investor Providence Equity Securities die damalige World Triathlon Corporation (WTC) für 85 Millionen US-Dollar erworben, im Herbst 2015 ging die Firma für 650 Millionen US-Dollar an das chinesische Mammutunternehmen Dalian Wanda Group über und mit diesem an die Börse. 2020 schließlich verkaufte Wanda die Marke an Advance Publications und den Co-Investor Orkila.

Unter Messicks Führung wurde der Triathlonveranstalter zum weltweit größten Ausrichter von Massenveranstaltungen und expandierte nicht nur weltweit in neue Triathlonregionen, sondern auch in die Bereiche Straßenlauf, Trailrunning, Straßenradsport und Mountainbiking in über 50 Ländern und in digitale Trainingsplattformen. Die medialen Reichweiten stiegen, die weltweiten Teilnehmerzahlen explodierten. Aus 25 Ironman-Rennen zu Beginn der Ära Messick wurden 44, aus 54 Ironman-70.3-Rennen 124 – nicht, weil mehr Lizenzen vergeben wurden, sondern weil Ironman viele Rennen übernahm oder selbst gründete. Unter Messicks Leitung akqurierte die Ironman Group innerhalb eines Jahrzehnts 70 Firmen. Heutzutage nehmen jedes Jahr fast 100.000 Menschen an einem Rennen über die legendären 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und 42,195 Kilometer Laufen teil.

„CEO der Ironman Group zu sein, war die berufliche Ehre meines Lebens – die sinnvollste und zielgerichtetste Arbeitserfahrung, die ich je gemacht habe. Ich bin voller Dankbarkeit für die Unterstützung meiner Teammitglieder, unserer Partner und der Athletengemeinschaft in den letzten 12 Jahren“, wird Messick in einer Pressemitteilung von Ironman zitiert. „Ich habe alles, was ich habe, in diesen Job gesteckt, und mein Leben wurde durch die Möglichkeit bereichert, unglaubliche Events zu kreieren, Athleten aus der ganzen Welt zu treffen und eine unglaublich engagierte Gruppe von Kollegen zu führen. Ich bin stolz auf die Organisation, die wir aufgebaut haben, mit hochrangigen Führungskräften und einem globalen Team von engagierten Mitarbeitern, die das Rückgrat unseres Erfolgs bilden. In Kombination mit einer unterstützenden, langfristig orientierten Eigentümergruppe in Advance und Orkila Capital und einer leidenschaftlichen Basis von Athleten ist das Unternehmen gut für die Zukunft aufgestellt.“

Wenn Sportsgeist auf Renditeerwartung trifft

Kritiker sehen genau diese Konstellation als Problem, da sie viele Werte des Sports durch das Profitstreben der Investoren gefährdet glauben: Die Rennen wurden immer größer und teurer, während die Preisgelder für die Profis stagnierten. Globale Partnerschaften verschlossen lokalen Unternehmen den Zugang zum Sport, den sie mit aufgebaut hatten. Zuletzt wurden an einigen Locations Traditionsevents wie die Nudel- und Helferpartys abgesagt. In Hamburg kam es Anfang Juni zu einem Zwischenfall mit tödlichem Ausgang, als ein Motorradfahrer innerhalb der Ironman-Medienblase des Trosses von Livestreamkameras und Social-Media-Produzenten mit einem entgegenkommenden Athleten kollidierte und noch an der Unfallstelle verstarb. Ironman ließ das Rennen und den Livestream des Events weiterlaufen und löschte kritische Kommentare dazu, bevor man die Kommentarfunktion ganz einstellte – „ein Fehler“, wie Messick inzwischen eingesteht. Noch am Tag von Messicks Rücktritt kam aus Großbritannien die Nachricht: Der Ironman UK sowie das 70.3-Event in Staffordshire werden 2024 nicht mehr wie bisher stattfinden, da die Teilnehmerzahlen stark zurückgegangen waren.

