Etwas zum Staunen für den Jahresausklang und gleichzeitig neue Motivation für 2024: Hier kommen zehn außergewöhnlich starke Trainingseinheiten von Weltklasse-Athleten aus diesem Jahr.
Lars‘ Jahr 2023: Mit Unvernunft in die Off-Season
Ziele machen das Trainingsleben leichter. Besonders schön ist es, wenn man sie schließlich erreicht. triathlon-Redakteur Lars Wichert zieht ein Fazit, wie die Saison 2023 gelaufen ist.

In der Ausgabe 207 der triathlon haben einige Mitglieder der Redaktion ihre Ziele für die Saison 2023 schriftlich festgehalten. Zum Ende des Jahres darf dann auch zurückgeschaut werden, wie man persönlich die eigenen Ziele realisieren konnte. Aus meiner Sicht muss ein Fazit gar nicht nur zum Jahresende vollzogen werden, sondern kann auch innerhalb der Saison dafür sorgen, dass das kommende Rennen besser wird, wenn die richtigen Rückschlüsse gezogen werden. Für mich standen in diesem Jahr wirkliche Bucketlist-Rennen im Kalender. Zu Beginn der Saison hatte ich noch überlegt, ob ich meine Saison wieder klassisch aufbaue und eine Mitteldistanz vor der Langdistanz absolviere. Aber die Zeit hat einfach nicht mitgespielt. So gab es in Roth meinen Saisoneinstieg und mit dem Norseman sechs Wochen später als zweites Rennen schon fast den Saisonabschluss, wäre da nicht noch ein wenig Unvernunft übrig geblieben. Aber der Reihe nach.
Triathlonwoche in Roth
Nachdem ich die Challenge Roth im vergangenen Jahr verpasst hatte, war das Gefühl umso schöner, es diese Saison bis ins Triathlon-Mekka geschafft zu haben. Klassisch auf dem Campingplatz am Rothsee. Zum Glück wurde ich dieses Mal nur vom Triathlonfieber infiziert, was keine schlimmere Auswirkung auf das Rennen hatte. Im Vorhinein bestand eine große Ungewissheit. Anspannung, Nervosität und auch ein wenig Vorfreude machten sich am Tag des Check-ins sowie am Renntag vor dem Schwimmen im Körper breit. Das Agegrouper-Meldefeld war hochkarätig besetzt. Bis zum Start hatte ich nicht den Eindruck, dass ich meinem selbst gesteckten Ziel gerecht werden könnte. Ich kannte die Saisonleistung von ein paar starken Gegnern und bei mir nur die Trainingsergebnisse. Mit dem Startschuss wich das Zweifeln dem Adrenalin. Was folgte, war ein langer Tag, mit Hochs und ganz tiefen Tiefs – und der Gewissheit am Ende, dass mein formuliertes Ziel aus der triathlon Ausgabe 207 aufging. Ich habe es geschafft, ein Rennen zu machen, in dem ich die Dynamik mitgestalten und mit meiner Zielzeit von 8:15:35 Stunden die Grenze von 8:20 Stunden unterbieten konnte. Die Gehpassagen, das Übergeben und die Qual, vom Büchenbachtal wieder zurück in die Stadt zu kommen, hatten zwischenzeitlich ziemliche Zweifel daran aufkommen lassen. Was bleibt, ist ein unglaubliches Erlebnis im Landkreis Roth sowie ein wenig Genugtuung mir selbst gegenüber, dass der Ironman Hamburg kein One-Hit-Wonder war. Dennoch schwang bei mir immer die Angst mit, dass meine Trainingsleistung nicht ausreicht, um meinen eigenen Zielen gerecht zu werden. Eine Sache, die ich besser in den Griff bekommen muss. Am Ende fuhr ich sehr zufrieden nach Hause, auch wenn im Büchenbachtal ein Norweger an mir vorbeigezogen ist und overall siegreich war. Mir ist jedoch zu Ohren gekommen, dass Norweger ganz gut im Triathlon sein sollen.
