Die Triathlonsaison hat Fahrt aufgenommen und einige Highlights haben bereits stattgefunden. Nach einem erfolgreichen Rennen in der ersten Saisonhälfte ist die Motivation groß und du kannst es sicher kaum erwarten, wieder an der Startlinie zu stehen. Das Ziel ist daher, die bisher hart erarbeitete Form nicht nur bestmöglich zu halten, sondern die verbleibende Zeit für den Feinschliff zu nutzen und Anpassungen im Training vorzunehmen.
Wettkampf nachbereiten
„Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.“ Dieser Satz gilt nicht nur seit 1954 im Fußball, er lässt sich auch wunderbar auf den Triathlon anwenden. Nach deinem ersten Highlight der Saison hast du dir definitiv etwas Ruhe verdient und darfst dich selbst und den Sport feiern. Allzu lange sollte diese Ruhephase allerdings nicht dauern, denn das nächste Rennen ist vermutlich nur ein paar Wochen entfernt. Vielleicht markiert dieses rote X im Kalender sogar deinen Hauptwettkampf, bei dem du in der Form Ihres Lebens antreten und eine persönliche Bestleistung abliefern willst oder womöglich auf eine vordere Platzierung in deiner Altersklasse schielst.
Es gilt also, möglichst schnell in die Trainingsroutine zurückzufinden. Diese Routine ist jedoch keinesfalls mit Langeweile gleichzusetzen, denn in den Wochen bis zum nächsten, vielleicht wichtigsten Wettkampf kannst du noch sehr viel erreichen und dazu die Erkenntnisse der zurückliegenden Trainingsphasen nutzen. Was lief bisher gut, was ist ausbaufähig? Diese Fragen solltest du dir stellen und beantworten. Es gibt mehrere Aspekte, die du genau unter die Lupe nehmen solltest. „Wenn im Training oder bei einem ersten Wettkampf etwas mit der Verpflegung, dem Pacing oder dem Equipment sowie der gesamten Organisation nicht gut funktioniert, ist das nicht schlimm. Beim A-Rennen will man das aber auf jeden Fall nicht mehr haben“, sagt Coach Björn Geesmann. Sobald du weißt, wie du deine Prioritäten setzen willst (oder musst), kannst du dir einen Plan für die nächsten Wochen erstellen beziehungsweise Anpassungen vornehmen.
Zu Beginn wirfst du aber bitte erst einmal alle Pläne über Bord und trainiere einfach nach Lust und Laune. „Ganz auf null herunterfahren sollte man bei einer so kurzen Pause möglichst nicht, da der Wiedereinstieg dann unter Umständen schwerfällt“, rät Geesmann. „Man kann diese Zeit aber gut nutzen, um den Kopf frei zu bekommen, neue Kraft zu tanken und sich komplett losgelöst von einer Struktur einfach zu bewegen.“ Die Zeichen stehen auf aktive Erholung und dafür ist alles erlaubt, was dir Freude bereitet, beispielsweise Wanderungen oder Radausfahrten ohne den Blick auf die Wattmessung. Dass du dabei kein unnötiges Verletzungsrisiko eingehen und neue Extremsportarten ausprobieren solltest, versteht sich von selbst. „Diese kurze Pause ist nur ein Übergang, keine Off-Season. Wer also bisher nicht regelmäßig Yoga gemacht hat, muss nicht jetzt damit anfangen, und von intensivem Krafttraining würde ich auch abraten“, so der Coach.
Beim Schwimmen sieht das anders aus. Die erste Disziplin kam in den vergangenen Monaten bei den meisten Triathletinnen und Triathleten zu kurz und wer ohnehin eher Probleme im Wasser hat, wird einige Zeit benötigen, um an die hart erarbeiteten Leistungen anknüpfen zu können. Die erste Phase der aktiven Regeneration bietet sich hervorragend an, um viel Zeit im Wasser zu verbringen. Dabei kannst du intensive Programme getrost vergessen, die Gewöhnung steht im Vordergrund. Ziehe einfach häufig entspannt deine Bahnen oder lege die eine oder andere Einheit im Freiwasser ein. „Man muss sich überlegen, wo das meiste Potenzial liegt, das man in den verbleibenden Wochen noch sinnvoll angehen kann“, sagt Björn Geesmann. Technikübungen seien so kurzfristig kaum von Bedeutung, viel mehr dagegen die allgemeine Routine. Lediglich die Regelmäßigkeit werde nach einer so langen Abstinenz zu einer Verbesserung führen und nicht zuletzt zu einem sicheren Gefühl im Wasser beitragen, so der Coach. Auf dem Rad und beim Laufen geht es jetzt nur noch um Kleinigkeiten, eine Schwerpunktsetzung im Schwimmen wird dem nicht im Wege stehen und holt noch einmal alles aus Ihnen heraus. Wenn die Trainingsziele klar sind, geht es nun an den Feinschliff.
