Triathlonszene zwischen Schuh-Wundern, Verbandspannen und ersten großen Dopingdebatten: Im Frühjahr 2005 sorgte nicht nur die neue Schuhsohle für Aufsehen, sondern auch eine Anti-Doping-Ordnung, die versehentlich nicht rechtsgültig war. Wir blicken zurück auf eine Zeit, in der der Triathlonsport erwachsen wurde – manchmal etwas unbeholfen, oft ambitioniert und nicht ohne tragische Schatten.

DTU-Präsident im Krisenmodus: Zwischen Doping und Diplomatie
Es war ein Frühling der Kontraste: Während die Natur langsam erblühte, versank die Deutsche Triathlon Union in einem Sumpf aus Krisenkommunikation und Paragraphenreiterei. Präsident Dr. Klaus Müller-Ott saß 2005 im Interview mit der triathlon und versuchte mit stoischer Gelassenheit, die Welt zu erklären: Doping? Einzelfälle! Anti-Doping-Ordnung? Leider vergessen, ins Vereinsregister einzutragen. Ironie des Schicksals: Ausgerechnet dieser „Formfehler“ machte aus einer Zwei-Jahres-Sperre für Nina Kraft eine milde einjährige Auszeit. Ob man sie damals „nur“ wegen EPO oder auch wegen juristischer Naivität freisprach – unklar. Aber hey, Hauptsache der Elitepass kam – mit Gebühren und allem, was das Verbandsherz begehrt.

Laufschuhtests: Als Dämpfung noch King war
Der große Laufschuhtest in der triathlon 34 offenbarte eine Zeit, in der Triathleten ernsthaft glaubten, eine „Axeler-Technologie“ könne ihnen zwei Zentimeter mehr Schrittlänge bescheren – pro Schritt! Diadora versprach 500 Meter mehr im Marathon. Klar, wenn man nach 42 Kilometern aufhört zu laufen und nicht nach 41,5. Aber wer braucht schon Mathematik, wenn man 215 Gramm italienische Carbon-Kunst an den Füßen trägt? Der große Name der Laufschuhszene war Matthias Marquardt – Autor, Arzt und Test-Instanz in Personalunion. Seine Einschätzungen galten als Gesetz. Zumindest solange, bis Asics wieder eine neue Gel-Schicht erfand.

Elite-Kadertraining auf Lanzarote: Vor der Ära Frodeno
Club La Santa, Februar 2005: Jan Frodeno mit vollem Haupthaar, Daniel Unger mit Olympia-Ambitionen und Steffen Justus mit noch jugendlicher Naivität – alle dabei beim Kaderlehrgang der DTU. Trainiert wurde unter der Sonne Lanzarotes, das Lächeln noch frei von Hawaii-Träumen und Profi-Verträgen. Dass Frodeno Jahre später die Szene dominieren würde, ahnte keiner. Damals war er einfach „einer von vielen“. Und der neue Bundestrainer Louis Delahaye? Wahrscheinlich immer noch damit beschäftigt, deutsche Namen richtig auszusprechen.
Doping: Formfehler und Feindbilder
Nina Kraft, Rutger Beke, dubiose Urinproben, bakterielle Kontamination, ein bisschen Eigenproduktion von EPO – es war die Zeit der großen Ausreden. Der Skandal um Nina Kraft sorgte für Schlagzeilen – vor allem, weil der Verband es versäumt hatte, seine eigene Anti-Doping-Ordnung juristisch korrekt abzusichern. Die Folge: Die Höchststrafe war plötzlich nicht mehr zwei, sondern nur noch ein Jahr. Und Rutger Beke? Hielt sich mit Hilfe eines Gutachtens für einen medizinischen Sonderfall – die körpereigene EPO-Produktion eben mal auf das Vierfache hochgeschraubt. Na klar.
Was macht eigentlich … Simone Mortier?
In der neu gestarteten Serie wurde 2005 eine Triathletin wiederentdeckt, die längst aus dem Blickfeld verschwunden war: Simone Mortier. Europameisterin von 1989, Idol der späten 80er – und dann? „Was macht eigentlich …“ war die erste ernstgemeinte Instagram-Stalking-Vorlage der Triathlonwelt, nur eben gedruckt. Und mit weniger Hashtags.
Triathlon in Monaco: Vom Fürstenpalast auf die 70.3-Strecke
Triangle, die österreichische Eventagentur, hatte große Pläne: Half-Ironman in Monaco. Unterstützt vom sportverrückten Prinzen Albert und mit herrschaftlicher Aussicht auf die Côte d’Azur. Dass der Gaudi-Triathlon später aus dem Rennkalender verschwand, sei’s drum. 2005 war das Ding heiß, sexy und exotisch. Und vor allem: noch nicht ausverkauft.
Die Leser schreiben – und wir staunen
„Warum gewinnen immer die teuersten Produkte in euren Tests?“, fragte ein Leser, als es noch Leserbriefe gab. Gute Frage, die wohl nie abschließend beantwortet wurde. „Warum suggeriert ihr, man sei kein echter Triathlet ohne rasierte Beine?“ – Auch das ein Thema, das für Empörung sorgte. Spoiler: 2025 rasieren sich viele Männer nicht mehr nur die Beine, sondern auch alles andere. 2005 hingegen reichte schon eine Doppelseite über Nassrasierer, um hitzige Diskussionen auszulösen.
Tri-Dubai: Die Galaktischen des Triathlonsports
Ein illustres Team: Normann Stadler, Simon Lessing, die DeBooms, Peter Reid – sie alle formierten sich 2005 zum ersten „Galaktischen“ Team des Triathlons. Tri-Dubai hieß der Versuch, den Ausdauersport wie Formel 1 aufzuziehen: viel Geld, viel Glanz, viel Charity. Und ein Teamarzt, der später im Radsport für nicht so lustige Schlagzeilen sorgen sollte. Nur der Erfolg auf dem Kurs war – sagen wir mal – durchwachsen.
Fazit: 2005 – der Beginn des post-naiven Zeitalters?
Die triathlon 34 war ein Spiegel der Szene: Aufbruch, Unsicherheit, ein bisschen Größenwahn und jede Menge Charme. 20 Jahre später lesen wir das (Disclaimer: mit KI-Unterstützung) mit einem Mix aus Nostalgie, Fremdscham und Respekt. Und freuen uns schon auf das nächste Kapitel unserer Retro-Reise. Denn eines ist sicher: 2005 war auch nicht alles besser. Auch nicht einfacher. Aber analog.