In 55 Minuten zur PB
Wenn mir jemand im Vorhinein gesagt hätte, dass ich unter 56 Minuten aus dem Wasser komme, ich hätte ihn mit Sicherheit für verrückt erklärt, es aber sofort unterschrieben. Natürlich kommen in Roth der Massenstart in der Sub-9-Gruppe und der einfache Schwimmkurs im Kanal dem Athleten zugute. Aber am Ende muss man es immer noch umgesetzt bekommen. Der Rhythmus hat von Beginn an gestimmt, richtig wohlgefühlt habe ich mich aber nicht. Mit den ersten Schwimmzügen nach dem Startsignal begann eine Prügelei und ein Kampf auf der Schwimmstrecke, auf das ich nicht richtig eingestellt war. Nach dem Unbehagen am Anfang kam ich in der Gruppe jedoch gut zurecht und war sehr überrascht, dass ich Athleten in der Wechselzone um mich herum erblickte, die ich weit vor mir einsortiert hätte. Als ich dann auf dem Rad realisierte, welche Zeit ich soeben im Kanal geschwommen bin, kam etwas Verwunderung in mir auf. 55:44 Minuten bedeuten ein neuer Bestwert. Damit wäre das Vorhaben einer neuen Personal Best, egal in welcher Form, auch abgehakt. Wahrscheinlich ist es eine PB, die für die kommenden Rennen eine unerreichbare Messlatte setzt.
Besuch bei den Wikingern
Die Eindrücke, die ich während des Norseman gesammelt habe, werde ich so schnell nicht vergessen. Ein Gefühl von Wettkampf, das ich immer in mir tragen werden und das noch einmal mehr gezeigt hat, wie wichtig der Support ist. Wie in Roth habe ich mit meinen Freunden und Bruder die vielleicht intensivste Variante gewählt einen Wettkampf zu erleben, wir haben wieder gezeltet. Eventuell hat das dazu geführt, dass der Stress im Vorhinein so groß war wie noch nie. Oder es war einfach die Form des Wettkampfes, dass die gesamte Verpflegung aus der eigenen Heckklappe des Autos gereicht werden musste und wir von Punkt zu Punkt gefahren sind. Egal, was es war: Ich würde die Variante des Campers in der einmaligen Natur immer wieder wählen. Mein Ziel, in die Top Ten zu kommen, konnte ich realisieren. Was am Ende aber bleibt, sind viel mehr die Erinnerungen und das gemeinsame intensive Erleben eines solchen Renntages. Mein Bruder als Support hat wahrscheinlich noch einmal ganz andere Seiten von mir erfahren dürfen – so nah wie nie zuvor. Beim Überqueren der Ziellinie herrschte riesengroße Dankbarkeit, das gemeinsam erlebt zu haben.

Unvernunft
Man könnte meinen, dass ich mit meinen 37 Jahren genügend Erfahrung haben sollte, auch durch meinen leistungssportlichen Hintergrund. Dennoch gibt es immer wieder Punkte, mit denen ich getriggert werden kann. Bis kurz vor den Norseman lief die Saison nahezu reibungslos. Ich konnte das trainieren, was ich wollte und hatte bis zu diesem Zeitpunkt nicht das Gefühl, dass es mich diese Saison verletzungsmäßig treffen würde. Doch zwei Wochen vor dem Trip nach Norwegen machte sich ein Ziehen im Schienbein breit. Mit etwas Laufpause würde das schon gehen, dachte ich und ließ das Laufen bis zum Rennen sein. Am Renntag selbst traten keine Probleme auf, zu sehr war ich mit anderen Dingen beschäftigt, als dass ich an mein Schienbein hätte denken können. Doch am Tag danach spürte ich die deutlichen Anzeichen einer selbst diagnostizierten Knochenhautentzündung am Schienbein. Die Anzeichen waren zu deutlich, als dass ich bei meiner Diagnose hätte daneben liegen können. Die folgenden Wochen strich ich das Lauftraining und mein Trainingsplan sah mehr rote als grüne Einheiten. Die Schmerzen wurden weniger und die Flamme für ein weiteres Rennen loderte noch. Mit ein wenig Überredungskunst meines Freundes Stefan ließ ich mich darauf ein, anstatt einer Sprintdistanz über die olympische Distanz beim Elbe Triathlon für die Liga-Mannschaft an den Start zu gehen. Mit den Worten: „Es ist immerhin die Möglichkeit vorhanden, ‚State Champion‘ zu werden“, hatte er mich. Meine Gedanken, dass das Schienbein nur für fünf Kilometer halten würde, schmiss ich schnell über Bord. Nach 5,5 Kilometern auf der Laufstrecke wurde ich eines Besseren belehrt. Vielleicht wäre spätestens hier der Zeitpunkt gewesen, das Rennen zu beenden, aber die Kids an der Strecke und der Gedanke, Punkte fürs Team zu holen, waren stärker als der Schmerz. Im Nachhinein kann ich schon sagen, dass das unvernünftig war, Spaß hatte ich trotzdem – auch wenn ich bis heute nicht wieder laufen war und mich in der Vorbereitung für das Lauftraining befinde. Verletzungsfrei durch das Jahr zu kommen, ist somit definitiv ein Ziel für die kommende Saison, dem ich etwas mehr Priorität schenken sollte.