Zeit zur Feinjustierung
Nach einer Woche körperlicher und vor allem geistiger Erholung ohne die Struktur eines Trainingsplans kehrt diese nun zurück. Die Gesamtbelastung sollte zunächst noch nicht allzu hoch sein. Setze einen ersten Schwerpunkt beim Schwimmen. Zur Orientierung: Wenn du bisher zweimal pro Woche im Wasser warst, dürfen es nun gern vier Einheiten sein. Nach Möglichkeit solltest du diese sowohl im Freiwasser als auch im Pool absolvieren, um die wettkampfspezifischen Anforderungen, das Wassergefühl und die Technik gleichermaßen zu schulen. In der dritten Woche der Vorbereitung liegt der Schwerpunkt weiterhin auf dem Schwimmen, wobei sich gleichzeitig der Gesamtumfang erhöht. Betrachte diese Woche als Übergang in die richtig heiße Phase, bei der es ernst wird. „Die Wochen vier und fünf stellen die Hauptbelastungswochen dar“, sagt Björn Geesmann. „Hier werden die wichtigsten Schlüsseleinheiten eingebaut, Umfang und Intensität sind immer abhängig vom geplanten Wettkampfhoch.“
Mit Schlüsseleinheiten sind die Einheiten gemeint, bei denen du die Rennsituation möglichst gut simulierst und alle wichtigen Abläufe verinnerlichst – angefangen beim Frühstück über das Outfit bis zur Kohlenhydratversorgung unter Wettkampfintensität. Die umfangreichste und intensivste Schlüsseleinheit, etwa eine lange Radaus-fahrt mit ebenfalls längerem Koppellauf, bildet den Abschluss des Belastungsblocks. Wer möchte, kann in dieser Phase einen Testwettkampf über eine Unterdistanz absolvieren, also zum Beispiel eine Mitteldistanz, wenn das Hauptziel eine Langdistanz ist. Dieses Rennen solltest du als langen Trainingstag verbuchen und auf eine Schlüsseleinheit verzichten.
Wenn alle bisherigen Vorbereitungen bereits perfekt liefen und du dich in Bestform siehst, solltest du eines in dieser wichtigsten Phase nicht tun: noch mehr wollen! „Die Topform kann man sich am besten dadurch zerstören, dass man Ruhephasen nicht einhält und immer denkt, man müsse mehr trainieren“, warnt Björn Geesmann. Die Regeneration ist nun wichtiger denn je. Achte auf eine bedarfsgerechte und ausgewogene Energiezufuhr sowie auf genügend Schlaf und reduziere den Alltagsstress auf ein Minimum, so gut es eben geht. Vertraue auf dich, auf deine bisher erbrachten Leistungen und hole dir das Selbstvertrauen in dieser heißen Trainingsphase. Daran schließt sich eine weitere Übergangswoche an, bevor du auf die Zielgerade einbiegst. „Die Belastung ist nach wie vor hoch, der Umfang jedoch bereits leicht reduziert. Das könnte so aussehen, dass zum Beispiel am Wochenende nicht mehr zwei längere Einheiten an einem Tag absolviert werden, sondern verteilt stattfinden“, erklärt Geesmann.
Die Arbeit ist getan
Nun ist es vollbracht und du hast alles dafür getan, einen starken Wettkampf hinzulegen. In den verbleibenden zwei Wochen steht das Tapering im Vordergrund. Das Letzte, mit dem du deine Form jetzt noch verbessern könntest, sind harte und vor allem lange Einheiten. Diese würden nun aber nicht nur für eine zu hohe Ermüdung sorgen, sondern damit einhergehend auch das Verletzungs- und Infektrisiko erhöhen. Und das willst du schließlich auf jeden Fall vermeiden. Es geht darum, dass die bisher gesetzten Trainingsreize optimal wirken können und du von diesen Anpassungen pünktlich zum Wettkampf vollständig profitieren kannst.
Damit das genauso klappt, wird der Umfang stetig heruntergefahren. Wichtig ist dabei, dass du deinen Rhythmus beibehältst, um nicht „einzurosten“ und den Stoffwechsel weiterhin auf Hochtouren laufen zu lassen. Die Intensitäten werden nicht völlig außer Acht gelassen, jedoch ebenfalls deutlich reduziert. Sie dienen dazu, dass die Spritzigkeit erhalten bleibt. Achte weiterhin auf eine ausreichende Kohlenhydrat- und Flüssigkeitsversorgung und vor allem: Bleibe cool! Am Ende des Taperings belohnst du dich beim Wettkampf für die monatelange Arbeit. Und dort wirst du topfit, ausgeruht und frisch am Start stehen.