Zwischen Corona und Kona

In Messicks Amtszeit fielen nicht nur die Herausforderungen der Coronapandemie mit einem weltweiten Stillstand des Renngeschehens, sondern auch die Verärgerung vieler Athleten über die schleppende Kommunikation und Rückzahlung von vereinnahmten Startgebühren. 2020 mussten die Ironman-Weltmeisterschaften erstmals seit der Premiere im Jahr 1978 ausfallen, die 2021er-Ausgabe wurde in den Mai 2022 nach St. George (Utah) verlegt. Mit dem Zweitagesevent des Ironman Hawaii im Oktober 2022 erlebte das Rennen, das für viele Triathletinnen und Triathleten weltweit als Traumziel gilt, ein spektakuläres Comeback auf Big Island, um danach in eine seiner größten Identitätskrisen zu fallen: Da der Widerstand gegen ein Zweitagesevent an der Kona-Küste zu groß wurde, werden die Weltmeisterschaften 2023 nur noch für die Frauen auf Hawaii und für die Männer erstmals außerhalb der USA in Nizza (Frankreich) ausgetragen. In den drei folgenden Jahren werden sich Frauen und Männer an beiden Orten abwechseln, wobei sich in der Saison 2023 zeigte, dass die Nachfrage nach WM-Startplätzen stark zurückgegangen ist. Bei der Slotvergabe nach der Ironman-Europameisterschaft am vergangenen Wochenende konnten nur rund 130 der 200 Nizza-Startplätze für die Männer und 45 der 50 Frauen-Startplätze für Kona vergeben werden. Die Startgebühren für die Titelkämpfe liegen bei beiden Wettkampforten bei jeweils rund 1.500 Euro. Messick hatte stets betont, dass es eine positive Entwicklung sei, wenn man mit zwei Renntagen mehr Athletinnen und Athleten die Chance zu einer WM-Teilnahme eröffnen könne. Außerdem sei es eine fortschrittlich, dass die Frauen mit eigenständigen Rennen wie zuletzt bei Profis in Frankfurt oder eben im Oktober auf Hawaii eine eigene Plattform bekämen.

„ICH glaube, dass es für die Zukunft der WM entscheidend ist, zwei Renntage zu haben. Wir werden im Oktober dieses Experiment durchführen und wir sind in Diskussionen mit Hawaii, um hoffentlich eine langfristige Lösung zu finden, die es uns ermöglicht, zwei Renntage in Kona zu haben.

Andrew Messick bei der Pressekonferenz zur Ironman-WM im Mai 2022 in St. George (Utah)

„Es fällt mir schwer, meine Führungsrolle bei Ironman aufzugeben, denn ich liebe dieses Unternehmen sehr“, sagt Messick nun zum Ende seiner Wirkungszeit. „Ich habe meine ersten Ironman- und Ironman-70.3-Triathlons vor fast zwei Jahrzehnten absolviert, lange bevor ich mit der Organisation in Verbindung stand. Was ich bei den Rennen gelernt und gesehen habe, gehörte zu den bedeutendsten Erfahrungen meines Lebens. Ich habe immer an den lebensverändernden Charakter unserer Rennen, unserer Mission und unserer Marke geglaubt.“

Führungskraft mit Ausdauer gesucht

Wann Ironman eine neue Führungsperson vorstellt, ist noch nicht bekannt. Fest steht: Die Herausforderungen, die Marke zwischen den Ansprüchen von Investoren und Athleten zukunftssicher zu positionieren, sind gewaltig. Der neue Chef an der Spitze von Ironman wird genau das brauchen, was auch jeder Athlet mitbringen muss, um die 226 Kilometer eines Ironman-Rennens zu bestehen: Ausdauer. Hingabe. Und jede Menge Opferbereitschaft.

Anmerkung: Der Verkauf an Wanda fand 2015 statt, nicht wie in einer ersten Version des Artikels bereits 2005.

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28 Kommentare

  1. Wenn Investor A den Andy Klasse findet ,
    Wenn Investor B den Andy Klasse findet ,
    Wenn Andy seinen Job ( CEO) liebt,
    Weshalb/ warum tritt er dann zurück ?

    Ich denke am Horizont zeichnet sich mittlerweile ein Schaden ab ,
    den Ironman mit dem Namen Messick nicht mehr repariert bekommt.

    Bezüglich der CEO Nachfolge fallen mir zwei Herren ein ,die in Bälde genügend Tagesfreizeit hätten Sebastian K . und Jan F. 😉

          • Danke für den Tipp, passt mir zeitlich sogar sehr gut!
            Strecke sieht interessant aus, von den Höhenmetern ungefähr wie der IM Nizza (ausser beim Laufen).