Tim Hellwig im Rückblick: „Das Grand Final in Pontevedra war ein Meilenstein“
2023 war für die Athleten der Deutschen Triathlon Union ein besonderes: Heim-WM in Hamburg und Quali für Olympia 2024. Auf Fuerteventura haben wir mit den Athleten gesprochen, die in Paris dabei sind. Tim Hellwig über seinen Fail des Jahres, die beste Trainingseinheit und eine besondere Atmosphäre.
Wie geht Trainingslager mit Profis? Chefcoach Thomas Moeller über Pläne und Umfänge
„Wir müssen die Individualität der Athleten unter einen Hut bringen“, sagt Dr. Thomas Moeller, Cheftrainer der Deutschen Triathlon Union, im Auftakts-Trainingslager der Nationalmannschaft auf Fuerteventura. Seit Anfang des Jahres 2023 ist Moeller für die Kaderathletinnen und -athleten verantwortlich. Wir haben mit ihm über die An- und Herausforderungen eines Trainingslagers mit den besten Triathleten des Landes – vom Nachwuchs bis zu Olympiateilnehmern – gesprochen.
Sechs Triathletinnen und Triathleten werden Deutschland bei den Olympischen Spielen 2024 vertreten. Wir begleiten sie mit einer Videoreihe auf ihrem Weg nach Paris — im Trainingslager, beim Wettkampf oder zu Hause.
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Annas Jahr 2023: Achterbahnfahrt zwischen Frankfurt, Hamburg und Berlin
Ziele machen das Trainingsleben leichter. Besonders schön ist es, wenn man sie schließlich erreicht. triathlon-Redakteurin Anna Bruder zieht ein Fazit, wie die Saison 2023 gelaufen ist.

In der Ausgabe 207 der triathlon haben einige Mitglieder der Redaktion ihre Ziele für die Saison 2023 schriftlich festgehalten. Ich finde es immer spannend, mir diese rückblickend noch einmal anzuschauen – es kann nämlich passieren, dass ich meine eigenen Ziele, ebenso wie gute Vorsätze, wieder aus den Augen verliere. In der Regel ist das dann der Fall, wenn mir meine Vorhaben nicht wichtig genug sind und nur eine grobe Perspektive darstellen. Insofern war mir klar, dass es in diesem Jahr anders laufen würde. Im Vordergrund stand bei mir ein großes Ziel von letztlich fast 230 Kilometern Länge, das mich während der ersten Jahreshälfte fast rund um die Uhr beschäftigt hat.
226 Kilometer durch Mainhattan
Ich habe es bereits angeteasert: Aufgrund der etwas zu langen Radstrecke beim Ironman Frankfurt wurden aus den 226 Kilometern exakt 229,8 (laut Garmin). Mein Ziel war es, das Ziel am Römer zu erreichen – gut gelaunt nach einem tollen Tag und gern mit der einen oder anderen Träne im Gesicht. Im Laufe der Vorbereitung war es unvermeidbar, dass ich konkretere Vorstellungen in Form einer Zielzeit bekam, die an einem perfekten Tag realistisch gewesen wäre. Rein sportlich war der 2. Juli 2023 sicherlich nicht perfekt, doch genau das macht für mich eine Langdistanz aus: Mindestens ein Teil davon ist immer eine Wundertüte, man lernt bestenfalls aus Fehlern und muss das Beste aus der jeweiligen Situation machen. Das ist mir nach meinem Empfinden gelungen, sodass ich den perfekten Tag letztlich doch hatte.
