Die Challenge Family bekommt Zuwachs im Rennkalender. Im April 2025 sollen auf einer Insel der Vereinigten Arabischen Emirate eine Mittel- und Langdistanz stattfinden. Teilnehmende und Supporter müssen dabei auf einem Kreuzfahrtschiff übernachten. Gewollte Innovation um jeden Preis? Ein Kommentar.
Veranstalter können es im Triathlon durchaus schwer haben, ein Event auf die Beine zu stellen und rentabel stattfinden zu lassen. Bei kleineren Wettkämpfen scheitert es nicht selten an einer zu geringen Anmeldezahl, so etwa aktuell beim Laponia Triathlon. Soll ein komplett neues Rennen etabliert werden, wird es nicht einfacher, also müssen Anreize geschaffen werden. Das kann beispielsweise eine atemberaubende Kulisse sein, eine extrem herausfordernde Strecke, beides zusammen oder ein Gesamtkonzept, das sich von anderen Triathlons unterscheidet und den Horizont erweitert.
Die Challenge Family startet für die nächste Saison einen Versuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten, und die Ausschreibung liest sich, als hätte man bei der Planungssitzung alles notiert, was man mit „außergewöhnlich“ kommentieren könnte. Hauptsache, man hebt sich von anderen Veranstaltungen ab. Das Konzept scheint jedoch nicht zu Ende gedacht. „Willkommen an Bord der einzigartigsten Erfahrung in der Welt des Triathlons!“: Mit dieser bescheidenen Begrüßung wird man auf jeden Fall neugierig.
Mit dem Kreuzfahrtschiff zum Naturschutzgebiet
Worum geht es überhaupt? Die Challenge Sir Bani Yas findet am 9. April 2025 auf der namensgebenden Insel statt. Diese liegt vor der Küste der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) im Persischen Golf und ist, wie vieles andere im Land, nicht künstlich angelegt. Sir Bani Yas ist etwa 17 Kilometer lang und gut neun Kilometer breit, die Entfernung nach Abu Dhabi beträgt rund 250 Kilometer. Genau dort soll das Rennerlebnis für die Teilnehmenden und ihre Begleitung beginnen. Im Hafen von Abu Dhabi geht man bereits einige Tage vor dem Event an Bord eines Kreuzfahrtschiffes und macht sich damit auf den Weg zur Wettkampfstätte. Die Insel ist das größte Naturschutzgebiet der VAE und die Heimat von zahlreichen Tieren und Pflanzen. Für Touristen werden Aktivitäten wie Safaris oder Mountainbiketouren angeboten, die Wahl der Unterkünfte ist allerdings begrenzt.
Athletinnen und Athleten haben keine Wahl, für sie ist das Schiff die einzige Übernachtungsmöglichkeit. Wer starten will, verpflichtet sich also zu einem All-inclusive-Paket, das vier Übernachtungen umfasst sowie drei Mahlzeiten am Tag, Softdrinks und Entertainment. In einer Doppelkabine mit zwei Erwachsenen kostet das Ganze knapp 1.800 US-Dollar (225 US-Dollar pro Nacht und Person). Teilt man sich eine Kabine zu viert, ist man mit 165 US-Dollar pro Nacht dabei. Die Startgebühr kommt selbstverständlich hinzu, ist allerdings mit gut 300 US-Dollar für die Mitteldistanz und 455 US-Dollar für die Langdistanz fast schon überschaubar. Geschwommen wird im Hafenbecken, auf dem Rad werden zwei (Mitteldistanz) oder vier Runden (Langdistanz) über die Insel gefahren. Der (Halb-)Marathon besteht ebenfalls aus zwei beziehungsweise vier Runden mit einem Wendepunkt auf einer Landzunge.
Gelungenes Konzept?
Gegen ein neues Event ist erst einmal nichts einzuwenden. Die VAE haben als Gastgeberland viel Erfahrung mit Triathlon und stehen dem Sport offen gegenüber. Die politische Lage ist im Land, sagen wir mal, problematisch. Das soll an dieser Stelle jedoch kein Thema sein. Abu Dhabi ist als Location im Kalender der World Triathlon Championship Series etabliert, in Dubai findet in wenigen Wochen das Finale der T100 Triathlon World Tour statt – es ist zu erwarten, dass auch die Challenge Sir Bani Yas perfekt organisiert sein wird. Nun ist Triathlon nicht unbedingt als Sportart bekannt, die besonders ressourcenschonend ist. Das gilt zumindest für Trainings- und Wettkampfreisen, vom Equipment einmal abgesehen. Vermeiden lässt sich das nur, indem man alles so lange benutzt, bis es quasi auseinanderfällt und ausschließlich an Rennen teilnimmt, die mit dem Zug oder sogar dem Rad erreichbar sind. Das ist wohl kaum realistisch, dennoch sollte man sich dem Impact bewusst sein und nach Möglichkeit in anderen Lebensbereichen für einen Ausgleich sorgen. Einen Triathlon mit einer Kreuzfahrt zu verbinden, diese dann noch als Argument für die Teilnahme anzupreisen und eine andere Option nicht einmal in Betracht zu ziehen, ist sicherlich kein zeitgemäßer Weg. Das Konzept wirkt eher, als habe man aus sportlicher Sicht zu wenig zu bieten und habe krampfhaft nach einer Möglichkeit gesucht, um die Attraktivität eines neuen Events zu steigern. Dass dies langfristig gelingt, scheint fraglich. Eine erste Orientierung gibt es möglicherweise im April – sofern ausreichend Athletinnen und Athleten an Bord gehen.