            Allerdings: mit 500€ ist das Startgelt jetzt auch kein „Bruchteil“ von Ironman-Veranstaltungen (ausser WM-Slots natürlich). Ob die Strecke den meisten IM-Teilnehmern zu schwer ist, stand ja hier in der Diskussion übrigens auch nicht zur Debatte 😉

            Trotzdem nochmals Danke!

  2. Nach dem Interview zwischen Frank und Hannes, könnte ich mir Hannes als CEO vorstellen.
    Er würde der Marke Ironman bestimmt „The Soul“ wieder zurück geben nach seinen Worten.

    Kapitalismus ist im Triathlon angekommen, Auf wiedersehen Breitensport mit all deinen Facetten

    • Betrifft mich nicht. Wäre auch ein Thema für die „Wirtschaftswoche“ wo IRONMAN falsch abgebogen worden ist…
      Challenge Roth aka Felix macht eventuell viele Sachen signifikant anders und anscheinend besser.
      Selbstverständlich muss auch Felix Geld verdienen, aber die Balance stimmt.
      Und bei Ironman bleiben sie Slots liegen….

  3. Ich finde seine Zeit nicht so negativ ehrlich gesagt. Es waren Experimente dabei und tlw. find ich haben die auch funktioniert trotz breiter Vorverurteilung. Ich denke da vor allem an die 2 Renntage die für Kona und die Übertragung sehr gut funktioniert haben. Leider hat man dabei für die Locals den Bogen überspannt aber evtl hätte man das auch mit 1 Renntag.
    Die Qualität der Rennen ist unbestritten hoch und was Verfehlungen bei einzelnen Ironmans angeht gibt es sehr sehr viele Rädchen bevor Messick da involviert ist, vor allem die lokalen Rennveranstalter. In letzter Zeit schien es dass wenn was bei einer Aid Station im IM Taiwan nicht funktioniert, ist auch Messick schuld. Nie vergessen, das ist eine FIRMA und wird auch eine bleiben, kein Wohltätigkeitsverein.

  4. Ironman am Boden. Totales Desaster und die Ziele klar verfehlt. Ich vermute Messick wurde zum Rücktritt vom Gesellschafter genötigt .Ein Bauernopfer eben.. Nun muss Herr Hannes Blaschke eben als Reiseveranstalter mit dem Nachfolger sprechen( kleine Anspielung an den Podcast von gestern), denn es wird nun mit Sicherheit ein 110% Gefolgsmann des Gesellschafters neu eingestellt werden. Es geht um Geld..nicht um Erinnerungen und Emotionen. Das muss allen klar sein. Wird Zeit, dass sich eine starke Konkurrenz zu Ironman etabliert..die machen sonst was sie wollen .. zum Leidwesen für diesen Großartigen Sport.

    • Also das Ironman am Boden ist sehe ich nicht so. Was mich verwundert ist, dass Kona/ Nizza IMMER in einen Topf mit den restlichen Ironman Rennen geworfen wird. Keine Frage, Kona ist absolut wichtig für den Triathlon als Ganzes. Aber 99% aller Athleten starten dort überhaupt nicht! Man sollte daher, was die Bewertung angeht, die „normalen“ Rennen betrachten. Auch da gibt es sicher ein paar Probleme, aber grundsätzlich läufts doch gut. Und neben Ironman gibts halt leider niemanden, der ein solches Rennprogramm anbietet.

      Was Hannes Blaschke betrifft. Er ist eine Legende für uns und macht einen tollen Job. Aber auch er hat finanzielle Interessen, dass gibt er ja auch ganz klar zu. Ohne Kona kann er sein Unternehmen wahrscheinlich halbieren, wenn nicht noch schlimmer.

      • Gut läuft es mit Sicherheit nicht, sonst wäre Messick nicht zurückgetreten (worden). Mit Sicherheit ist man weit von einer Insolvenz entfernt und steht finanziell stabil da, aber die sichtbaren Probleme werden größer, siehe IM UK, siehe Sparmaßnahmen, siehe bis kurz vor WK-Termin nicht ausgebuchte Premium-Rennen, siehe Diskussionen über Kommunikationsdesaster, Orga-Katastrophen wie 70.3 Dresden…usw. usf.
        Man nagt mit Sicherheit nicht am Hungertuch, aber für eine wirklich stabile Zukunft reicht es dann halt so auch nicht.