300 Kilometer mit dem Rad

Wie bitter ist es, wenn dem Radcomputer zwischen Hamburg und Berlin nach 274 Kilometern der Saft ausgeht und die Siegessäule noch ungefähr 40 Kilometer entfernt ist? Schon sehr bitter – vor allem, wenn man selbst zwar an eine Powerbank, jedoch nicht an das passende Ladekabel gedacht hat. Nachhaltig geärgert habe ich mich zum Glück nicht, dass die 300 (plus X) aufgrund von technischem Versagen nicht in meiner persönlichen Distanzstatistik auftaucht. Schließlich war ich mit Kollegin Julia unterwegs, die den Tacho im Blick hatte. Ehrensache, dass unsere neue Rekorddistanz fotografisch festgehalten werden musste. Dass wir es schließlich bis Berlin geschafft haben, schien am Morgen noch alles andere als selbstverständlich, nachdem ich bereits nach 30 Kilometern einen Platten hatte. Nach diesem Vorfall wurden unsere Nerven erst wieder im Berliner Stadtverkehr auf eine harte Probe gestellt. In Kombination mit der Parade zum Christopher Street Day verhinderte dieser schließlich eine abendliche Ankunft am Brandenburger Tor und wir wählten den direkten Weg zur Falafelbude. Das Ende eines weiteren wunderbaren Tages des vergangenen Jahres.
42,195 Kilometer durch die Hauptstadt
Was soll ich sagen, nach dieser wunderbaren Erfahrung mit dem Rad habe ich aus läuferischer Sicht mit Berlin nun noch eine Rechnung offen. Ursprünglich sollte der Berlin Marathon ein Sightseeing-Lauf werden, die Kirsche auf einer Sahnetorten-Saison. Dann lief das Training richtig gut und ich bekam Lust, nach einer persönlichen Bestzeit zu jagen. Dieser Motivation wurde leider ein Ende bereitet, schuld war der Hüftbeuger. Immerhin hat sich die Startplatzversicherung einmal gelohnt und Eliud Kipchoge hätte ich als Teilnehmerin sicherlich auch nicht aus nächster Nähe bei der Arbeit beobachten können. Ein schwacher Trost und ein ziemlich unbefriedigendes Saisonende, allerdings weniger aufgrund des Events selbst. Insgesamt kann ich eine positive Jahresbilanz ziehen, schließlich steht es zwei zu eins für die erreichten Ziele. Gleichzeitig ergibt sich daraus der übergeordnete Vorsatz, verletzungsfrei durch das nächste Jahr zu kommen.
Grund- bis Profiausstattung: Wer braucht welches Bike?
Du suchst nach einem neuen Rad und bist erschlagen vom unübersichtlichen Angebot? Wir helfen dir bei der Orientierung und zeigen, was du in den Kategorien Basic, Advanced und Pro für dein Geld erwarten darfst.
Lasse Lührs vor einem Highlight-Jahr: „Ich freue mich auf den Weg Richtung Paris“
2023 war für die Athleten der Deutschen Triathlon Union ein besonderes: Heim-WM in Hamburg und Quali für Olympia 2024. Auf Fuerteventura haben wir mit den Athleten gesprochen, die in Paris dabei sind. Lasse Lührs über seinen Fail des Jahres, seine Kochkünste und das beste Rennen seiner Karriere.
Franks Jahr 2023: Mit Doppelwumms durch die Republik
Ziele machen das Trainingsleben leichter. Besonders schön ist es, wenn man sie schließlich erreicht. triathlon-Publisher Frank Wechsel zieht ein Fazit, wie die Saison 2023 gelaufen ist.

In der triathlon 207 haben einige Mitglieder der Redaktion ihre Ziele für die Saison 2023 festgehalten. Was ist daraus geworden? Was hat funktioniert, was nicht? Und was ist sonst noch passiert? Ich hatte für das Jahr 2023 drei Ziele. Zwei feste und ein eher schwammiges. Und zum Jahresausklang kann ich sagen: drei Haken dran. Es war ein tolles Triathlonjahr!
Die Radtour von Nord nach Süd
Einmal von Nord nach Süd durch Deutschland – diesen Traum möchte ich mir mit meinem 16-jährigen Sohn in den Maiferien erfüllen. Mit der Bahn geht es nach Westerland, von dort zum Sylter Ellenbogen und nach einer kurzen Dänemarkschleife nach Flensburg. Über die privat organisierten Nachtlager bei Familie und Freunden in Hamburg, Osnabrück, Köln, Frankfurt, Karlsruhe, Stuttgart und Immenstadt erreichen wir hoffentlich nach 1.350 Kilometern in neun Tagen Einödsbach, um umgehend mit der Bahn zurück nach Hamburg zu fahren. Denn unser Zielschluss ist der Schulgong am Montagmorgen …

So stand es in der triathlon 207 und ich bin im Nachhinein erstaunt, wie konkret diese Planungen damals schon waren. Mit wenig Gepäck und viel Abenteuergeist ging es am 13. Mai auf die Fahrt. Per Deutschlandticket nach Sylt. Per Rad zum Ellenbogen, dem nördlichsten Straßenstück Deutschlands, kurze Kampfansage in die Kamera – vor Touristen, die ihren Ohren kaum glauben wollten. Und dann los nach List, übersetzen nach Rømø – und bei Ostwind gen Osten nach Sønderhav (139,7 km). Am nächsten Tag von Dänemark nach Hause (185,9 km), ein kritischer Punkt: Würden wir am dritten Tag morgens tatsächlich wieder losfahren? Wir fuhren, und zwar nach Osnabrück (210,2 km), durch heimatliche Gefilde nach Bergisch-Gladbach bei Köln (188,5 km), in das Herz Frankfurts (200,8 km), nach Eggenstein-Leopoldshafen bei Karlsruhe (162,7 km), Leinfelden-Echterdingen (91,7 km), Sonthofen (209,0 km) und schließlich zum Gipfelsturm (57 km). Am Ende standen wir 7 Tage und 22 Stunden (oder 1.450 Kilometer) nach unserer Abfahrt nicht nur auf dem südlichsten Stück Asphalt der Republik, sondern vor dem Schrofenpass auch einem mit 1.460 Metern über NN höchstgelegenen. Eine grandiose Woche mit vielen Erlebnissen und wunderbaren Menschen, null Regen und nur zwei Platten, einem Sohn, der über sich hinausgewachsen ist, und ganz viel Papastolz – dieses Erlebnis nimmt uns niemand mehr! Und ja: Den Schulgong hat Jonas pünktlich auf dem Schulhof gehört.
Die emotionale Langdistanz
Mit meinem letzten Start bei der Challenge Roth 2019 habe ich mit dem Film „Papa kann keinen Endspurt mehr“ viele Menschen zum Triathlon motiviert. Am 25. Juni möchte ich das Rennen nun zum vierten Mal erleben – und diesmal alle Emotionen selbst aufsaugen. Und wenn ich schon mal da bin, könnte ich vielleicht einem Kollegen beim Schwimmen die Füße kitzeln?