  5. Da ja immer wieder gerne ins Feld geführt wird, dass die WTC als Wirtschaftsunternehmen Geld zu verdienen hat (was absolut richtig ist) und damit gerne die grenzwertigen Optimierungsversuche gerechtfertigt werden: Es ist halt immer eine Philosophie-Frage, ob ich die Kuh melken will oder sie schlachte. Um sie zu melken (und dauerhaft gute Milch zu bekommen), braucht man eine dauerhafte gute Kundenbeziehung (nur ein glücklicher und zufriedener Kunde ist gewillt, dauerhaft sein Geld bei einem Anbieter zu lassen). Ironman hat sich halt dafür entschieden die Kuh zu schlachten. Das funktioniert aber halt nur so lange, wie man Neukunden generieren kann. Und da scheint jetzt halt auch Schluss zu sein. Traurige, aber in sich logische und schlüssige Entwicklung, gerade wenn man sich mit US-amerikanischer Business-Mentalität beschäftigt.

    • Sehr guter Kommentar, exakt so scheint es zu sein. Und damit genau das gegenteilige Businessmodell von der Challenge Roth. Da wird auch Geld verdient, aber eben nachhaltig und mit möglichst langfristiger Kundenbindung, die neben Qualität auch eine emotionale Komponente hat.

  6. Ich denke ein wichtiger Schritt damit IM wieder die Kurve bekommt, wäre den lokalen Rennorganisatoren wieder mehr Handlungspielraum zu geben. IM hat ein paar echte Perlen im Rennkalendar (z.B. Kalmar oder Wales). Um solche Veranstaltungen zu pflegen und nachhaltig weiterzuentwickeln braucht es einfach lokale Ansprechpartner die sich bemühen die Bedürfnisse der Athleten und der Bevölkerung sowie der Stadt unter einen Hut zu bekommen.

  7. Im Artikel liest es sich eher so, als ob Messick von sich aus zurückgetreten ist und das ggf. nicht auf Drängen der Investoren geschah. Falls es so ist, will er damit wohl das letzte Stück seiner Seele doch nicht verkaufen und sieht ebenso, wie viel Mist auf Druck der Investoren passiert ist und dass er das nicht weiter tragen will. Nur: falls das so ist, dann wird es mit einem Nachfolger wohl nicht besser werden, denn dann wird die Marke weiter ausgeschlachtet werden und es werden weitere Kosteneinsparungen kommen. Das ist zu befürchten. Ich hoffe ja sehr, dass Ironman hier die Kurve bekommt, nur bin ich da derzeit ehrlich gesagt eher pessimistisch eingestellt…

    • Und auch die andere Möglichkeit macht nicht optimistisch, nämlich, dass Messick geschasst wurde, weil die Rendite nicht stimmt (u.a. Slots bleiben liegen, was nicht nur peinlich, sondern wirtschaftlich schlecht ist). In dem Fall würde ein Nachfolger von den Investoren umso stärker auf den Kurs der Hyperkommerzialisierung verpflichtet werden- ebenfalls keine gute Aussicht. Bin gespannt, welchen Kurs IM fahren wird und wie bzw. ob das Unternehmen aus der Krise kommt.

    • Für den Abgang aus eigenem Antrieb spricht, dass er dem Unternehmen treu bleibt. Beim Rausschmiss hätte er vermutlich alle Ämter abgeben müssen.

      Rendite ist sicher weiterhin ein Thema, vor allem aufgrund der stark gestiegen Zinsen. Ich vermute stark, dass der Kauf damals noch mit billigem Geld kreditfinanziert wurde.

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Frank Wechsel
Frank Wechsel
Frank Wechsel ist Herausgeber der Zeitschriften SWIM und triathlon. Schon während seines Medizinstudiums gründete er im Oktober 2000 zusammen mit Silke Insel den spomedis-Verlag. Frank Wechsel ist zehnfacher Langdistanz-Finisher im Triathlon – 1996 absolvierte er erfolgreich den Ironman auf Hawaii.

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