Die Kampfansage an den Kollegen Lars Wichert aus der triathlon 207 blieb unerfüllt, das Rennen in Roth war ein zähes. Vielleicht steckte mir noch der Schock des Todesfalls eines Motorradfahrers auf der Radstrecke des Ironman Hamburg drei Wochen zuvor mit allen Nachwehen in den Knochen, aber irgendwie kam ich nicht so richtig rein in meinen vierten Roth-Start nach 1996, 1998 und 2019. Mit einem halben Jahr Abstand erinnere ich mich an ein passables Schwimmen über die 3,8 Kilometer ohne Trainingsaufwand zuvor und Energieaufwand unterwegs, an einen vernünftigen Radstart, der bald nach dem Rausch der ersten Passage des Solarer Bergs in ein zähes Ringen um jeden einzelnen der 178 Kilometer überging. Es lief einfach nicht und ich hatte große Angst vor dem Marathon, die sich schließlich als unbegründet herausstellen sollte. In der letzten Disziplin kam ich doch noch in einen Flow, erinnere mich an viele freundliche Gesichter und ein ganz besonderes Schild am Streckenrand, sodass die Kilometer nur so dahinpurzelten. Mit Anstand finishte ich meine zwölfte Langdistanz, die Zielzeit müsste ich jetzt nachschlagen, aber um die ging es mir nicht. Roth ist immer ein Erlebnis – spätestens im Ziel kamen dann auch die Emotionen, für die wir alle diesen Sport betreiben.

Die extreme Langdistanz
Und wenn ich schon für Roth trainiere, dann darf diese neue Langdistanzform nicht ungenutzt bleiben! Nachdem es in Franken sicher emotional wird, darf es beim zweiten Start ruhig extrem sein. Ich liebäugele gerade mit zwei Optionen, die so abenteuerlich klingen, dass mein Sportlerherz sie eigentlich beide machen will. Aber auch so verrückt, dass zunächst Körper, Familie und Kollegen zustimmen müssen, bevor ich sie verkünden kann. Stay tuned!
Am Ende wurde es Option 3 (wobei 1 und 2 nur aufgeschoben sind): Endlich wollte ich ein Finish auf dem Frankfurter Römerberg in meine Sammlung einfügen. Gemeldet war ich schon einmal, bei der Premiere 2002, aber damals traute ich es mir mit Trainingsrückstand nicht zu. Eine Woche nach der Challenge Roth wollte ich mir nun diesen Traum erfüllen, verkündete das erst in und um Roth (Moderator Hartwig Thöne: „Du bist ja völlig irre … Dafür hat der Kanzler den Begriff Doppelwumms erfunden“). Und so stand ich sechseinhalb Tage nach dem Finish im Frankenland am Ufer des Langener Waldsees. Hoppla, nicht so schnell: Am Montag ging es zunächst von Roth nach Hause. Am Dienstag war der Muskelkater beim Fahrradputzen unerträglich, nahm am Mittwoch ab, sodass ich am Donnerstag ohne Verrenkungen in das Auto nach Frankfurt steigen konnte. Am Freitag fühlte sich mein Körper so an, als wolle er mir sagen, welch ein Idiot ich doch bin. Am Samstag wurde eingecheckt und am Sonntag gestartet. Das Schwimmen war besser und schneller als in Roth, das Radfahren im Wind (vor dem sich allzu viele Mitstreiter hinter anderen Mitstreitern versteckten – schämt euch!) lief ebenfalls besser und beim Laufen merkte ich schnell, dass beides eine dumme Idee war. Kilometer 1 in Frankfurt fühlte sich an wie Kilometer 31 in Roth, den Marathon am Main werde ich wohl als die übelste Qual meiner Sportlaufbahn in Erinnerung behalten. In Erinnerung bleiben aber auch die vielen aufmunternden Worte vom Streckenrand. Der Zieleinlauf war einer der emotionalsten meiner bisherigen 13 nach einer echten Langdistanz. Auch hier erinnere ich mich nicht mehr an meine Zielzeit, aber daran, dass am Montag bei der Slotvergabe für die Ironman-WM in Nizza dreimal mein Name fiel. Aber zwei Langdistanzen in einem Jahr waren dann auch genug …

18. Februar 1978: Honolulu erlebt die Geburtsstunde des Mythos Ironman
Alles begann am 18. Februar 1978: Mit einem Wettstreit von 15 Wagemutigen, die mit ihrer Idee eine weltweite Bewegung begründeten. Wir blicken zurück auf den legendärsten Tag der Triathlongeschichte.
Triathlon, wo der Weihnachtsmann zu Hause ist: Langdistanz in Lappland
67 Grad Nord: Das ist das Markenzeichen des Laponia Triathlons im schwedischen Lappland am 6. Juli 2024. Da dort im Sommer immer die Sonne scheint, kann man entsprechend früh starten.

Am 6. Juli 2024 um 0:00 Uhr fällt der Startschuss für den Laponia Triathlon 67°N. In und um Gällivare geht es nach dem Motto „SWIM BIKE RUN – Under the midnight sun“ über die Langdistanz. Zielschluss ist um 18 Uhr. Start, Wechselzonen und Ziel befinden sich auf einer Wiese am Sandviken-Strand von Gällivare.
Schwimmen bei 15 bis 20 Grad
Die Schwimmstrecke ist ein Drei-Runden-Kurs mit jeweils kurzem Landgang im Vassara-See vor den Toren von Gällivare liegt. Da hier im Juli die Mitternachtssonne scheint, geht es unter dieser auch los – und zwar exakt um Mitternacht. Die Wassertemperaturen können stark schwanken, aber weniger als 15 Grad Celsius sind selten, mehr als 20 aber auch nicht.
Radfahren mit Rentieren und Lagerfeuer
Die Radstrecke besteht aus zwei Wendepunktteilen. Der erste Wendepunkt befindet sich im kleinen Dorf Tjautjas am See Tjautjasjaure, dort, wo „die Straße endet und die Berge beginnen“. Nach dem Umkehren geht es zurück nach Gällivare und weiter zum Dorf Nattavaara, einem der kältesten Orte Schwedens mit Wintertemperaturen von unter –40 °C. „Wir erwarten wärmeres Wetter während des Rennens“, freut sich Renndirektor Robert Johansson, „aber wir werden trotzdem ein wärmendes Feuer für die Athleten in Nattavaara bereitstellen, bevor es zurück nach Gällivare geht.“ Insgesamt enthält der Kurs 1.000 Höhenmeter, der Cut-off nach dem Radfahren liegt bei einer Gesamtzeit von bequemen elf Stunden. Mit viel Glück sieht man unterwegs einen Elch oder einen Bären, mit großer Wahrscheinlichkeit aber eine von Santas Rentierherden.

Laufen auf Singletrails mit grandioser Aussicht
Die Laufstrecke führt zunächst entlang des Flusses Vassara mit dem Berg Dundret in der Nähe und dann über 3,5 Kilometer die alte und enge Transportgasse Rallarstigen hinauf. „Falls man auf diesen engen Abschnitten auf einen Athleten trifft, muss man eventuell kurz anhalten und einen kurzen Schritt zur Seite machen, um einander überholen zu können“, erklärt Johansson diesen Streckenteil. Etwa bei der Halbmarathonmarke biegt die Strecke ab und es beginnt ein langer und anstrengender Anstieg hinauf zum Gipfel des Dundret. Die Athleten folgen einer kleinen asphaltierten Straße für 5,3 km, bevor es auf einem Schotterweg für die letzten 1,6 km bis zum 823 Meter hohen Gipfel geht – ein Gesamtanstieg von 440 Metern auf 6,9 Kilometern. Von oben kann man angeblich mit einem Rundumblick ein Elftel der Fläche Schwedens sehen, bevor es über 15 Kilometer größtenteils bergab ins Ziel geht. Auf der Laufstrecke sind insgesamt 800 Höhenmeter zu erklimmen.
Per Polarexpress zum Start
Auch wenn Gällivare einen kleinen Flughafen hat, bietet sich die Anreise per Bahn an. Aus Stockholm fährt ein Nachtzug täglich die 1.100 Kilometer lange Strecke in den hohen Norden, das größte Hotel des Wettkampforts ist nur 100 Meter vom Bahnhof entfernt. Mit rund 50 Triathletinnen und Triathleten über die Langdistanz gehört das Rennen zu einem der kleinsten weltweit. Bis zum 31. Dezember 2023 beträgt die Startgebühr 2.500 Schwedische Kronen (227 Euro), danach 3.000 (272 Euro). Wer sich die 226 Kilometer nicht zutraut, kann zuvor bei einem Sprinttriathlon starten.
Informationen
Website des Laponia Triathlon 67°N